Becker / Kramarsch | Leistungs- und erfolgsorientierte Vergütung für Führungskräfte | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band Band 11, 100 Seiten

Reihe: Praxis der Personalpsychologie

Becker / Kramarsch Leistungs- und erfolgsorientierte Vergütung für Führungskräfte

E-Book, Deutsch, Band Band 11, 100 Seiten

Reihe: Praxis der Personalpsychologie

ISBN: 978-3-8444-1928-3
Verlag: Hogrefe Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Variable Vergütungen sind zunehmend in vielen Unternehmen und Branchen auf dem Vormarsch. Dies betrifft alle Mitarbeiter vom Tarifbereich über die AT-Mitarbeiter und leitenden Angestellten bis hin zum Vorstand. Dabei ist eine Vielzahl von unterschiedlichen Vergütungssystemen zu beobachten. Der vorliegende Band thematisiert auf Basis theoretischer und empirischer Ergebnisse eine systematische Gestaltung von variablen Vergütungssystemen. Differenziert wird dabei zum einen zwischen leistungs- und erfolgsorientierten Varianten sowie zum anderen in kurz- und langfristig orientierte Systeme. Die theorie- und praxisverbindende Diskussion zeichnet sich durch Systematik, klare Sprache, anwendungsorientierte Darstellung und illustrierende Fallbeispiele aus und ist gerade für Systemgestalter, aber auch für betroffene Führungskräfte von großem Wert.
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2       Modelle
2.1      Theoretische Ausgangsmodelle
Mit dem Angebot an leistungs- und/oder erfolgsorientierten Vergütungssystemen als Führungsinstrument werden Erwartungen verbunden: Sie sind notwendig oder zumindest hilfreich zur Motivierung und Steuerung der Führungskräfte. Sie sprechen deren Motive und Werte ausreichend an. Sie lassen sich einigermaßen zielgenau in ihren Wirkungen steuern. Sie lassen sich kostengünstig administrieren. Menschenbilder als implizite Persönlichkeitstheorien Zumindest die drei erstgenannten Erwartungen basieren auf abstrakten Annahmen über die Natur und das Verhalten von Menschen (Menschenbilder, siehe hierzu Staehle 1999, S. 191 ff.). Menschenbilder sind vereinfachte und standardisierte Muster von menschlichen Verhaltensweisen (bspw.: „Der Mensch ist in erster Linie durch monetäre Anreize motiviert. Er ist passiv und wird vom Unternehmen motiviert und kontrolliert. Sein Handeln ist rational.“; „Der Mensch strebt nach Autonomie und bevorzugt Selbst-Motivation und -Kontrolle. Es gibt keinen zwangsläufigen Konflikt zwischen Selbstverwirklichung und betrieblicher Zielerreichung!“). Solche, in der Literatur oft verkürzt und als allgemein gültig dargestellten Menschenbilder dienen hauptsächlich einer notwendigen Komplexitätsreduktion. Dabei reduzieren sie aus der Sicht der Systemgestalter und Vorgesetzten die Vielfalt der vorkommenden Menschentypen auf wenige Grundformen und „erlauben“ so die schnelle Feststellung, auf welche Grundform eine gegebene Person (und Personenmehrheiten) zuordenbar ist (sind). Gerade im Führungsbereich mit den Komplexen der Verhaltenssteuerung, der Motivation und der Anreizsysteme geht es vornehmlich um unbewusste wie bewusste Bilder über die Nachgeordneten. Die Verwendung von Menschenbildern durch das Management wirkt sich dabei direkt auf dessen Beeinflussungsverhalten bzw. die angebotenen Anreize und Systemelemente aus. Solche Wirkungen sind oft negativ oder zumindest fehlleitend, da ein verkehrtes, ein statisches und ein zu eingeengtes Menschenbild zu Grunde gelegt werden. In der Literatur wie in der Wirtschaftspraxis haben sich in den letzten Jahrzehnten zwei Ausgangsmodelle für solche Annahmen herauskristallisiert: die Anreiz-Beitrags-Theorie und die Principal-Agent-Theorie. Paradigmen: unvereinbare Gegensätze Welche dieser organisationstheoretischen Modelle ist nun treffend? Über die Beantwortung dieser Frage sind sich nicht nur die Autoren dieses Buches nicht völlig einig. Dies mag zum einen mit anderen Erfahrungshorizonten, insbesondere was den hier thematisierten Personenkreis der Führungskräfte betrifft, zu tun haben, zum anderen mit anderen Blickrichtungen o. a. Es handelt sich offenbar um unterschiedliche Paradigmen (Kuhn, 2003). Ein Paradigmenstreit ist nicht lösbar im eigentlichen Sinne. Der Forscher wie Gestalter von Vergütungssystemen muss für sich selbst entscheiden, welche der Sichtweise für ihr Unternehmen, für ihre Führungskräfte sinnvoll erscheint. Um diesen Entscheidungsprozess zu unterstützen, stellen wir die beiden theoretischen Ausgangsmodelle im Folgenden vor (siehe auch Abbildung 6). Beiden Modellen liegt dabei ein zum Teil ähnliches Kalkül der Akteure zu Grunde: Der subjektive, erwartete Nutzen aus dem Arbeitsverhältnis soll möglichst groß ausfallen. Über die grundlegenden Verhaltenseinstellungen der Akteure liegen jedoch unterschiedliche Annahmen vor. Das Problem liegt vermutlich in den üblicherweise generell vorgetragenen Aussagen begründet, die bei der Vielfalt an Personen und Mitarbeitergruppen in Unternehmen nie immer treffend sein können. Allein von daher sind differenzierte Sichtweisen und alternative Diskussionen sinnvoll auch für die Gestalter von Vergütungssystemen. Abbildung 6: Theoretische Ausgangsmodelle Principal-Agent-Theorie Principal-Agent-Theorie Die Principal-Agent-Theorie(Kramarsch, 2004; Richter & Furubotn, 2003) fokussiert die Zusammenarbeit zwischen einem Auftraggeber („Principal“) und einem Auftragnehmer („Agent“) im Rahmen einer vertikalen Arbeitsteilung. Dies kann zum einem das Verhältnis der Eigentümer eines Unternehmens („Principal“) zu den das Unternehmen führenden Organen, z. B. Vorstand oder Geschäftsführung („Agents“), bezeichnen. Zum anderen kann diese Arbeitsteilung auch allgemein auf das Verhältnis zwischen einem Vorgesetzten („Principal“) und dessen Mitarbeiter („Agent“) angewandt werden. Damit zieht sich die Principal-Agent-Problematik kaskadierend über alle Ebenen des Unternehmens. Das Vorstandsmitglied sieht sich in seiner Rolle als Agent dem Unternehmenseigner als Principal gegenüber und fungiert gleichzeitig selbst als Principal in seiner Rolle als Vorgesetzter (Ebers & Gotsch, 1999). Opportunistisches Verhalten? Die Principal-Agent-Theorie geht von einem Konzept des rationalen und opportunistischen Individualverhaltens aus. Die beteiligten Akteure sehen ihre Beiträge unter ihren spezifischen Kosten- und Nutzenaspekten, d. h. sie maximieren den individuellen (Netto-)Nutzen aus ihren Aktivitäten. So stiftet zum Beispiel die Vergütung – vereinfacht betrachtet – aus Sicht des Managers („Agent“) einen positiven Nutzen, dem allerdings die „Kosten“ aus der erbrachten Arbeitsanstrengung gegenüberstehen. Grundlage des Kalküls des Agenten ist, dass mit einer Erhöhung der Arbeitsanstrengung auch die Nutzeneinbuße steigt, was durch so genannte „Arbeitsleidkosten“ modelliert wird. Diese „Arbeitsleidkosten“ steigen mit der erbrachten Anstrengung. Für den gewinnmaximierend orientierten Arbeitgeber bzw. Unternehmenseigner („Principal“) wird der Nutzenzuwachs z. B. durch den Umsatz des Unternehmens generiert, während die entstandenen Kosten, wie z. B. der Personalaufwand, diesen Nutzen reduzieren. Beide Akteure sind bestrebt, ihren individuellen (Netto-)Nutzen, d. h. die Differenz aus Nutzen und Kosten, zu maximieren. An diesem Beispiel wird schon deutlich, dass zwischen Principal und Agent ein Interessenkonflikt herrscht: Die Vergütung erhöht den Nutzen des Agenten, während sie in dem Beispiel den Nutzen des Principals in Form von Kosten reduziert. Umgekehrt erhöht die Arbeitsanstrengung des Agenten tendenziell den Nutzen des Principals, während sie für den Agenten den Nutzen in Form von („Arbeitsleid“-)Kosten senkt. Informationsasymmetrien zwischen hierarchischen Ebenen Neben diesem Interessenkonflikt haben die Akteure i. d. R. unterschiedliche Informationsstände. Meist wird von einer Informationsasymmetrie zulasten des Principals ausgegangen („hidden action“, „hidden information“, „hidden characteristics“, „hidden intention“; siehe Abbildung 7). Beispielsweise ist leicht vorstellbar, dass der Principal die genaue Arbeitsanstrengung des Agenten nicht beobachten kann, sondern nur das Arbeitsergebnis des Agenten erfassen und verifizieren kann. Man denke dabei nur an den Eigentümer (Aktionär) einer im Anteilsbesitz stark diversifizierten Publikumsgesellschaft, in der es einem Aktionär nicht möglich ist, die Arbeitsanstrengung des Vorstands zu beurteilen – sehr wohl aber den wirtschaftlichen Erfolg. Abbildung 7: Informationsasymmetrien In einem solchen Fall hat der Agent Spielräume, die er opportunistisch ausnutzen kann. Zum Beispiel kann der Agent vorgeben, das hohe Arbeitsergebnis durch eine hohe Arbeitsanstrengung bewirkt zu haben, obwohl es tatsächlich günstige Umstände waren, die das Arbeitsergebnis positiv beeinflusst haben. Man denke in diesem Zusammenhang daran, dass unternehmensexogene Faktoren wie Wechselkurse oder Ölpreise gerne als Argumente für schlechte Ergebnisse, aber nie für Erfolge verantwortlich gemacht werden. Der Erfolg ist immer Resultat der (enormen) Managementanstrengung. Wenn ein Akteur – wie hier – nach Vertragsabschluss den Nutzen der anderen Partei beeinflussen kann, ohne dass dies beobachtbar ist, spricht man von „moral hazard“. Geprüft wird nun im Rahmen der Principal-Agent-Theorie, wie durch institutionelle Regeln die Interessen der Auftraggeber gesichert werden können. Die entstehenden Regelungen sollen das Delegationsrisiko reduzieren. Variable Vergütungssysteme als Instrument zur Gleichschaltung der Interessen Vergütungssysteme sind in diesem Zusammenhang ein wesentliches Instrument, um die Mitarbeiter zu auftraggeberorientiertem Verhalten zu bewegen (Lazear & Rosen, 1981; Geil, 2001). Wieso? Der variable Bestandteil der Vergütung kann an ein verifizierbares Leistungsmaß bzw. eine Bemessungsgrundlage gekoppelt werden. Der Agent hat nun den Anreiz, durch eine Erhöhung der Arbeitsanstrengung eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage zu bewirken, wodurch die variable Vergütung und damit sein Nutzen steigen. Sehr entscheidend für die geeignete Wirkung der variablen Vergütung ist die Wahl der Bemessungsgrundlage (siehe Kap. 3.2.2). Wird die variable Vergütung zum Beispiel an nicht sinnvolle oder sehr kurzfristig wirkende Erfolgsvariablen gekoppelt, so muss damit gerechnet werden, dass sie womöglich zulasten längerfristiger und nachhaltigerer Erfolgsgrößen maximiert wird (vgl. auch das Multi-Task-Problem in Kap. 4.2). Insbesondere für Führungskräfte, die einen unmittelbaren Einfluss auf die langfristige Unternehmensentwicklung...


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