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E-Book

E-Book, Deutsch, 84 Seiten

Neumer Ist eSport wirklich Sport?

E-Book, Deutsch, 84 Seiten

ISBN: 978-3-96146-312-1
Verlag: Diplomica Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



Für viele Menschen ist Computerspielen immer noch ein reines Freizeitvergnügen. Die Wenigsten wissen, dass mittlerweile elektronischer Sport – kurz „eSport“ – weltweit verbreitet und in etlichen Ländern bereits als Sport anerkannt ist. Dazu gehören Südkorea, Schweden, Russland, Großbritannien und Brasilien. Dort und in den Vereinigten Staaten erhalten alle professionellen Spieler, genannt eSportler, ein Athletenvisum. Das russische Sportministerium ging sogar einen Schritt weiter und hat mit Erlass vom 29. April 2016 eSport offiziell in den Kanon der Sportarten aufgenommen.
Die weltweit steigende Akzeptanz führte zur Entwicklung großer eSports-Ligen, die global Turniere ausrichten. Zu einer der größten Ligen gehört die europäische Electronic Sports League (ESL). Diese wurde von Turtle Entertainment im Jahr 2000 in Köln gegründet. Bereits 2012 verzeichnete die ESL Mitgliederzahlen in Höhe von 4 Millionen. Doch nicht nur international steigt die Bekanntheit des elektronischen Sports, auch in Deutschland ist vielen der Begriff eSport geläufig. In diesem Buch soll die Professionalisierung von eSports erörtert werden, aber es kommen auch kritische Stimmen zu Wort. Diese Diskussion geschieht immer im Hinblick auf die kontroverse Titelfrage.
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Textprobe:

Kapitel 2.1 Kann Sport definiert werden?
Bezüglich der Suche nach einer Definition für Sport gibt es verschiedene Annahmen, z.B. dass eine Definition gar nicht möglich sei. So wird beispielsweise geschrieben, „es ist bisher noch nicht gelungen, den S. [Sport, d. V.] in seinen vielfältigen Erscheinungsformen eindeutig zu bestimmen.“ Andere meinen, „im Hinblick auf die vielfältigen Erscheinungsformen des Sports […] ist eine genaue begriffliche Festlegung nicht möglich“ oder dass es „offenbar keine alle befriedigende, allgemeingültige Formulierung dessen, was Sport ist, gibt“ Die hier zitierten Äußerungen haben alle eine Gemeinsamkeit. Sie beschreiben den Sport als vielseitig und beziehen sich darauf, dass eine Definition von Sport immer zu eng gefasst werden würde. Das Risiko besteht also darin, den Begriff zu eng zu fassen, da sonst gegebenenfalls anerkannte Sportarten nicht mehr in dieser Definition mit erfasst werden würden. Ersichtlich sind gleichwohl auch Unterschiede der einzelnen Ansätze. Einerseits wird beschrieben, dass eine Sportdefinition „noch nicht gelungen“ sei, andererseits heißt es „eine genaue begriffliche Festlegung“ sei „nicht möglich“. Es wird sowohl die Meinung vertreten, eine Definition sei nur noch nicht gelungen, als auch eine Definition werde nicht als sinnvoll erachtet und könne auch nicht gelingen. Das Anliegen dieser Arbeit ist allerdings zu klären, ob eSport Sport ist. Es wäre somit hilfreich, eine Definition verwenden zu können. Nachfolgend werden verschiedene Möglichkeiten einer Definition untersucht. Zuerst werden Theorien und Thesen betrachtet, die eine Definition verneinen, um die Gegenargumente zu verstehen und später eine differenziertere Betrachtung der Definitionen zu gewährleisten, die es für möglich halten, den Begriff „Sport“ zu definieren. Bevor jedoch die Betrachtung von verschiedenen Definitionen erfolgen kann, werden der Sprachgebrauch und dessen Herkunft beleuchtet.
2.1.1 Sprachgebrauch Sport:

Das Wort „Sport“ stammt aus dem Englischen und ist eine Ableitung vom Begriff „disport“. Übersetzt bedeutete Sport „Zerstreuung“, „Vergnügen“, „Zeitvertreib“ oder „Spiel“. Hervorgegangen aus dem entlehnten mittelfranzösischen „de porter“ = „sich zerstreuen“, „sich vergnügen“ und dem lateinischen Vulgärlatein „deportare“ = „fortbringen“, mit der besonderen Bedeutung „zerstreuen, vergnügen“. Damit wurden alle Handlungen ohne zweckhafte Bestimmung durch die Alltags- oder Arbeitswelt beschrieben. Sport ist demzufolge aber nicht zweckfrei, unterliegt allerdings nicht nur traditionellen Nützlichkeitserwägungen.
2.1.2 Die „Nicht-Definition“:

Frank McBride, ein Associate Professor of Physical Education an der Wayne State University, begründete die Idee einer „Nicht-Definition“ von Sport. Mit seiner Arbeit möchte er von Anfang an diejenigen entmutigen, die einen Definitionsansatz wagen („The purpose is to discourage attempts at defining the concept of sport“).McBride vertritt vier Behauptungen, in denen er die Unmöglichkeit einer Definition beschreibt. In der ersten Behauptung erklärt er, dass weder die Intension24 noch die Extension25 des Begriffes Sport prägnant sei („Neither the intension nor the extension of the concept sport is concise“). Laut dem Ansatz seiner zweiten Behauptung werden jegliche Versuche fehlschlagen oder als stipulative Definition enden („Attempts to limit concisely the intension of the concept sport will either fail or end up as stipulative“). Die Definition von Sport kann dementsprechend nur scheitern oder immer zu weit oder zu eng aufgefasst werden. „Die Grenzen des Sportbegriffes könnten nicht aufgefunden, sondern nur gezogen werden; möglich sei also nur eine Festsetzung, keine Feststellung“. Die dritte Behauptung stützt sich auf die Aussage, dass der Begriff „Sport“ eine Vielzahl von Bedeutungen und Möglichkeiten enthält, diesen zu definieren („The concept sport is ordinarily employed in a wide variety of ways […]“). Das Oxford English Dictionary selbst unterscheide 127 verschiedene Bedeutungen des Begriffes „Sport“. Somit sei der Begriff vage, mehrdeutig und anhand der großen Vielfältigkeit nicht zu definieren. McBrides letzte Behauptung ist ein Appell an alle. Wer sich den Bemühungen, eine Definition des Sports zu erarbeiten, stellen wolle, verschwende damit seine Zeit. Das Konzept des Sports sei sehr mehrdeutig, extrem vage und könne nicht definiert werden („The concept of sport is, along with being highly ambiguous, also extremely vague. It cannot be defined […]). McBride sieht somit eine Definition von Sport nicht nur extrem schwierig, sondern sogar logisch unmöglich.
2.1.3 Die „Nicht-Theorie“:
Die sogenannte „Nicht-Theorie“ vertritt Seymour Kleinman, Professor für Physical Education an der Ohio State University. Ähnlich wie McBride, hält auch er eine Theorie des Sports für logisch unmöglich. Es müsste sich sonst um eine „vollständige Erklärung“ aller Merkmale, die Sport umfassen, handeln. Da sich aber Sport durch seine Vielfältigkeit auszeichnet, sei eine solche Erklärung nie vollständig und somit fehleranfällig. Kleinman denkt ebenso, dass der Wille, eine eindeutige Theorie zu finden, nicht geschwächt sei, er allerdings dazu führe, das „Undefinierbare […] definieren“ zu wollen. Der bessere Weg wäre, den Begriff „Sport“ aufgrund seines Sprachgebrauchs phänomenologisch zu beschreiben, statt vergeblich zu versuchen eine Theorie des Sports aufzustellen. Die Lösung liege in sogenannten „Erlebnisbeschreibungen“, denn diese würden „das Wesen der Sache treffen“. Diese Ansicht entspricht der alten Definitionslehre, wonach das Wesen eines Begriffs möglichst hinreichend erfasst werden soll. Heutzutage ist dieser Definitionsansatz überholt, da das Wesen der Sache nicht mehr ausschließlich von Belang ist. Im Vordergrund steht vielmehr der zweckmäßige Sprachgebrauch. Eine Definition muss auch nicht alle Merkmale einer Sache beinhalten. Somit ist Kleinmans Ansatz einer „Nicht-Theorie“ hinfällig und für die weitere Betrachtung von Sportdefinitionen nicht mehr zu berücksichtigen.
2.1.4 Sport und Kultur:

„Eine den Sport in seiner Vielgestaltigkeit erfassende und allseits anerkannte Definition des Begriffes ‚Sport‘ ist sowohl bezogen auf das Alltagsverständnis als auch auf den juristischen Sprachgebrauch nicht existent.“ Mit dieser Aussage beginnt Martin Bauer in seiner Dissertationsschrift, die Begründung, warum einer Definition des Begriffes „Sport“ die gleichen Gefahren innewohnen, wie dies bei dem Begriff „Kultur“ der Fall sei“. Er stellt Sport auf eine Ebene mit der Kultur. Da eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Kultur“ für diese Arbeit als nicht relevant erscheint, wird darauf verzichtet und angenommen, dass dieselben Bedingungen wie beim Begriff „Sport“ gelten. In seinen weiteren Erläuterungen bezieht Bauer sich überwiegend auf die Definition des Begriffs „Kultur“, aber behauptet, dass für den Sport das gleiche gelte wie für Kultur. Die vielen Teilbereiche des Sports wiesen eine „Heterogenität und Heteronomie“ auf, die sich besonders durch die Anerkennung des Schachspiels als Sport bemerkbar mache. Bauer sieht Sport nur als einen Oberbegriff „für einen komplexen und heterogenen Ausdruck menschlicher Betätigungsformen“. Juristen hätten die gleichen Definitionsprobleme wie bei der Kultur. Jeder kann mit dem Begriff etwas anfangen, keiner jedoch weiß ihn genau zu definieren. Da es somit keinen verfassungsrechtlichen Sportbegriff gebe, müsse sich eines Alltagsverständnisses bedient werden. Dieses umschreibe den Sport als „körperliche Betätigung mit dem Ziel der Förderung von Gelenkigkeit, Geschicklichkeit, Konstitution und Ausdauer sowie der Förderung von Kommunikation, Fairplay und Teamgeist“.
2.1.5 Definition eines Sportwissenschaftlers:

Einen weiteren Vorschlag zur Definition des Sportbegriffs hat Prof. Dr. Claus Tiedemann. Der Sportwissenschaftler von der Universität Hamburg ist der Auffassung, dass grundsätzlich jeder Wissenschaftler sein Wissenschaftsgebiet definieren können sollte und dies auch in entsprechenden Veröffentlichungen erläutere. Aufgrund der Tatsache, dass bisher kein Sportwissenschaftler eine anerkannte Definition hervorbringen konnte, versucht er diese Lücke zu schließen, indem er eine eigene Begriffsabgrenzung vornimmt. Hier zunächst sein Vorschlag einer Sportdefinition:
,Sport ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem sich Menschen freiwillig in eine Beziehung zu anderen Menschen begeben mit der bewussten Absicht, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten insbesondere im Gebiet der Bewegungskunst zu entwickeln und sich mit diesen anderen Menschen auf Grundlage der gesellschaftlich akzeptierten ethischen Werte nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln zu vergleichen.“
Tiedemann beginnt seine Definition mit der Beschreibung von Sport als ein kulturelles Tätigkeitsfeld. Er sieht Sport als einen Oberbegriff für viele Tätigkeiten, daher „Tätigkeitsfeld“, welches die bewusste, reflektierte Gestaltung der eigenen Entwicklung miteinbezieht und folglich kulturell ist. In diesem Tätigkeitsfeld agieren die Menschen auf freiwilliger Basis, d. h. ohne jegliche Verpflichtung. Freiwillig tritt man in Verbindung zu anderen Individuen, wobei einem die Menschen sowohl bekannt als auch räumlich nah sind. In dieses soziale Feld tritt man ein mit der Absicht, einen regelbestimmten Vergleich mit mindestens einem anderen Menschen durchzuführen. Demzufolge gilt beispielsweise der Schulsport nicht als Sport, da an ihm verpflichtend teilgenommen werden muss. Weiter beschreibt die Definition, dass man in diesem Tätigkeitsfeld seine Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickele. Tiedemann meint mit Fähigkeiten ,allgemeine, umfassende Handlungsmöglichkeiten, die auf Begabung, Konstitution, Übung und Erfahrungen beruhen können“. Als Fertigkeiten bezeichnet er ,speziellere Handlungsmöglichkeiten, die insbesondere durch intensives Üben erworben beziehungsweise entwickelt werden können“. Die Fähigkeiten und Fertigkeiten bezieht er insbesondere auf das Gebiet der Bewegungskunst, bei dessen Beschreibung er die Bewegung in den Mittelpunkt des Handelns rückt. Bewegung sei hierbei in der Gestalt Kunst, weil sie gekonnt ausgeführt werde. Mit den Menschen, mit denen man so in Kontakt tritt, wird unweigerlich ein Vergleich unternommen, um die oder den Besten des jeweiligen Tätigkeitsfeldes zu ermitteln. Dieser Vergleich erfolgt zum einen auf Grundlage der gesellschaftlich akzeptierten ethischen Werte, welche so zu befolgen sind, dass man niemanden absichtlich schädigt. Weder Fremdschädigung, wie zum Beispiel durch Manipulation der Sportgeräte eines anderen, noch Selbstschädigung, wie zum Beispiel durch Doping, sind vertretbar. Zum anderen erfolgt der Vergleich nach selbst gesetzten oder übernommenen Regeln, auf welche sich die betroffenen Personen einigen. Diese Regeln sollen auf Grundlage des Respekts für das eigene und fremde Leben geschaffen werden. Anschließend soll dadurch der bessere eines Wettstreits ermittelt werden können.


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