Vollenberg / Glaser / Juschkat | Die fantastischen Geschichten des Ludolfus de Witteringe | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 108 Seiten

Vollenberg / Glaser / Juschkat Die fantastischen Geschichten des Ludolfus de Witteringe


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7504-7541-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 108 Seiten

ISBN: 978-3-7504-7541-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vier findige Literaten, zwei Zeitebenen, eine Geschichte. Mit Ludolfus de Witteringe fanden sie eine historische Figur, die ermöglichte, Gegenwart und Geschichte einer Stadt zusammenfließen zu lassen. Was wäre, wenn der Ritter von Wittringen damals, vor etwa 800 Jahren, zu einem literarischen Fest eingeladen hätte und man aus der Jetztzeit in die Vergangenheit reisen könnte? Ein Gedanken-Experiment führt Gäste in die mittelalterliche Welt von Rittern, Zank und Zauberei ... Werden die Besucher von 2019 dem Geheimnis auf die Schliche kommen?

*1953 in Dorsten, Dipl. Betriebswirtin, seit 2009 Schriftstellerin Ihre Kurzgeschichten beschäftigen sich mit Geschichten, die das Leben schreibt. Aber sehr oft bewegen sich die Texte in eine kriminelle Richtung. Wichtig ist ihr aber stets eine humorvolle Ausrichtung. 2013 Nominierung für die Vestische Literatur-Eule, 2014, 2015, 2016 Prämierung im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen. Sieger der Literaturausschreibung des Ortsmarketing Raesfeld.
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Die zweite Chance | Britt Glaser


„Muss es denn wirklich sein?“, fragte Hildegard mit erstickter Stimme. „Gibt es denn keinen anderen Weg?“

„Ihr könntet zusehen, wie euer Hab und Gut sich in alle Winde verstreut, er ist nun mal ein …“

„Aber muss er denn gleich getötet werden?“, unterbrach sie den Geistlichen.

„Nun lasst doch euren Verstand walten! Ludolfus ist ein Träumer! Ein Taugenichts! Niemals schafft er es, alles zu verwalten. Bei der ersten Gelegenheit würde man ihn übers Ohr hauen. Ihr würdet alles verlieren. Am Ende steht ihr ohne irgendwas da. Ihr seid eine Witwe und denkt an euren zweiten Sohn. Denkt an den kleinen Leonhard, er soll doch ein schönes Leben haben.“

„Aber Ludolfus soll deshalb sterben?“, fragte Hildegard und schluchzte.

Der Geistliche legte eine Hand auf ihre Schulter und flüsterte:

„Er wird nichts spüren.“

„Wirklich nicht?“

„Er wird einfach nur einschlafen, ich verspreche es.“

„Oh Gott im Himmel, was tue ich nur?“, sprach die Mutter und schluchzte.

„Ich werde euch Halt geben und wie bisher bei allen Geschäften helfen.“

Hildegard hielt sich die Hände vors Gesicht und weinte.

„Gebt mir ein paar Tage Zeit, dann ist es vorbei. Ich helfe euch bei allem und wir verwalten die Burg. Der kleine Leonhard kann dann ungestört heranwachsen.“

Ludolfus tüftelte schon den ganzen Tag. Er schloss den großen Topf, der über dem Feuer hing, mit einem Deckel. Das siedende Wasser hob von Zeit zu Zeit den Deckel und schwappte aus dem Topf ins Feuer. Es zischte jedes Mal laut und der Wasserdampf stieg empor. Ludolfus besah das Spektakel von allen Seiten. Hockte sich vor die Feuerstelle und stützte den Kopf mit seinen Händen. Er murmelte etwas vor sich hin. Die Köchin lief mit einem Korb voll Gemüse an ihm vorbei und meinte: „Na, Ludolfus, bist du wieder in Erfinderlaune?“

„Ach Agnes, es muss doch für etwas gut sein, wenn das Feuer solche Kraft hat und sieh nur, was passiert, wenn das Wasser ins Feuer fällt.“

„Ich schaue lieber, was das Mahl für heute Abend macht“, sagte Agnes und strich Ludolfus liebevoll über den Kopf.

„Wenn du vorher schon hungrig bist, schau in der Küche vorbei, hörst du?“

Ludolfus murmelte etwas Unverständliches, was wohl ein „Ja, ist gut“ heißen sollte.

Die Küchenhilfe nahm Agnes den Korb ab und sprach:

„Dieser Ludolfus, immerzu auf der Suche nach neuen Erfindungen!“

„Ja, das ist er. Aber so ist es besser, als wenn er nur über den Tod seines Vaters nachdenkt.“

„Das sehe ich genauso, doch es gibt auch böse Zungen, die behaupten, Ludolfus ist nicht fähig, die Burg zu führen. Jetzt nach seines Vaters Tod.“

„Ach, die reden alle viel“, sagte Agnes und schlug mit der Hand ab. „Aber lass mal, der Ludolfus ist ein prima Kerl und wenn es darauf ankommt, wird er schon seinen Mann stehen.“

„Das glaube ich auch“, meinte die Küchenhilfe und nickte.

„Außerdem hat er ja seine Mutter noch, die ihm beisteht.“

„Gott segne sie, dass sie noch lange lebe.“

„Ja, Gott segne sie und die ganze Familie“, sagte die Küchenhilfe schnell.

Beim abendlichen Mahl saßen alle zusammen und Ludolfus beantwortete seinem vierjährigen Bruder viele Fragen, die er hatte. Die Mutter blickte immer wieder ihre Kinder an und sah dabei sehr traurig aus. Es fiel Ludolfus und auch allen anderen auf, doch wunderte es niemanden, da ihr Gatte erst vor wenigen Wochen verstorben war. Niemand ahnte, dass sie in ein Komplott gegen ihren eigenen Sohn eingewilligt hatte. Und sie ahnte nicht, dass der Anschlag bereits heute Nacht stattfinden sollte.

Ludolfus lag auf seinem Bett und grübelte. Er stellte sich immer wieder vor, wie die Menschen das Rad erfanden. Wie kam es wohl dazu? Diese Gedanken waren ihm lieber als die traurigen Grübeleien, die immer wieder auf den Tod seines Vaters hinausliefen. So überlegte er, was er mit seinem Wissen verändern, ja verbessern konnte. Kleinigkeiten waren ihm schon gelungen, aber halt nur winzige Kleinigkeiten. Er hatte ein Rad im Kamin der Küche angebracht, über dem Rad hing ein Seil. Am Ende des Seils war ein Haken befestigt. An ihm befestigte Agnes das Fleisch und über das andere Ende des Seils zog sie es hoch in den Kamin. Dort wurde es, sobald ein Feuer brannte, von Rauch umgeben und dadurch haltbar. Da im Kamin fast immer ein Feuer brannte, war es den Mäusen zu heiß, um in den Kamin zu klettern und das Fleisch zu fressen.

Aber solche Kleinigkeiten genügten ihm nicht, so grübelte er ohne Unterlass weiter, um etwas Besonderes zu erfinden. Gern würde er zum Wettbewerb der Erfinder gehen und sich mit anderen Menschen treffen, die wie er selbst gern Neues erfanden. Dort konnte man seine Ideen vorstellen und mit anderen daran arbeiten. Am Ende hatte man dann etwas erfunden und bekam einen Preis dafür. Der Preis bestand aus Goldstücken, die waren Ludolfus jedoch egal. Gern hätte er sich mit anderen ausgetauscht und einem Gremium von Wissenschaftlern am Ende etwas Großartiges vorgestellt.

Der Vater hatte immer an ihn geglaubt und ihn von klein an alles Mögliche ausprobieren lassen. „Du wirst es schon noch schaffen, etwas Beeindruckendes zu erfinden“, gingen ihm die Worte des Vaters durch den Kopf.

Der Qualm des Kaminfeuers, der in das Schlafgemach zog, biss Ludolfus in den Augen und er musste einige Male husten. So entschied er sich, das trockene Wetter auszunutzen und etwas spazieren zu gehen. Er streifte seinen Mantel über und verließ leise das Haus. Der Vollmond spendete Licht. Während Ludolfus über trockenes Laub ging, sog er die kühle Nachtluft tief ein. Der Hund des Stallmeisters begleitete ihn einige Zeit, machte dann aber kehrt und lief zurück. Lange spazierte Ludolfus und ließ seinen Gedanken freien Lauf. Auch die traurigen Gedanken durften in seinem Kopf Einzug halten. Auch das Bewusstsein, das ihn in Wellen zu überschütten schien, welches so schmerzhaft sagte: „Der Vater ist für immer fort“.

Ludolfus hielt inne und kniete sich nieder, um ein Gebet für seinen Vater zu sprechen. Das tat gut und trocknete seine Tränen.

Der Mond war schon weitergezogen und es wurde immer kühler. Ludolfus schlug seinen Mantel enger um seinen Leib und lief den Weg zurück zum Haus. Er hielt nach dem vollen prächtigen Mond Ausschau, der sagenumwoben über dem Haus thronte. Plötzlich war auf dem Dach etwas Helles, was seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Es bewegte sich mal mehr und mal weniger. Gänsehaut zog sich über Schultern und Hals. Rückwärts stolpernd griff sich Ludolfus an seine Brust, in der sein Herz heftig klopfte. „Ein Geist, ein Geist“, flüsterte er. „Bestimmt ist es Vaters Geist, was hat das nur zu bedeuten?“ Er hatte das Gefühl, als wollten seine Knie nachgeben. Ihm wurde schwindelig, doch da erkannte er, dass über einem Schornstein kein Geist waberte, sondern ein Bettlaken hing. Es bewegte sich gespenstisch auf und ab. Erleichtert lachte er auf und die anfängliche Angst war nun dem Forschergeist gewichen.

Aus dem Kamin kam die Wärme, die das Feuer verursachte. Diese Wärme, wie das dampfende Wasser aus dem Topf über dem Feuer, das er noch am Tage gesehen hatte, ging immer nach oben. Nie nach unten. Nun war es auch die Wärme des Feuers, die nach oben stieg und das Betttuch immerzu empor hob. „Also, wenn das Laken leichter wäre“, flüsterte Ludolfus in die Nacht, „und die Wärme festhielte, könnte ich das Tuch mit Wärme füllen und es wollte emporsteigen wie ein Vogel.“

Er blieb noch eine Weile stehen und sah zu, wie das Laken vom Kamin rutschte und auf dem Dach liegen blieb.

„Oh, danke, gütiger Herr im Himmel, für diese Erscheinung“, sagte er mit gen Himmel ausgestreckten Armen.

Ludolfus lief zum Eingang des Hauses, wo er seine Mutter schluchzend auf einer Bank vorfand. „Mutter, Mutter, ich habe einen genialen Einfall!“, rief er schon von Weitem. Erschrocken fuhr die Mutter auf und sprach: „Ludolfus, bist du nicht in deiner Kemenate? Um diese Zeit müsstest du doch bereits schlafen.“

Ganz aufgeregt versuchte er zu erklären: „Ich konnte nicht schlafen. So bin ich umhergelaufen und hatte einen Einfall, den die Erfinder sicher gern hören und sehen würden.“

Die Mutter schluchzte laut und wischte sich die Tränen von den Wangen. Sie umarmte Ludolfus weinend und sprach: „Was hast du denn erfunden, was die weisen Männer interessieren könnte?“

Ludolfus erklärte der Mutter seine Idee mit dem Tuch und der warmen Luft und fuchtelte dabei aufgeregt mit den Armen herum.

Die Mutter lachte laut auf und klatschte in die Hände. Lachend nahm sie Ludolfus bei den Schultern und sprach: „Du solltest dich am Morgen aufmachen und deine Idee den Gelehrten vortragen. Bleib dort und arbeite mit ihnen, solange du...



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