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E-Book, Deutsch, Band 12, 665 Seiten

Reihe: Handbücher Rhetorik

Janich / Pappert / Roth Handbuch Werberhetorik

E-Book, Deutsch, Band 12, 665 Seiten

Reihe: Handbücher Rhetorik

ISBN: 978-3-11-039359-0
Verlag: De Gruyter
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Das Handbuch Werberhetorik bietet einen Überblick über rhetorische Phänomene in der Werbung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Rhetorik der Wirtschaftswerbung. Sie wird in ihrer historischen Entwicklung von der Antike über die Frühe Neuzeit und das Aufkommen des Markenartikels bis hin zur massenmedialen Konsumwerbung offline und online in den Blick genommen. Rhetorische Phänomene werden dabei sowohl in unterschiedlichen Werbemedien aufgespürt (Print, Rundfunk, Online-Formate u.a.) als auch in ihrer Multimodalität in den Blick genommen: So werden neben sprachlich-textuellen Phänomenen auch visuelle Ausdrucksformen (Bilder, Typographie) in ihrer Eigenwertigkeit und ihrer Relation zur Botschaft des Textes behandelt.
Ein weiterer, kleinerer Schwerpunkt widmet sich den verschiedenen Formen politischer Werberhetorik, die einerseits – insbesondere im Hinblick auf Wahlkampfreden – einer Eigengesetzlichkeit unterliegt, andererseits, zum Beispiel bei Plakaten oder Flyern, Anleihen bei den rhetorischen Strategien der Wirtschaftswerbung macht.
Ergänzend zur Wirtschafts- und politischen Werbung werden exemplarisch weitere „Werberhetoriken“ in den Blick genommen. So lassen sich verschiedene Formen der sozialen und kulturellen Werbung unterscheiden – man denke an Stadtmarketing, Werbung für Theater und Museen, Werbung für Kirchen, gemeinnützige Einrichtungen und Gesundheitsvorsorge, an Werbung für Sport und Sportereignisse oder auch für Universitäten und Forschungseinrichtungen.
Einen problematisierenden Ausblick bieten abschließend Überblicks-Artikel zur Kulturspezifik von Werberhetorik und zur Sprachkritik.
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I Die Rhetorik des Werbens – grundsätzliche Perspektiven
1. Werbung als Grundprinzip der Demokratie
Martin Wengeler Abstract Political advertising is a constituent element of democratic societies. Democracy needs a functioning public sphere, which parties, associations and other public actors can use to win majorities for their own ideas on how to solve social problems. The terms „political advertising“ and „persuasion“ are preferable to terms such as „propaganda“ or „manipulation“, which should be reserved for authoritarian social systems and deliberately lying actors. In representative democracies, political advertising occurs especially in election campaigns, which are understood here as a necessary democratic myth. The spectrum of election campaign text types is considered as an example of democratic political advertising as well as research on entire election campaigns. Finally, the „dispute over words“ is mentioned as a genuinely democratic matter, because it is all too often publicly underestimated as irrelevant. Stichwörter: demokratischer Mythos, Kampagne, Manipulation, Öffentlichkeit, Persuasion, Politolinguistik, Propaganda, Textsorten, Wahlkampf, Keywords: democratic myth, campaign, manipulation, publicity, persuasion, political linguistics, propaganda, text types, election campaigning, 1 Einleitung
Politik ist „die Kunst, im Medium der Öffentlichkeit Zustimmungsbereitschaften zu erzeugen“1 – jedenfalls in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen. Werbung wird die geplante, öffentliche Übermittlung von Nachrichten dann genannt, wenn die Nachricht das Urteilen und/oder Handeln bestimmter Gruppen beeinflussen und damit einer Güter, Leistungen oder Ideen produzierenden oder absetzenden Gruppe oder Institution […] dienen soll.2 Diese beiden Definitionen der hier in einen Zusammenhang zu bringenden Entitäten (demokratische) Politik und Werbung sollen zum Einstieg andeuten, wie eng der im Titel des Beitrags vielleicht etwas überraschend ausgedrückte Zusammenhang sein könnte, der nun in den folgenden Schritten erörtert werden soll: Im ersten Schritt wird Öffentlichkeit als konstitutives Element von Demokratie präsentiert (Abschnitt 2). Diesen Raum der Öffentlichkeit können und müssen Parteien, Verbände und andere öffentlich handelnde Akteur:innen nutzen, um Mehrheiten für die eigenen Vorstellungen davon zu gewinnen, wie gesellschaftliche Probleme zu lösen sind, und damit die Macht, diese durchzusetzen, zu erringen. Sie tun dies, indem sie für ihre Positionen und ihr Personal, das die Macht ausüben soll, werben, denn „durch Werbung [sollen] Menschen dazu bewegt werden, etwas Bestimmtes (im Sinne der Werbenden) zu tun.“3 In einem zweiten Schritt soll daher dafür plädiert werden, dass dies zu Recht als „politische Werbung“ bezeichnet werden kann und Begriffe wie Propaganda oder Manipulation politischen Beeinflussungsversuchen vorbehalten bleiben sollten, die autoritäre Gesellschaftsordnungen und bewusst lügende Akteur:innen kennzeichnen (Abschnitt 3). Der rhetorische Begriff der Persuasion dagegen erscheint für politische Werbung als angemessen und wird daher näher erläutert. In repräsentativen Demokratien mit freien Wahlen sind Wahlkämpfe die Höhepunkte politischer Werbung. In Abschnitt 4 soll zunächst auf die politikwissenschaftliche These des Wahlkampfs als demokratischem Mythos zurückgegriffen werden,4 um anschließend die linguistische Forschung zu Wahlkämpfen anzureißen, weil gerade in ihnen das im Titel genannte Prinzip sichtbar wird. Ganze professionell gestaltete Kampagnen sind nicht nur in Wahlkampfzeiten moderne Ausprägungen solcher Werbung und werden inzwischen von der Forschung auch als Ganze in den Blick genommen (Abschnitt 5). Als genuin demokratische Angelegenheit, die von der politolinguistischen Forschung seit Langem und intensiv untersucht worden ist, wird abschließend der Streit um Worte nur noch erwähnt, weil dieser öffentlich allzu oft als Wortklauberei oder als irrelevant unterschätzt oder kritisiert wird. Denn: […] die von konkurrierenden Parteien getragene Demokratie [ist] notwendigerweise permanent im Konflikt: „Demokratie bedeutet Konflikt“ (Dahrendorf 1972, 195) […] Deshalb ist es ein Missverständnis, wenn von Parteien in der Öffentlichkeit immer wieder Harmonie [d.?h. sprachlich also ein einheitlicher Sprach-/Wortgebrauch] gefordert wird.5 2 Öffentlichkeit
„Für demokratisch-rechtsstaatliche Systeme sind […] Öffentlichkeit und Meinungsfreiheit von zentraler Bedeutung.“6 Öffentlichkeit wird dabei im durchaus emphatischen Habermas’schen Sinn als der Raum aufgefasst, in dem die Dinge, die alle angehen, verhandelt werden. Unterschiedliche Akteure erheben dabei Geltungsansprüche auf Wahrhaftigkeit, Wahrheit und vor allem Richtigkeit.7 Diese Angelegenheiten werden in einer idealen Sprechsituation durch den Austausch von Argumenten ohne Zugangsbeschränkungen und ohne unterschiedliche Macht- und Kapitalien-Ressourcen der Beteiligten qua Konsens geregelt, um ein gedeihliches Zusammenleben zu gewährleisten. Selbstverständlich ist damit ein demokratietheoretisch begründetes Ideal gezeichnet, an dem allerdings realgesellschaftliche Aushandlungsprozesse gemessen und bewertet werden können. Für repräsentative Demokratien wird dieser Grundgedanke von Öffentlichkeit, der sich seit der Aufklärung herausgebildet hat,8 in der Online-Enzyklopädie Wikipedia wie folgt zusammengefasst: Öffentlichkeit ist der Bereich des gesellschaftlichen Lebens, in dem Menschen zusammenkommen, um Probleme zu besprechen, die in politischen Prozessen gelöst werden sollen. Dafür muss der Zugang zu allen Informationsquellen und Medien frei sein, und die Informationen müssen frei diskutiert werden können. In diesem frei zugänglichen (öffentlichen) Raum soll sich die Mehrheitsmeinung ungestört durch Zensur und andere Barrieren herausbilden können.9 Ein solches ideales Öffentlichkeits-Verständnis ist in vielen politischen, medien-, politik-, sprach- und kommunikationswissenschaftlichen Abhandlungen als unrealistisches Konzept kritisiert worden, und es wurde in vielfältiger Weise versucht, die Realität von Öffentlichkeit in kapitalistisch-demokratischen Gesellschaftsordnungen angemessener zu fassen. Stellvertretend für eine solche Position sei Schiewes Resümee für die Zeit vor dem Einfluss der sog. Neuen Medien zitiert: So besteht Öffentlichkeit heute aus von den Medien bereit gestellten [sic!] Informationen zu von ihnen gesetzten Themen und einem entsprechenden Kommunikationsangebot für ein disperses Publikum. […] Politische Öffentlichkeit […] ist folglich kein Akt der Politik, die in den Medien Themen setzen und diskutieren würde, sondern ein Produkt der medialen Konstruktion politischer Wirklichkeiten, die für vermittlungswürdig gehalten werden.10 Dem entgegen wird hier davon ausgegangen, dass es nicht nur die traditionellen Print- und audiovisuellen Medien sind, die – Themen setzend und politische Wirklichkeiten konstruierend – die demokratische Öffentlichkeit ausmachen, sondern dass, vor allem auch in den „neue[n] Formen von Öffentlichkeiten“, durch „digitale Öffentlichkeiten“11 eine Vielzahl von Akteur:innen versucht, öffentlich wahrgenommen zu werden und um Zustimmung zu ihren Positionen zu werben. Diese Möglichkeit haben auch Politiker:innen, Parteien und Verbände. Pappert/Roth fassen die Struktur der digitalen Öffentlichkeiten zusammen: Öffentlichkeit spielt in der […] vernetzten Kommunikation eine, vielleicht sogar die zentrale Rolle, denn sie ist der Grundkonzeption der Social Media gleichsam eingeschrieben.12 In der Online-Öffentlichkeit finde einerseits die Ausweitung und Ergänzung professionell hergestellter Öffentlichkeiten (politische Kommunikation und Journalismus) und andererseits die Hervorbringung persönlicher Öffentlichkeiten 13 statt. Zu Recht wird also vor allem betont, dass die Struktur der Öffentlichkeit(en) im Zeitalter der Online-Medien sich grundlegend gewandelt hat, worauf die Akteur:innen in einer repräsentativen Demokratie reagieren müssen...


Nina Janich, TU Darmstadt; Steffen Pappert, Universität Duisburg-Essen; Kersten Sven Roth, Universität Zürich


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