E-Book, Deutsch, 200 Seiten
Tyrer / Gaebel ICD-11: Neue Entwicklungen in Diagnostik und Klassifikation psychischer Störungen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-456-76376-7
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Konzepte nachvollziehen und umsetzen
E-Book, Deutsch, 200 Seiten
ISBN: 978-3-456-76376-7
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit innovativer Diagnostik praktischen Nutzen optimieren!
Für die 11. Revision der ICD wurde das Konzept der Diagnostik und Klassifikation für psychische Störungen von der WHO wesentlich überarbeitet. Experten*innen, die konkret an der Konzeption und Überarbeitung der ICD-11 beteiligt waren, geben einen kompakten Überblick zu den wichtigsten Änderungen, die sich auf die Praxis aller diagnostisch und therapeutisch Tätigen auswirken werden.
Eine Reihe psychischer Störungen, die in der ICD-10 bisher nicht klassifiziert wurden (z. B. komplexe PTBS, anhaltende Trauerstörung, Computerspielstörung) sind neu eingefügt worden.
Für Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen sind neue diagnostische Konzepte entwickelt worden, die mit einem kategorial-dimensionalen Ansatz nunmehr auch stärkere therapeutische Differenzierungsmöglichkeiten eröffnen.
Kategorien, die speziell Kinder und Jugendliche betreffen, sind künftig in der Klassifikation bei den jeweiligen psychischen Störungen im Verlauf der Lebensspanne miterfasst. Andere Störungen sind in der ICD-11 dagegen nicht mehr unter den psychischen Störungen zu kodieren (Sexuelle Dysfunktionen und Genderinkongruenz, Tic-Störungen oder Schlaf-Wach-Störungen), sondern wurden in anderen Kapiteln oder als eigenständige Kategorien aufgenommen.
Die Anwendung der ICD-11 erfordert in mancherlei Hinsicht eine Neubestimmung der bisherigen Diagnosestellung und Therapieindikation. Im vorliegenden Buch werden in ausgewählten Expertenbeiträgen die Neuerungen, konzeptuelle und praktische Überlegungen, empirische Grundlagen sowie globale fachspezifische Hintergründe dargestellt, die wesentlich zum Verständnis der Veränderungen beitragen und die Einführung und Anwendung der ICD-11 mit hohem praktischem Nutzwert erleichtern werden.
Zielgruppe
Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut*innen, Fachärzte*innen für Psychiatrie und Psychotherapie,
Fachärzte*innen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinische Psycholog*innen, Psychologische
Berater*innen, Studierende und Lehrende in der psychotherapeutischen Aus-, Fort-, und Weiterbildung.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
|10||11|Geleitwort und Einführung zur deutschen Ausgabe
Wolfgang Gaebel
Das von Peter Tyrer editierte englischsprachige Buch „Making sense of the ICD-11“ basiert wesentlich auf den Beiträgen einer digitalen Vortragsreihe, die vom UK Royal College of Psychiatrists im Mai 2021 zur 11. Revision der International Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD-11) der WHO für psychische Störungen organisiert wurde. Die Buchbeiträge stammen von Fachexperten, die überwiegend im Rahmen der Entwicklung von Störungskapiteln der ICD-11 Mental, Behavioural or Neurodevelopmental Disorders (MBND) als Mitglied oder in leitender Funktion störungsspezifischer WHO-Arbeitsgruppen beteiligt und mit dem übergreifenden Entwicklungsprozess der ICD-11 eng verbunden waren.
Wie der englischsprachige Originaltitel des Buches „Making Sense of the ICD-11“ und die deutsche Übersetzung „ICD-11: Neue Entwicklungen in Diagnostik und Klassifikation psychischer Störungen – Konzepte verstehen und umsetzen“ ankündigen, wird die professionelle Leserschaft mit den Innovationen der wichtigsten psychischen Störungsgruppen der ICD-11 im Vergleich zur ICD-10 sowie dem konzeptuellen und methodischen Hintergrund ihrer Entwicklung und Evaluation für den künftigen Einsatz im deutschsprachigen Raum bekannt und vertraut gemacht.
P. Tyrer, der auch für den Einführungsbeitrag des Buches zeichnet, war Vorsitzender des Kapitels Persönlichkeitsstörungen der ICD-11. G.?M. Reed war als „Senior Project Officer Revision of ICD-10 Mental and Behavioural Disorders“ im Auftrag des WHO Department of Mental Health and Substance Use für die Entwicklung des gesamten Kapitels MBND und angrenzender Kapitel zuständig. Sein Buchbeitrag gibt unter anderem einen Überblick zu neuen Störungskategorien, statistischen Ergebnissen von Feldstudien (Reliabilität und praktischer Nutzen), sowie an Beispielen verdeutlichte Übersicht zu den „Clinical Descriptions and Diagnostic Requirements“ (WHO, 2024; CDDR) mit den für MBND essenziellen und assozierten Domänen des „Content Model“ als Grundlage systematischer Diagnostik und differenzieller Abgrenzung zu anderen Störungsgruppen (WHO, 2024; Reference Guide). Die kategorial strukturierte ICD-11 eröffnet mit ihren dimensionalen „Specifiers“ (unter anderem Symptom-, Schweregrad- und Verlaufsindikatoren) Möglichkeiten zu einer kategorial-dimensionalen Komplex-Klassifikation und -Kodierung mit stärker individualisierter/personalisierter Diagnostik und Therapieindikation.
Der Herausgeber der deutschen Ausgabe, W. Gaebel, selbst einer der Autoren des vorliegenden Werkes, war Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Psychotischer Störungen für ICD-11“ sowie Mitglied der Arbeitsgruppe „Psychotischer Störungen für DSM-5“ der American Psychiatric Association (APA) – mit der Möglichkeit zum bilateralen Austausch im Rahmen institutionalisierter Bemühungen um etwaige Harmonisierung zwischen beiden Klassifikationssystemen.
A. Frances, ehemals zuständig für die Entwicklung von DSM-IV, ist im Buch auch mit einigen kritischen Ansichten zu Neuentwicklungen von DSM-5 und ICD-11 vertreten, womit der Herausgeber der englischen Ausgabe, P. Tyrer, die kritikoffene Haltung des englischsprachigen Originals einschließlich Repliken ei|12|niger Autoren hatte unterstreichen wollen, die der deutschen Leserschaft nicht vorenthalten werden sollte. Der Beitrag von C. Dowrick beschließt die Reihe der Beiträge mit einer Übersicht zur Klassifikation psychischer Störungen im Primärarztsystem.
Als die wesentlichen fünf Voraussetzungen für die Einführung der digitalen ICD-11 als Grundlage für die Mortalitäts- und Morbiditätsstatistik (WHO, 2024; MMS) sowie CDDR sieht die WHO an erster Stelle die Komplettierung einer landesspezifischen Sprachversion (Übersetzung mit digitalen Verfahren und Qualitätssicherung durch qualifizierte Übersetzer und Fachexperten) – gefolgt von „Capacity Building“ mit evaluierten Lehr- und Lernmaterialen für klinisches Personal und Codingexperten, Einrichtung der informationstechnologischen Infrastruktur (Interoperabilität), Sicherstellung von transregionaler Datenqualität und -komparabilität, sowie Interessenvertretung und Disseminierung mit Einbezug von Stakeholders und Fachgesellschaften für „Awareness Building“ und „Transition Support“.
Die Umsetzung dieser Schritte liegt bei den zuständigen landesspezifischen Regierungsinstanzen. „Adaptationen“ der ICD-11, wie die Übersetzung in nicht-offizielle WHO-Sprachen, erfordern eine WHO-Lizenz. Im deutschen Gesundheitswesen ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für die Gewährleistung dieser Voraussetzungen wesentlich mitverantwortlich. Die vollständige Übersetzung der MMS und CDDR nach Zugriff auf die offizielle englischsprachige Version sollen autorisiert und lizensiert sein.
Um die Einführung der ICD-11 vorzubereiten, erarbeitet das BfArM unter anderem in Kooperation mit dem Schweizer Bundesamt für Statistik eine deutsche Übersetzung. Bei dieser Übersetzung handelt es sich um eine Entwurfsfassung. Diese Übersetzung wurde teilweise unter Verwendung automatisierter Übersetzungsverfahren erstellt und befindet sich in einem laufenden Qualitätssicherungsprozess (BfArM, 2024; Einführung der ICD-11) unter Federführung des BfArM sowie der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und weiterer beteiligter Fachgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF). Dieser Prozess ist für die MMS nahezu abgeschlossen, für die CDDR in Vorbereitung. Die Einführung der ICD-11 in deutscher Sprache ist jedoch noch nicht abschließend datiert.
Die deutsche Übersetzung des hier vorliegenden Werkes genügt, hinsichtlich der von den Autoren als zitiert gekennzeichneten originalen Auszüge aus ICD-11 (WHO, MMS und CDDR), dem Qualitätsstandard der Übersetzerinnen und wurde auf Kompatibilität geprüft. Da bei Drucklegung noch keine abschließend konsentierte und autorisierte Übersetzung der ICD-11 existierte, orientieren sich einige Formulierungen weitgehend an der deutschen Entwurfsfassung des BfArM.
Mit Blick auf die Zielsetzung dieser Publikation war allerdings entscheidend, dass mit den Beiträgen Ansprüche an Awareness Building, Capacity Building, und Transition Support bereits aufgenommen werden können und damit für die Entwicklung und Einführung einer deutschsprachigen autorisierten Version in digitaler Form der Boden bereitet wird.
Im Sinne eines fachlichen Beitrages zur Vorbereitung des Umstiegs von ICD-10 auf ICD-11 und zur Unterstützung bei der Implementierung sind dem Buch ein breites Interesse und erfolgreiche Verbreitung zu wünschen.
Univ.-Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel
DGPPN Past President, Beauftragter ICD-11;
WHO CC DEU-131, Director;
WHO-FIC MSAC ICD-11, Member;
WFSBP Task Force Nosology and Psychopathology, Chair;
LVR-Klinikum, Medizinische Fakultät
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
|13|Weiterführende Literatur
World Health Organization (WHO). (2024). ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics (MMS) International Classification of Diseases 11th Revision. who.int https://icd.who.int/browse/2024-01/mms/en
World Health Organization (WHO). (2024). Clinical descriptions and diagnostic requirements for ICD- 11 mental, behavioural and neurodevelopmental disorders (CDDR) International Classification of Diseases 11th Revision. https://www.who.int/publications/i/item/9789240077263
World Health Organization (WHO). (2024). Reference Guide. International Classification of Diseases 11th Revision. https://icdcdn.who.int/icd11referenceguide/en/html/index.html
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). (2024). ICD-11 in Deutsch – Entwurfsfassung. Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 11. Revision...