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E-Book, Deutsch, Band 1, 1024 Seiten
Reihe: Flüsterwald
Suchanek Flüsterwald - Die komplette 1. Staffel in 4 Bänden (Bundle) (Flüsterwald, Bd. 1)
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7641-9373-7
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 1024 Seiten
Reihe: Flüsterwald
ISBN: 978-3-7641-9373-7
Verlag: Ueberreuter Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
1982 in Landau in der Pfalz geboren, studierte Andreas Suchanek Informatik, doch sein Herz schlug schon immer für Bücher. Also begann er zu schreiben. Seine Bücher wurden unter anderem mit dem Deutschen Phantastik Preis und dem LovelyBooks Leserpreis ausgezeichnet.
Autoren/Hrsg.
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Ich verlange meine drei Wünsche!
Was da am Boden saß und zu Lukas in seinem schwebenden Gefängnis aufblickte, sah aus wie ein Biber. Das Wesen besaß flauschiges Fell, eine Knubbelschnauze sowie zwei kleine Ohren. Im Gegensatz zu seinen gewöhnlichen Artgenossen saß jedoch eine Brille auf der Schnauze des Winzlings. Zudem hielt er in zwei Pfoten, die je fünf Finger besaßen, ein Büchlein. Sein Schwanz ringelte sich in die Höhe und hielt einen Stift umschlungen, mit dem er Notizen in das Buch schrieb.
»He! Lass mich runter!«, forderte Lukas.
Das bebrillte Wesen watschelte auf seinen beiden Hinterpfoten aufrecht von links nach rechts und blickte in die Höhe. »Ganz fabelhaft. Ein Mensch. Eindeutig.«
»Ich bin Lukas.«
»Er spricht. Die Größe lässt auf ein Baby im frühen Entwicklungsstadium schließen.« Das Wesen räusperte sich. »Ich verlange, dass du meine drei Wünsche erfüllst.«
»Aha.«
»Gering ausgeprägter Wortschatz«, notierte der Brillenträger. »Das scheint meine Theorie zu bestätigen, dass Menschen lediglich essen, schlafen und durch ihre Betonstraßen wandern.« Das Wesen verstaute den Stift in einer Felltasche, ebenso das Notizbuch. »Wirst du mir meine drei Wünsche erfüllen, Mensch?«
»Drei Wünsche?«
»In der Tat. Die Legende besagt, dass ein gefangener Mensch das tun muss. Mein Name ist Rani, von der Gattung der Menoks. Und ich verlange, dass du deiner Pflicht nachkommst.«
»Hör mal, das ist alles ein Missverständnis«, erklärte Lukas. »Ich bin neu hierhergezogen. In das Haus am Waldrand. So ein komischer Kauz mit Knollennase und blauem Haar hat bei mir eingebrochen und ein paar Figuren geklaut, die meiner Mutter sehr wichtig sind. Und ein Buch.«
Der Menok nickte wissend. »Bestimmt einer der Bolde.«
»Bolde? Kobolde?«
»Was sollen Kobolde sein?« Ranis Schwanz vollführte wilde Bewegungen in der Luft. »Aber ein Bold im Haus am Waldrand … seltsam. Normalerweise wagen sie sich nicht aus dem Wald. Und du hättest ihn gar nicht sehen dürfen.« Erst jetzt schien Rani etwas zu begreifen. »Wie bist du überhaupt über die Grenze gelangt? Der Wald lässt Menschen nachts nicht ein.«
»Aber du hast doch extra eine Falle aufgestellt.«
»Die sollte tagsüber zuschnappen.«
»Da habe ich ja Glück gehabt. Lass mich jetzt runter!«, forderte Lukas erneut.
»Erst meine Wünsche.«
»Ich kann keine …«
»Erstens.« Rani ignorierte Lukas’ Protest. »Mein Fell soll glänzen.«
Lukas seufzte. Besser, er ließ sich auf dieses komische Spiel ein. »Das wirkt aber erst morgen«, flunkerte er und schnippte mit den Fingern. »Erledigt.«
Der Menok strich sich begeistert mit seinen Handpfoten durch das Fell. »Ich kann es schon fühlen.«
»Und der zweite Wunsch?«
Aufgeregt watschelte Rani im Kreis, ließ sich auf alle vier Pfoten sinken und flitzte den Baumstamm hinauf. Auf Höhe von Lukas blieb er stehen. »Spielzeug! Du musst wissen, ich bin ein Menok der Wissenschaft. Manchmal ist es ganz faszinierend …«
Lukas zog den Tennisball aus seinem Rucksack und warf ihn durch das Gitter.
Rani raste nach unten und begann mit einem Spiel, das daraus bestand, den Ball gegen den Baum zu werfen und ihm dann hinterherzuhetzen.
»Ja, ein total reifer Wissenschaftler«, kommentierte Lukas trocken.
Minuten vergingen. Irgendwann setzte der Menok sich am Fuß des Baums auf seinen Hintern, den Tennisball hatte er in der Felltasche verstaut.
»Und dein dritter Wunsch?«
»Ich überlege.«
Lukas kramte in seinem Rucksack. »Viel habe ich hier nicht mehr. Eine Packung Taschentücher, ein Erste-Hilfe-Set, Schokolade, eine Sportflasche mit …«
Rani verwandelte sich in einen braun-schwarz gescheckten Blitz. »Schokolade?!« Er sauste in die Höhe, landete auf dem Gitterkäfig und streckte die Greifpfoten begierig aus. »Dritter Wunsch: Her damit!«
»Oookay.« Lukas reichte die Tafel hinaus.
Das Papier wurde zerfetzt. Sekundenlang kaute Rani genüsslich, das Maul voll wie ein Hamster. Glücklich kletterte er wieder zu Boden.
»Du magst wohl Schokolade?«
»Hmhm«, erwiderte der Menok nickend. Er schluckte. »Aber wir bekommen ja nie welche. Unser Körper reagiert nicht so gut darauf, musst du wissen.«
»Aha. Wie das?«
»Wenn wir Schoko…, wenn wir …« Rani verdrehte die Augen, kippte um und begann zu schnarchen.
»Das ist jetzt ein Witz. He! Wach auf!«
Keine Reaktion. Nur das Schnarchen wurde lauter.
Lukas rüttelte an den Gitterstäben. Doch die Kugel schwebte unbeirrt über dem Boden. Normalerweise hätte ihn diese Tatsache – das Ding schwebte! – total begeistert. Leider befand er sich im Inneren des blöden Teils.
»Was ist das für ein Lärm?«, erklang eine zarte Stimme, gefolgt von einem . »Nun mach nicht so ein Gesicht. Niemand wird es merken.«
Das Flapp-Geräusch kam näher.
Das war Lukas’ Chance!
»Hallo! Hilfe!«, rief er.
»Hast du das gehört? Jemand braucht uns. Tja, ich wäre wirklich gerne umgekehrt, aber meine Pflicht als Prinzessin verlangt von mir … Das habe ich gesehen. Du brauchst die Augen gar nicht so zu verdrehen.«
Es raschelte.
Ein Mädchen erschien. Sie besaß die Größe von Lukas’ Arm, hatte zwei Flügel auf dem Rücken und trug ein blaues Kleid. Neben ihr trottete eine sichtlich genervte schwarze Katze daher.
»Hier oben!«, rief Lukas.
»Oh.« Sie blickte hinauf. »Du bist ein Mensch.«
»Lukas.«
»Prinzessin Felicitas von Siebenstern«, stellte sich das Mädchen vor. »Und das hier ist Pedora Ulinde Naftet von Chibalka. Aber du kannst sie Punchy nennen.«
»Hallo, äh, Punchy.« Er nickte der Katze freundlich zu, die prompt fauchte. »Oder doch lieber Pedora?«
»Was machst du da oben?« Erst jetzt bemerkte Felicitas den Menok. »Aha. Tiefschlaf.«
»Ich habe ihm Schokolade gegeben.«
Felicitas kicherte. »Da kann ein Menok nicht widerstehen. Obwohl sie wissen, dass ein Bissen genügt, um sie in Tiefschlaf zu versetzen.«
»Er hat mich in diese Kugel gesperrt. Anscheinend hat er geglaubt, ich kann drei Wünsche erfüllen.«
Felicitas seufzte. »Der hier ist noch recht jung. Die spielen sich immer am meisten auf. Behaupten, alles zu wissen. Wenn er dich ärgert, wirfst du einfach einen funkelnden Ball in den Wald, dann hast du für den Rest der Nacht deine Ruhe.« Sie schlug mit ihren Flügeln und schwebte zu Lukas hinauf.
Unter ihrem musternden Blick wurde er rot. »Lässt du mich hinunter?«
»Ist das etwa Flüsterpulver in deinen Haaren?«
»Das blaue Zeug? Ja, ich habe es durch Zufall abbekommen.«
»Aha! Deshalb konntest du den Wald betreten und kannst uns sehen.« Sie schwebte weiter in die Höhe und begann, auf der Oberseite der Gitterkugel herumzudrücken. »Das ist wirklich ein einfacher Zauber. Ich hab’s gleich.« Eine Sekunde später sauste die Kugel auf den Boden, blieb einige Zentimeter darüber in der Luft hängen und zerbarst in Hunderte kleiner Holzstöckchen.
Lukas saß verdutzt auf seinem Hintern und wechselte einen Blick mit Pedora Ulinde Naftet von Chibalka, die gelangweilt über ihre Tatzen leckte.
»Danke.«
»Gerne doch.« Felicitas strahlte über das ganze Gesicht. »Das ist so aufregend. Ein Mensch im Flüsterwald! Aber solltet ihr nachts nicht schlafen? Oder waren das Hunde? Der Unterricht über andere Völker ist so langweilig. Ich habe möglicherweise ein paar Minuten die Augen geschlossen.«
»Das kenne ich. Passiert mir in Mathematik ständig.« Lukas rappelte sich auf.
Felicitas sank auf eine der Wurzeln und schlug die Beine übereinander. Sie trug elegante Schuhe, die mit funkelnden Steinen besetzt waren.
»Sind das Diamanten?«, fragte...




