E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Guido Krise der Inflationskultur
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-86248-433-1
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Geld, Finanzen und Staat in Zeiten der kollektiven Korruption
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
ISBN: 978-3-86248-433-1
Verlag: FinanzBuch Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
PROF. DR. JÖRG GUIDO HÜLSMANN ist Ordinarius für Volkswirtschaftslehre an der Universität Angers, Mitglied des Forschungszentrums GRANEM und Senior Fellow des Ludwig von Mises Instituts in Auburn, Alabama. Seine wichtigsten Forschungsgebiete sind die Geldtheorie, die Kapitaltheorie und Finanzmärkte. Er berät Vermögensverwalter auf beiden Seiten des Atlantiks und ist ein international gefragter Redner und Dozent. Seine Publikationen wurden in sechzehn Sprachen übersetzt.
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Vorwort
Zur Bewältigung der gegenwärtigen Finanzkrise gibt es zwei Ansätze.
Auf regierungsamtlicher Seite bevorzugt man das Retten und Regulieren. Banken, Versicherungen und Staaten werden mit scheinbar unbegrenzten Krediten und anderen Subventionen aus der Notenpresse gestützt. Gleichzeitig werden ihnen neue und scheinbar strengere Regeln auferlegt, um eine zukünftige Wiederholung der gegenwärtigen Probleme zu unterbinden. Dieser Lösungsansatz wird von den Regierungen als der einzig mögliche verkauft. Auch die Vertreter der Finanzwirtschaft sehen hier das Heil, selbst wenn sie nicht in allen Einzelheiten einer Meinung sind.
Aber außerhalb dieses Kreises regt sich Widerstand. Vermögensverwalter, Investoren, mittelständische Unternehmer und auch viele Privatleute haben den Verdacht, dass der offizielle Lösungsansatz ins Nichts führt. Sie stellen einfache und grundsätzliche Fragen: Wie ist es möglich, eine Schuldenkrise mit immer neuen Krediten zu bewältigen? Warum sollen überschuldete Banken nicht liquidiert werden? Hat nicht schon die frühere Finanzmarktregulierung versagt? Warum sollten die neuen Regeln andere Folgen haben?
Ihnen wird geantwortet, dass sie besser zuhören sollten: Es gebe keine Alternative! Ohne die Rettung aus der Notenpresse gingen Banken, Versicherungen und sogar Staaten in den Bankrott. Die gesamte Kreditwirtschaft bräche zusammen und mit ihr alle Firmen und Haushalte, die auf Kredite angewiesen sind. Aber letztlich wären auch alle anderen Bürger negativ betroffen. Denn es käme zu einer gewaltigen Deflation, die unser gesamtes Währungs- und Finanzsystem in ihren Sog ziehen und zerstören würde. Es sei offensichtlich, dass dies unter allen Umständen vermieden werden müsse. Unser heutiges Finanzsystem sei eine der größten Errungenschaften der modernen Zivilisation. Es habe enorme Erleichterungen gebracht, und zwar keineswegs nur für Staaten, sondern insbesondere auch für Unternehmen und Privathaushalte. Die beispiellose wirtschaftliche Entwicklung der letzten hundertfünfzig Jahre sei ganz wesentlich der Entwicklung der Finanzwirtschaft zu verdanken. Wenn es nicht gelinge, sie in ihrem gegenwärtigen Umfang zu erhalten, stünden all diese Fortschritte infrage. Leider sei es im Kapitalismus nun einmal unmöglich, Wachstum ohne gelegentliche Krisen zu haben. Wer Omelette essen wolle, müsse auch hinnehmen, dass der Koch ein paar Eier zerbricht. Man könne nicht mehr erreichen, als Auswüchse durch immer neue Gebote und Verbote soweit es geht einzudämmen. Einen anderen Weg gebe es nicht.
Aber das stimmt natürlich nicht. Es gibt immer alternative Auffassungen der Sachlage und alternative Ansätze der Krisenbewältigung. Wir wollen uns hier mit einer besonders traditionsreichen Alternative befassen, die bis zu den klassischen Ökonomen und sogar noch weiter zurückreicht. Dieser Auffassung zufolge entspringt die gegenwärtige Überschuldungskrise unserem künstlichen Währungssystem, durch das prinzipiell unbegrenzte Geld- und Kreditmengen aus dem Nichts geschöpft werden können. Doch diese unbegrenzte Geldschöpfung ist keineswegs günstig für das Gemeinwohl. Bereits Adam Smith hatte unterstrichen, dass die Geldmenge aus gesamtwirtschaftlicher Sicht unerheblich ist. Eine wachsende Wirtschaft mit immer größeren realen Umsätzen ist durchaus auch dann möglich, wenn die Geldmenge nicht im gleichen Rhythmus steigt, und sogar selbst dann, wenn die Geldmenge überhaupt nicht wächst. Später haben die Theoretiker der Currency-Schule und vor allem die Ökonomen der Wiener Schule in genau die gleiche Kerbe gehauen und dabei die klassische Argumentation bestärkt. Ludwig von Mises und seine geistigen Erben legten dar, dass die künstliche Geldschöpfung aus der staatlichen Notenpresse keinerlei gesamtwirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Sie führt vielmehr zu zwei sehr negativen Folgen: Umverteilung und Verarmung. Zum einen begünstigt sie lediglich ihre unmittelbaren Nutznießer, und zum anderen verleitet sie die Unternehmer zu massiven Fehlinvestitionen. Die künstliche Geldschöpfung führt somit keineswegs zu mehr Wachstum und Wohlstand, sondern zu Kapitalverschwendung und Vetternwirtschaft. Das Wirtschaftswachstum wird durch sie nicht gestärkt, sondern geschwächt.
Wenn diese Auffassung zutrifft, dann gibt es einen alternativen Weg zur Bewältigung der gegenwärtigen Finanzkrise. Er besteht in der Reform der Geldordnung. Ludwig von Mises, Murray Rothbard und zuletzt Jesús Huerta de Soto haben die Wiedereinführung einer Goldumlaufswährung empfohlen, denn der Goldstandard verhindert die beliebige Geldschöpfung und folglich auch die Umverteilung und Verarmung, die aus ihr entspringen. Ein anderer Reformansatz wurde in den 1930er-Jahren zuerst von Richard von Strigl entworfen und in den 1970er-Jahren durch Friedrich August von Hayek berühmt gemacht. Er findet auch die Zustimmung der meisten heutigen Vertreter der Wiener Schule. Er besteht darin, den Währungsmarkt zu öffnen und dadurch eine wettbewerbliche Geldordnung zu schaffen. Die besten Geldarten würden sich dann tendenziell durchsetzen, wie sich auch auf allen anderen Märkten tendenziell die besten Produkte durchsetzen.
Diese Gedanken haben sich unter dem Eindruck der jüngeren Krisenereignisse wie ein Lauffeuer verbreitet. In den USA wurden sie insbesondere durch den Kongressabgeordneten und Präsidentschaftskandidaten Ron Paul vertreten, der mit seinen Argumenten einen großen und nachhaltigen Eindruck hinterließ. Paul empfahl die Abschaffung der Zentralbank und die Öffnung des Währungsmarktes.1 Auch in Europa fanden sich Fürsprecher dieser politischen Linie, insbesondere Frank Schäffler in Deutschland und Steve Baker in Großbritannien. Zudem gab es auf dieser Seite des Atlantiks besonders zahlreiche einschlägige Publikationen. Im deutschsprachigen Raum trat dabei insbesondere der kürzlich verschiedene Roland Baader hervor, in jüngerer Zeit auch Philipp Bagus, Gregor Hochreiter, Thorsten Polleit, Michael von Prollius und Rahim Taghizadegan.2
Auf den folgenden Seiten sollen diese Schriften ergänzt werden. Es gibt nämlich ein Thema, das von den Theoretikern der Wiener Schule etwas stiefmütterlich behandelt wird: die Finanzierung der Wirtschaft. Die Currency-Schule und die Wiener Schule haben dieses Thema nicht grundsätzlich genug aufgerollt. Sie haben sich auf den recht speziellen Fall des Bankkredits konzentriert, denn dies ist in der Tat der gordische Knoten, in dem die wichtigsten theoretischen Probleme zusammenlaufen. Ihre Überlegungen kreisten um die zentrale Frage, ob Bankkredite, die nicht durch Sparen, sondern durch Geldschöpfung finanziert werden, der wirtschaftlichen Entwicklung förderlich sind. Sie haben diese Frage treffenderweise verneint. Sie haben insbesondere die Argumente widerlegt, mit denen Kredite per Geldschöpfung typischerweise begründet werden. Aber von diesem besonderen Fall abgesehen haben sie hauptsächlich aus geldtheoretischem Blickwinkel argumentiert.3 Dreh- und Angelpunkt ihrer Überlegungen war die Einsicht, dass die Geldmenge für die Tauschdienste, die das Geld leistet, irrelevant ist. Die Geldschöpfung kann in dieser Hinsicht nur einzelwirtschaftliche, nicht aber gesamtwirtschaftliche Vorteile verschaffen.
Der kommerzielle Bankkredit war lange Zeit die einzige oder doch zumindest die wichtigste Form, in der sich die Geldschöpfung auf den Finanzmärkten äußerte. Das ist allerdings schon lange nicht mehr der Fall, und in den Zeiten der »unorthodoxen Geldpolitik« könnte seine Bedeutung weiter schwinden.4 Es ist daher an der Zeit, die Folgen der unbegrenzten Geldschöpfung von finanzieller Seite zu beleuchten. Wie werden Wirtschaft und Gesellschaft ohne Geldschöpfung finanziert? Wie werden die verfügbaren Ersparnisse verwendet? Welche Rolle spielen dabei die Finanzmärkte? Wie werden Finanzierung, Investition und Finanzmärkte durch die Geldschöpfung beeinflusst? Welche unbeabsichtigten Folgen ergeben sich daraus, nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Gesellschaft und Kultur? Diese Fragen sollen nachfolgend erörtert werden.
* * *
Ludwig von Mises und Murray Rothbard haben meinem Denken den Boden gegeben, in dem es wurzeln und von dem aus es sich entwickeln konnte. Ich hoffe, dass das vorliegende Werk ihrem Andenken Ehre machen wird. Aber ohne meine akademischen Lehrer Hans-Hermann Lechner und Claude Courtois hätte ich die Wiener Schule wahrscheinlich nie entdeckt. Vor allem Lechner war es, der mich geistig auf diese Begegnung vorbereitete, indem er Keynesianer und Monetaristen gleichmäßig mit seiner Kritik bedachte und uns Studenten immer wieder auf den bleibenden Wert der älteren deutschsprachigen Nationalökonomie hinwies. Auch ihm sei somit herzlich gedankt.
Meine allergrößte Verbundenheit gilt meinem lieben Freund Hans-Hermann Hoppe. Seine Schriften, seine Begeisterung für die Forschung, sein persönlicher und wissenschaftlicher Mut und sein Kampfgeist haben mich – wie viele andere meiner Generation – immer wieder mitgerissen. Hoppe und seine Frau Gülçin Imre-Hoppe waren es auch, die mir als Gastgeber der Property and Freedom Society wiederholt ein Forum gaben, auf dem ich die Ideen dieses Buches testen konnte. Ebenso herzlich danke ich meinen Freunden Pascal Salin und Bertrand Lemennicier, auch sie große Vorbilder und langjährige Förderer meiner Arbeit. Fast genauso lang bestehen meine freundschaftlichen Beziehungen zu den Professoren Jeffrey Herbener und Shawn Ritenour vom Grove City College in den USA. An...