E-Book, Deutsch, 464 Seiten, eBook
Schmedes Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände im Mehrebenensystem
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-531-90840-3
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Lobbyingaktivitäten britischer, deutscher und europäischer Verbände
E-Book, Deutsch, 464 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-531-90840-3
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Hans-Jörg Schmedes ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Peter Friedrich.
Zielgruppe
Research
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Vorbemerkung;5
2;Zusammenfassung;7
3;Inhaltsverzeichnis;9
4;Abbildungsverzeichnis;15
5;Tabellenverzeichnis;16
6;Abkürzungsverzeichnis;18
7;1 Einleitung: Zur Rolle von Verbänden in der Politik;24
7.1;1.1 Relevanz des Forschungsthemas: Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände in der europäischen Politik;29
7.2;1.2 Spezifizierung der Fragestellung und Erklärungsansatz der Untersuchung;32
7.3;1.3 Forschungsstand und Literaturüberblick: Zu den Bedingungen europäischen Regierens;37
7.4;1.4 Forschungsdesign und Aufbau der Arbeit;46
8;2 Analytischer Bezugsrahmen: Politische Steuerung und Koordinierung moderner Gesellschaften;50
8.1;2.1 Politische Steuerung und die „Governance“-Forschung: Vom staatlichen Steuerungsversagen zum „Governing without Government“?;51
8.2;2.2 Akteure und Strukturen in der Entstehung öffentlicher Politik;57
8.3;2.3 Theoretische Grundlagen und begriffliche Klärungen zur Analyse verbandlichen Handelns;59
8.4;2.4 Das Modell des politischen Tauschs: Über das Interesse an und die Kontrolle von Ereignissen;83
8.5;2.5 Theorien der Interessenvermittlung: Pluralismus, Korporatismus und Politiknetzwerke;87
8.6;2.6 Integrationstheorien der Europaforschung: Neo-Funktionalismus, Intergouvernementalismus und Multi- Level Governance;94
8.7;2.7 Zur Analyse ebenenübergreifender Tauschnetzwerke in europäischen Politikformulierungsprozessen;107
9;3 Die politischen Systeme der EU, Großbritanniens und Deutschlands: Zu den Gelegenheitsstrukturen verbandlicher Interessenvermittlung;110
9.1;3.1 Das politische System der EU: Zur Staatswerdung eines supranational wie intergouvernemental geprägten Institutionengefüges;111
9.2;3.2 Das politische System Großbritanniens: Zentralisierte Staatsstruktur mit fragmentiertem Interessengruppensystem;213
9.3;3.3 Das politische System Deutschlands: Fragmentierte Staatsstruktur mit zentralisiertem Interessengruppensystem;225
10;4 Forschungsdesign, Hypothesen und Selektionskriterien: Zur Untersuchungsmethodik der Studie;248
10.1;4.1 Der Verhandlungsprozeß einer Richtlinie als Untersuchungsgegenstand: Über Einzelfallstudien in der Europaforschung;248
10.2;4.2 Knoten und Kanten in der Entstehung öffentlicher Politik: Die soziale Netzwerkanalyse als Untersuchungsmethode;251
10.3;4.3 Verbände in der europäischen Politikformulierung: Zu den Auswahlkriterien der Untersuchung;256
10.4;4.4 Forschungsdesign der Studie: Zu verbandlichen Kommunikations- und Kooperationsmustern in der europäischen Politik;271
10.5;4.5 Leitfragen und Hypothese der Untersuchung: Über mögliche Unterschiede im Zugang von Verbänden zu öffentlichen Akteuren;274
10.6;4.6 Untersuchungsmethoden: Zur Analyse relationaler und attributiver Daten in politischen Entscheidungsprozessen;276
11;5 Die Politikentwicklung der „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“;285
11.1;5.1 Allgemeine Problemlage: Lauterkeitsrecht in den EU-Mitgliedstaaten und auf EU- Ebene;285
11.2;5.2 Entstehungsprozeß, Grundzüge, rechtswissenschaftliche Perzeption und Konfliktlinien im Verhandlungsprozeß der Untersuchungsrichtlinie;293
12;6 Empirische Datenanalyse: Lobbyingstrategien von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden in der europäischen Politik;310
12.1;6.1 Verbandliche Interaktionsstrukturen in der Formulierung europäischer Politik: Ein netzwerkanalytischer Ansatz;312
12.2;6.2 Interaktionsorientierungen im europäischen Mehrebenensystem: Zu den Adressanten und den Adressaten verbandlichen Lobbyings;335
12.3;6.3 Fazit der Analyse: Interaktionsstrukturen und Interaktionsorientierungen britischer, deutscher und europäischer Verbände im Mehrebenensystem;359
13;7 Resümee: Mosaik der Interessenvermittlung im Mehrebenensystem der EU;365
14;8 Bibliographie;368
14.1;8.1 Literaturverzeichnis;368
14.2;8.2 Quellenverzeichnis;406
15;9 Anhang;415
15.1;9.1 Fragebogen – deutsche Version;415
15.1.1;A Allgemeine Angaben zu Ihrer Organisation;416
15.1.2;B Haltung Ihrer Organisation zur untersuchten Richtlinie;416
15.1.3;C Interaktionen im Verhandlungsprozeß der Richtlinie;417
15.1.4;D Lobbyingorientierung;422
15.2;9.2 Fragebogen – englische Version;426
15.2.1;A General Information about your organisation;427
15.2.2;B Your organisation’s position on the “Unfair Commercial Practices Directive”;427
15.2.3;C Interactions in the directive’s negotiation process;428
15.2.4;D Lobbying orientation;433
15.3;9.3 Fragebogen zur Identifikation der Verbände mit besonderer Relevanz innerhalb des Formulierungsprozesses der Richtlinie290;437
15.4;9.4 Fragebogen zur Bewertung strittiger Themen im Formulierungsprozeß der Richtlinie291;444
15.5;9.5 Grundgesamtheit der Untersuchung mit erzielten Reputationsnennungen292;448
15.6;9.6 Bewertung der Strittigkeit einzelner Themen im Formulierungsprozeß der Richtlinie293;457
15.7;9.7 Übersicht über die Untersuchungspopulation;458
Einleitung: Zur Rolle von Verbänden in der Politik.- Analytischer Bezugsrahmen: Politische Steuerung und Koordinierung moderner Gesellschaften.- Die politischen Systeme der EU, Großbritanniens und Deutschlands: Zu den Gelegenheitsstrukturen verbandlicher Interessenvermittlung.- Forschungsdesign, Hypothesen und Selektionskriterien: Zur Untersuchungsmethodik der Studie.- Die Politikentwicklung der „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“.- Empirische Datenanalyse: Lobbyingstrategien von Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden in der europäischen Politik.- Resümee: Mosaik der Interessenvermittlung im Mehrebenensystem der EU.- Bibliographie.
1.1 Relevanz des Forschungsthemas: Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände in der europäischen Politik (S. 30)
In Ergänzung zur Erörterung verbandlichen Einflusses auf europäischer Ebene sowie zu der aus integrationstheoretischer Sicht uneinheitlich beantworteten Frage nach der Rolle von Interessengruppen im Prozeß der europäischen Integration im allgemeinen kommt auch der Debatte um einen denkbaren Einflußunterschied zwischen den als spezifisch zu charakterisierenden Wirtschaftsverbänden und den eher allgemein ausgerichteten Verbraucherorganisationen auf europäischer Ebene eine hohe Relevanz zu, scheinen sich doch die in nationalstaatlichen Regierungssystemen inhärenten Parameter, die die Fragestellung nach dem Ausmaß verbandlichen Einflusses bei vormals explizit nationalstaatlicher Betrachtung im Regelfall zugunsten einer attestierten Einflußdominanz spezialisierter Wirtschaftsverbände beantworten ließen, durch die Entstehung und Ausdifferenzierung des europäischen Institutionengefüges und dessen Wechselwirkungen mit den politischen Systemen der Mitgliedstaaten zugunsten allgemeiner gesellschaftlicher Interessen verändert zu haben.
Diesbezüglich wird häufig einerseits das in Kapitel 2.6.3 ausführlicher zu diskutierende europäische Mehrebenensystem angeführt, das von einer Dispersion politischer Autorität innerhalb der EU auf mehrere staatliche Ebenen ausgeht, ohne daß einer dieser Ebenen eine übergeordnete Entscheidungskompetenz zufalle, was den mit strukturellen Organisationsdefiziten versehenen allgemeinen Interessen wie beispielsweise Verbraucherschutzverbänden im Vergleich zu institutionellen Arrangements nationaler politischer Systeme zum Vorteil gereichen würde (Beyers 2002a: 592, Pollack 1997b: 575).
Andererseits wird eine erhöhte Zugänglichkeit der Unionsorgane für allgemeine gesellschaftspolitische Belange auch auf die politischen Ziele der EU zurückgeführt, deren Organe sich aufgrund der Vielschichtigkeit ihrer Mitgliedstaaten leichter als einzelne Mitgliedstaaten gegen Partikularinteressen durchsetzen könnten.
Zudem erleichtere der Diskurs um ein „Europa der Bürger, das die öffentliche Akzeptanz der EU in ihren Mitgliedstaaten steigern soll, die Verfolgung allgemeiner politischer Zielsetzung zugunsten einzelner Bürger, wozu beispielsweise auch der Bereich des Verbraucherschutzes gehöre (Greenwood 2003: 209, Panebianco 1998: 349). Nichtsdestotrotz stelle die wirtschaftsliberale Binnenmarktphilosophie nach wie vor den zentralen Aspekt europäischer Politik dar, wie John Peterson und Elizabeth Bomberg (1999: 61) schreiben, woraus sich zumindest indirekt ein Vorteil für die organisierten Wirtschaftsinteressen ableiten lassen könnte:
„The internal market is the heart of the Union: the vast majority of all EU decisions are taken to try to create or maintain a barrier-free market, or compensate for its economic, social or environmental costs.
Mit der Gegenüberstellung von Wirtschafts- und Verbraucherschutzinteressen und deren jeweiliger Einflußnahme auf europäische Politikformulierungsprozesse berührt die Fragestellung dieser Arbeit daher nicht nur einen klassischen Aspekt der politikwissenschaftlichen Verbändeforschung, sondern tangiert auch die in den letzten Jahren zunehmend diskutierte Wettbewerbsfähigkeit der EU.
Insbesondere im Zusammenhang mit der vielzitierten, im März 2000 verabschiedeten Lissabon-Strategie (Kommission 2006b Q-1), die die EU ursprünglich bis zum Jahr 2010 zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt machen sollte, wird von mancher Seite beklagt, daß die gesetzlichen Bestimmungen der EU der europäischen Wirtschaft zu viele umwelt- und verbraucherfreund- liche Verpflichtungen auferlegten, die dem Export von Arbeitsplätzen nach Asien und Amerika Vorschub leisteten.
„Die Diskrepanz fällt auf, beklagt etwa der Leitartikel der Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar 2005 von Alexander Hagelüken (2005): „Die Europäische Union steht beim Umwelt- und Verbraucherschutz international ganz vorne und rutscht wirtschaftlich ab. Die EU potenziere die Bürokratie, so Hagelüken weiter, „weil die vielen Entscheidungsparteien simple Lösungen verhindern, und die Kommission durch mehr Gesetze nach mehr Macht strebt.