Rautenberg | Zen in der Kunst des Coachings | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Rautenberg Zen in der Kunst des Coachings


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8497-8246-7
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-8497-8246-7
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
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Zwischen Zen und systemischem Coaching besteht ein tiefer natürlicher Zusammenhang. Dazu gehört die Augenhöhe zwischen den Beteiligten wie auch die Neutralität und Demut des Beratenden gegenüber seinen Möglichkeiten, die Wirklichkeit des Anderen zu beeinflussen. Versierte und erfahrene Coachs können ihre Tools und Konzepte loslassen, um neue Lösungswege einzuschlagen. Im Dialog mit dem Klienten entsteht ein kommunikativer Raum, ein 'Zwischen'. Die Philosophie des Zen hilft, eine angemessene Haltung zu finden, um diesen Raum zu gestalten. Zen und Dialog ermöglichen Beweglichkeit und Spiel. Ein leerer, ruhiger, präsenter Geist kann dabei ebenso hilfreich sein wie ein Kopf voller Ideen. Wenn man der Situation im Hier und Jetzt ihren Willen lässt, können Lösungen sich wie von selbst ergeben und das Coaching wird für beide Seiten - Coach und Coachee - zum Flow-Erlebnis. Michael Rautenberg verknüpft theoretische Grundlagen und Beratungspraxis auf leichtfüßige Weise, die auch den Blick erfahrener Profis noch zu weiten vermag.

Michael Rautenberg, Volkswirt und systemischer Berater, blickt auf zehn Jahre Managementerfahrung bei Lufthansa und der Deutschen Bank zurück. Dort hat er sich schwerpunktmäßig mit Management- und Organisationsentwicklung beschäftigt, aber auch das harte Geschäft von Sanierung und Restrukturierung kennengelernt. 2005 gründete er die Managementberatung 'pelargos' in Frankfurt/Main. Im Rahmen seines gesellschaftspolitischen Engagements hat er 2008 mit einigen Mitstreitern die gemeinnützige Initiative 'Kopfstand - Bündnis Bildung' aus der Taufe gehoben. An der Frankfurt School for Finance and Management ist er Dozent für Organisatorischen Wandel.
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Vorbemerkung


Kennen Sie den Film (dt.: ) von Sidney Lumet? Falls nicht, bitte anschauen! Es ist ein brillantes, äußerst lehrreiches Kammerspiel aus dem Schwarz-Weiß-Kino der 1950er-Jahre. Der Plot ist schnell erzählt. Am Ende eines Gerichtsverfahrens versammeln sich die Geschworenen, um über Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu befinden. Die Jury besteht aus zwölf weißen Männern, die sich in den besten Jahren befinden. Der Angeklagte ist ein junger Puerto Ricaner und wird beschuldigt, seinen Vater mit einem Messer erstochen zu haben. Ein Schuldspruch müsste einstimmig erfolgen, denn im Falle eines Schuldspruchs droht dem Delinquenten der elektrische Stuhl. Der Film handelt fast ausschließlich von der nun beginnenden Verhandlung der Geschworenen. Kaum haben alle Geschworenen ihren Platz eingenommen, wird ohne große Beratung deutlich, dass sie sich einig zu sein scheinen. Und schon schlägt der Vorsitzende vor abzustimmen. Die schlichte Dramaturgie der Stimmzettelauszählung ist der erste Höhepunkt der Geschichte. Das Ergebnis lautet elf zu eins für »schuldig«. Und nun entwickelt sich eine Kommunikation unter den Jurymitgliedern, die allen Gruppendynamikern das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Der kollektive Druck führt schließlich dazu, dass der Abweichler sich outet und das Argument ins Feld führt, begründete Zweifel zu haben. Nun kann der Zuschauer beobachten, was es bedeutet, Zivilcourage zu praktizieren. Die Rolle des tapferen Zweiflers wird von Henry Fonda nach allen Regeln der Schauspielkunst ausgefüllt. Er drängt sich nicht in den Vordergrund und trägt seine Gedanken ruhig, ja beinahe demütig vor, indem er sie nicht im Gestus des Wissenden formuliert. Nach und nach gelingt es ihm, weitere Geschworene dazu zu bewegen, den Fall und seine Umstände zu explorieren. Eher Introvertierte trauen sich, eigene Gedanken zu artikulieren. Nun bekommen auch Ideen ihren Anwalt, die weitere Zweifel an der Schuld des Angeklagten entstehen lassen und vorher nicht kommuniziert wurden. Der Zuschauer erlebt, wie auch »Hardliner« immer weicher in ihrer Einschätzung werden. Es entsteht eine Atmosphäre, in der schließlich Selbstreflexion und Selbstoffenbarungen der Geschworenen deutlich machen, mit welchen Vorurteilen oder sonstigen Verständigungs-»Killern« sie ursprünglich in die Beratung gegangen waren.

Gruppendynamik und Tiefenpsychologie erzeugen die Spannung der Geschichte, aber es ist etwas anderes, das die subtile Bewegung der Geschworenenkommunikation in ein zunehmend konstruktives Miteinander bewirkt. Dieses Element tritt immer dann in Erscheinung, wenn in der Interaktion eine echte Zuwendung stattfindet, wenn davon ausgegangen wird, dass der andere recht haben könnte, wenn respektvoll auf Augenhöhe kommuniziert wird, wenn exploriert statt geurteilt wird, wenn aufmerksam zugehört wird, wenn Vorurteile ihren Tatsachenstatus verlieren und wenn selbstreflexive Selbstoffenbarungen in Erscheinung treten. Dies sind lauter Verhaltensweisen, die einen dialogischen Charakter haben. Sie haben in bewirkt, dass aus einer regelrecht gewaltvollen Kommunikation ein Miteinander entstehen konnte, in welchem immer mehr so etwas wie ein Dialog stattfinden konnte. Eine Gruppe von weißen Männern, die in ihrer Rolle als Geschworene zusammengekommen waren, gehen am Ende des Films als Menschen auseinander, die sich nähergekommen sind, deren Bewusstsein sich verändert hat und die alle eine neue Perspektive auf ihr Leben gewonnen haben. Dadurch, dass die Geschworenen einen dialogischen Weg eingeschlagen haben, hat sich, fast nebenbei, mit dem Freispruch des jungen Puerto Ricaners ein gerechtes Urteil ergeben.

Mit erfülle ich mir den seit einigen Jahren gehegten Wunsch, dem reichen Spektrum an Möglichkeiten, wie man Coaching auffasst und mit welcher Haltung man die Profession des Beraters ausübt, eine Facette ganz eigenen Charakters hinzuzufügen. Das Besondere an dieser Facette entsteht dadurch, dass ich die dialogische Philosophie mit der Systemtheorie neuerer Ausprägung und damit auch mit der Erkenntnistheorie des Konstruktivismus gedanklich zusammenführe und das Ganze zur Philosophie des Zen in Beziehung setze. Damit entsteht ein Ansatz, der nicht in erster Linie psychologisch bzw. psychotherapeutisch begründet ist. Denn das kann man wohl guten Gewissens über die etablierten Coachingkonzepte im Großen und Ganzen sagen: Sie wurzeln, sicher aus gutem Grund, in bewährten psychotherapeutischen Schulen.1 Tiefenpsychologische Ansätze haben zum Beispiel die Arbeit mit Glaubenssätzen inspiriert oder, durch C. G. Jungs Archetypenforschung, die Entwicklung von Persönlichkeitsmodellen und entsprechenden Verfahren, die im Coaching sehr beliebt sind, gefördert. Aus den humanistischen Psychotherapieformen stammen Modelle, wie zum Beispiel die lange Zeit sehr populäre Transaktionsanalyse oder Begleittechniken wie Rapport, Pacing und Leading. Die systemische Psychologie hat dafür gesorgt, dass zeitgemäße Kommunikations- und Erkenntnistheorien sich immer mehr durchsetzen konnten und darüber hinaus dem Coaching zahllose, inzwischen zum Allgemeingut gehörende Interventionen beschert, wie zum Beispiel das zirkuläre Fragen, die Appreciative Inquiry oder die Wunderfrage. Verhaltenspsychologische Ausrichtungen haben das Coaching sehr grundsätzlich mit ihrer pragmatischen Lösungsorientierung durch Klientenverhalten beeinflusst.

Konsequent zu Ende gedacht, mündet unser hier vertretener Ansatz in das Abenteuer des Loslassens um einer neuen Qualität des Sicheinlassens willen. Dabei geht es vor allem auch um das Loslassen von Tools und Konzepten zugunsten einer Haltung, die vom Geist des Zen und des Dialogs geprägt ist.2 Damit sollen die bestehenden und bewährten Coachingkonzepte nicht hinterfragt oder gar ersetzt werden. Die hier zusammengefassten Anregungen sind als – hoffentlich interessante – Ergänzung für die Praxis des Coachings im Besonderen, gegebenenfalls auch der Beratung allgemein, zu verstehen. Möglicherweise werden erfahrenere Coachs und Berater eher in der Lage sein, diese Anregungen zu nutzen. Wer über keine substanziellen Coachingerfahrungen verfügt, könnte sich in dem frei improvisierenden Wesen dieses Ansatzes unter Umständen leicht verloren fühlen. Die mir vorschwebenden Möglichkeiten lassen sich in jede seriöse Coachingpraxis integrieren und stehen ihr nicht entgegen. Sie sollen zum Ausprobieren einladen und Freude machen.

Unser Ansatz soll auch ein Ausdruck der Ehrlichkeit uns selbst gegenüber und in der Ausübung unseres Berufes sein. Die moderne Kommunikationstheorie gehört inzwischen zum Standard und damit auch die Erkenntnis, dass gelingende Kommunikation ganz und gar nicht trivial ist. Wie konsequent sind wir denn, diese Erkenntnis auch in unsere Praxis zu übertragen? Wie gut gelingt es uns, im Alltag nicht den verführerischen Mustern des konventionellen Sender-Empfänger-Modells mit seiner Metapher des Informationstransports zu folgen? Wenn wir es als Executive Coachs mit Managern zu tun haben, deren Betätigungs- und Wirkungsfeld eine Organisation ist, stellt sich die Frage nach unserem eigenen Organisationsverständnis. Was unterstellen wir denn in unserer Beratungsarbeit hinsichtlich Konstruktionslogik sowie Wirk- und Funktionsweisen von Organisationen? Es gibt zahlreiche mehr oder weniger plausible Organisationstheorien. Mit welcher oder welchen Theorien arbeiten wir, wenn wir als »Systemiker«, und das ist inzwischen auch Standard, den Kontext des Klienten in das Beratungsgeschehen einbeziehen? Wenn ich diese und andere Fragen aufrichtig beantworte, kommen viele sehr interessante Aspekte zum Vorschein. Besonders auffällig ist die Einsicht, dass unsere Möglichkeiten, beraterisch wirksam zu werden und Erfolge zu erzielen, zunächst einmal ziemlich begrenzt sind. Diese Einsicht nötigt mir Demut ab, eine Haltung, die ich nach vielem Nachdenken jedem Berater und Coach nur wärmstens empfehlen kann.

Im , einführenden Teil des Buches gebe ich zunächst einen Überblick über einige der Quellen, aus denen ich seit vielen Jahren schöpfe und die deshalb eine wesentliche Grundlage für die Entstehung des vorliegenden Ansatzes bilden. In ihm widme ich mich dieser besonderen beratenden Form, die wir »Coaching« nennen. Vor allem liegt mir am Herzen, ihren von Ungewissheit geprägten Charakter aufzuzeigen. Denn daraus leitet sich für mich die bereits erwähnte Demutshaltung ab, die meiner Meinung nach eine beraterische Primärtugend sein sollte. Der Teil dient der Darstellung der Zusammenhänge zwischen Zen und Systemtheorie. Aspekte wie die prinzipielle Nichtkontrollierbarkeit von Umwelt, das Zurückgeworfenwerden auf unser Selbst, die Unmöglichkeit der direkten Einwirkung auf andere, die Bedeutung der Unmittelbarkeit und des Jetzt, die Bedeutung von Unvoreingenommenheit und Verantwortung werden im Kontext des Beratungsgeschehens beleuchtet. Damit möchte ich deutlich machen, dass Systemtheorie und Konstruktivismus sehr gut mit der Philosophie des Zen vereinbar sind und dass wir als Berater aus dem Zen Haltung, Kraft und Inspiration gewinnen können. Im...


Michael Rautenberg, Volkswirt und systemischer Berater, blickt auf zehn Jahre Managementerfahrung bei Lufthansa und der Deutschen Bank zurück. Dort hat er sich schwerpunktmäßig mit Management- und Organisationsentwicklung beschäftigt, aber auch das harte Geschäft von Sanierung und Restrukturierung kennengelernt. 2005 gründete er die Managementberatung "pelargos" in Frankfurt/Main. Im Rahmen seines gesellschaftspolitischen Engagements hat er 2008 mit einigen Mitstreitern die gemeinnützige Initiative "Kopfstand - Bündnis Bildung" aus der Taufe gehoben. An der Frankfurt School for Finance and Management ist er Dozent für Organisatorischen Wandel.



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