E-Book, Deutsch, 266 Seiten
Levenig / Steiner Praxishandbuch Vertrieb
2. überarbeitete Auflage 2016
ISBN: 978-3-7398-0069-1
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sales Management in der Konsumgüterindustrie
E-Book, Deutsch, 266 Seiten
ISBN: 978-3-7398-0069-1
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Unternehmen sind bestrebt, qualitativ hochwertige Produkte oder besonders kundenorientierte Dienstleistungen anzubieten, um sich erfolgreich auf dem Markt zu platzieren. Doch der ganze Aufwand ist umsonst, wenn diese Produkte nicht den Weg zum Kunden finden.
Das Handbuch beleuchtet alle zentralen und praxisrelevanten Vertriebsthemen und erläutert diese anhand von Fallstudien mit Lösungsskizzen verständlich und einprägsam. Basierend auf ihrer vielseitigen Erfahrung gibt die Autorin Antworten auf grundlegende Vertriebsfragen: Was bedeutet Vertriebsmanagement in der Konsumgüterindustrie? Wie ist der Vertrieb strukturiert? Welches Wissen wird in den einzelnen Vertriebsbereichen benötigt? Welche Karrierechancen bietet der Vertrieb? Und warum sind die vorherrschenden Vorurteile nicht mehr zeitgemäß?
Ein Standardwerk für Studierende, Praktiker und Quereinsteiger, die einen schnellen Einstieg in das Thema Vertrieb suchen.
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2 Lebensmitteleinzelhandel Deutschland
In diesem Kapitel werden Sie … die Struktur des deutschen Lebensmitteleinzelhandels verstehen, Zeuge der wesentlichen Entwicklungsprozesse werden, die Folgen des Konzentrationsprozesses verstehen und bewerten, nachvollziehen, warum sich die Discounter schon über mehrere Jahre auf dem Siegeszug der umsatzstärksten Vertriebslinie befinden, das Käuferverhalten verstehen, welches den aktuellen Entwicklungen zugrunde liegt, den Unterschied zwischen Markenartikeln und Handelsmarken analysieren, die Bedeutung und Entwicklung der Handelsmarken nachvollziehen und bewerten. Stichworte Groß- und Einzelhandel C&C Großhändler Umsatzkonzentration Konsolidierungsprozess hybrider Konsument Handelsmarke Dachmarke Monomarke Preis-Leistungs-Verhältnis Qualitätskäufer 2.1 Handelsstruktur
Im funktionellen Sinne werden unter dem Begriff „Handel“ die Beschaffung sowie der Absatz von Waren an Dritte ohne Weiterverarbeitung verstanden. Der Handel, der im Rahmen des indirekten Absatzes das Bindeglied zwischen Hersteller und Endabnehmer darstellt, kann verschiedene Funktionen einnehmen. Da in der Regel weder Ort, Zeitpunkt noch Menge zwischen Herstellung und Abnahme der Waren übereinstimmen, übernimmt der Handel zunächst die Funktion, einen räumlichen, zeitlichen und mengenmäßigen Ausgleich zu schaffen. Im Rahmen seiner Sortiments- und Werbefunktion stellt der Händler bedarfsgerechte Sortimente für den Endabnehmer zusammen und vermittelt zusätzliche Informationen über die angebotenen Produkte. Im Zeitraum zwischen der Herstellung und dem Absatz der Produkte kommt dem Handel die Funktion der Zwischenfinanzierung zu, wobei er dem Abnehmer noch über den Zeitpunkt des Weiterverkaufs hinaus einen Kredit einräumen kann.104 Der Handel übernimmt im Rahmen des indirekten Absatzes eine Mittlertätigkeit zwischen dem Herstellerunternehmen und dem Konsumenten der Güter ein. Als zwischengeschalteter Absatzmittler ergibt sich eine Differenzierung in Einzel- und Großhandelsunternehmen entsprechend der Zielgruppe, an die die Waren abgesetzt werden. Kunden des ?Lebensmitteleinzelhandels (LEH) sind überwiegend private Haushalte, während Großhändler ihre Handelswaren an Wiederverkäufer und Weiterverarbeiter absetzen. Geschäftsformen innerhalb des Groß- und Einzelhandels, die in Bezug auf das Erscheinungsbild, das Leistungsangebot und die wahrgenommene Handelsfunktion ähnlich sind, können zu einheitlichen Betriebstypen zusammengefasst werden.105 Die Betriebsformen des Großhandels (GH) unterscheiden sich im Wesentlichen in der Sortiments- und Belieferungspolitik und können in fünf Betriebstypen, den Zustell-, den Cash&Carry-, den Strecken-, den Sortiments- und den Spezialgroßhandel untergliedert werden.106 Der Zustellgroßhandel stellt Waren aus dem eigenen Lager zur Verfügung und liefert diese auf Bestellung selbst oder durch von ihm beauftragte Transportunternehmen an Einzelhändler oder Weiterverarbeiter aus. Im Gegensatz dazu arbeiten Cash&Carry Großhändler (z.B. Metro C&C) nach dem Prinzip der Selbstabholung und kommen als Abholmarkt nur für die Lagerung der Ware auf. Die Kunden sind Wiederverkäufer und benötigen einen Gewerbeschein beim Einlass in den Markt. Strecken-, Sortiments- und Spezialgroßhändler erfüllen hingegen nur eine Transaktionsfunktion und sind weder an der Lagerung noch am Transport der Waren beteiligt. Der Streckengroßhandel ermöglicht eine Warenzustellung in Form eines Streckengeschäfts, indem er die Kunden über seine Lieferanten beliefern lässt. Somit trägt der Streckengroßhändler kein Lagerrisiko, da er die Kundenaufträge direkt über seine Lieferanten abwickelt. Sortiments- und Spezialgroßhändler unterscheiden sich durch den Umfang des angebotenen Sortiments. Der Sortimentsgroßhändler stellt seiner Kundschaft ein breites, aber flaches Sortiment (?Sortimentsbreite) zusammen und bietet somit eine hohe Anzahl unterschiedlichster Warengruppen an. Der Spezialgroßhändler spezialisiert sich hingegen auf einige wenige Warengruppen, die er mit einem sehr tiefen Sortiment (?Sortimentstiefe) anbietet. Somit führt der Spezialgroßhändler beispielsweise in den Warengruppen elektrische Haushaltsgeräte oder Büroartikel verschiedenste Sorten als Varianten eines Artikels.107 Der Einzelhandel (EH) wird grundsätzlich in vier Betriebstypen differenziert. Die Abgrenzung der Betriebsformen erfolgt nach der Sortimentspolitik, dem Bedienungsprinzip und der Art der Preisstellung. Diese Abgrenzungskriterien können um die Mindestgröße der Verkaufsfläche erweitert werden. 108 Supermärkte (SM) sind Einzelhandelsbetriebe, die Nahrungs- und Genussmittel sowie meistens Drogerieartikel und andere Artikel des täglichen Bedarfs auf einer Verkaufsfläche zwischen 100 und 999 Quadratmetern anbieten. Einzelhandelsgeschäfte bis zu 400 Quadratmetern werden dabei als kleine Supermärkte bezeichnet. Verbrauchermärkte (VM) sind großflächige Betriebe des Einzelhandels, die ein breites Sortiment an Nahrungs- und Genussmitteln sowie an Ge- und Verbrauchsgütern in Selbstbedienung anbieten. Große Verbrauchermärkte bieten ein warenhausähnliches Sortiment des Lebensmittel- und Nichtlebensmittelbereichs auf einer Verkaufsfläche von mindestens 2.500 Quadratmetern an. Die Verkaufsfläche von kleinen Verbrauchermärkten liegt zwischen 1.000 und 2.499 Quadratmetern. Drogeriemärkte (DM) sind Einzelhandelsgeschäfte, die Drogeriewaren in Selbstbedienung vertreiben. Der Schwerpunkt liegt auf einem absatzstarken Markenartikelsortiment im Bereich der Gesundheits- und Körperpflegemittel, Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Babynahrung und -pflege, Haushaltspapiere sowie Kosmetik. Discounter als preisaggressivste Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäfte legen den Schwerpunkt auf ein begrenztes Sortiment zu niedrig kalkulierten Preisen. Nahrungs- und Genussmittel sowie Güter des Alltagsbedarfs werden unter weitgehenden Verzicht auf zusätzliche Dienstleistungen bei einfacher Ladengestaltung angeboten. Die Discounter lassen sich entsprechend ihrer Sortiments- und Preispolitik in zwei Untergruppen unterteilen. Hard-Discounter (z.B. Aldi, Lidl, Norma) beschränken sich auf eine Artikelanzahl von 400 bis 1.000 schnelldrehenden Artikeln,109 die überwiegend Eigenmarken umfassen. Handelsmarken stellen für die Hard-Discounter die Basis ihres Geschäfts dar, denn sie bieten den Verbrauchern preislich eine eindeutige Alternative zu den Vollsortimentern. Soft-Discounter (z.B. Netto, Penny) verfolgen ein abgeschwächtes Discount-Konzept und weisen im Vergleich zu Hard-Discountern ein leicht erweitertes Sortiment mit bis zu 2.500 Artikeln auf. Oftmals als „Marken-Discounter“ bezeichnet, liegt der Schwerpunkt bei Soft-Discountern auf Markenartikeln.110 2.2 Handelskonzentration
Seit Anfang der 1980er Jahre ist die Struktur des deutschen Konsumgüterhandels durch eine voranschreitende Konzentration geprägt, die auch heute noch anhält. Der Konzentrationsprozess111 ist dabei durch eine abnehmende Anzahl der am Markt agierenden Unternehmen bei gleichzeitiger Zunahme des Marktanteils der am Markt verbleibenden Unternehmen gekennzeichnet.112 Betrug der Marktanteil der Top 5 Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland 1980 noch 26,3 Prozent, so hat sich dieser im Jahr 2008 mit 69,9 Prozent mehr als verdoppelt. Auch für die kommenden Jahre wird mit einem Voranschreiten des Konzentrationsprozesses gerechnet. TradeDimensions prognostiziert den Top 5 für das Jahr 2015 einen Umsatzanteil von 77,6 Prozent, wie in der nachstehenden Abbildung aufgezeigt wird.113 Richtet man den Blick auf das europäische Ausland, liegt die Handelskonzentration in Deutschland allerdings im unteren Mittelfeld. Die höchste Handelskonzentration – gemessen am Marktanteil der TOP 5 Lebensmitteleinzelhändler – weisen Schweden (95,4 Prozent), die Schweiz (89,5 Prozent) und Norwegen (85 Prozent) auf.114 Ein solcher Konzentrationsprozess geht vor allem zulasten der kleineren Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von weniger als 400 Qudratmetern. Die Entwicklung der Handelslandschaft ist durch eine kontinuierliche Reduzierung der Anzahl an SB-Geschäften115 geprägt. Innerhalb von sieben Jahren haben rund 53 Prozent der SB-Geschäfte geschlossen, im Jahr 2007 bemisst sich die Anzahl der kleinen Lebensmittelgeschäfte auf nur noch 24.770 Geschäfte. Folge des Ladensterbens ist eine Verringerung der Gesamtanzahl der Verkaufstellen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel um rund 30 Prozent auf 55.191 Outlets im Jahr 2007, wobei ein zunehmender Verkaufsstellenanteil auf den Discount entfällt.117 Abb. 16: Umsatzkonzentration im deutschen Lebensmittelhandel 1980–2008; Szenario 2015116 Abb. 17: Verkaufsstellen im deutschen Lebensmittelhandel 1994–2007118 Die Motive für die zunehmende Konzentration sind vielfältig und reichen von Größendegressionseffekten mit Rationalisierungswirkungen bis hin zur Senkung der IT- und Zentralkosten, die den Betrieb derartig großer Handelsunternehmen erst ermöglichen. Die Bündelung der Einkaufs- und Marktmacht ist...