E-Book, Deutsch, 218 Seiten
Gandaa Professionell telefonieren
2. korrigierte Auflage 2020
ISBN: 978-3-7398-0015-8
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alles, was Sie wissen müssen
E-Book, Deutsch, 218 Seiten
ISBN: 978-3-7398-0015-8
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Agathe Gandaa ist Kommunikationstrainerin, Autorin und Coach. Nach dem Studium der Sozial- und Verhaltenswissenschaften sammelte sie als Vertriebsmitarbeiterin eines großen Versicherungskonzerns Erfahrungen im telefonischen Kundenkontakt und arbeitet dabei neue Mitarbeiter ein und koordiniert Telefonmarketingaktionen. Von 2001 bis 2008 baute sie als Personalentwicklerin und Kommunikationstrainerin den Trainingsbereich eines Telekommunikationsunternehmens auf und begleitete über 2.000 Menschen durch Seminare, Gruppentrainings, Einzelcoachings, Teambuildings und Motivationsworkshops.
Autoren/Hrsg.
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2Ist das Telefon noch zeitgemäß?
Bevor wir uns dem „wie“ der Telefonie annehmen, möchte ich gerne ein „wann“ und zuvor ein „ob überhaupt“ mit Ihnen überdenken.
Telefon und Fax waren früher aus dem Geschäftsleben nicht wegzudenken. Aber Letzteres hat viele Büros zumindest in der Papierform schon lange verlassen. Nur noch selten sieht man ein traditionelles Faxgerät. Medien sind in einem stetigen Wandel und dem Zeitgeist unterworfen. In meiner Kindheit hatten Telefone noch Wählscheiben und waren nur so mobil, wie die Kabellänge es zuließ. Die Gebühren waren hoch und wenn es klingelte, stritten wir Kinder uns darum, wer drangehen darf. Auch in meiner Studenten-WG war es ein Zeichen von hohem Status, wenn Mitbewohner oft angerufen wurden (die bucklige Verwandtschaft natürlich ausgenommen). Heute ist das anders.
2.1Warum telefonieren „out“ ist
„Wer stört?“ So nimmt ein guter Freund private Telefonate an. Diese spaßige Floskel enthält eine wichtige Grundwahrheit: Das Klingeln des Telefons unterbricht uns immer. Wir haben gerade etwas gelesen, uns unterhalten, aufgeräumt oder eine Entspannungspause gemacht – und dann klingelt es. Besonders frustrierend, wenn wir hoch konzentriert arbeiten! Der gerade verfolgte Gedanke zerplatzt wie eine Seifenblase und muss später aufwendig rekonstruiert werden. Da nutzt auch ein: „Passt es bei Ihnen gerade?“ oder: „Ich hoffe, ich störe Sie nicht“ wenig. Ein Telefonanruf fordert immer von uns, die aktuelle Tätigkeit zu unterbrechen. Und sei es nur, um zu überlegen: „Soll ich rangehen?“
Stefan Schmitt, Ressortleiter bei DIE ZEIT, verurteilt das Telefonieren sogar als eine Kulturtechnik des vorigen Jahrhunderts.2 Dies bestätigen auch die Zahlen der Bundesnetzagentur. Sie zeigen, dass seit dem Jahr 2010 die Anzahl der Telefonminuten pro Bundesbürger stetig gesunken ist. Vor allem junge Menschen telefonieren weniger und kürzer.
Zunehmend kommunizieren wir per E-Mail, WhatsApp-Nachrichten und anderen Messenger-Diensten – was gegenüber dem Telefonieren den Vorteil bietet, dass die Kommunikation zeitversetzt stattfinden kann. Der Kommunikationspartner ist nicht gezwungen, sofort zu reagieren und kann das Antworten auf einen für ihn passenden Zeitpunkt verschieben. So wird Kontakt aufgenommen und gleichzeitig der Gefahr „zu stören“ ausgewichen.
Es ist hip geworden, diese Kanäle zu nutzen. Hip, da sie weniger echte Gefühle offenbaren. Kein unsicheres Gestammel, kein weinerlicher Tonfall geben etwas über die emotionale Befindlichkeit des Kommunikationspartners preis. Im privaten Umfeld ersetzen Emoticons die Zwischentöne. Im Business-Umfeld werden sozial verträgliche Floskeln eingesetzt. So kann ein Mitarbeiter eine Reklamation, die er persönlich als unangemessen und schroff empfindet, mit einem „Vielen Dank für Ihre offenen Worte“ beantworten.
Am Telefon verraten wir dagegen oft mehr als uns lieb ist – nicht umsonst sind „Stimme“ und „Stimmung“ wortverwandt. Nervosität, Unsicherheit oder Wut lassen sich hier kaum verbergen. Gerade im beruflichen Umfeld kann dies schnell als fehlende Professionalität gedeutet werden. Darum verwundert es nicht, dass ein Mitarbeiter, der sich über eine Reklamation ärgert, nicht zum Hörer greift, sondern lieber eine wohlformulierte E-Mail schreibt, die er vom Kollegen nochmals durchlesen lässt, bevor er sie absendet.
Tatsächlich gibt es inzwischen Unternehmen, die beim Kundenservice die schriftliche Kommunikation bevorzugen. Wenn der Kunde einen schnellen Austausch wünscht, erfolgt dieser via Chat. Keine nervige Warteschleifenmusik, keine Menüs, durch die der Kunde irrt, indem er auf Ziffern tippt, um hoffentlich, irgendwann, beim richtigen Ansprechpartner zu landen. Sowohl der Kunde als auch der Mitarbeiter beim Kundenservice haben die Ergebnisse der Kommunikation dann schwarz auf weiß, was beide als „Sicherheit“ empfinden. Sie werden für beide Parteien verbindlich; Zu- und Absagen bekommen „Beweiskraft“.
Wäre nicht die logische Schlussfolgerung, dass wir das Telefon am Arbeitsplatz einfach abschaffen sollten? Moderne Callcenter haben den Trend längst erkannt und sind mitten im Transformationsprozess zum Multichannel Contact Center. Sie bieten dem Kunden neben dem Kontakt über das Telefon auch Mail, Chat und teilweise sogar Videotelefonie als Optionen an. Daneben bietet das Social Web ein breites Angebot zum Austausch, indem nicht nur die Unternehmen ihre Informationen zu Verfügung stellen, sondern auch Kunden aktiv im Erfahrungsaustausch sind.
Die Ergebnisse der Studie „Trendwende“ von 2016 mit 24.000 Verbrauchern und 1.000 Unternehmen aus 12 Ländern zeigt, dass Unternehmen die Herausforderung meistern müssen, ein gesundes Gleichgewicht zwischen traditioneller und digitaler Kommunikation zu finden, um beim Verbraucher wirklich anzukommen.3
Überraschendes Ergebnis der Befragung ist, dass der direkte zwischenmenschliche Kontakt trotz aller Innovationen immer noch die ungeschlagene Nummer 1 ist, wenn es darum geht, wie Kunden Kontakt zu einem Unternehmen suchen.
2.2Schriftkommunikation versus Telefonkommunikation
Was unterscheidet die Schriftkommunikation denn nun genau von der Telefonkommunikation? Lassen Sie uns die beiden Kommunikationsformen einmal im Überblick betrachten:
Schriftkommunikation | Telefonkommunikation |
Emotionen lassen sich nur an der Wortwahl erahnen. Ansonsten müssen sie in Worte gefasst werden. Dabei werden vorgefertigte „Sprachregelungen“ vom Leser oft als Floskeln entlarvt. | Emotionen sind hörbar. Das bedeutet, dass ein Kunde die „Einstellung“, die hinter den Worten steht, mit heraushört und dass auf Unternehmensseite emotionale Gehalte einer Botschaft schnell erfasst werden können. |
Reaktionen des Lesers können nur vorausgeahnt werden. | Reaktionen des Kommunikationspartners sind unmittelbar erkennbar und nehmen Einfluss auf den Sprecher. |
Sätze werden formuliert und gegebenenfalls korrigiert, bevor sie zum Lesen freigegeben werden. Schreiben und Lesen erfolgen zeitversetzt. | Gedanken werden beim Sprechen weiterentwickelt, was u. a. zu Pausen, Korrekturen und grammatikalischen „Fehlern“ führt. Formulieren und Korrigieren erfolgen im Kontakt mit dem Hörer. Sprechen und Hören sind synchron. |
Text sollte grammatikalisch und orthografisch fehlerfrei und verständlich sein. Fachworte und Abkürzungen sollten vermieden werden. | Gesprochenes Wort sollte verständlich, nachvollziehbar und stimmig sein. Dazu passt sich der Experte individuell dem Niveau und Sprachgebrauch des Laien an. |
Es macht also Sinn abzuwägen, für welche Zwecke die schriftliche Kommunikation sinnvoll ist und wann wir eher zum Hörer greifen sollten. Im Sinne des Servicegedankens sollten Kunden immer die Möglichkeit haben, Anliegen zumindest vorab per Telefon zu klären.
Kurz gefasst können wir festhalten:
Schriftkommunikation | Telefonkommunikation |
Geeignet | Geeignet, |
1.… für klare Mitteilungen, 2.… für Empfehlungen oder Fragen ohne emotionalen Sprengstoff | 1.… wenn eine längere Anschlusskommunikation, z.B. durch Nachfragen zu erwarten ist |
3.… wenn keine direkte gemeinsame Entscheidung nötig ist | 2.… für emotional schwierige Situationen |
4.… wenn zeitgleich eine sehr große Zielgruppe erreicht werden soll. | 3.… wenn kurzfristig ein gemeinsamer Entschluss /eine gemeinsame Vorgehensweise abgestimmt werden soll |
4.… zum Aufbau echter zwischenmenschlicher Beziehungen |
Das ist mir zu theoretisch! Können Sie da mal ein Beispiel geben?“
Gerne doch, liebe Frau Frama:
Beispiel 1
Ein Unternehmen möchte seine 2.300 Kunden informieren, dass es neue, erweiterte Öffnungszeiten gibt.
[1]Es handelt sich um eine klare...