Auch die Städte Angloamerikas sind durch Superlative gekennzeichnet ? wie vieles andere in diesem Kulturraum. Die Skyline ihrer Wolkenkratzerzentren ist ihr auffallendstes Merkmal. Weniger geläufig ist ihre Monotonie und ? als Folge ihrer kurzen Geschichte ohne epochale gesellschaftliche Umbrüche ? ihre geringe funktionale Vielfalt. Aber wie Städte in anderen Erdteilen kennzeichnen sie damit Wesenszüge der Bevölkerung, die sie geschaffen hat und trägt. Während die Imponierkraft der Größe weltweit zur Nachahmung verleitet hat, ist es aufschlußreich, den Hintergrund einzelner Erscheinungen genauer zu verstehen. Der zum Teil enormen Wirtschaftskraft in den amerikanischen Städten steht im Vergleich zu europäischen Städten ein oft kärgliches Budget der Stadtverwaltungen mit dementsprechend begrenzten kommunalen Leistungen gegenüber. Ähnlich unausgewogen ist das Verhältnis zwischen Arm und Reich, zwischen Glanz, Luxus und Verfall. Was in der Alten Welt Könige und Adel an städtebaulicher Repräsentation hinterlassen haben, konnten Stiftungen der amerikanischen Plutokratie nur in Ansätzen schaffen oder gar anhaltend mit Leben und eigenständiger Kultur erfüllen. Mühsam nur setzt sich die zwingende Erkenntnis durch, daß Städte nicht nur Instrumente höchster volkswirtschaftlicher Wertschöpfung auf engstem Raum sind, sondern zugleich komplizierte, sensible Sozialwesen mit Problemen, die nur gemeinschaftlich lösbar sind. Verslumung, Bildungsrückstand und Kriminalität werden bekämpft, sind aber nicht bewältigt. Sie sind Symptome ungesunder Urbanität. Die technische Beherrschung des Milieus macht überzeugendere Fortschritte auf dem gleichwohl noch weiten Weg zum Ziel. Das Werk ist in der Erwartung konzipiert worden, über die Fülle kennzeichnender Details hinweg die langfristig gültigen Wesenszüge und Entwicklungen sichtbar zu machen, die unabhängig vom schnellebigen Tagesgeschehen sind. Das ist gelungen: die Grundlage zu globalen Vergleichen ist gelegt.
Hofmeister
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