Sonntag | Studienerfolg ohne allgemeine Hochschulreife? | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 310 Seiten

Sonntag Studienerfolg ohne allgemeine Hochschulreife?

Wie Herkunft, Bildungsverlauf und Wahlmotive den Studienerfolg beeinflussen
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-8288-6412-2
Verlag: Tectum
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Wie Herkunft, Bildungsverlauf und Wahlmotive den Studienerfolg beeinflussen

E-Book, Deutsch, 310 Seiten

ISBN: 978-3-8288-6412-2
Verlag: Tectum
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Studieren ohne allgemeine Hochschulreife – das ist an einigen hessischen Universitäten möglich. Für die Aufnahme des Bachelorstudiums reicht mancherorts die Fachhochschulreife. Stellt diese Entwicklung eine Chance auf größere Bildungsgerechtigkeit dar?
Gunar Sonntag untersucht am Beispiel des Studiengangs Wirtschaftspädagogik an der Universität Kassel, ob Studierende ohne allgemeine Hochschulreife ähnlich erfolgreich sein können wie Studierende mit allgemeiner Hochschulreife. In welcher Weise unterscheiden sich die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer Studienwahlmotivation und ihrer bildungsbiographischen Herkunft? Sonntag setzt die Wahlmotive, Vorkenntnisse und Erfolgserwartung der Studierenden in Relation zu deren Prüfungsergebnissen sowie soziodemographischen Angaben. Die Ergebnisse stehen teilweise im Widerspruch zu den theoretischen Überlegungen anderer Autoren und bieten so neue Anregungen für Studieninteressierte, Bildungspolitiker, Studienberater und Hochschulplaner.

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1;Cover;1
2;Inhaltsverzeichnis;6
3;Abkürzungsverzeichnis;8
4;1. Einleitung;10
4.1;Tabelle 1: Zugangsarten der Studienanfänger im Studiengang Wirtschaftspädagogik (im ersten Fachsemester);10
5;2. Theoretische Grundlage;14
5.1;2.1 Studienerfolg;14
5.2;2.1.1 Dimensionen des Studienerfolgs;17
5.3;Abbildung 1: Dimensionen des Studienerfolgs;19
5.4;2.1.2 Studienabbruch als Misserfolgskriterium;24
5.5;2.1.3 Prädiktoren des Studienerfolgs;37
5.6;2.2 Berufswahlmotive/ Studienwahlmotive: Warum wird man Berufsschullehrer?;44
5.7;2.3 Wer studiert Wirtschaftspädagogik?;62
5.8;Tabelle 2: Frauenanteil unter den Studienanfängern im Bachelor-Studiengang Wirtschaftspädagogik (N = 994);63
5.9;Tabelle 3: Frauenanteil unter den Absolventen im Bachelor-Studiengang Wirtschaftspädagogik (N = 157);63
5.10;2.4 Soziale Disparitäten im Bereich der Bildungschancen;77
5.11;2.5 Sozialer Aufstieg durch ein Lehramtsstudium;102
5.12;Abbildung 2: Disparitäten im Bildungssystem;113
5.13;2.6 Rahmenbedingungen des Hochschulsystems;115
5.14;2.7 Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen;122
5.15;Abbildung 3: Bedingungsfaktoren für Studienerfolg;126
6;3. Hypothesenbildung und Methodik;129
6.1;3.1 Zentrale Fragestellung und Hypothesen;129
6.2;Tabelle 4: Matrix von Erfolgs- und Voraussetzungsparametern;133
6.3;3.2 Angewandte Methodik;134
6.4;3.2.1 Datenerhebung und -aufbereitung Studienanfängerbefragung;134
6.5;3.2.2 Datenerhebung und -aufbereitung Prüfungsergebnisse;139
6.6;Tabelle 5: Art der Hochschulzugangsberechtigung;144
6.7;3.2.3 Statistische Verfahren der Datenauswertung;147
7;4. Ergebnisse der Studienanfängerbefragung zu Studienwahlmotiven und Erfolgserwartungen;153
7.1;Tabelle 6: Altersgruppen bei der Studienanfängerbefragung;154
7.2;Tabelle 7: Elternstudium und HZB-Art;155
7.3;Tabelle 8: Gründe für die Studienwahl (N = 266);157
7.4;Abbildung 4: Wahlmotive und Hauptgründe;159
7.5;Tabelle 9: Gründe für die Studienwahl nach Bildungslaufbahn und Geschlecht;162
7.6;Tabelle 10: Faktorenanalyse für 10 Variablen der Studienwahlgründe;165
7.7;Tabelle 11: Hauptgründe nach soziodemographischen Merkmalen;167
7.8;Tabelle 12: Gründe für die Studienwahl nach Institutionalisiertem kulturellem Kapital;169
7.9;Tabelle 13: Hauptgründe und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;170
7.10;Tabelle 14: Erwartungen und Vorkenntnisse;171
7.11;Tabelle 15: Erwartungen nach Geschlecht, HZB und Ausbildung;173
8;5. Analyse der Prüfungsdaten;175
8.1;5.1 Noten als Erfolgskriterium;176
8.2;Tabelle 16: Anzahl der Prüfungsfälle und Durchschnittsnoten;177
8.3;Tabelle 17: Dichotomisierte Noten;178
8.4;Tabelle 18: Zusammenhangsmaß Cramers V für alle Variablen;180
8.5;Abbildung 5: Prüfungserfolg nach Fachsemesterzahl;183
8.6;Abbildung 6: Prüfungserfolg nach Prüfungsversuch;183
8.7;Abbildung 7: Prüfungserfolg nach Geschlecht;184
8.8;Tabelle 19: Relative Erfolgsquoten nach HZB-Art und Ausbildung;186
8.9;Tabelle 20: Relative Erfolgsquoten der Risikogruppe nach HZB-Note;187
8.10;5.2 Studiendauer als Erfolgskriterium;189
8.11;Tabelle 21: Gesamtstudiendauer in Fachsemestern;190
8.12;Tabelle 22: Studiendauer nach verschiedenen Variablen;191
8.13;5.3 Abschluss als Erfolgskriterium;194
8.14;Tabelle 23: Abschlusswahrscheinlichkeit für vier Kohorten;195
8.15;Tabelle 24: Zusammenhangsmaß Cramers V für die Abschlusswahrscheinlichkeit;196
8.16;Tabelle 25: Absolventen, Abbrecher und noch eingeschriebene Studierende;197
8.17;5.4 Fehlversuche als (Miss-) Erfolgskriterium;199
8.18;Tabelle 26: Anzahl der Fehlversuche nach verschiedenen Variablen;200
8.19;Tabelle 27: Anzahl Fehlversuche nach HZB-Art und HZB-Note;201
8.20;Tabelle 28: Anteil ohne Fehlversuch bei Einzelprüfungen nach HZB-Art und -Note;202
8.21;5.5 Exkurs: Prüfungserfolg nach einer abgeschlossenen Ausbildung;204
8.22;Tabelle 29: Relative Erfolgsquote für die korrigierte Variable Ausbildung in den Kohorten 2010/11 bis 2012/13;205
8.23;Tabelle 30: Absolventen, Abbrecher und noch Eingeschriebene der Kohorten WS 2010/11, WS 2011/12 und WS 2012/13;206
8.24;Tabelle 31: Anzahl der Fehlversuche mit/ohne Ausbildung;207
8.25;Tabelle 32: Studierende ohne Ausbildung aus den Kohorten WS 2010/11 bis 12/13 in vier Misserfolgskategorien nach weiteren Herkunftsmerkmalen;208
8.26;5.6 Exkurs: Studienabschluss nach Misserfolgserlebnissen;210
8.27;Tabelle 33: Abbrecherquote unter Studierenden mit mindestens 5 Fehlversuchen nach verschiedenen Variablen;211
8.28;5.7 Abschlussnoten;213
8.29;Tabelle 34: Verteilung der Abschlussnoten;213
8.30;Tabelle 35: Verteilung der Abschlussnoten unter Studierenden mit drei oder mehr Fehlversuchen;215
8.31;5.8 Zusammenfassung der Erfolgskriterien;1
8.32;Abbildung 8: Erfolgskriterien und Hauptvariablen;1
9;6. Vorkenntnisse, Erfolgserwartungen, Wahlmotive und deren Auswirkung auf den Studienerfolg;219
9.1;6.1 Vorkenntnisse und Studienerfolg;219
9.2;Tabelle 36: Relative Erfolgsquote und Vorkenntnisse;220
9.3;Tabelle 37: Anzahl der Fehlversuche und Vorkenntnisse;221
9.4;Tabelle 38: Prüfungsversuch und Vorkenntnisse;222
9.5;Tabelle 39: Abbrecherquote nach Vorkenntnissen;223
9.6;6.2 Erfolgserwartung und Studienerfolg;224
9.7;Tabelle 40: Relative Erfolgsquote und Erfolgserwartung;224
9.8;Tabelle 41: Anzahl der Fehlversuche und Erfolgserwartung;225
9.9;Tabelle 42: Abbrecherquote nach Erfolgserwartungen;226
9.10;Tabelle 43: Prüfungsversuche und Erfolgserwartung;227
9.11;6.3 Wahlmotive und Studienerfolg;229
9.12;Tabelle 44: Prüfungserfolgsquote nach Hauptmotivgruppen der Studienwahl;230
9.13;Tabelle 45: Relative Prüfungserfolgsquote nach Studienwahlmotiven;231
9.14;Tabelle 46: Studienwahlmotive und Summe der Fehlversuche;233
9.15;Tabelle 47: Quote ohne Fehlversuch in Modulen nach Hauptmotiven der Studienwahl;234
9.16;Tabelle 48: Fehlversuchsquote bei ausgewählten Modulen unter Studienanfängern, die ausgewählte Wahlmotive als wichtig eingestuft haben;235
9.17;Tabelle 49: Hauptmotive der Studienwahl und Quote der Prüfungsteilnahme in den einzelnen Modulen;237
9.18;Tabelle 50: Abbrecherquote nach Wahlmotiven;239
9.19;Tabelle 51: Erfolgsparameter für Studierende ohne eindeutiges Hauptmotiv;240
9.20;6.4 Institutionalisiertes kulturelles Kapital und Studienerfolg;242
9.21;Tabelle 52: Relative Prüfungserfolgsquote und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;242
9.22;Tabelle 53: Summe der Fehlversuche und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;244
9.23;Tabelle 54: Anteil ohne Fehlversuch im jeweiligen Modul und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;245
9.24;Tabelle 55: Prüfungsteilnahme und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;245
9.25;Tabelle 56: Abbrecherquote und Institutionalisiertes kulturelles Kapital;246
10;7. Resümee;247
10.1;7.1 Hypothese 1: HZB-Art und Prüfungsnoten;247
10.2;7.2 Hypothese 2: HZB-Art und Motive;248
10.3;7.3 Hypothese 3: Erfolgserwartung und Studienerfolg;249
10.4;7.4 Hypothese 4: Ausbildung und Studienerfolg;250
10.5;7.5 Hypothese 5: Institutionalisiertes kulturelles Kapital, Wahlmotive und Studienerfolg;251
10.6;7.6 Hypothese 6: HZB-Art und Fehlversuche/ Studiendauer;252
10.7;7.7 Weitere Ergebnisse;253
10.8;7.8 Konklusion;256
11;Tabellenanhang;259
11.1;Tabelle 57: Prüfungsergebnisse BWL 1;259
11.2;Tabelle 58: Prüfungsergebnisse BWL 2;260
11.3;Tabelle 59: Prüfungsergebnisse BWL 3;261
11.4;Tabelle 60: Prüfungsergebnisse VWL 1;262
11.5;Tabelle 61: Prüfungsergebnisse VWL 2;263
11.6;Tabelle 62: Prüfungsergebnisse VWL 3;264
11.7;Tabelle 63: Prüfungsergebnisse Statistik;265
11.8;Tabelle 64: Prüfungsergebnisse Recht 1;266
11.9;Tabelle 65: Prüfungsergebnisse Recht 2;267
11.10;Tabelle 66: Prüfungsergebnisse Rechnungswesen 1;268
11.11;Tabelle 67: Prüfungsergebnisse Rechnungswesen 2;269
11.12;Tabelle 68: Prüfungsergebnisse Wirtschaftsdidaktik 1;270
11.13;Tabelle 69: Prüfungsergebnisse Wirtschaftsdidaktik 2;271
11.14;Tabelle 70: Prüfungsergebnisse Wirtschaftsdidaktik Projekt;272
11.15;Tabelle 71: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 1c;273
11.16;Tabelle 72: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 2;274
11.17;Tabelle 73: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 3;275
11.18;Tabelle 74: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 4;276
11.19;Tabelle 75: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 5;277
11.20;Tabelle 76: Prüfungsergebnisse Kernstudium Modul 10;278
11.21;Tabelle 77: Prüfungsergebnisse Bachelorarbeit;279
11.22;Tabelle 78: Prüfungsergebnisse Summe Grundlagen;280
11.23;Tabelle 79: Prüfungsergebnisse Summe Wirtschaftsdidaktik;281
11.24;Tabelle 80: Prüfungsergebnisse Summe Kernstudium;282
11.25;Tabelle 81: Prüfungsergebnisse Gesamtnote;283
11.26;Tabelle 82: Zusammenhangsmaß Cramers V für Kombinations-Variablen;284
11.27;Tabelle 83: Fehlversuche unter den Absolventen für verschiedene Variablen;285
11.28;Tabelle 84: Studiendauer nach HZB-Art und HZB-Note;286
11.29;Tabelle 85: Anteil ohne Fehlversuch bei Einzelprüfungen für Studierende mit/ohne Ausbildung;286
11.30;Tabelle 86: Vorkenntnisse und Fehlversuche bei ausgewählten Modulen;287
11.31;Tabelle 87: Erfolgserwartung und kein Fehlversuch bei einzelnen Prüfungen;287
11.32;Tabelle 88: Anteil ohne Fehlversuch im Modul bei gleichzeitiger Beurteilung eines Studienwahlmotivs als wichtig;288
11.33;Tabelle 89: Teilnahmequote an Modulprüfungen bei gleichzeitiger Beurteilung eines Studienwahlmotivs als wichtig – Motive 1 bis 7;289
11.34;Tabelle 90: Teilnahmequote an Modulprüfungen bei gleichzeitiger Beurteilung eines Studienwahlmotivs als wichtig – Motive 8 bis 14;290
12;Anhang Fragebogen;291
13;Tabellen- und Abbildungsverzeichnis;293
14;Literaturverzeichnis;299


1.Einleitung

In Hessen ist, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, das Studium an Universitäten in gestuften Studiengängen auch mit der Fachhochschulreife möglich. Hiervon waren zunächst nur einige wenige Studiengänge an der reformorientierten Gesamthochschule Kassel betroffen. Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge ab 2002 war ein Studium ohne die allgemeine Hochschulreife nun an mehreren hessischen Universitäten2 und in immer mehr Studiengängen möglich, seit 2007 mit dem Bachelor (B.Ed.) Wirtschaftspädagogik an der Universität Kassel auch in einem Lehramtsstudiengang. Seitdem hat die Zahl der Studierenden ohne allgemeine Hochschulreife (AHR) in diesem Studiengang sprunghaft zugenommen.

Tabelle 1:Zugangsarten der Studienanfänger im Studiengang Wirtschaftspädagogik (im ersten Fachsemester)

AHR Gymnasium

AHR Sonstiges

FHR oder FgHR

Summe

WS 04/05

68

63,0 %

27

25,0 %

13

12,0 %

108

WS 05/06

93

63,3 %

45

30,6 %

9

6,1 %

147

WS 06/07

110

59,8 %

60

32,6 %

14

7,6 %

184

WS 07/08

28

17,0 %

20

12,1 %

117

70,9 %

165

WS 08/09

53

22,7 %

14

6,0 %

166

71,2 %

233

WS 09/10

40

26,1 %

10

6,5 %

103

67,3 %

153

WS 10/11

42

22,3 %

14

7,4 %

132

70,2 %

188

WS 11/12

28

21,7 %

1

0,8 %

100

77,5 %

129

WS 12/13

46

35,4 %

3

2,3 %

81

62,3 %

130

WS 13/14

46

35,7 %

2

1,6 %

81

62,8 %

129

WS 14/15

42

26,6 %

1

0,6 %

115

72,8 %

158

Quelle: eigene Berechnung anhand der Studierendenstatistik der Universität Kassel

Noch im Wintersemester 2006/07 hatten 7,6 % der Studienanfänger3 im Diplomstudiengang als Zugangsvoraussetzung lediglich die Fachhochschulreife (FHR) oder eine fachgebundene Hochschulreife (FgHR) vorzuweisen. Mit der Einführung des B.Ed. stieg diese Quote auf 70,9 % im Wintersemester 2007/08 und hält sich seit dem um die 70 % (siehe Tabelle 1). Erst ab dem Wintersemester 2012/13 konnte – vermutlich bedingt durch die Einführung weiterer, über die Abschlussnote hinausgehender Zulassungskriterien – wieder ein Anstieg der Studienanfänger mit allgemeiner Hochschulreife festgestellt werden.

Der gestiegene Anteil von Studierenden ohne allgemeine Hochschulreife ist bildungspolitisch in doppelter Weise bedeutsam: Zum einen entspricht es aktuellen bildungspolitischen Intentionen, den Zugang zu akademischer Bildung zu erleichtern, um den Anteil der Studierenden zu erhöhen. Zum anderen werden Lehramtsstudiengänge traditionell besonders häufig zum Vehikel sozialen Aufstiegs.4 Die Frage, wie erfolgreich das Studium von Studierenden ohne allgemeine Hochschulreife verläuft, ist daher weit über den hier untersuchten Studiengang von Relevanz. Es geht dabei im Kern um die Frage, ob Inklusion über die Öffnung formaler Zugangswege erfolgreich sein kann oder ob hier nur scheinbar Chancen eröffnet werden, die sich an späterer Stelle im Lebenslauf oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder auflösen. Verbunden wäre dies mit hohen individuellen wie gesellschaftlichen Kosten.

Die vorliegende Arbeit soll daher Erkenntnisse darüber ermöglichen, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Hochschulzugangsberechtigungen auf den objektiven, d. h. beispielsweise durch Noten messbaren und den subjektiven, d. h. individuell erwarteten, Studienerfolg haben. Dabei sollen beispielsweise die Prüfungsergebnisse der studienbegleitenden Prüfungen der Studierenden mit allgemeiner Hochschulreife mit denen ihrer Kommilitonen ohne allgemeine Hochschulreife verglichen werden.

Für eine heterogene Studierendengruppe wird es eine Herausforderung darstellen, den Begriff des Studienerfolgs klar zu definieren. Gerade unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Voraussetzungen kann Erfolg individuell sowohl im Erreichen einer angestrebten Note, als auch im bloßen Abschluss eines Hochschulstudiums liegen. Um die Prüfungsergebnisse mit den eigenen Zielen in Verbindung bringen zu können, wurden zusätzlich die Studienwahlmotive und Erfolgserwartungen der Studienanfänger untersucht.

Der Studiengang B.Ed. Wirtschaftspädagogik an der Universität Kassel ist aus mehreren Gründen besonders geeignet für diese Untersuchung. Die Kämpfe um die Bildungspolitik sind kennzeichnend für die hessische Landespolitik der vergangenen Jahrzehnte.5 Dass nun Hessen das Studium an Universitäten auch mit Fachhochschulreife zulässt, bietet die Chance, hier Feldforschung zu betreiben, welche in anderen Bundesländern aufgrund der Immatrikulationsregeln der Hochschulgesetze nicht möglich wäre.

Die Universität Kassel bietet für diese Forschung zudem besondere Bedingungen, da sie als Gesamthochschule gegründet und mit der Tradition der o. g. Bildungsreform bereits über eine jahrzehntelange Erfahrung mit gestuften Studiengängen verfügte, bevor diese während der vergangenen Jahre im Zuge der Bologna-Reform in Deutschland flächendeckend eingeführt wurden. Auch aus diesem Grund konnte der Studiengang B.Ed. Wirtschaftspädagogik bereits bei seiner Einführung im Jahr 2007 auf Erfahrungen zurückgreifen, welche die Vermutung zuließen, dass der Studiengang in seiner Grundstruktur während des Untersuchungszeitraums nicht verändert werden würde. An vielen anderen Universitätsstandorten mussten die im Zuge der Bologna-Reform konzipierten Studiengänge hingegen aufgrund der Erfahrung mit den ersten Studierendenkohorten nochmals grundlegend überarbeitet werden.

Auch die Tradition des untersuchten Studiengangs lässt diesen als für die Fragestellung besonders geeignet erscheinen. Zunächst wurden mit einer Maßnahme in den 70er-Jahren ausgebildete Ökonomen an der Gesamthochschule Kassel zu Handelslehrern weiterqualifiziert. Daraus entstand in den 80er-Jahren ein grundständiger Studiengang zum Diplom-Handelslehrer. Die ersten Teilnehmer dieses Aufbaustudiengangs waren dabei überwiegend Studierende ohne Abitur, die an einer Fachhochschule (FH) ihr Erststudium absolviert hatten.6

Der hohe Anteil von Studierenden ohne Abitur ist somit auch auf historische Einflüsse zurückzuführen und in der bundesdeutschen Hochschullandschaft ungewöhnlich. Im bundesweiten Schnitt nämlich konnten laut einer Untersuchung der Hochschul-Informations-System eG (HIS) 96 % der Studienanfänger an Universitäten des Wintersemesters 2009/10 ein Abitur vorweisen und nur je 2 % verfügten über die Fachhochschulreife oder die fachgebundene Hochschulreife.7 Weitere Zugangswege – wie z. B. der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte – spielen eine noch geringere Rolle. In der Ortsauswertung der Sozialbefragung des Deutschen Studentenwerks haben für den Standort Kassel im Jahr 2009 hingegen 25 % der Studierenden angegeben, über die Fachhochschulreife zu verfügen.8 Dieser hohe Anteil ist somit für die Universität Kassel typisch. Er wird durch einzelne Bachelorstudiengänge gestützt, zu denen der untersuchte Studiengang Wirtschaftspädagogik gehört.

Neben der Art des Hochschulzugangs sollen weitere Kriterien der Studienvorphase ins Verhältnis zum Studienerfolg betrachtet werden. So sollen, ergänzend zur Frage des Studienerfolgs ohne allgemeine Hochschulreife, auch die Herkunft und die Studienwahlmotive der Studienanfänger Berücksichtigung finden, um einen breiteren Zugang zur Relation von Studienvorphase und Studium zu ermöglichen.

Der theoretische Hintergrund wird dabei zunächst in Kapitel 2 dargestellt. Hierbei werden verschiedene Perspektiven auf den Studienerfolg vorgestellt. Da die Frage nach dem Erfolg einer bestimmten Studierendengruppe und die Verknüpfung mit Themen der sozialen Selektivität auch den Punkt berührt, wer Lehrerin oder Lehrer wird und warum dieser Weg eingeschlagen wird, folgen zwei Kapitel zu Studienwahlmotiven und soziodemographischer Betrachtung von Lehrkräften. Die beiden anschließenden Kapitel sind der Bildungsgerechtigkeit und der Möglichkeit von sozialem Aufstieg durch ein Studium der Wirtschaftspädagogik gewidmet. Hierzu gilt es,...



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