Morgenstern | Metaphysik in der Moderne | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 312 Seiten, E-Book-Text

Morgenstern Metaphysik in der Moderne

Von Schopenhauer bis zur Gegenwart
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-515-09506-8
Verlag: Franz Steiner
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Von Schopenhauer bis zur Gegenwart

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ISBN: 978-3-515-09506-8
Verlag: Franz Steiner
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Das Anliegen der Metaphysik, die Welt aus wenigen Grundprinzipien zu begreifen, ist seit Hume und Kant häufig als illusionär kritisiert worden. Dennoch hat die "totgesagte" Metaphysik immer wieder "Auferstehungen" erlebt. Auch in der Moderne werden die alten Fragen nach Welt, Mensch und Gott gestellt, doch geschieht dies vor einem veränderten wissenschaftlichen Hintergrund und auch häufig mit anderen Methoden. Insgesamt zeigt sich in der Moderne ein allmählicher Übergang von einer apriorischen zu einer hypothetischen, wissenschaftsorientierten Metaphysik.
Die vorliegende Abhandlung thematisiert acht zentrale Strömungen der Metaphysik seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Zentrum stehen dabei die philosophischen Weltbilder ihrer Hauptvertreter sowie ihre Standpunkte zum Leib-Seele-Problem und zum Problem der Willensfreiheit, aber auch ihre Stellungnahmen zu den Fragen nach Gott, Unsterblichkeit und dem Sinn des Lebens.
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II. Materialismus des 19. Jahrhunderts
Eine frühe Opposition gegen die Vernunftmetaphysik des deutschen Idealismus, die selbst metaphysisch ausgerichtet war, war der Materialismus. Seine Ursprünge liegen teilweise in den Diskussionen, die in der Hegelschen Schule um das Verhältnis von Philosophie und Religion geführt wurden. Die von Hegel vertretene Versöhnungsthese, dass die wesentlichen Inhalte der Religion in der Philosophie bewahrt werden, stieß nun auf Kritik. Darüber hinaus wurde die idealistische Auffassung Hegels, die den Geist als Grund und Wesen der Welt versteht, grundsätzlich in Frage gestellt. Der Materialismus setzte dagegen die Position, dass die Materie die Grundlage aller Wirklichkeit ist, dass also Bewusstsein, Vernunft und Geist Erscheinungsformen der Materie sind. Die Vernunftmetaphysik erschien demgegenüber als unhaltbare Spekulation, die mit der elementaren Tatsache, dass alles Bewusstsein eine organische Basis und einen materiellen Träger hat, nicht vereinbar ist. Der Materialismus war eine einflussreiche, weitgehend außeruniversitäre Strömung der modernen Metaphysik, die sich nicht zuletzt dem Kampf gegen Aberglauben und überholte religiöse Vorstellungen verschrieben hatte. Ausgangspunkt des Materialismus war die Religionskritik Ludwig Feuerbachs und dessen „anthropologischer Materialismus“, der den Menschen primär nicht mehr als Vernunftwesen, sondern als sinnliches Naturwesen begreift. Eine weitere materialistische Position wurde von verschiedenen Naturwissenschaftlern entwickelt. Dieser „naturwissenschaftliche Materialismus“ versuchte die organische Bedingtheit des Geistes insbesondere mit Hilfe der neuen Erkenntnisse der Physiologie zu begründen. In Anknüpfung an Feuerbach, aber auch in eigenwilliger Umdeutung Hegels begründeten Karl Marx und vor allem Friedrich Engels den „dialektischen Materialismus“, der sich von der „mechanistischen“ Ansicht des naturwissenschaftlichen Materialismus abgrenzte. Ausgehend von der Evolutionslehre Darwins entwickelte schließlich Ernst Haeckel eine materialistische Position in seiner „monistischen Weltanschauung“, die unter Anerkennung der ganzen Tragweite der Wissenschaften zugleich einen vernünftigen Kern der Religion zu bewahren versuchte. Als relativ homogene metaphysische Strömung endete der Materialismus etwa mit dem Ersten Weltkrieg. Seitdem findet sich materialistisches Denken innerhalb verschiedener philosophischer Strömungen. 1. Ludwig Feuerbach:
Anthropologischer Materialismus
Erster Materialist der Moderne. Mit Ludwig Feuerbach beginnt der philosophischen Materialismus in der Moderne. Der frühe Feuerbach war jedoch noch kein Materialist, sondern stand noch ganz im Banne der Philosophie Hegels. Erst die langjährige Auseinandersetzung mit religionsphilosophischen Fragen führte ihn dazu, die von Hegel behauptete Versöhnung von Philosophie und Religion durch eine radikale Religionskritik zu ersetzen. Die von ihm nun konzipierte „Reformation“ der Philosophie war mit einer Hinwendung zu materialistischen Positionen verbunden. Zwar ging es ihm dabei in erster Linie um ein angemessenes philosophisches Verständnis des Menschen, weswegen seine Position auch als „anthropologischer Materialismus“ bezeichnet wird, doch vertrat er auch einen allgemeinen, ontologischen Materialismus.   Ludwig Feuerbach (1804–1872) Religionskritiker und Vertreter eines anthropologischen Materialismus   Leben und Werk. Ludwig Feuerbach wurde am 28. Juli 1804 als eines von acht Kindern des berühmten Juristen Anselm Ritter von Feuerbach (1775–1833) in Landshut geboren. Im Jahr 1823 begann er mit dem Studium der evangelischen Theologie in Heidelberg, doch wechselte er 1824 nach Berlin, um bei Hegel Philosophie zu studieren. Als bayerischer Staatsbürger ging er schließlich nach Erlangen, um hier 1829 zu promovieren und im folgenden Jahr Privatdozent zu werden. Seine anonym veröffentlichte Schrift Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (1830) entfachte einen Sturm der Entrüstung und wurde sofort verboten. Da nach Bekanntwerden seiner Autorschaft seine Aussichten auf eine Professur schwanden, gab er 1832 seine Lehrtätigkeit auf und betätigte sich als philosophischer Autor und als Mitarbeiter an wissenschaftlichen Zeitschriften. Nach der Heirat mit Bertha Löw, die Teilhaberin an einer Porzellanfabrik war, lebte er seit 1837 auf Schloss Bruckberg bei Ansbach. Die Publikation seines Hauptwerks Das Wesen des Christentums (1841) machte ihn schlagartig berühmt. Feuerbach wandte sich nun entschieden von Hegel ab und konzipierte in seiner Schrift Grundsätze der Philosophie der Zukunft (1843) eine materialistische Gegenposition. In dieser Zeit hatte er auch Kontakt mit führenden Vertretern der politischen Opposition, insbesondere zu Karl Marx, doch hielt er sich selbst von politischen Aktivitäten fern. Stattdessen konzentrierte er sich auf seine philosophische Arbeit und entwickelte in der Schrift Das Wesen der Religion (1846) seine Religionsphilosophie weiter. Diese Schrift war auch die Grundlage der viel beachteten öffentlichen Vorlesungen, die Feuerbach im Winter 1848/49 im Heidelberger Rathaus hielt. Als im Jahr 1859 die Bruckberger Porzellanfabrik Bankrott ging, erhielt Feuerbach finanzielle Unterstützung von Freunden und Anhängern, darunter auch von Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei. Nachdem zwei Schlaganfälle ihn zuletzt arbeits- und fast kontaktunfähig gemacht hatten, starb Feuerbach am 13. September 1872 in Rechenberg bei Nürnberg und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt.10   Der Streit um die Religion in der Hegelschen Schule. Feuerbach gehörte zu den „Linkshegelianern“, deren Entwicklung zum Materialismus er entscheidend mitbestimmte. Entstanden war diese Gruppe, als sich nach Hegels Tod die Hegelsche Schule in konservative „Alt- oder Rechtshegelianer“ und in progressive „Jung- oder Linkshegelianer“ spaltete. Während die Spaltung zwischen Rechts- und Linkshegelianern sich schließlich an politischen Fragen zuspitzte, wurde sie ursprünglich durch einen Streit um die christliche Religion ausgelöst. Der Theologe David Friedrich Strauß (1808–1874) hatte in seinem Werk Das Leben Jesu (1835/36) den Evangelien die historische Wahrheit abgesprochen und sie lediglich als Mythen gedeutet, die metaphysische Gedanken in erzählender Form präsentieren. Diese religionskritische Position war noch kein Bruch mit Hegels Versöhnungsthese, die der Religion ja ebenfalls eine eigene, anschauliche Form der Wahrheit zugestanden hatte. Doch in der sich an Strauß anschließenden Debatte wurde diese Auffassung vom „wahren Kern“ der Religion von den Linkshegelianern zunehmend bestritten.   Erste Distanzierung von Hegel. Feuerbachs Abwendung von Hegel war ein langwieriger und mühsamer Prozess. In seiner lateinischen Dissertation („De inifinitate, unitate, atque communitate rationis“) von 1827 hatte er Hegels Auffassung der Grenzenlosigkeit der Vernunft noch ausdrücklich verteidigt. Auch in seinen Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (1830) glaubte er noch auf dem Hegelschen Standpunkt zu stehen, als er den Pantheismus als heimlichen Kern von Hegels System herausstellte. Hegel war in seinen Augen ein heimlicher „Spinozist“, der sich jedoch, mit Rücksicht auf den christlichen Glauben und die Theologie, als solcher nicht offen bekannt hatte. Aus dem Pantheismus folgt nach Feuerbach aber unausweichlich die Leugnung zweier zentraler Dogmen der christlichen Theologie, nämlich der Existenz eines persönlichen Gottes und der Unsterblichkeit der individuellen Seele. Fast schon Nietzsche vorwegnehmend, kritisiert er den Glauben an ein jenseitiges Weiterleben der Seele als eine philosophische Verirrung und fordert stattdessen die Bejahung des diesseitigen Lebens. Mit diesen religionskritischen Thesen will Feuerbach zwar nur die Konsequenzen von Hegels Philosophie offenlegen, doch beginnt damit tatsächlich eine Distanzierung von Hegel. Anstoß erregte Feuerbach auch mit seiner scharfen Polemik gegen die Behinderung des freien Denkens durch die christlichen Dogmen und mit seiner Anprangerung der Unredlichkeit der zeitgenössischen Theologie und Philosophie. Wie sein Vater richtig voraussagte, sollte ihm diese Kritik nie verziehen werden.   Die anthropologischen Wurzeln der Religion. Unter dem Eindruck der Debatten um das Buch von Strauß stellt Feuerbach in dem Aufsatz Zur Kritik der Hegelschen Philosophie (1839) Hegels System erstmals grundsätzlich in Frage. Er verwirft nun den Erkenntnisanspruch des spekulativen Denkens und betont stattdessen die Unvereinbarkeit von Vernunft und Glaube. Die religiösen Vorstellungen von einem persönlichen Gott und einem Dasein nach dem Tod gelten ihm jetzt schlicht als Illusionen. Mit der Preisgabe ihres Wahrheitsanspruchs reduziert sich Religion für Feuerbach auf ein natürliches Phänomen, nämlich auf die Tatsache der menschlichen Vorstellungen von Gott und Unsterblichkeit. Die philosophische Aufgabe, die er in seinem Hauptwerk Das Wesen des Christentums (1841) in Angriff nimmt, besteht darin, den natürlichen Ursprung religiöser Vorstellungen nachzuweisen. Als grundsätzliche Erklärung der Gottesidee schlägt er vor, sie als unbewusste Projektion des menschlichen Wesens zu begreifen. Eine prägnante Formulierung seiner Grundidee lautet: „Die Religion ist die Entzweiung des Menschen mit sich selbst: er setzt sich Gott als ein ihm...


Morgenstern, Martin
Martin Morgenstern, geb. 1953, lebt in St. Wendel / Saar. 1992–98 Dozent an der Universität des Saarlandes, seit 2002 im Schuldienst des Landes Rheinland-Pfalz.
Er promovierte mit einer Arbeit über Schopenhauer und publizierte zwei Monographien über Nicolai Hartmann. Zusammen mit R. Zimmer veröffentlichte er philosophische Einführungen und Schulbücher, eine Biographie über K. Popper sowie den Briefwechsel zwischen K. Popper und H. Albert.

Martin Morgenstern, geb. 1953, lebt in St. Wendel / Saar. 1992–98 Dozent an der Universität des Saarlandes, seit 2002 im Schuldienst des Landes Rheinland-Pfalz.
Er promovierte mit einer Arbeit über Schopenhauer und publizierte zwei Monographien über Nicolai Hartmann. Zusammen mit R. Zimmer veröffentlichte er philosophische Einführungen und Schulbücher, eine Biographie über K. Popper sowie den Briefwechsel zwischen K. Popper und H. Albert.



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