Johanssen | Die Mannosphäre | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

Johanssen Die Mannosphäre

Frauenfeindliche Communitys im Internet
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-86962-622-2
Verlag: Herbert von Halem Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Frauenfeindliche Communitys im Internet

E-Book, Deutsch, 360 Seiten

ISBN: 978-3-86962-622-2
Verlag: Herbert von Halem Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses Buch analysiert Online-Communitys, die der sogenannten "Mannosphäre" angehören, die für ihren Frauenhass und ihre Nähe zur "Alt-Right-Bewegung", der alternativen Rechten in den USA, bekannt ist. Im Fokus stehen Alt-Right-YouTuber, Incels, MGTOWs (Men Going Their Own Way) und NoFap-User sowie die Manifeste der Mörder Anders Behring Breivik und Elliot Rodger.

Basierend auf den psychoanalytischen Ansätzen von Klaus Theweleit, Wilhelm Reich und Elisabeth Young-Bruehl untersucht der Autor, welche Fantasien und Bilder von Körperlichkeit, Geschlecht und Sexualität dort konstruiert und ausgetauscht werden. Die Männer offenbaren widersprüchliche Gedanken, Wünsche und Fantasien über Frauen, die frauenfeindlich sind, aber auch darüber hinausgehen. Sie befinden sich in einem Zustand der Hemmung bzw. Enthemmung und sind hin- und hergerissen zwischen (un)bewussten Kräften und Fantasien, die aufbrechen und abgewehrt werden. Sie oszilieren zwischen Selbstmitleid und defensiver Apathie sowie Machtfantasien und dem Hass auf andere Körper.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort
Einleitung – Eine Psychoanalyse der Mannosphäre
1. Faschistische Männerkörper – Damals und heute
2. Die sexuelle Revolution, die Mannosphäre und der (Post)Feminismus
3. Gegenreaktion auf die sexuelle Revolution auf YouTube
4. Incels – Fantasien der Zerstörung und des Begehrens
5. Men Going Their Own Way (MGTOW) – Frauen sollen (nicht) existieren
6. Die Manifeste der Mörder und der abwesende Vater
7. NoFap – Masturbation, Pornos und phallische Fragilität
8. Von der Ent/Hemmung zur Anerkennung – Ein Hoffnungsschimmer?
Glossar
Literatur


VORWORT
Zuerst habe ich Jacob Johanssen dafür zu danken, welch prominenten Platz er meiner Arbeit Männerphantasien von 1977 in seiner eigenen Studie zur männlichen Gewalt in unserer Gesellschaft einräumt – seiner großartigen, in viele Richtungen ausgreifenden Studie. Es war ja nicht viel los in den letzten Jahrzehnten auf dem Feld der analytischen ›Täterforschung‹. Zur deutschen Situation nach dem Ersten Weltkrieg – meinem speziellen Arbeitsgebiet – hat es Studien in der Geschichtswissenschaft gegeben, im englischsprachigen Raum etwa das Buch von Mark Jones Founding Weimar. Violence and the German Revolution of 1918-19 (2017), die hochqualifizierte Arbeit eines jungen Historikers, der ›alle Quellen‹ noch einmal durchforstet. Nur: zu den spezifisch psychisch-körperlichen Gründen dieser ›Violence‹, die das Buch im Titel führt, steht so gut wie nichts darin. Das ist die Crux mit den professionellen Historikern. Sie bearbeiten einen ›Gegenstand‹ oder ein ›Feld‹, das außerhalb von ihnen besteht, studieren die Akten, formulieren ihre ›Urteile‹ in einer kühlen Subjekt-Objekt-Relation: Der Historiker urteilt, die Geschichte ist das ›Beurteilte‹; dann schreitet er weiter zum ›nächsten Objekt‹. Als einen persönlichen Teil dieser ›Geschichte‹, die er da beschrieben hat, versteht er sich in aller Regel nicht. Jacob Johanssen macht das anders. Ihm ist klar, dass eine Arbeit, die die männliche Gewalt zum Thema hat, nicht geschrieben werden kann, ohne die eigene historisch gewachsene Körperlichkeit mitzureflektieren. Diese Gewalt kann man nicht losgelöst von jeweils herrschenden Gesellschaftsstrukturen beschreiben. Dies bedeutet für unser Herrschaftssystem: Ohne ein Mitdenken der Bedingungen des seit Jahrtausenden dominanten ›Patriarchats‹. Und Teil dieser Struktur ist jeder Mann hier, auch wenn er sie kritisiert, selber: »Gleichzeitig reproduziere ich das Patriarchat zumindest bis zu einem gewissen Grad einfach dadurch, da ich ein Mann bin, der im neoliberalen Kapitalismus lebt.« (siehe Seite 282). So benennt Johanssen die Gefahr, die allen Arbeiten droht, die sich von ›intellektuell und emotional überlegenen‹ Standpunkten aus mit den männlichen Gewaltformen in der Welt befassen. Die Gefahr, deren zentrale Strukturmerkmale unwillentlich zu wiederholen, wenn sie einfach nur als ›dumm‹, ›krank‹ und ›abwegig‹ beschrieben werden – also als den eigenen Denk- und Verhaltensweisen ›selbstverständlich unterlegen‹. Johanssen stellt fest: Wenn wir das Verhalten und die Ideen der Leute von Incel, MGTOW, No Fap und anderer Gruppierungen der ›Mannosphäre‹ einfach nur zurückweisen, produzieren wir nichts analytisch Brauchbares – wir reproduzieren dann nur deren spezifische Strukturen, die in psychiatrischen Begriffen als ›binäre und paranoisch-schizoide‹ bezeichnet werden können. Aber solche ›Diagnosen‹ befreien uns nicht von möglicher eigener Verstrickung. Insbesondere das Denken und Urteilen in ›Binaritäten‹ erweist sich als verhängnisvoll. Wer innerhalb unserer – westlich-demokratischen Kultur und den damit gegebenen institutionellen Bedingungen – lebt und arbeitet, ist nicht von diesen Bedingungen befreit durch die Behauptungen: Ich bin aber anders, bin kein ›Gewalttäter‹, unterdrücke Frauen nicht, bin also nicht selber Gegenstand meiner Forschung und stehe über meinem Gegenstand. Diese Haltung ist weit verbreitet bei Menschen, die nicht gelernt haben, (psycho)analytisch zu denken. Sie neigen dazu, alles, was sie im Leben irgendwie ›stört‹ oder ›behindert‹, in der Außenwelt zu verorten. Das ›Böse‹, das ›Schlechte‹, das ›schwer Verdauliche‹ ist immer ›im Anderen‹. Dies macht zwar das Leben (scheinbar) leichter, ist aber kein guter Ausgangspunkt für zutreffende Erkenntnisse. Ein hochqualifizierter deutscher Historiker hat kürzlich eine Studie zur deutschen Geschichte des 19./20. Jahrhunderts vorgelegt, ein gutes Buch mit einer Fülle von Daten und Namen, aus dem ich viel lerne. Alles gut belegt und durchdacht, z. B. wie die herrschenden Gruppierungen und Schichten des deutschen Kaiserreichs schon zum Ende des 19. Jahrhunderts nachweisbar mit Verve auf den noch in ›der Ferne liegenden‹ Krieg zusteuern, der als Erster Weltkrieg in die Geschichte einging. Er stellt dar, wie sie diesen künftigen Krieg (um die Weltherrschaft) ökonomisch-militärisch geradezu ersehnen, und macht auch keinen Bogen um die Darstellung der Gräuel der Vernichtung der jüdischen Populationen Europas in den Konzentrationslagern. Aber Sigmund Freud bzw. die Psychoanalyse kommen in dem Buch nicht vor. Geht das?, frage ich. Kann man die deutsche Gewaltgeschichte, die deutsche Kriegsgeschichte, die Geschichte der Lager, den deutschen Vernichtungswillen, wie er sich in der versuchten Ausrottung jüdischer (und auch russischer) Menschen zeigte, darstellen, ohne sich in die Abgründe der psychischen Strukturen der Täter dieser Morde – überwiegend Männer – hineinzubegeben? Ich glaube, das kann man nicht. Und dies gilt für anglo-amerikanische Gewalttäter nicht weniger. Als ich Männerphantasien zwischen 1972 und 1977 geschrieben habe – parallel zu den sich entwickelnden frühen Formen des (west) deutschen Feminismus – war ich Vater eines kleinen Jungen und frisch verheiratet mit einer Frau, die begonnen hatte in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik Freiburg zu arbeiten. Dies war verbunden mit den laufenden politischen Diskussionen – ökologisch, feministisch und antikolonialistisch – und bestimmt von der ›Gewaltfragec‹: Wo und wann ist der Einsatz von Waffengewalt erlaubt oder sogar geboten, eine Frage, die den – im Selbstverständnis pazifistischen – Körper zu zerreißen drohte. Und wie verhält sich mein eigenes ›Mann-Sein‹ zu dem der tötenden Freikorps-Männer von 1920? Wie verhält es sich zum Mann-Sein meines Vaters, einem autoritätsgläubigen Hitler-Anhänger und Nazi-Mitläufer? Wie erscheint es in den Augen meiner Frau, wie nimmt unser Kind mich wahr? Wie erscheint mein Mann-Sein in der Improvisationsgruppe, in der ich Musik mache? Fragt man heutige Männer der etwas älteren Generationen, die ihr Leben einigermaßen ›erfolgreich‹ hinbekommen haben, nach ihrem Lieblingssong, nennen die meisten den Titel I did it my way von Paul Anka bzw. Frank Sinatra. Zuletzt konnte man dies vom deutschen ExKanzler Gerhard Schröder hören. ›My Way‹, der Macht-Macho – unverändert, unveränderbar? ›My Way‹? Genau damit könnte ich mein Leben und Tun nicht benennen. Wenn schon dann: ›We did it our way‹. Aber auch das wäre noch zu angeberisch. Ohne meine Frau, ohne helfende, ohne mitschwingende Freundesgruppen, ohne Mitarbeiter und Unterstützer in Arbeitsgruppen und Institutionen, ohne Anteil an den sich verändernden Strukturen des Öffentlichen in der sich nach dem Zweiten Weltkrieg langsam demokratisierenden Gesellschaft, ohne Black Music, ohne ständige Reflexion des Eigenzustands innerhalb all dieser Verbindungen wäre das eigene ›Denken‹ doch eher nichts, es wäre gar nicht entwickelt. In der Zahl 1 existiert das (sogenannte) Individuum doch gar nicht. Die 2 ist das mindeste – vom Baby bis zu den Freuden der Liebe. Das ›autonome Subjekt‹ ist eine philosophische Konstruktion (dazu gleich mehr). So ist es mir zuerst einmal eine große Freude, dass es im Jahr 2022 einen psychoanalytisch denkenden Menschen gibt, der die bald 50 Jahre alten Männerphantasien (begonnen mit dem Schreiben habe ich 1972) nicht nur mit Zustimmung liest, sondern sie fruchtbar weiterdenkt. Jacob Johanssen untersucht die heutigen relevanten ›faschistischen‹ Männer und ihre mörderischen Aktionen im Licht der älteren wie der neueren Forschungsliteratur. Dabei denkt er neuere psychoanalytische Konzepte mit und bringt sie in Beziehung zur veränderten technologischen Beschaffenheit der heutigen Welt. Größten Dank für diese gigantische Arbeit, die immer getragen ist von der Gewissheit, dass im Zentrum solcher Bemühungen die diversen menschlichen Körper zu stehen haben in der jeweils differenten Ausprägung ihrer Sexualitäten. Der Einzelkörper – soweit er sich als einzelner zwanghaft zu behaupten sucht – erscheint bei Johanssen wie bei mir als ›fragmented body‹, als in seiner Entwicklung teil-zerstörter Körper, der sich zu panzern sucht gegen die Bedrohungen der Außenwelt und/oder machtvolle Formationen sucht mit der Absicht, sich ihnen einzufügen. Angstbesetzte, ›bedrohte‹ Körper helfen sich fast immer mit Gewalt. Der ›faschistische‹ Körper ist mit Ängsten beladen, insbesondere der Angst, von den äußeren Realitäten ›verschlungen‹ zu werden. Die Zentralangst alles...


Jacob Johanssen, Dr., geb. 1986 in Hamburg, ist Associate Professor in Communications an der St. Mary's University in London.



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