Speed | Gesellschaft ohne Vertrauen | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 216 Seiten

Reihe: Artistic Research - Neurodivergente Forschung

Speed Gesellschaft ohne Vertrauen

Die Grundlagen einer kreativen Gesellschaft
5. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7322-6156-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Die Grundlagen einer kreativen Gesellschaft

E-Book, Deutsch, Band 3, 216 Seiten

Reihe: Artistic Research - Neurodivergente Forschung

ISBN: 978-3-7322-6156-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Mit »Gesellschaft ohne Vertrauen« begann die Erarbeitung einer der radikalsten Gesellschaftsentwürfe der Gegenwart, den Timothy Speed über 20 Jahre entwickelte. In »Gesellschaft ohne Vertrauen« nahm seine lebenslange Suche nach den verborgenen, kreativen Regeln von Natur, Kultur und System ihren Anfang - nach jenen Prinzipien, die lebendige Gesellschaften entstehen lassen, wenn man sie nicht durch Kontrolle, Angst und Anpassung erstickt. Speed denkt Gesellschaft nicht als Maschine, sondern als lebendiges, komplexes Feld - geordnet durch innere Rhythmen, durch Differenz, durch subjektive Impulse. In diesem Frühwerk entwickelt er die Ideen, die später in »Radical Worker« und »Die Physik der Armen« zu einem neuartigen Weltmodell ausreifen: einer systemisch-poetischen Theorie des Bewusstseins, in der Subjektivität, Wille und Erleben keine Störfaktoren, sondern Grundachsen jeder gesellschaftlichen Ordnung sind. Die vorliegende Neufassung von 2025 verankert das Buch in einem erweiterten Kontext: Sie zeigt, wie die ursprünglich essayistische, persönliche Intervention zur Geburtsstätte einer umfassenden Theorie wurde - der MNO-Theorie (Minimal-Nicht-Objekt) - die nicht weniger will, als Gesellschaft, Arbeit, Politik, Medien und Recht aus der Perspektive kreativer Systembildung neu zu denken. Dabei bleibt der Fokus stets klar: die Stärkung der Freiheit des Einzelnen - nicht als neoliberales Konsumideal, sondern als radikale, schöpferische Integrität in einer Welt, die wieder lernen muss, Unterschied zu ertragen, statt ihn auszumerzen. Ein Werk für alle, die Gesellschaft nicht nur kritisieren, sondern mitgestalten wollen. Ein Buch, das Theorie, Kunst und gelebten Widerstand vereint - und dabei selbst zum lebendigen Organismus wird.

Timothy Speed (geb. 1973/England) ist Künstler, Autor und neurodivergenter Theoretiker. Als Autist mit ADHS lebt er das, worüber er schreibt - in Armut, in Konflikt mit Systemen, und mit einem Denken, das quer zum Mainstream steht. Seine Forschung ist provokant und tiefgreifend: für die Physik, für die Philosophie, für die Gesellschaft. In Selbstversuchen, Institutionenrecherchen und radikal verkörperter Theorie entwickelt Speed eine neue Sicht auf Bewusstsein, Realität und Macht. Im Zentrum steht die MNO-Theorie - ein Modell, das Nichtlokalität, Subjektivität und soziale Ordnung aus einer strukturellen Lücke ableitet. Aus der Ausnahme von der Regel. Speed betreibt keine Forschung über die Welt - er faltet sich hinein, lebt in ihr wie in einem offenen Labor. Seine Texte sind der Abdruck dieser Praxis: wild, präzise, unbequem. Was, wenn Realität nicht aus Dingen besteht, sondern aus dem, was zwischen ihnen fehlt? Was, wenn wir nur die Antwort auf eine Leere sind? Was bedeutet das für unsere Freiheit?
Speed Gesellschaft ohne Vertrauen jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


DIE GESELLSCHAFT IM INNEREN


Viele Menschen zu Beginn des 3. Jahrtausends erleben ihre Umwelt als hektisch, befremdend und unpersönlich. Sie sind umgeben von großem Druck und der ständigen Angst, ihren Job zu verlieren. Dazu kommt, dass die Welt unwirklich und von Terror und den vielfältigsten Krisen bedroht erscheint. Sogar die reichsten und mächtigsten Menschen werden von der leisen Existenzangst in Zeiten des Umbruchs nicht verschont.

Später bleiben viele hinter dem Rauschen der Welt zurück, lassen die Dinge wie sie sind, und verbergen, was sie wirklich denken und fühlen in ihrem Inneren.

Sie spalten sich von der Außenwelt ab und verlieren die Fähigkeit, ihre Träume, Gedanken, Visionen und Gefühle in die Welt zu tragen. Somit drücken sie sich selbst nicht mehr unmittelbar und bewusst aus. Sie spiegeln sich nicht mehr in der Welt des Äußeren, sondern diese spiegelt sich viel mehr in ihnen. In dem, was sie tun, was sie denken, was sie zu fühlen glauben. Mit der Zeit verstehen sie darum jene leisen und verdrängten Töne des Inneren nicht mehr und ihre wahren Motive werden schwer greifbar. Ihr freier Wille wird geschwächt. Sie leben immer mehr in Rollen und immer weniger aus authentischen Emotionen heraus. Die Innenwelt schweigt und drängt sich ins Unbewusste, bis dieses irgendwann herausbricht.

In der modernen Welt fragt man sich vielleicht, was das alles mit der Gestaltung von Gesellschaften zu tun haben soll? Es hat in der Tat sehr viel damit zu tun. Aber wir haben gelernt, dass Gesellschaft sich im Äußeren abspielt und mit äußeren Problemen befasst ist. Sei es nun die große Politik, die Justiz oder das Bildungssystem. Auch die Wirtschaft scheint vollkommen ohne das funktionieren zu können, was man als unsere innersten Absichten bezeichnen könnte.

Wir machen und tun und entscheiden, meist noch ehe wir innegehalten und uns gefragt haben, warum wir das tun, ob es wirklich gerade die beste Option ist, oder ob es Alternativen gäbe.

Wir geben den äußeren Gegebenheiten einen sehr hohen Stellenwert und den weltbildbezogenen und bewusstseinserweiternden Betrachtungen einen sehr kleinen.

Aber jedes Produkt, jede gesellschaftliche Errungenschaft, jede wirklich wichtige Vision von einem besseren und sinnvolleren Zusammenleben, fand immer schon seine Wurzeln im Inneren einzelner Individuen, die diese Träume nach außen trugen. Vergessen wir nicht, dass jede Gesellschaft mit einer Idee beginnt. Ob es nun Königreiche, Diktaturen, Kolonialreiche oder Demokratien waren.

Sie alle begannen mit geistigen Vorstellungen, die zu abstrakten Modellen des Zusammenlebens wurden. Immer konnte das Innenleben weniger Menschen die Welt verändern, weil das Geistige der materiellen Welt gegenüber im Vorteil ist. Es ist wandelbarer und lässt Veränderungen schneller erkennbar werden als die sichtbare Realität. Darum nimmt jede Wandlung ihren Anfang in unserem Bewusstsein. Von dort aus entfaltet sie sich langsam in der Welt.

Erleben wir aber eine Umgebung voller Angst, erleben wir immer eine Welt voller Stagnation. Der innere Wandel wird verschüttet.

Der Terror dient also nie der Veränderung oder den Innovationen, sondern immer nur dem Stillstand in einer Gesellschaft. Wirtschaft und Kultur aber leben vom Wandel und von der Freiheit. Nur äußere, politische Macht lebt von der Stagnation. Insofern arbeitet die Politik in Zeiten des Umbruchs nicht selten gegen Kultur und Wirtschaft. Leider sind die ökonomischen und politischen Systeme in Krisenzeiten von zu vielen Beschränkungen geprägt, die uns schützen sollen. Was die Krisen häufig nur verschärft.

PROBLEME DES KRISENMANAGEMENTS

Die Krise war schon immer ein Mittel der Macht, gegen welche die Demokratie noch effektivere Wege entwickeln muss, um nicht immer wieder vom vermeintlichen Feuerwehrmann der eigenen Werte beraubt zu werden. Gemeint ist damit der Zerfall der Komplexitätskompetenz und der Bereitschaft zur Vielfalt im politischen und wirtschaftlichen Management, angesichts schwieriger Herausforderungen. Dies wird gerade für moderne Gesellschaften mehr und mehr zum Konfliktgrund, weil diese heute wesentlich mehr Vielfalt und Kreativität vereinen müssen, als dies in früheren Jahrhunderten der Fall war. Vereinigungen wie die Europäische Union benötigen längerfristig sicherlich eine andere Kultur der Integration von Diversität. Die Nationalstaaten haben noch nicht die optimale Reife für multikulturelle und von Vielfalt geprägte Politik erreicht. Lagerdenken ist immer noch viel bestimmender als integrative Ansätze. Denn noch immer gibt es eine einfache Regel in der Gestaltung von Gesellschaften, die sich besonders angesichts von Krisen zeigt.

Je dramatischer oder unübersichtlicher die Situation, umso weniger Menschen werden an der Lösung beteiligt. Je weniger Menschen an der Lösung beteiligt werden, umso weniger nachhaltig, werteorientiert und gesellschaftliche Errungenschaften hervorbringend sind die Gestaltungsansätze. Die Folge in einer zunehmend komplexer werdenden Welt sind immer mehr oder immer größere Krisen. Eine Form des integrativen und partizipativen Leaderships ist daher dringend erforderlich. In der ersten Version dieses Buches habe ich die integrale Arbeit von Don Beck, Ken Wilber und Clare Graves stark betont. Die integralen Modelle von Gebser, Wilber oder Beck sind inspirierend, poetisch, intuitiv kraftvoll – aber metaphysisch überladen und methodologisch oft schwach. In späteren Kapiteln gehe ich noch sehr genau darauf ein. Über mehrere Jahre habe ich immer wieder persönlich mit Don Beck zu tun gehabt, weshalb mir diese Theorien sehr nahe waren. Und man darf nicht unterschätzen, wie hilfreich diese Ansätze um Spiral Dynamics1 für die Bearbeitung vieler politischer Krisen gewesen sind. Don Beck beriet Präsident Bush, vermittelte im Palästinakonflikt in Israel und beriet Nelson Mandela bei der Auflösung der Apartheid. Dies nicht ohne Grund. Ähnliche Ansätze, also Versuche Gegensätze in einer Gesellschaft als konstruktive Pole neu zu integrieren, kamen aber auch aus anderen Richtungen. Michael Tomasello »The Cultural Origins of Human Cognition (1999)«, ? zeigt wie Geist und Kultur sich aus geteilter Intentionalität, Sprache, Normen und Kultur ko-evolutionär entwickeln. Er zeigt, wie sich das Bewusstsein nicht linear, aber rekursiv in sozialen Schleifen formt–mit einer klaren Ontogenese. Jürgen Habermas, bekannt für seine Entwicklungslogik kommunikativer Rationalität, entwickelte eine Theorie der kommunikativen Kompetenz in »Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln« (1983) und baut darin auf Kohlberg, Mead, Piaget bezogen eine dialektische Erweiterung, in der Gesellschaften und Individuen Stufen diskursiver Komplexität durchlaufen. Ähnlich wie Wilber, aber säkular, sprachtheoretisch fundiert, diskursanalytisch statt mystisch. Diese Modelle und Theorien sind alle Versuche der Integration des Gegensätzlichen und der Auflösung von Blockaden in Gesellschaften. An diesem Punkt versuchte ich Untersuchungen der Grundlagen der kreativen Prozesse in Systemen weiterzutreiben.

Es geht um Gleichgewicht in der Frage zwischen kreativer Dynamik, Krise und konservativen oder festen Strukturen, Institutionen oder Kulturen, sowie um Demokratisierung. Besonders wo heute Veränderungen konkret machbar wären, weil wir beispielsweise gesellschaftlich reifer geworden sind, wesentlich leichter die Mitbestimmung des Einzelnen integrieren können, als dies früher der Fall war. Allein der technologische Fortschritt wäre in der Lage, komplexere Formen der Partizipation zu ermöglichen. Aber hier geht es nicht um Internetdemokratie, sondern um ein grundsätzliches Neuverständnis der kulturellen Grundlagen unserer Systeme, um eine Veränderung im systemischen Denken. Zentral ist dabei die Fähigkeit, die inneren Motive, den freien Willen des Menschen ganzheitlicher und unmittelbarer in die Entscheidungsfindung einzubinden, als dies bisher möglich war. Der Schlüssel dazu ist der Umgang mit den Fixpunkten des Menschen. Erst wenn wir in der Lage sind, innere Individualität sinnvoller in Systeme zu integrieren, ohne die individuellen Ressourcen des Individuums im Vorfeld auszuschließen, erreichen wir die nächste Stufe der Mitbestimmung. Das angestrebte Ziel ist eine Personalisierung der Mitgestaltung. Also eine weitreichende Flexibilisierung der politischen und wirtschaftlichen Systeme, entsprechend den tatsächlichen Notwendigkeiten und Erfordernissen.

Statt: »Du darfst mitreden, wenn Du in unser Raster passt!« geht es um den Ansatz: »Wir wollen wissen, wer Du bist, damit wir verstehen können, wie wir Dich mit all Deinen ganzheitlichen Qualitäten optimal integrieren können. Dies wird uns allen einen großen Nutzen bringen und das demokratische wie auch das wirtschaftliche System erweitern.«

Es geht darum, die Systeme in ihrer Monotonie aufzubrechen. Es ist heute nicht mehr erforderlich, dass eine Gemeinde beispielsweise nach demselben Modell funktionieren muss, wie ein Staat, oder ein Unternehmen. Ein Kindergarten, ein Krankenhaus nicht so wie eine Fabrik.

Der systemkreative Ansatz ist die Suche nach dem optimalen System, Weltbild, der besten Philosophie und Strategie für die individuelle...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.