Meyer | Professionalität und Autorität in der psychiatrischen Pflege: Eine empirische Studie zum Verhalten von psychiatrischen Pflegefachkräften in Konfliktsituationen | Buch | 978-3-95935-006-8 | sack.de

Buch, Deutsch, 180 Seiten, Paperback, Format (B × H): 155 mm x 220 mm, Gewicht: 296 g

Meyer

Professionalität und Autorität in der psychiatrischen Pflege: Eine empirische Studie zum Verhalten von psychiatrischen Pflegefachkräften in Konfliktsituationen

Buch, Deutsch, 180 Seiten, Paperback, Format (B × H): 155 mm x 220 mm, Gewicht: 296 g

ISBN: 978-3-95935-006-8
Verlag: disserta verlag


Warum tun Pflegende das, was sie tun (Orem, 1997) - diese Frage an Pflegende in der Praxis gerichtet, wird sehr häufig damit beantwortet: Weil der Arzt es angeordnet hat. Diese Aussagen sind weitgehend unabhängig vom Ort der jeweiligen Pflegepraxis. Selbst in Einrichtungen der Altenpflege oder Wohneinrichtungen für chronisch psychisch kranke Menschen, in denen keine Ärzte präsent sind, bleibt die Antwort gleich.
Wenn ärztliche Anordnung dann auch noch als nicht gut oder gar als schlecht erlebt bzw. erkannt werden, verändert sich die Antwort nur insofern, dass sie lautet: Weil der Arzt es angeordnet hat und ich dagegen nichts machen kann.
Bei der Beschäftigung mit der jüngeren Geschichte der Pflege, vor allem der Pflege im Nationalsozialismus, entsteht bei solchen Antworten, wenn sie heute noch gegeben werden, ein ungutes Gefühl.
Für mich stellte sich die Frage: Ist es auch heute noch möglich, dass Pflegende, gegen das eigene Wissen und gegen die eigene Überzeugung, nur aufgrund einer ärztlichen Anordnung, von ihnen abhängigen Menschen Schaden zufügen oder diesen in Kauf nehmen würden?
Auf diese Frage, die sich im Grunde genommen auf das gute und richtige Handeln in der Pflege bezieht, stand lange Zeit ein JEIN als Antwort im Raum.
Um etwas mehr Klarheit darüber zu bekommen, wie Pflegekräfte in der Psychiatrie sich bei Problemen, auch ethischer Art, entscheiden und argumentieren, wurde diese empirische Studie durchgeführt.
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Textprobe:
Kapitel 2.4.2, Ethische Prinzipien und moralisches Handeln in der psychiatrischen Pflege:
Die Psychiatrie hat in der allgemeinen Gesundheitsversorgung einen Sonderstatus. Die meisten Menschen, die in ein Krankenhaus gehen, tun das freiwillig, weil sie sich krank fühlen, oder ihnen gesagt wurde, dass sie krank seien und professioneller Hilfe bedürfen. Sie haben in der Regel eine Krankheitseinsicht und erwarten für sich von der Krankenhausbehandlung Hilfe. Dies trifft für die Mehrzahl der Menschen, die eine psychiatrische Abteilung an einem Allgemeinkrankenhaus oder ein psychiatrisches Krankenhaus aufsuchen, ebenfalls zu, aber nicht für alle.
Es gehört nun einmal zum Wesen mancher psychotischen Erkrankung, dass dem Erkrankten die so genannte Krankheitseinsicht fehlt. Dies ist als Symptom und nicht als böser Wille oder Verweigerungshaltung des Betroffenen zu sehen und zu verstehen (Finzen 1991, Bock 1997).
Dies bringt es mit sich, dass psychiatrisch Tätige immer wieder vor der Frage stehen, ob das, was der Mensch uns mitteilt oder zeigt, seine persönliche und freie Entscheidung, der Person zugehörig oder möglicherweise ein Symptom seiner psychiatrischen Erkrankung ist.
Wenn Frau Meier aus dem vierten Stock springen will, weil sie der festen Überzeugung ist, sie könne fliegen, so ist das noch relativ einfach beurteilbar. Es ist aber nicht unbedingt Eifersuchtswahn, wenn Frau Müller glaubt, ihr Mann würde sie mit seiner Sekretärin betrügen. Mit einer ausreichenden Dosierung an Neuroleptika können allerdings beide Vorstellungen für einige Zeit oder dauerhaft unterdrückt werden. Im ersten Fall wird damit möglicherweise das Leben gerettet, im zweiten Fall möglicherweise, nicht zuletzt wegen der Nebenwirkungen der Neuroleptika, gegen die Menschenwürde verstoßen.
Hinzu kommt, dass es auch bei Menschen in einer akuten Psychose immer wieder Momente gibt, in denen die Betroffenen sehr wohl zu klaren Entscheidungen fähig sind (Zehentbauer 1992, Dörner 1996, Schädle Deininger 1996, Bock 1997). Gerade weil dies so ist, ist verantwortungsvolles psychiatrisches Handeln, im Sinne eines professionellen Handelns, ohne ethische Reflexion nicht denkbar. Eine erste Orientierung hierzu lässt sich aus den genannten ethischen Prinzipien ableiten, wobei allerdings nicht selten einzelne Prinzipien, wie nachfolgend beschrieben, im Widerspruch zueinander stehen.
Prinzip 1: Wert des Lebens/Achtung vor dem Leben:
In der psychiatrischen Arbeit haben wir es öfter auch mit Menschen zu tun, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Sinn mehr in ihrem Leben sehen und die Selbsttötung dem Weiterleben vorziehen. 1989 kamen auf 100 000 Einwohner in der BRD 16,35 Suizide. Die Zahl der Suizidversuche war zehnmal so hoch, die Dunkelziffer ist unbekannt (Dörner/Plog 1996, S. 336). Nicht selten, eher ist es die Regel, werden Menschen nach einem gescheiterten Suizidversuch in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Die Gründe, die dazu führen, dass ein Mensch den Tod dem Leben vorzieht, sind sehr unterschiedlich. Verzweiflung, Ausweglosigkeit, Angst, Hoffnungslosigkeit, Verlust, missglückte Altersadaption, Schmerzen durch Krankheiten und psychiatrische Erkrankungen, insbesondere Depressionen und Neurosen, seltener Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis werden für suizidale Handlungen am häufigsten genannt (Ringel, 1976). Nach Ringel ist der Mensch das einzige Lebewesen, dass die Möglichkeit besitzt, sich absichtlich selber umzubringen (vgl. ebd. S. 12).
Die gesellschaftliche Bewertung einer suizidalen Handlung ist kulturell sehr unterschiedlich. In Japan wird der Suizid als heroische Tat verehrt, im eher katholisch geprägten Irland als Verbrechen betrachtet (vgl. Dörner/Plog 1996, S. 337). In der deutschen Psychiatrie wird eine suizidale Handlung als absolute Zuspitzung einer Krise betrachtet, in der der betroffene Mensch seine Handlungsalternativen (bis auf eine) verloren hat. Zugleich aber wird auch angen


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