Comaroff | Der Süden als Vorreiter der Globalisierung | Buch | 978-3-593-39751-1 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 75, 287 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 225 mm, Gewicht: 396 g

Reihe: Theorie und Gesellschaft

Comaroff

Der Süden als Vorreiter der Globalisierung

Neue postkoloniale Perspektiven

Buch, Deutsch, Band 75, 287 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 225 mm, Gewicht: 396 g

Reihe: Theorie und Gesellschaft

ISBN: 978-3-593-39751-1
Verlag: Campus Verlag GmbH


Der 'Globale Süden' bezeichnet die außereuropäischen, postkolonialen Gesellschaften. Sie werden meist mit prekärer Entwicklung, gescheiterten Staaten, Korruption und Armut assoziiert. Jean und John Comaroff widersprechen dieser Sicht vom rückständigen Süden. Mehr noch: Erst aus der Perspektive Afrikas, so ihre These, lässt sich die globalisierte Welt verstehen. Denn im Süden zeigt sich in vielerlei Hinsicht die Zukunft des Nordens, sei es im Verhältnis von Staat und Wirtschaft, im Umgang mit der Vergangenheit oder bei der Integration von Migranten. Um dies zu sehen, müssen wir uns von gewohnten Ansichten verabschieden. So verbinden wir die europäische Moderne mit Wissenschaft, Aufklärung und Demokratie – Kategorien, die sich nicht ohne Weiteres auf nicht-westliche Gesellschaften übertragen lassen. Mithilfe von anderen, globalen Konzepten aus dem Süden lassen sich Phänomene wie der Neoliberalismus, Religion, Arbeit oder Aids viel umfassender begreifen. Dies führen uns die Comaroffs in ihren brillanten Essays eindrucksvoll vor Augen.
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Inhalt

1. Theorie aus dem Süden 9
2. Über die Person: Ein Beitrag aus afrikanischer Sicht 77
3. Liberalismus, Polykulturalismus und ID-ologie: Gedanken zu Bürgerschaft und Differenz 95
4. Nationen mit un/durchlässigen Grenzen: Die Politik der Existenz und das Problem der Zugehörigkeit 129
5. Demokratie gestalten: Ein anthropologischer Blick auf afrikanische Formen politischer Moderne 153
6. Geschichte auf der Anklagebank: Erinnerung, Beweiskraft und die forensische Produktion der Vergangenheit 183
7. Alien-Nation: Zombies, Migranten und Millenniumskapitalismus 213
8. Jenseits des nackten Lebens: Aids, (Bio-)Politik und die neoliberale Weltordnung 239

Nachweise und Dank 263
Literatur 265


1. Theorie aus dem Süden

Der Gedanke ist eigentlich ganz einfach, auch wenn er radikale Konsequenzen hat. Wir haben ihn in den letzten zwanzig Jahren immer wieder erprobt. Wie auch viele andere.1 Besonders "andere" andere.

Worum geht es? Das westliche Aufklärungsdenken hat sich von Beginn an zum A und O allgemeiner Bildung, Wissenschaft und Philosophie gemacht; dementsprechend hat es das Nicht-Westliche - sukzessive bekannt als alte Welt, Orient, primitive Welt, Dritte Welt, unterentwickelte Welt und jetzt als der globale Süden - primär als einen Ort provinzieller Weisheit, antiquierter Traditionen oder exotischer Mittel und Wege betrachtet. Vor allem aber als Ort unverarbeiteter Daten. Diese anderen Welten gelten, kurz gesagt, weniger als Quellen entwickelten Wissens denn als Bestände roher Fakten - geschichtlicher, natürlicher und ethnographischer Details, aus denen die Euromoderne ihre überprüfbaren Theorien und höheren Wahrheiten, ihre Axiome und Gewissheiten, Prämissen, Postulate oder Prinzipien entwickelt. So wie sie auch nicht-westliche "Rohstoffe" - menschliche und materielle, moralische und medizinische, natürliche und künstliche, kulturelle und agrikulturelle - kapitalisierte, indem sie diese vorgeblich veredelte und mit einem Mehrwert versah.

In einem gewissen Maße verhält es sich immer noch so. Aber wenn wir nun diese Ordnung der Dinge umkehren? Wenn wir das Wissensgerüst, auf dem sie aufgebaut ist, umstürzen würden? Wenn wir davon ausgehen, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Süden ist, der uns am besten erkennen lässt, wie die Welt in ihrer Gesamtheit funktioniert? Dass unser empirisches Erfassen ihrer Wesenszüge und unsere theoretische Arbeit an ihrer Erklärung, zumindest zu einem bedeutenden Teil, aus dem Süden kommt, oder kommen sollte? Dass wir, wenn es um ihre entscheidenden Fragen geht, über den Nord-Süd-Gegensatz hinausgehen könnten, um die allgemeineren dialektischen Prozesse offenzulegen, die diesen Gegensatz hervorgebracht haben und aufrechterhalten?

Man beachte die Gleichzeitigkeit des Deskriptiven und Präskriptiven. Sie ist entscheidend für das, was in den nachfolgenden Versuchen folgt. Jeder von ihnen ist eine Reflexion über die gegenwärtigen Verhältnisse aus einer primär afrikanischen Sicht, die, wie sich herausstellt, voller Überraschungen und Verfremdungen ist, einer Sicht, die uns dazu anhält, das Bekannte anders zu sehen.


Jean und John L. Comaroff lehrten von 1978 bis zum Sommer 2012 Anthropologie an der University of Chicago. Im Herbst wechseln sie an die Harvard University auf Professuren für African und African American Studies sowie Anthropologie, die sie als Oppenheimer Research Fellows innehaben werden. Außerdem sind sie Honorarprofessoren an der University of Cape Town in Südafrika.


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