E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Tierhaltung
Schiffer Das 1x1 der Milchviehfütterung
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-8404-6718-9
Verlag: Cadmos Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Worauf es beim Füttern wirklich ankommt
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Reihe: Tierhaltung
ISBN: 978-3-8404-6718-9
Verlag: Cadmos Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ing. Jonas Schiffer ist unabhängiger Fütterungsberater und betreut Milchviehbetriebe im In- und Ausland. Es ist sein persönlicher Anspruch, durch laufende Weiterbildungen immer am Puls der Zeit zu bleiben. Seine Arbeit zeichnet sich besonders aus, dass er bei der Rationsgestaltung etc. sehr genau ins Detail geht und nichts dem Zufall überlässt. Gleichzeitig achtet er jedoch bei der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen in den Betrieben immer auf praktikable und leicht umsetzbare Lösungen. Es ist sein größtes Bestreben, möglichst viele Betriebe beim Erreichen ihrer individuellen Ziele in der Milchviehfütterung zu unterstützen. Dabei spielt für ihn auch die Vermittlung von praxisorientiertem Wissen eine große Rolle. Aus diesem Grund hat er sich dafür entschieden nicht nur Fütterungsvorträge zu halten, sondern auch ein eigenes Fütterungsbuch zu schreiben.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Verdauung der Milchkuh
Interpretation der Milchinhaltsstoffe
Interpretation des LKV-Berichts
Konservierung des Grundfutters
Interpretation von Grundfutteranalysen
Übersicht der Kraftfuttermittel und Rohstoffe
Bedeutung der Wasserversorgung
Synchronisation der Milchviehration
Bedeutung der Mineralstoffversorgung
Bedeutung der Zusatzstoffe
Die wichtigsten Controllingpunkte
Rationsgestaltung in Abhängigkeit des Fütterungssystems
Low-Input-Fütterung
Fütterung der Trockensteher
Ursachen und Prävention von Stoffwechselerkrankungen
Erfolgreiche Milchviehhalter
Interpretation der Milchinhaltsstoffe
Nachdem die Grundsätze der Verdauung erklärt wurden, kommen wir nun genauer zu den Milchinhaltsstoffen. Das richtige Interpretieren der betriebseigenen Milchinhaltsstoffe ist eines der wichtigsten Tools, um die Fütterung zu kontrollieren. Nur wenn man selbst in der Lage ist, die Milchinhaltsstoffe richtig zu interpretieren, können im eigenen Betrieb logische Schlussfolgerungen gezogen und daraus resultierende Änderungen (z. B. Rationsumstellungen) umgesetzt werden. Jede/-r Betriebsführer/-in sollte unbedingt zu den einzelnen Inhaltsstoffen folgende Fragen beantworten können:
• Welche Bedeutung hat der jeweilige Parameter? Wie entsteht der jeweilige Parameter?
• Wie interpretiert man den jeweiligen Parameter? Welche Folgen hat eine Über- und Unterversorgung?
• Wie können Über- und Unterversorgungen vermieden werden?
Milcheiweißgehalt
Bedeutung Milcheiweißgehalt
Der Milcheiweißgehalt zeigt die Energieversorgung des Tiers an und wird extrem stark durch die Fütterung beeinflusst. Deshalb ist dieser Parameter besonders wichtig, um die betriebseigene Fütterung zu durchleuchten. Zusätzlich sind zu geringe oder zu hohe Milcheiweißwerte riesige Kostenfaktoren. Es liegt in der Hand des Betriebsführers/der Betriebsführerin, den Milcheiweißwert durch eine bedarfsangepasste Ration zu optimieren.
Entstehung Milcheiweiß
Das Futterprotein, das über Grund-sowie Kraftfutter in die Mägen der Kuh gelangt, wird von den Bakterien (Mikroben) verarbeitet. Ca. 70 % des Gesamtproteins werden im Pansen abgebaut. Das im Pansen abgebaute Protein wird als Pansenprotein bezeichnet. Das restliche Eiweiß wird im Dünndarm absorbiert und nennt sich infolgedessen unabgebautes Dünndarmprotein (UDP).
Ist das Protein im Pansen angekommen, schließen die Mikroben unter Energieaufwand hochkomplexe Eiweißverbindungen auf und verwandeln anschließend das Futterprotein zu Mikrobenprotein. Je höher die Energiezufuhr in der Ration ist, desto mehr Mikrobenprotein wird aufgebaut.
Das Mikrobenprotein wird übers Blut aufgenommen und gelangt anschließend in die Milch. Die Summe aus der erzeugten Menge an Mikrobenprotein und UDP (unabgebautes Dünndarmprotein) steuert den Milcheiweißgehalt.
Interpretation Milcheiweißgehalt
Der Milcheiweißgehalt liefert, wie bereits erwähnt, einen Aufschluss über die Energieversorgung der Kuh bzw. der Herde. Jedoch gibt es hier gewisse rassenspezifische Unterschiede. Braunvieh und Jersey weisen genetisch bedingt höhere Milcheiweißwerte auf. Deshalb sollte die Interpretation der Energieversorgung immer mit der Bewertung der Körperkondition durch Ermittlung des BCS (Body Condition Score) oder dem Messen der Rückenfettdicke gekoppelt sein.
Grundsätzlich können folgende Richtwerte herangezogen werden:
Milcheiweiß < 3,1 % | ? | starker Energiemangel und eventuell Proteinmangel* |
Milcheiweiß 3,2–3,3 % | ? | Energiemangel und eventuell Proteinmangel* |
Milcheiweiß 3,4–3,6 % | ? | ausgeglichene Energieversorgung |
Milcheiweiß 3,7–3,9 % | ? | Energieüberschuss |
Milcheiweiß > 4,0 % | ? | starke Energieüberversorgung |
* Ein Proteinmangel in der Ration kann trotz guter Energieversorgung zu reduzierten Milcheiweißwerten führen. In diesem Fall wäre der Harnstoffgehalt in der Milch unter 15 mmol/l.
Folgen von zu niedrigen Milcheiweißgehalten
Milcheiweißwerte unter 3,2 % zeigen ein deutliches Energiedefizit an. Ketosen, Fruchtbarkeitsstörungen, Milchverlust und Abmagerung sind mögliche Auswirkungen von einem Energiemangel. Die dadurch anfallenden Kosten (Tierarzt, Milchrückgang, höhere Remontierungsrate usw.) sind teilweise enorm. Das muss aber nicht so sein. Die erfreuliche Nachricht ist, dass durch ein gut funktionierendes Fütterungsmanagement Energiemängeln vorgebeugt werden kann. In sehr vielen Betrieben ist speziell in den ersten 100 Tagen der Laktation eine unzureichende Energieversorgung der Hauptfaktor für weiterführende Probleme.
Vermeidung von zu niedrigen Milcheiweißgehalten
Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Milcheiweißwert zu steigern. Grundsätzlich geht es immer darum, den Gehalt vom nutzbaren Rohprotein (Summe aus UDP und Mikrobenprotein) zu steigern. Die tägliche Futteraufnahme spielt eine sehr große Rolle! Eine Steigerung der Trockenmasseaufnahme führt automatisch zu einer besseren Energieversorgung. Gleichzeitig führen das Verfüttern energiereicherer Silagen sowie das Erhöhen des Silomaisanteils in der Ration zu gesteigerten Milcheiweißwerten. Energieschwache und rohfaserreiche Silagen sollten an trockenstehende Kühe oder das Jungvieh (ab einem Alter von ca. 10 Monaten) verfüttert werden. Eine Reduktion bzw. das Entfernen von Heu oder Stroh aus der Ration führt ebenfalls zu einer höheren Energiedichte. Damit die Ration wiederkäuergerecht bleibt, müssen unbedingt Grundfutteruntersuchungen inklusive einer Rationsberechnung gemacht werden. Extensives Heu sowie Stroh beanspruchen viel Platz im Pansen, reduzieren somit die Futteraufnahme und haben zusätzlich einen extrem geringen Energiewert.
Das eingesetzte Kraftfutter hat einen enormen Einfluss auf den Milcheiweißwert. Die Zusammensetzung des Kraftfutters sowie die Einsatzmengen spielen dabei eine große Rolle. Hohe Getreideanteile und hochwertige Eiweißquellen steigern den Milcheiweißgehalt. Liegt der Milcheiweißgehalt trotz des Einsatzes von hochwertigem Kraftfutter unter dem Zielwert, sollte über eine Erhöhung der Einsatzmenge nachgedacht werden. Natürlich muss dabei immer auf eine wiederkäuergerechte Ration geachtet werden.
Liegt der Milchharnstoff unter 15 mmol/l, führt eine Erhöhung von Futterprotein ebenfalls zu einer Steigerung des Milcheiweißgehalts. Wenn zu wenig Protein im Pansen ankommt, haben die Bakterien keine Möglichkeit, genügend Mikrobenprotein und in weiterer Folge Milcheiweiß aufzubauen. In gewissen Rationen kann z. B. der Einsatz von geschütztem Raps durchaus Sinn machen. Der hohe UDP-Gehalt hebt die Milcheiweißgehalte an und entlastet den Energiekreislauf.
Abschließend muss auch noch die Pansensynchronisation angesprochen werden. Sie beschreibt das Zusammenspiel der einzelnen Futterkomponenten. Diese werden in schnell verdauliche und langsam verdauliche Futtermittel untergliedert. Im Zuge einer Rationsberechnung muss auf ein ausgewogenes Verhältnis geachtet werden. (Mehr dazu wird im Kapitel „Synchronisation der Milchviehration“ erläutert.)
Folgen von zu hohen Milcheiweißgehalten
Zu hohe Milcheiweißwerte führen zum Verfetten der Tiere. Diese Kühe weisen ein exorbitant höheres Risiko für Schwergeburten auf und sind in der Folgelaktation wesentlich anfälliger für Stoffwechselerkrankungen. In weiterer Folge kommt es aufgrund der Energieüberversorgung zum Verfetten lebenswichtiger Organe. Vor allem die Leber verzeichnet durch zu hohe Gewichtszunahmen sehr starke Leistungseinbußen. (Die Folgen des Fettlebersyndroms wurden bereits im Kapitel „Das Verdauungssystem der Milchkuh – Bedeutung der Leber“ erklärt.) Eine Energieüberversorgung kostet also immer Geld. Einerseits, weil die Gesundheit des Tiers leidet, andererseits, weil die zugeführte Energie nicht in Milch, sondern in Körperfett umgewandelt wird.
Vermeidung von zu hohen Milcheiweißgehalten
Häufig werden speziell die Altmelker zu fett und sorgen in der Folgelaktation für Probleme.
Eine hohe Persistenz und damit eine langsam abflachende Laktationskurve sind immer anzustreben. Wenn die Tiere gegen Ende der Laktation stark mit der Milch abfallen, ist ein Verfetten gerade bei aufgewerteten Rationen und Totalmischrationen eine logische Folge. Die Genetik hat einen großen Einfluss auf die Persistenz. Es gibt Tiere, die genetisch bedingt gegen Ende der Laktation stark mit der Milch abfallen. Solche Tiere sollten ausselektiert werden. Gleichzeitig muss bei der Anpaarung auf Stiere mit guter Persistenz gesetzt werden. Neben der Genetik haben aber auch die Fütterung sowie die Fruchtbarkeit einen großen Einfluss. Die Ration muss gegen Ende der Laktation eiweißbetont gestaltet werden. Das stabilisiert die Milchleistung und verhindert so ein zu starkes Verfetten. Auf keinen Fall dürfen gegen Ende der Laktation zu hohe Körnermaismengen verfüttert werden. Zusätzlich muss bei einer händischen Kraftfutterzuteilung oder beim Vorhandensein einer Transponderstation das Kraftfutter bedarfsgerecht reduziert werden. Ab dem 100. Laktationstag sollte die Kraftfutterzuteilung nach Milchleistung erfolgen. Eine...