Heyder / Kindhäuser / Roth | Gültigkeit und Nutzen der besonderen juristischen Schlussformen in der Rechtsfortbildung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band Band 006, 163 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Bonner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Neue Folge

Heyder / Kindhäuser / Roth Gültigkeit und Nutzen der besonderen juristischen Schlussformen in der Rechtsfortbildung

E-Book, Deutsch, Band Band 006, 163 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Bonner Rechtswissenschaftliche Abhandlungen. Neue Folge

ISBN: 978-3-86234-117-7
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



Die vorliegende Arbeit untersucht die sogenannten besonderen juristischen Schlussformen unter einer doppelten Fragestellung: Können sie tatsächlich logische Gültigkeit in Anspruch nehmen und spiegeln sie – ihrem Hauptanwendungsgebiet entsprechend – die juristische Problematik der Rechtsfortbildung angemessen wider? In kritischer Auseinandersetzung mit dem bisherigen Meinungsstand werden differenzierte Antworten und neue Lösungsansätze entwickelt. So kann man z. B. dem Analogieschluss durchaus eine logisch korrekte und juristisch relevante Fassung geben, wenn man ihn nicht als Ähnlichkeitsschluss, sondern als Verallgemeinerungs-verfahren versteht. Generell zeigt sich, dass man niemals unmittelbar aus dem gegebenen Recht auf die Behandlung ungeregelter Fälle schließen kann, sondern dafür immer zusätzliche Prämissen benötigt. Bei allen Schlussformen werden sorgfältig die einzelnen Argumentationsschritte offengelegt, die man durchlaufen muss, um sein jeweiliges Argumentationsziel zu erreichen. Auf diese Weise trägt die Untersuchung zur Transparenz der juristischen Diskussion in der Rechtsfortbildung bei.
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1;Inhalt;10
2;Vorwort;14
3;Vorbemerkung;16
4;Teil I Grundlagen;20
4.1;1 Leitgedanken und Kernfragen derRechtsfortbildung;20
4.1.1;1.1 Das Konzept der herrschenden Lehre;20
4.1.1.1;1.1.1 Lückenfeststellung und Lückenschließung;20
4.1.1.2;1.1.2 Wortlautgrenze;24
4.1.2;1.2 Kritik am Konzept der herrschenden Lehre;25
4.1.2.1;1.2.1 Problematisierung des Lückenbegriffs;25
4.1.2.1.1;1.2.1.1 Erster Kritikpunkt;25
4.1.2.1.2;1.2.1.2 Zweiter Kritikpunkt;26
4.1.2.1.3;1.2.1.3 Dritter Kritikpunkt;29
4.1.2.2;1.2.2 Streit um die Wortlautgrenze;32
4.2;2 Rechtsfortbildung und Logik;36
4.2.1;2.1 Die so genannten besonderen juristischen Schlussformen;36
4.2.2;2.2 Logische Qualität der besonderen juristischen Schlussformen .;37
4.2.3;2.3 Zur Relevanz der Logik in der juristischen Diskussion;40
5;Teil II Logische Untersuchung;48
5.1;1 Der Analogieschluss;48
5.1.1;1.1 Juristische Problemstellung;48
5.1.1.1;1.1.1 Begriff und Anwendungsbereich der Analogie ;48
5.1.1.2;1.1.2 Ähnlichkeit und Gleichwertigkeit der Fälle;49
5.1.1.3;1.1.3 Korrektur des Gesetzes;50
5.1.1.4;1.1.4 Arten der Analogie;51
5.1.1.5;1.1.5 Einschränkung der Analogie;54
5.1.1.6;1.1.6 Kritische Zusammenfassung;56
5.1.2;1.2 Rekonstruktion im Rahmen der aristotelisch-scholastischen Logik;57
5.1.2.1;1.2.1 Vorbemerkung;57
5.1.2.2;1.2.2 Grundzüge der aristotelisch-scholastischen Logik;58
5.1.2.3;1.2.3 Zwei Fassungen des Analogieschlusses;62
5.1.2.3.1;1.2.3.1 Das einstufige Schlussverfahren;63
5.1.2.3.2;1.2.3.2 Das zweistufige Schlussverfahren;65
5.1.2.4;1.2.4 Verwendbarkeit im Rahmen der Rechtsfortbildung;68
5.1.2.5;1.2.5 Nachtrag: Exakte Analogie;73
5.1.3;1.3 Rekonstruktion auf dem Boden der Aussagenlogik;75
5.1.3.1;1.3.1 Grundzüge der Aussagenlogik;75
5.1.3.2;1.3.2 Aussagenlogische Formulierungen des Analogieschlusses .;78
5.1.4;1.4 Rekonstruktion in der modernen Prädikatenlogik;81
5.1.4.1;1.4.1 Vorbemerkung;81
5.1.4.2;1.4.2 Grundzüge der modernen Prädikatenlogik;82
5.1.4.3;1.4.3 Der Lösungsansatz von Klug;85
5.1.5;1.5 Rekonstruktion auf dem Boden der deontischen Logik;20
5.1.5.1;1.5.1 Vorbemerkung;20
5.1.5.2;1.5.2 Grundzüge der deontischen Logik;92
5.1.5.3;1.5.3 Koch/Rüßmanns Formulierungsvorschlag für die Analogie;96
5.1.6;1.6 Rekonstruktion eines gültigen und der juristischen Problematik angemessenen Analogieschlusses;100
5.1.6.1;1.6.1 Bilanz der bisherigen Lösungsansätze;100
5.1.6.2;1.6.2 Erarbeitung eines neuen Lösungsansatzes;100
5.1.6.3;1.6.3 Die Argumentationsschritte im Einzelnen;103
5.1.6.4;1.6.4 Anwendung des Argumentationsschemas im konkreten Fall;114
5.1.6.5;1.6.5 Schlussbetrachtung zur Analogieproblematik;121
5.1.6.6;1.6.6 Anhang:Anmerkung zur teleologischen Reduktion;122
5.2;2 Der Umkehrschluss;124
5.2.1;2.1 Juristische Bedeutung des Umkehrschlusses;124
5.2.2;2.2 Logische Struktur und Qualität des Umkehrschlusses;125
5.2.2.1;2.2.1 Stand der Diskussion;126
5.2.2.1.1;2.2.1.1 Schneiders Ansatz;126
5.2.2.1.2;2.2.1.2 Bunds Rekonstruktion ;128
5.2.2.2;2.2.2 Genauere Betrachtung der Schlussstruktur;129
5.2.2.3;2.2.3 Schlussbetrachtung zum Umkehrschluss;135
5.3;3 Größenschluss und Stärkenschluss;138
5.3.1;3.1 Meinungsstand;138
5.3.1.1;3.1.1 Allgemeiner Überblick;138
5.3.1.2;3.1.2 Die Meinungen im Einzelnen;140
5.3.1.2.1;3.1.2.1 Schneiders Ansatz;140
5.3.1.2.2;3.1.2.2 Klugs Ansatz;142
5.3.1.2.3;3.1.2.3 Tammelos Ansatz;143
5.3.1.2.4;3.1.2.4 Bunds Ansatz;144
5.3.2;3.2 Weiterentwicklung des Lösungsansatzes von Bund;145
5.3.3;3.3 Fazit;151
5.3.4;3.4 Der Größenschluss bei der Rechtsfolge;151
6;Schluss und Ausblick;156
7;Literaturverzeichnis ;162


Kapitel 2: Der Umkehrschluss (S. 123-124)

2.1. Juristische Bedeutung des Umkehrschlusses

Das Ziel des Umkehrschlusses ist dem des Analogieschlusses diametral entgegengesetzt. Während der Analogieschluss verwendet wird, um die Übertragung einer Rechtsnorm auf ungeregelte Sachverhalte zu legitimieren, wird der Umkehrschluss gerade umgekehrt dazu eingesetzt, die analoge Anwendung einer Rechtsnorm zu untersagen.

Beispiel:
Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Das Gesetz beschränkt die Unterhaltspflicht ausdrücklich auf Verwandte in gerader Linie. Daraus soll sich im Umkehrschluss ergeben, dass Verwandte in der Seitenlinie einander nicht zum Unterhalt verpflichtet sind, so dass sich eine analoge Anwendung auf diesen Personenkreis verbietet.

Analogie- und Umkehrschluss scheinen also aus der Nichterfüllung des Tatbestandes widersprüchliche Konsequenzen zu ziehen – der eine verhängt die Rechtsfolge auch im ungeregelten Fall, der andere versagt sie.Angesichts dieser Situation hat Kelsen beide Schlussformen für wertlos gehalten. Sie könnten beliebig gegeneinander ausgetauscht werden. Deshalb sei in der Jurisprudenz letztlich jedes gewünschte Ergebnis mit logischen Mitteln zu begründen, woran sich zeige, dass die formale Logik für die juristische Diskussion ohne jede Bedeutung sei.

Diese Kritik ist aber bei näherer Betrachtung zurückzuweisen. Der Umkehrschluss geht von der Voraussetzung aus, dass die in Frage stehende Rechts-normihrem Normzweck entsprechend nicht so korrigiert werden kann, dass sie auch auf einen vomgesetzlichen Tatbestand nicht erfassten Sachverhalt anwendbar ist. Demgegenüber liegt dem Analogieschluss die Annahme zugrunde, dass die Regelung ihrem Normzweck entsprechend so korrigiert werden kann, dass ihreRechtsfolge auch auf einen Sachverhalt,der nicht unter den gesetzlichen Tatbestand fällt, übertragenwerden kann. Der Analogieschluss unterstellt somit dieZulässigkeit undBedürftigkeit einerNormkorrektur,derUmkehrschluss verneint dagegen deren Zulässigkeit oder Bedürftigkeit. Beide Schlüsse kommen sich gar nicht ins »Gehege«. Sie stehen nicht gleichberechtigt zurWahl, sondern sind an unterschiedliche Voraussetzungen gebunden, die dem jeweils anderen Schluss von vornherein entgegenstehen.

2.2. Logische Struktur und Qualität des Umkehrschlusses

Fraglich ist, ob sich für den Umkehrschluss – ebenso wie im vorangegangenen Kapitel für den Analogieschluss – eine geeignete Formulierung in der Sprache der formalen Logik finden lässt, die Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Auch hier ist es wieder wichtig, den Schluss so zu rekonstruieren, dass er der juristischen Problematik angemessen ist.


Heyder, Udo
Dr. Udo Heyder hat Philossophie, Politikwissenschaft und Erziehnungswissenschaft sowie Rechtswissenschaft studiert. Seit 1991 ist er im Bundesministerium des Innern tätig.

Di Fabio, Udo
Dr. Dr. Udo Di Fabio ist Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn.

Roth, Wulf-Henning
Prof. Dr. Wulf-Henning Roth lehrt Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung sowie deutsches, europäisches und internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Bonn. Dort ist er Direktor des Instituts für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie des Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht.

Kindhäuser, Urs
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser ist geschäftsführender Direktor des Instituts für Strafrecht der Universität Bonn, Gastprofessor an der Universität Renmin in Beijing sowie Ehrendoktor und Honorarprofessor an mehreren Universitäten in Südamerika.

Dr. Udo Heyder hat Philossophie, Politikwissenschaft und Erziehnungswissenschaft sowie Rechtswissenschaft studiert. Seit 1991 ist er im Bundesministerium des Innern tätig.


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