Brupbacher | Die Zeit des Rechts | Buch | 978-3-938808-85-6 | sack.de

Buch, Deutsch, 368 Seiten, GB, Format (B × H): 145 mm x 228 mm, Gewicht: 620 g

Brupbacher

Die Zeit des Rechts

Experimente einer Moderne in Zeitschriften

Buch, Deutsch, 368 Seiten, GB, Format (B × H): 145 mm x 228 mm, Gewicht: 620 g

ISBN: 978-3-938808-85-6
Verlag: Velbrück


In ihrer paradoxen Antwort auf die Frage, wie die Stabilität der Rechtsgeltung auf jederzeitige Änderbarkeit gegründet werden kann, ist die für das moderne Recht charakteristische Positivität ein Zeitphänomen und als solches die Konsequenz einer sich im 18. Jahrhundert vor allem in den juristischen Zeitschriften vollziehenden Medienevolution.

Diese Zeitschriften formen ein großes Spielfeld für die zeitgenössischen Experimente mit alternativen Geltungsbegründungen eines Rechts, das seine auf die Autorität und Vernunft des römischen Rechts gegründete Geltung im Laufe des Jahrhunderts schrittweise einbüßt und sich mit einer barocken Welt konfrontiert sieht, in der das Alte sich zäh hält, das Neue aber noch nicht feststeht, und die sich durch ungewöhnlich hohe Komplexität und Kontingenz auszeichnet.

Durch die hochgradige Selektivität ihrer periodischen Mitteilungen machen die Zeitschriften die Welt des Rechts selbst größer und unübersichtlicher. In der Zeitdimension: in Strategien des verzeitlichten Nacheinanders bewältigbarer Informationseinheiten, der Fokussierung auf die jeweilige datierte Gegenwart und der Latentstellung von Sinnüberschüssen, findet das Recht Lösungsformen für eine der Welt der Moderne adäquate Komplexität des Rechts.
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Weitere Infos & Material


I. Rechts-Zeit-Schriften
A. Recht
B. Zeit
C. Medium
D. Zeit
II. Verzeitlichung der Ontologie
A. Am Anfang
B. Moser, Thomasius und Bach
C. Von Komplexität zu Latenz
D. Sinn der Zeitdimension von Sinn
E. Gegenwart!
F. Medienevolution: Variation und Selektion
III. Zeitschriftenzeit und Kodifikationszeit
A. Ambivalenzen
B. Von Latenz zu Kontingenz
IV. Verzeitlichung der Zeit
A. Ebenenwechsel
B. Medienevolution: Restabilisierung
C. Zwischen-Zeit
D. Modalisierungen
V. Positivität


"Das Recht büßt im 18. Jahrhundert seine in der Autorität des römischen Rechts gegründete, bis dahin weitgehend unhinterfragte Autorität schrittweise ein. Stattdessen experimentiert es mit Formen der Selbstbegründung von Recht, um schließlich längerfristig in die Positivität des 19. Jahrhunderts zu münden. Das Spielfeld dieses Rechts ist groß und lebhaft: ein Jahrhundert, in dem mehr als zuvor und danach das Alte sich zäh hält und das Neue noch nicht feststeht; und ein barocker Stil, der durch hohe Komplexität (es gibt mehr Möglichkeiten, als gleichzeitig realisiert werden können) und Kontingenz (alles kann so oder anders, wenn auch nicht gleichzeitig und beliebig anders sein) gekennzeichnet ist.
Es sind vor allem Zeitfragen: nach dem Rhythmus von Veränderungen und nach der Synchronisation mit anderen Gesellschaftsbereichen, welche die Weltbilder des barocken Rechts mit denen seiner Umwelt in Beziehung setzen. Die Herausbildung einer eigenen Zeit des Rechts läßt sich in den juristischen Zeitschriften beobachten, die im 18. Jahrhundert entstehen und eine bemerkenswerte Konjunktur erleben. Dieses Buch schildert - auch und besonders aus rechtshistorischem Interesse -, inwiefern die Strukturen und Prozesse dieser Zeitschriften großartige Spielfelder und Möglichkeitsbedingungen des Aufbaus einer für die Moderne adäquaten Komplexität des Rechts sind. Damit erfaßt dieses Buch die barocke Vielfalt und Unordnung der Rechtsquellen und Literaturgattungen nicht als Probleme, die einer Lösung zuzuführen wären, sondern umgekehrt als Lösungen des 18. Jahrhunderts, die sich dem heutigen Beobachter als Probleme darstellen. Die Frage ist dann nicht: Was ist Zeit?, sondern: Wie operiert Zeit? Wie konstituiert sich die Zeit des Rechts in der Zeit?
Ob sie sich an der Vergangenheit des Rechtsorientieren oder seine Zukunftsoffenheit propagieren, ob sie Kritik üben oder bloß Fakten referieren - die Zeitschriften machen, gerade durch die hochgradige Selektivität ihrer periodischen Mitteilungen, die Welt des Rechts größer und unübersichtlicher, komplexer und kontingenter. Wohin mit all diesem Überschuß? Vor allem: Wie noch Geltung, das unverzichtbare Symbol des Rechtssystems, behaupten, wo vieles - zu vieles - gilt? Die mediale Antwort auf diese Frage heißt: Verzeitlichung. Sie bringt das Recht in Bewegung, und zwar nicht über die Beschleunigung der Kommunikation, sondern über die Verlagerung von Komplexität und Kontingenz in ein kontinuierliches Nacheinander bewältigbarer Informationseinheiten, über die Fokussierung auf die jeweilige datierte Gegenwart und über die Neutralisierung der Sinnüberschüsse durch deren Latentstellung - das bedeutet letztlich: über die Zurückdrängung von Ewigkeitsverheißungen, wie das Natur- und Vernunftrecht sie bereitgehalten haben, und über das Zulassen von permanenter Instabilität.
Als im ausgehenden 18. Jahrhundert die großen Naturrechtskodifikationen, allen voran das preußische Allgemeine Landrecht, das Spielfeld zu betreten und neue Geltungsstabilität zu versprechen beginnen, erscheinen die Zeitschriften in einem veränderten Licht: als Störenfriede, die nicht aufhören, Neuheit und Variation ins Recht zu tragen. Das Aufeinanderprallen von Zeitschrift und positivem Gesetz offenbart die unhintergehbare Kontingenz des Rechts, verkörpert die Provokation der grundlegenden Nachfrage: Warum eigentlich gerade so und nicht anders? ..."


Oliver M. Brupbacher, Dr. iur., LL.M. (Cantab.); geb. 1977. Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Zürich, Leuven und Cambridge, GB; 2004-07 Doktorandenstipendium des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt a. M.; gegenwärtig praktische Tätigkeit als Jurist in Zürich.


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