Kosack | Die koptischen Akten der Konzile von Nikaia und Ephesos | Buch | 978-3-906206-07-3 | sack.de

Buch, Deutsch, 285 Seiten, GB, Format (B × H): 210 mm x 295 mm, Gewicht: 900 g

Kosack

Die koptischen Akten der Konzile von Nikaia und Ephesos

Textfragmente und Handschriften in Paris, Turin, Neapel, Wien und Kairo. In Parallelzeilen herausgegeben, bearbeitet und übersetzt. Koptisch - Deutsch

Buch, Deutsch, 285 Seiten, GB, Format (B × H): 210 mm x 295 mm, Gewicht: 900 g

ISBN: 978-3-906206-07-3
Verlag: Verlag Christoph Brunner


Die koptischen Akten des Konzils von Nikaia haben eine ganz besondere Geschichte: sie sind in verschieden-sten Bibliotheken und Museen aufbewahrt, jedoch insgesamt nur in Bruchstücken und Fragmenten erhalten. Glücklicherweise sind diese koptischen Überreste jedoch so beschaffen, daß sie sich als Paralleltexte gegen-seitig stützen, teilweise sogar ergänzen und nach und nach zu einem Ganzen zusammenfinden, freilich nur mit sehr mühevoller Kleinarbeit und unter Benutzung aller kodikologischer Kriterien. Die Manuskripte datieren
aus der Zeit von 550 n.Chr. bis 1100 n. Chr. und haben eine wichtige Besonderheit: sie sind im Gegensatz zu den katholischen und byzantinischen Akten dieses Konzils unverfälscht und nicht im orthodoxen Sinne umge-arbeitet der Nachwelt überliefert worden.
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Zielgruppe


Wissenschaftler, Koptologen, Christen, Religionsinteressierte, Geschichtsinteressierte, Sprachwissenschaftler


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Die koptischen Akten des Konzils von Nikaia 9
Einleitung 11
Geschichte der Texte 11
Der Papyruskodex in Turin 11
Die Fragmente von Deir el-Abjad 13
Das Ostrakon in Kairo 15
Der Inhalt der Akten 16
Der religiöse Hintergrund 17
Der historische Hintergrund 17
Die Manuskripte 20
Inhalt 21
Übersetzung 97
Allgemeines 97
1. Bischofsliste 97
2. Symbolon 100
3. Lehrsätze 103
4. Glaubenssätze 105
5. Der Brief des Paulinos 115
6. Der Brief des Epiphanios 116
7. Der Brief des Ruphinos 117
8. Hirtenbrief der Synode 117
9. Gnomoi 117
Literatur 130
Textausgaben 130
Bearbeitungen 130
Weiterführende Literatur 132
Die koptischen Akten des Konzils von Ephesos 133
Zur Textedition 135
Erläuterungen zum Text 136
Übersetzung 207
Kurze Geschichte des Konzils 208
Der Streit um die Glaubensformeln 209
Die Wertung der Akten von Ephesos 211
Literatur (in Auswahl) 283

Die koptischen Akten des Konzils von Nikaia 9
Einleitung 11
Geschichte der Texte 11
Der Papyruskodex in Turin 11
Die Fragmente von Deir el-Abjad 13
Das Ostrakon in Kairo 15
Der Inhalt der Akten 16
Der religiöse Hintergrund 17
Der historische Hintergrund 17
Die Manuskripte 20
Inhalt 21
Übersetzung 97
Allgemeines 97
1. Bischofsliste 97
2. Symbolon 100
3. Lehrsätze 103
4. Glaubenssätze 105
5. Der Brief des Paulinos 115
6. Der Brief des Epiphanios 116
7. Der Brief des Ruphinos 117
8. Hirtenbrief der Synode 117
9. Gnomoi 117
Literatur 130
Textausgaben 130
Bearbeitungen 130
Weiterführende Literatur 132
Die koptischen Akten des Konzils von Ephesos 133
Zur Textedition 135
Erläuterungen zum Text 136
Übersetzung 207
Kurze Geschichte des Konzils 208
Der Streit um die Glaubensformeln 209
Die Wertung der Akten von Ephesos 211
Literatur (in Auswahl) 283


Das erste Ökumenische Konzil in Nikaia (325) und das dritte Konzil in Ephesos (431) spielt für die frühe koptisch-orthodoxe Kirche nur deshalb eine so wichtige Rolle, weil sie mit ihren eigenen Vertretern, Bischöfen und Patriarchen dabei war und bei den Beratungen eine sehr wichtige Rolle spielte. Nach dem 3. Konzil von Chalzedon (451) sagte sie sich aus Glaubensgründen endgültig von der byzantinischen Reichskirche los und spaltete sich von ihr ab.
Die koptische Kirche ist die erste christliche Kirche, die wissentlich und willkürlich aus der Ökumene ausscher-te und seitdem ein unabhängiges Dasein führt. Dazu verhalf ihr neben den Differenzen im Symbolon, dem Glaubensbekenntnis der Kirche, auch die koptische Sprache. Da kein Byzantiner oder Römer Koptisch beherrschte, (damals war noch das Sahidische allgemein gebräuchlich im Gegensatz zur heutigen Kirchensprache Bohairisch), oder gar Wert darauf legte, sich mit solchen Häretikern auseinanderzusetzen, oder sich überhaupt mit solch’ ketzerischen Schriften sich zu befassen. So haben die frühen koptischen
Texte allerhöchsten Anspruch auf Echtheit, allein schon durch ihr hohes Alter. Das gilt übrigens für die Textgestalt des Koptischen Neuen Testamentes 1 ebenso wie für die hier publizierten Konzilsakten. Das koptische Neue Testament ist etwa um 250 n. Chr. entstanden (die sahidische Fassung wohl etwas später), und ist damit auch als einheimische Übersetzung älter als jede griechische Textfassung, die erst seit 400 n. Chr. nach und nach belegbar und erreichbar wird (Codex Alexandrinus, Sinaiticus, Vaticanus u.dergl.).
Das Gleiche gilt für die Konzilsakten, die wohl unmittelbar nach den Konzilen 325 und 431 n.Chr. aus den stenographierten Protokollen in Griechisch verfaßt und niedergeschrieben wurden und dann sofort ins Sahidische übersetzt worden sind, und zwar ohne die nachträglich vorgenommenen Kürzungen, Änderungen,
und eingeschobenen Erweiterungen, wie sie die byzantinische Reichskirche nach dem Bruch der Ökumene von Chalzedon vorgenommen hat. Insofern sind die Akten authentischer als die griechischen bzw. lateinischen, offiziellen Versionen, die von der byzantinischen Reichskirche überliefert sind.
Die Mitwirkung von prominenten koptischen Bischöfen und vor allem von Apa Schenute, dem Gründungsvater des koptischen Mönchswesens und der koptischen Literatur, hob diese Konzilsakten in das allgemeine Inte-resse des Stammklosters des Archimandriten Schenute Deir el-Abjad bei Sohag in Oberägypten.
Dort wurden die hier veröffentlichten Texte in einem zugemauerten Raum gefunden und sind teils sogar in mehreren Exemplaren in der dortigen Klosterbibliothek vorhanden gewesen. Auf sie waren die zeitgenössischen Mönche, Äbte und Bischöfe besonders stolz, denn hier sprach nicht nur Patriarch Kyrillos
offen über seinen ägyptischen Glauben in der Synode, sondern einer von ihnen, „der Erzmönch Viktor“ aus Tbau verhandelte direkt am Kaiserhofe Auge in Auge mit dem Kaiser Theodosios und spielte – so der Beginn der Akten (der übrigens in der späteren „offiziellen“ Version auf Griechisch und Latein weggestrichen wurde) – eine entscheidende Rolle als Vermittler im byzantinischen Palast von Konstantinopel.
Das bedeutendste Ergebnis der Synode von Ephesos war übrigens ein Symbolon, eine Formel des Glaubens-bekenntnisses, die in vollem Wortlaut wiedergegeben wurde, und die den Stand zwischen dem Symbolon von Nikaia und dem von Chalzedon wiederspiegelt. Als solches ist dieses Glaubensbekenntnis ein für die frühe Kirchengeschiche ein äußerst wichtiges Dokument.

Von den Nikaia-Akten finden sich 5 verschiedene Textzeugnisse (wobei ein Ostrakon nicht zur damaligen Klosterbibliothek gehörte, sondern vermutlich als „Schulliteratur“ Verwendung fand); von den Ephesos-Akten sind wenigstens 4 verschiedene Kodizes bekannt. Leider sind sämtliche Handschriften sehr unvollständig und nur ganz lückenhaft erhalten, so daß eine komplette „Akteneinsicht“ heute nicht mehr möglich ist. Da die Klosterbibliothek im Kloster Deir el-Abjad zu Beginn des vorvorigen Jahrhunderts entdeckt und geplündert worden ist, haben sich Blätter, Fragmente, Bögen und Seiten durch den Antikenhandel in alle Winde zerstreut und finden sich nahezu in jeder Bibliothek und in vielen privaten Sammlungen, aber eben auch nur bruch-stückhaft. So kann es durchaus wahrscheinlich sein, daß das eine oder andere Fragment oder sogar Doppel-blatt, das zu diesen Konzilsakten gehört, noch unentdeckt in irgendwelchen Schubladen schlummert und möglicherweise die eine oder andere Lücke in diesen beiden Texten schließt. Für die Entstehung der kopti-schen Literatur sind die Akten beider Konzile aber – abgesehen von den originalen Schriften das Archiman-driten, des Abtes Schenute – von entscheidender Wichtigkeit. Sie sind das wichtigste Dokument
koptischen Glaubens, das über die frühe Orthodoxie Auskunft geben kann und das ursprüngliche Glaubensformular bewahrt hat.

Doch ein Wort zu den Glaubensstreitigkeiten: Für uns Nachgeborene des 21. Jahrhunderts sind die Themen, um die es in diesen beiden frühen Konzilien ging, ziemlich unbegreiflich und sehr schwer verständlich. Über die einfache Frage, ob Jesus Gott oder Mensch, Gott wesensgleich oder „nur“ wesensähnlich, seine Mutter Maria Jungfrau und zugleich Gottesgebärerin oder eine einfache Menschenfrau war, die auf Geheiß des Heiligen Geistes einen göttlichen Menschen geboren hat – das sind solche mystisch dunklen Fragen, mit der sich die Reichskirche von Byzanz mehrere Jahrhunderte lang beschäftigte, sich gegenseitig bekriegte, exkommunizierte und verbannte. Häretiker, die anderer Meinung als die der Reichskirche waren, wurden verbannt oder gar öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt, blutige Glaubenskriege wurden entfacht, und zum Schluß zerfiel die Reichskirche in autochthone Splitterkirchen: griechisch-orthodox, syrisch-orthodox, armenisch-orthodox, georgisch-orthodox, koptisch-orthodox, äthiopisch-orthodox, später russisch-orthodox, bulgarisch-orthodox, etc.
Zu gleicher Zeit, etwa um 430 n. Chr. erstarkte übrigens in Karthago die römische Kirche, die dann zur Lateinisch sprechenden Westkirche aufsteigen konnte. Der katholische Kirchenvater Augustinus verpaßte als Bischof von Karthago der Kirche nach gutem römischen Brauch ein Rechtssystem (er war ja in seiner Jugend Rechtsanwalt), das sich von der spekulativen Theologie der Ostkirchen absetzte, und so entstand nach und nach die Römisch-Katholische Kirche. Auch wenn die Mehrzahl der Konzilsakten nicht annähernd zeitge-nössisch sind – sie stammen sämtlich aus den Jahren 750-1150 n. Chr. – sind sie ganz bestimmt authen-tisch. Denn ein Papyruskodex in Turin, der um 550 n. Chr. datiert werden kann, ist zeitlich ganz dicht am Geschehen. 2
Man kann davon ausgehen, daß die Überlieferung dieser Konzilsakten von den koptischen Mönchen als Nationalheiligtum und als besondere Quelle ihres eigenen Klosters betrachtet wurden und – wie der Vergleich Papyrusbuch zu Pergamentkodex zeigt – über viele Jahrhunderte sehr genau überliefert worden sind. Nur die ausländischen Namen zeigen deutlich die ganze Variantenbreite, die sich aus Verlesung der Vorlage oder falschem Hören beim Diktieren des Textes zur Gewinnung weiterer Abschriften ergaben. Somit sind die traurigen Reste der koptischen Akten die einzigen authentischen Zeugnisse aus einer wildbewegten Epoche der frühen Christenheit, die für uns umso unverständlicher wird, je mehr wir uns mit den „schweren Verfehlungen“ der damaligen Ketzer beschäftigen wollten. Die Bischöfe hielten sich krampfhaft an der Machtausübung fest, die ihnen ihr geistliches Amt ermöglichte, die beiden Kaiser Theodosios II. und Valentinians erwählten sie zum Schiedsrichter. Die Teilnehmer beider Konzilien sind übrigens auf
Staatskosten in die jeweiligen Konzilsorte per Runderlaß beordert und per Staatspost auf Kosten des jeweiligen Kaisers befördert worden. Die als „Häretiker“ oder als „Ketzer“ Verdammten unterlagen nach den
exkommunizierenden Beschlüssen der Konzilien der weltlichen Gerichtsbarkeit; die Bischöfe und die Kirche hatten dann mit ihnen nichts mehr zu tun.

Berlin, den 1. Juni 2014 Dr. Wolfgang Kosack

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1 vgl. Wolfgang Kosack, Novum Testamentum bohairice. Berlin 2014
2 vgl. meine Publikationen einiger Turiner Papyruskodizes: „Schenute von Atripe: De judicio finale“ Berlin
2013; „Shenoute of Atripe: De vita christiana“ Berlin 2013. „Basilios: De archangelo Michael“ sahidice.etc.
Berlin 2013, dort werden auch die Fragen der Datierung behandelt

Das erste Ökumenische Konzil in Nikaia (325) und das dritte Konzil in Ephesos (431) spielt für die frühe koptisch-orthodoxe Kirche nur deshalb eine so wichtige Rolle, weil sie mit ihren eigenen Vertretern, Bischöfen und Patriarchen dabei war und bei den Beratungen eine sehr wichtige Rolle spielte. Nach dem 3. Konzil von Chalzedon (451) sagte sie sich aus Glaubensgründen endgültig von der byzantinischen Reichskirche los und spaltete sich von ihr ab.
Die koptische Kirche ist die erste christliche Kirche, die wissentlich und willkürlich aus der Ökumene ausscher-te und seitdem ein unabhängiges Dasein führt. Dazu verhalf ihr neben den Differenzen im Symbolon, dem Glaubensbekenntnis der Kirche, auch die koptische Sprache. Da kein Byzantiner oder Römer Koptisch beherrschte, (damals war noch das Sahidische allgemein gebräuchlich im Gegensatz zur heutigen Kirchensprache Bohairisch), oder gar Wert darauf legte, sich mit solchen Häretikern auseinanderzusetzen, oder sich überhaupt mit solch’ ketzerischen Schriften sich zu befassen. So haben die frühen koptischen
Texte allerhöchsten Anspruch auf Echtheit, allein schon durch ihr hohes Alter. Das gilt übrigens für die Textgestalt des Koptischen Neuen Testamentes 1 ebenso wie für die hier publizierten Konzilsakten. Das koptische Neue Testament ist etwa um 250 n. Chr. entstanden (die sahidische Fassung wohl etwas später), und ist damit auch als einheimische Übersetzung älter als jede griechische Textfassung, die erst seit 400 n. Chr. nach und nach belegbar und erreichbar wird (Codex Alexandrinus, Sinaiticus, Vaticanus u.dergl.).
Das Gleiche gilt für die Konzilsakten, die wohl unmittelbar nach den Konzilen 325 und 431 n.Chr. aus den stenographierten Protokollen in Griechisch verfaßt und niedergeschrieben wurden und dann sofort ins Sahidische übersetzt worden sind, und zwar ohne die nachträglich vorgenommenen Kürzungen, Änderungen,
und eingeschobenen Erweiterungen, wie sie die byzantinische Reichskirche nach dem Bruch der Ökumene von Chalzedon vorgenommen hat. Insofern sind die Akten authentischer als die griechischen bzw. lateinischen, offiziellen Versionen, die von der byzantinischen Reichskirche überliefert sind.
Die Mitwirkung von prominenten koptischen Bischöfen und vor allem von Apa Schenute, dem Gründungsvater des koptischen Mönchswesens und der koptischen Literatur, hob diese Konzilsakten in das allgemeine Inte-resse des Stammklosters des Archimandriten Schenute Deir el-Abjad bei Sohag in Oberägypten.
Dort wurden die hier veröffentlichten Texte in einem zugemauerten Raum gefunden und sind teils sogar in mehreren Exemplaren in der dortigen Klosterbibliothek vorhanden gewesen. Auf sie waren die zeitgenössischen Mönche, Äbte und Bischöfe besonders stolz, denn hier sprach nicht nur Patriarch Kyrillos
offen über seinen ägyptischen Glauben in der Synode, sondern einer von ihnen, „der Erzmönch Viktor“ aus Tbau verhandelte direkt am Kaiserhofe Auge in Auge mit dem Kaiser Theodosios und spielte – so der Beginn der Akten (der übrigens in der späteren „offiziellen“ Version auf Griechisch und Latein weggestrichen wurde) – eine entscheidende Rolle als Vermittler im byzantinischen Palast von Konstantinopel.
Das bedeutendste Ergebnis der Synode von Ephesos war übrigens ein Symbolon, eine Formel des Glaubens-bekenntnisses, die in vollem Wortlaut wiedergegeben wurde, und die den Stand zwischen dem Symbolon von Nikaia und dem von Chalzedon wiederspiegelt. Als solches ist dieses Glaubensbekenntnis ein für die frühe Kirchengeschiche ein äußerst wichtiges Dokument.

Von den Nikaia-Akten finden sich 5 verschiedene Textzeugnisse (wobei ein Ostrakon nicht zur damaligen Klosterbibliothek gehörte, sondern vermutlich als „Schulliteratur“ Verwendung fand); von den Ephesos-Akten sind wenigstens 4 verschiedene Kodizes bekannt. Leider sind sämtliche Handschriften sehr unvollständig und nur ganz lückenhaft erhalten, so daß eine komplette „Akteneinsicht“ heute nicht mehr möglich ist. Da die Klosterbibliothek im Kloster Deir el-Abjad zu Beginn des vorvorigen Jahrhunderts entdeckt und geplündert worden ist, haben sich Blätter, Fragmente, Bögen und Seiten durch den Antikenhandel in alle Winde zerstreut und finden sich nahezu in jeder Bibliothek und in vielen privaten Sammlungen, aber eben auch nur bruch-stückhaft. So kann es durchaus wahrscheinlich sein, daß das eine oder andere Fragment oder sogar Doppel-blatt, das zu diesen Konzilsakten gehört, noch unentdeckt in irgendwelchen Schubladen schlummert und möglicherweise die eine oder andere Lücke in diesen beiden Texten schließt. Für die Entstehung der kopti-schen Literatur sind die Akten beider Konzile aber – abgesehen von den originalen Schriften das Archiman-driten, des Abtes Schenute – von entscheidender Wichtigkeit. Sie sind das wichtigste Dokument
koptischen Glaubens, das über die frühe Orthodoxie Auskunft geben kann und das ursprüngliche Glaubensformular bewahrt hat.

Doch ein Wort zu den Glaubensstreitigkeiten: Für uns Nachgeborene des 21. Jahrhunderts sind die Themen, um die es in diesen beiden frühen Konzilien ging, ziemlich unbegreiflich und sehr schwer verständlich. Über die einfache Frage, ob Jesus Gott oder Mensch, Gott wesensgleich oder „nur“ wesensähnlich, seine Mutter Maria Jungfrau und zugleich Gottesgebärerin oder eine einfache Menschenfrau war, die auf Geheiß des Heiligen Geistes einen göttlichen Menschen geboren hat – das sind solche mystisch dunklen Fragen, mit der sich die Reichskirche von Byzanz mehrere Jahrhunderte lang beschäftigte, sich gegenseitig bekriegte, exkommunizierte und verbannte. Häretiker, die anderer Meinung als die der Reichskirche waren, wurden verbannt oder gar öffentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt, blutige Glaubenskriege wurden entfacht, und zum Schluß zerfiel die Reichskirche in autochthone Splitterkirchen: griechisch-orthodox, syrisch-orthodox, armenisch-orthodox, georgisch-orthodox, koptisch-orthodox, äthiopisch-orthodox, später russisch-orthodox, bulgarisch-orthodox, etc.
Zu gleicher Zeit, etwa um 430 n. Chr. erstarkte übrigens in Karthago die römische Kirche, die dann zur Lateinisch sprechenden Westkirche aufsteigen konnte. Der katholische Kirchenvater Augustinus verpaßte als Bischof von Karthago der Kirche nach gutem römischen Brauch ein Rechtssystem (er war ja in seiner Jugend Rechtsanwalt), das sich von der spekulativen Theologie der Ostkirchen absetzte, und so entstand nach und nach die Römisch-Katholische Kirche. Auch wenn die Mehrzahl der Konzilsakten nicht annähernd zeitge-nössisch sind – sie stammen sämtlich aus den Jahren 750-1150 n. Chr. – sind sie ganz bestimmt authen-tisch. Denn ein Papyruskodex in Turin, der um 550 n. Chr. datiert werden kann, ist zeitlich ganz dicht am Geschehen. 2
Man kann davon ausgehen, daß die Überlieferung dieser Konzilsakten von den koptischen Mönchen als Nationalheiligtum und als besondere Quelle ihres eigenen Klosters betrachtet wurden und – wie der Vergleich Papyrusbuch zu Pergamentkodex zeigt – über viele Jahrhunderte sehr genau überliefert worden sind. Nur die ausländischen Namen zeigen deutlich die ganze Variantenbreite, die sich aus Verlesung der Vorlage oder falschem Hören beim Diktieren des Textes zur Gewinnung weiterer Abschriften ergaben. Somit sind die traurigen Reste der koptischen Akten die einzigen authentischen Zeugnisse aus einer wildbewegten Epoche der frühen Christenheit, die für uns umso unverständlicher wird, je mehr wir uns mit den „schweren Verfehlungen“ der damaligen Ketzer beschäftigen wollten. Die Bischöfe hielten sich krampfhaft an der Machtausübung fest, die ihnen ihr geistliches Amt ermöglichte, die beiden Kaiser Theodosios II. und Valentinians erwählten sie zum Schiedsrichter. Die Teilnehmer beider Konzilien sind übrigens auf
Staatskosten in die jeweiligen Konzilsorte per Runderlaß beordert und per Staatspost auf Kosten des jeweiligen Kaisers befördert worden. Die als „Häretiker“ oder als „Ketzer“ Verdammten unterlagen nach den
exkommunizierenden Beschlüssen der Konzilien der weltlichen Gerichtsbarkeit; die Bischöfe und die Kirche hatten dann mit ihnen nichts mehr zu tun.

Berlin, den 1. Juni 2014 Dr. Wolfgang Kosack

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1 vgl. Wolfgang Kosack, Novum Testamentum bohairice. Berlin 2014
2 vgl. meine Publikationen einiger Turiner Papyruskodizes: „Schenute von Atripe: De judicio finale“ Berlin
2013; „Shenoute of Atripe: De vita christiana“ Berlin 2013. „Basilios: De archangelo Michael“ sahidice.etc.
Berlin 2013, dort werden auch die Fragen der Datierung behandelt


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