Chauma | Fluchtpunkt.Paris | Buch | 978-3-9523550-8-4 | sack.de

Buch, Deutsch, 208 Seiten, GB, Format (B × H): 138 mm x 222 mm, Gewicht: 415 g

Chauma

Fluchtpunkt.Paris

Buch, Deutsch, 208 Seiten, GB, Format (B × H): 138 mm x 222 mm, Gewicht: 415 g

ISBN: 978-3-9523550-8-4
Verlag: PEARLBOOKSEDITION


Juni 1968: Dominique, fünfzehnjähriger Ausreißer, landet nach Tagen des ziellosen Herumstreichens durch die Straßen von Paris im Victor Hugo, einem zwielichtigen Bistro im Quartier La Villette. Die Wirtsleute, Roger und Andrée David, sie eine in die Jahre gekommene, ehemalige Hure, er Zuhälter und Hehler, stellen den Jungen als 'Mädchen für alles' ein. Eine ungewöhnliche Laufbahn beginnt. Andrée und ihre Freundinnen Marie und Danielle, die auf dem Strich im Bois de Boulogne arbeiten, sind bezaubert von dem jungen Mann mit den schönen Augen und den langen Wimpern und teilen sich ihn in stiller Komplizenschaft als Liebhaber. Durch die sinisteren Gesellen, die das Bistro frequentieren, kommt er in Kontakt mit dem Milieu, das für ihn eine Art Offenbarung ist, und er beschließt, in der Welt der Ganoven Karriere zu machen. Mit neunzehn Jahren meldet er sich freiwillig zum Wehrdienst bei den Fallschirmjägern und verpflichtet sich im Anschluss an die Ausbildung für einen Einsatz im Tschad, wo er seine beiden späteren Komplizen, den Chinesen und Damien, kennenlernt. Zurück in Paris machen die drei Kumpane während eines Jahres das Umland von Paris mit ihren Raubzügen unsicher, ohne sich der verhängnisvollen Konsequenzen bewusst zu sein.
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Sie waren drei.
Drei Männer.
Drei Ganoven.
Am Ufer des Canal de l’Ourcq, in Paris, kurz vor der Porte de la Villette.
Fahrzeuge rumpelten über das Straßenpflaster. Die Vorbeifahrenden bemerkten die drei Männer und ihren Wagen kaum. Drei Männer und ein Wagen am Ufer des Canal de l’Ourcq. Keiner hätte ahnen können, dass sie Ganoven waren.
Sie waren gut gekleidet, Anzug, Krawatte und elegante Schuhe, Sonnenbrillen schützten sie vor den ersten Strahlen der Morgensonne, die dem Ort etwas Provinzielles gaben. Man hätte sie für wohlhabendere Bürger halten können, wären da nicht die allzu neuen Anzüge gewesen. Die drei waren eher wie neureiche Firmenchefs gekleidet. Sie hätten auch Firmenchefs sein können, die am Ufer des Canal de l’Ourcq warteten. Aber worauf hätten drei Firmenchefs hier warten sollen?
Etwas Lässiges, Unbewegliches war an den drei Männern. Sie warteten, die Frage war nur, worauf. Wie sie so warteten, hatten sie etwas von den kleinen Gaunern, die auf der Straße, in den Hauseingängen und Stadtparks herumlungern. Die Art, wie sie warteten, passte nicht zu ihren Anzügen. Sie warteten, jeder für sich, aber offenbar zusammen und scheinbar ohne sich unterhalten zu müssen. Der eine lehnte sich an den Wagen, die Arme über der Brust gekreuzt, ein hübscher Bursche zwischen zwanzig und fünfundzwanzig, schlank, geschmeidig, mit so was wie einem Lächeln auf dem Gesicht. Ein anderer, die Hände in den Hosentaschen, stand am Kanal und stieß Kiesel ins Wasser. Er schien älter zu sein, aber sicher war das nicht. Im Gegensatz zum Ersten sah er hässlich aus, das Gesicht von einer Krankheit vernarbt, Augen, Mund und Ohren passten nicht zusammen, als gehörten sie zu drei verschiedenen Gesichtern. Trotzdem wirkte er sympathischer. Man hätte ihn gern zum Freund gehabt. Der Erste dagegen weckte schon beim Näherkommen ein Gefühl der Wut. Der dritte Mann saß im Wagen, auf dem Beifahrersitz, den Kopf zurückgeworfen, als wäre er eingenickt. Er war älter als die beiden anderen. So geschmeidig und leicht die ersten zwei schienen, so schwerfällig und starr wie ein Felsblock wirkte der Dritte. Er war fast kahl. Völlig bewegungslos. Etwas Rohes, Gewalttätiges ging von ihm aus. Wie dem auch sei, wer die drei Männer von Weitem betrachtete, hätte im Vorbeigehen nicht sagen können, wer sie waren, geschweige denn, dass es sich um Ganoven handelte.
Von dem Steg aus, der den Kanal überspannte, hatte er sie mit seinen gerade mal fünfzehn Jahren entdeckt und entschieden, dass da drei Ganoven warteten. Dominique hatte sich nicht gesagt: Sieh an, da warten drei Ganoven. Er wusste nicht, was das Wort «Ganove» bedeutete. Das Bild, das dieser Welt am nächsten kam, stammte aus dem Kino. Die letzten Tage hatte er sich Filme mit Ventura, Gabin, Delon und Belmondo angesehen. Dominique hatte keine klare Vorstellung von einem Ganoven, eigentlich hatte er von nichts eine klare Vorstellung. Für ihn war die Welt ein formloses Magma, aus dem die Krimihelden des Kinos herausragten. An diesem Ort und in diesem Augenblick setzte er Menschen des wirklichen Lebens mit Filmfiguren gleich, während die restliche Welt verschwommen blieb. Es war nicht so, dass er die Welt bewusst zurückzuweisen versuchte, vielmehr lebte er selbst in einer Welt mit verwischten Konturen. Bloß diese drei Männer hoben sich an jenem schönen Junimorgen des Jahres 1968 gegen alles Übrige ab. Dominique spürte, wie sein Herz pochte und ihm Tränen in die Augen traten. Er fühlte sich allein, nicht weil er allein war, ein fünfzehnjähriger Ausreißer, mitten in Paris. Er fühlte sich allein und traurig, weil er sich den drei Männern nicht anschließen, nicht mit ihnen fortgehen konnte.
Der eine, der reglos im Wagen saß und zu schlafen schien, bewegte sich als Erster. Er sprang aus dem Auto und ging auf eine Frau zu, die eine schwere Tasche trug. Die Frau umarmte die drei Männer. Einer griff nach der Tasche und verstaute sie im Kofferraum. Der Wagen fuhr los, die Frau kehrte um und ging. Dominique blieb zurück, allein auf dem Steg über dem Kanal.


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