Reuter / Vedder / Liebig | Professor mit Kind | Buch | 978-3-593-38661-4 | sack.de

Buch, Deutsch, 255 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 213 mm, Gewicht: 326 g

Reuter / Vedder / Liebig

Professor mit Kind

Erfahrungsberichte von Wissenschaftlern

Buch, Deutsch, 255 Seiten, Format (B × H): 141 mm x 213 mm, Gewicht: 326 g

ISBN: 978-3-593-38661-4
Verlag: Campus Verlag GmbH


Professoren werden selten als Väter wahrgenommen, geschweige denn als Väter, die Probleme haben, die wissenschaftliche Karriere mit ihrer Vaterrolle zu vereinbaren. An der Universität zählen uneingeschränkter Einsatz, Mobilität und überdurchschnittliche Leistung. Professoren, die engagierte Väter sein wollen, empfinden ihr Leben zwischen Familie und Beruf daher oft als schwierigen Balanceakt. Mit großer Offenheit berichten Professoren aus Deutschland und der Schweiz über ihre Berufs- und Familienbiografien. Und sie machen Vorschläge, wie Hochschulen familienfreundlicher gestaltet werden können. Die persönlichen Interviews sind aber auch ein Appell an die Kollegen, das eigene Vatersein an der Hochschule zu thematisieren und damit das Bild des Wissenschaftlers und Professors zu emanzipieren.
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Weitere Infos & Material


Inhalt

Vorwort
Professoren als Väter: Befunde und Fragestellungen
Julia Reuter/Günther Vedder

"Man ist manchmal ein bisschen in der Beobachterrolle"
Axel Haunschild

"Der Beruf war mein Hobby"
Bernd Hamm

"Die Gesellschaft tut sich offensichtlich noch schwer mit
der Entwicklung eines neuen Rollensystems"
Christian Leumann

Wissenschaftliche und private Flugbahnen: die unplanbare
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Christian Suter

"Das System nimmt keine Rücksicht darauf, dass Kinder
ein Normalfall sein könnten"
Christoph Antweiler

"Wir haben das ganz gut gemanagt"
Dieter Sadowski

"Es bleiben nach wie vor 80 Prozent an den Frauen hängen"
Eckhard Knappe

"Uns hat es sicherlich erleichtert, dass meine Frau keine festen
beruflichen Karriereabsichten hatte"
Gerhard Krieger

"Dass es auch für einen Vater eine doppelte Belastung sein kann,
Beruf und Familie zu vereinbaren, fällt unter den Tisch"
Gregor Bachmann

"Alle haben Email, um jederzeit den Papa erreichen zu können"
Helmut Schauer

"Ein Zölibatärer hat ganz andere Ausgangsbedingungen"
Joachim Theis

"Die Abwesenheit gehört zur Karriere dazu"
Karl Hölz

"Eigentlich ist das der ideale Beruf, um Kinder zu haben"
Lukas Clemens

"Wenn man um 17 Uhr zu Hause ist, ist das in meinen Augen früh"
Markus Artz

"Ich fand immer die Familie dufte"
Michael Albrecht

"Männer sollten ihren Umgang mit Kindern stärker kultivieren"
Norbert Platz

"Das Vatersein bereichert meine Lehre"
Sebastian Harnisch

"Wenn man sich eine familienfreundliche Situation schafft,
dann faulenzt man"
Wolf-Andreas Liebert

"Für das Kind zu sorgen, habe ich als Erholung empfunden"
Wolfgang Göbel

"Ich werde auch als Pater angeredet, das bedeutet ja Vater"
Wolfgang Ockenfels

Schluss
Vaterschaft und Professur - Männerbiographien zwischen
Familie und Wissenschaft
Brigitte Liebig

Nachwort
"Auch Väter haben es nicht (immer) leicht": Moderne Dilemmata
der Männlichkeit
Walter Hollstein


Professoren als Väter: Befunde und Fragestellungen
Julia Reuter/Günther Vedder

Von Albert Einstein wird gesagt, dass er ein schlechter Vater gewesen sei, der seine Kinder vernachlässigte, Sigmund Freud galt als Arbeitsmensch und Patriarch, Karl Marx jüngste Tochter stellte sich früh in den Dienst des berühmten Vaters, konnte aber Zeit ihres Lebens nie aus seinem Schatten heraustreten. Während wir von Biographinnen und Biographen über das Leben berühmter verstorbener Wissenschaftler viel erfahren, wissen wir vom Privatleben der lebenden Akademiker wenig. Haben sie überhaupt Familie? Welche Herausforderungen stellen sich ihnen als Vater? Wie vereinbaren sie ihre akademische Karriere und ihr privates Leben?
Beim Nachdenken über die Situation von Eltern in der Wissenschaft drängt sich hartnäckig das Bild der kinderlosen Akademikerin an deutschen Universitäten auf, die - zerrieben von den Anforderungen einer Hochschulkarriere - auf Kinder verzichtet, nicht selten verzichten muss. Welche individuellen Ursachen, welche biographischen und gesellschaftlichen Folgen diese häufig individualisierte ›(Not-)Lösung‹ der Vereinbarkeitsproblematik hat, wurde mittlerweile hinreichend thematisiert. Akademikerinnen mit Kind haben seit einigen Jahren ihren festen Platz in der Gleichstellungs- und Förderungspolitik, wie auch in der Geschlechterforschung (vgl. Macha u.a. 2000). Kaum aber wurde bisher über die sich nach wie vor in der Mehrheit befindenden männlichen Hochschullehrer mit Kindern nachgedacht. Wie begegnen Männer den Anforderungen, die vom Hochschulsystem und der scientific community an sie gestellt werden, wie reagieren sie auf die Bedürfnisse, die das private Umfeld, Familie, Freunde an sie herantragen, und wie gehen sie mit ihren eigenen Vorstellungen von Vaterschaft um? Schließlich hat sich parallel zum Mythos der ›guten Mutter‹ auch das Ideal des ›engagierten Vaters‹ in weiten Teilen der Gesellschaft durchgesetzt (vgl. Pohl 2006). Haben auch männliche Wissenschaftler ein Vereinbarkeitsproblem und, wenn ja, welche Formen nimmt dieses im beruflichen und privaten Alltag an? Fragen, denen wir uns in diesem Buch anhand von Erfahrungsberichten von Professoren mit Kindern widmen.

Männer zwischen Familie und Beruf

Dass es zur Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bislang noch kein Buch über Wissenschaftler gibt, ist hierzulande sicherlich der nach wie vor wenig etablierten Männerforschung geschuldet. Sie kann sich im Vergleich zur Frauenforschung nicht auf eine umfassende Männerbewegung berufen und wird zudem von historischen beziehungsweise sozialisationstheoretischen Themen dominiert. Ein weiterer Grund ist, dass (Wissenschafts-)Eliten grundsätzlich wenig erforscht sind und - wenn überhaupt - stehen Fragen nach Karrieremustern und Rekrutierungssystemen und weniger nach Elternschaft und Alltagsbewältigung im Vordergrund (vgl. Bourdieu 2004; Hartmann 2004). Schließlich benötigen außergewöhnliche Buchprojekte wie dieses einen besonderen Impuls - einen Hinweis auf herausfordernde Themen, auf blinde Flecken oder einen besonderen Forschungsbedarf. Den Anstoß zu diesem Buch verdanken wir Michael Meuser, dem Soziologen und Geschlechterforscher. Er konstatierte in seinem Kommentar zu den 2005 unter dem Titel "Kind und Karriere" veröffentlichten Erfahrungsberichten von Wissenschaftlerinnen abschließend, dass "ein Band, in dem Männer darlegen, wie sie ihre wissenschaftliche Karriere und ihre Aufgaben und Pflichten als Vater miteinander vereinbaren, […] vermutlich in absehbarer Zeit nicht geschrieben werden [wird]" (Meuser 2005: 323).

Wie kam Michael Meuser zu dieser Einschätzung? Nach seiner Überzeugung müssen sich Wissenschaftler weniger Gedanken um ihre Work-Life-Balance machen, weil ihnen die Familienarbeit ihrer Partnerinnen als unsichtbare Karriereressource zur Verfügung steht. Die Frauen sind (oder fühlen sich) für das Vereinbarkeitsmanagement in den Familien zuständig, was der beruflichen Laufbahn der Männer eine größere Planungssicherheit beschert. Selbst bei Dual-Career-Couples, die im Hochschulbereich nicht selten sind, liegt die Zuständigkeit für den familiären Zusammenhalt und den Haushalt nach wie vor überwiegend in der Hand der Frau. Auch wenn Frauen die eigenen beruflichen Pläne nicht fallen lassen, sind sie es, die sie den jeweiligen Bedingungen anpassen (vgl. Behnke/Meuser 2003: 289). Die Praxis zeigt aber auch, dass das Vereinbarkeitsmanagement nach wie vor ›in den eigenen vier Wänden‹ ausgehandelt wird, das heißt, dass die Geschlechterungleichheit von den Betroffenen nicht als soziale, sondern - wenn überhaupt - als personenbezogene Ungleichheit wahrgenommen wird. Dabei erscheint gerade im Wissenschaftsbereich die Privatisierung sozialer Konflikte als Folge einer konsequenten Verdrängungs- und Immunisierungsstrategie. Besonders wissenschaftliche Institutionen operieren mit der Semantik einer geschlechtsneutralen Wissenschaft. Dies schließt mit ein, dass nicht nur die Diskurse universitärer Sozialisationsprozesse und die Aufforderungen zur Exzellenz von den Bedingungen ihrer Erzeugung bereinigt sind (vgl. Müller 1999: 145), sondern umgekehrt auch, dass für Geschlechterthemen oder familiäre Belange in der Institution Hochschule einfach kein Platz ist. Sie geht in den meisten Fällen davon aus, dass die Herausforderungen einer Abstimmung von Beruf und Familie im privaten Bereich bewältigt werden und der geographischen Mobilität der Wissenschaftler nicht im Wege stehen (Biller-Andorno u.a. 2005).

Um Aussagen wie diese empirisch zu prüfen, haben wir im ersten Quartal 2007 zunächst 32 männliche Professoren und Väter, die an der Universität Trier oder an der dortigen Theologischen Fakultät arbeiten, als potentielle Gesprächspartner zum Thema Berufs- und Familienbiographie angefragt. Sie sollten uns im Rahmen eines Interviews oder in Form eines selbst verfassten Berichts über ihre ganz persönliche Work-Life-Balance der letzten Jahre Auskunft geben. Darüber hinaus haben wir 15 weitere Professoren anderer Universitäten, die wir entweder persönlich kannten oder die sich bereits öffentlich zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf geäußert hatten, für eine Reflexion über ihre Vaterrolle im Kontext der wissenschaftlichen Karriere angeschrieben. In beiden Fällen achteten wir bei der Auswahl der Wissenschaftler auf eine große Fächervielfalt, um spezifische fachkulturelle Probleme mitzuerfassen.

Nicht immer trafen wir mit unserer Anfrage auf Interesse, weil die Thematik zu viel privaten ›Konfliktstoff‹ enthält und daher als nicht für die Öffentlichkeit bestimmt empfunden wurde. Mehr als die Hälfte der Befragten aber zeigte eine hohe Bereitschaft zur Kooperation. Aus der Fülle an Anfragen kamen schließlich 20 Interviews mit Professoren aus 16 verschiedenen Disziplinen zustande. Vertreten sind Personen unterschiedlicher akademischer Positionen (Vollprofessor, Dekan, Vizepräsident, Juniorprofessor, außerplanmäßiger Professor, emeritierter Professor, Assistent) und Hochschulstandorte in Deutschland und der Schweiz (Trier, Koblenz, Heidelberg, Bern, Zürich, Neuchâtel). Die Befragten gehören überwiegend den Geistes-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an (die Fächer Betriebswirtschaftslehre, Philosophie, Rechtswissenschaft und Soziologie sind doppelt vertreten), aber auch Professoren aus den Naturwissenschaften oder der Informatik kommen zu Wort. Jeweils zehn der Befragten waren zum Erhebungszeitpunkt zwischen 38 und 52 Jahre (jüngere Professoren), beziehungsweise zwischen 56 und 69 Jahre (ältere Professoren) alt. Drei Wissenschaftler waren Vater eines Kindes, elf Wissenschaftler hatten zwei und fünf Wissenschaftler drei oder mehr Kinder. Eine Ausnahme bildete ein Professor für Christliche Sozialwissenschaft, der als Pater selbst keine Kinder hat, aber ebenfalls die Vereinbarkeit unterschiedlicher Lebensbereiche sicherstellen muss. Da wir neben der Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeitaktivität und/oder gesellschaftlichem Engagement thematisieren, stellt der ›geistliche Vater‹ aus unserer Sicht eine gelungene Ergänzung dar, nicht zuletzt weil er durch seine seelsorgerische Arbeit mit Problemen der Alltagsbewältigung und Arbeitsbelastung vertraut ist.


Jun.-Prof. Dr. Julia Reuter studierte Soziologie, Psychologie und Germanistik an der RWTH Aachen und promovierte sich dort 2001 mit der Arbeit "Ordnungen des Anderen. Zum Problem des Eigenen in der Soziologie des Fremden", für die sie u.a. den Friedrich-Wilhelm-Forschungspreis der Universität Aachen erhielt. Seit 2004 ist sie Juniorprofessorin für Allgemeine Soziologie mit dem Schwerpunkt Entwicklungssoziologie an der Universität Trier. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kultur-, Migrations- und Religionssoziologie, sowie aktuellen Theorien und Themen der Geschlechterforschung, zu denen sie zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt hat. Sie lebt mit ihrem Mann und Sohn in Olpe.

Dr. Günther Vedder, Diplom-Kaufmann und Diplom-Soziologe, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Betriebswirtschaftslehre der Georg-August-Universität Göttingen. Er promovierte sich 2001 an der Universität Trier mit der Arbeit "Zeitnutzung und Zeitknappheit im mittleren Management" und arbeitet seitdem im Themenfeld "Diversity Management im internationalen Vergleich". Seine weiteren Lehr- und Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Familiengerechte Hochschule, Arbeitszeitmanagement, Instrumente der Personalpolitik sowie Neue Organisationskonzepte. Er ist verheiratet und aktiver Vater von zwei Kindern (12 und 17 Jahre).

Prof. Dr. Brigitte Liebig studierte Psychologie, Soziologie und Ethnologie an den Universitäten Frankfurt a.M., Zürich und der Freien Universität Berlin. 1997 promovierte sie an der Universität Zürich mit einem empirischen Beitrag zu Geschlechterverhältnissen in politischen und wirtschaftlichen Eliten der Schweiz. Seit 2004 ist sie in Forschung & Lehre an der Fachhochschule Nordwestschweiz tätig. 2006/07 hatte sie die internationale, interdisziplinäre Gastprofessur für Gender Studies des Bundeslandes Rheinland-Pfalz inne. Schwerpunkte ihrer aktuellen Arbeit bilden Fragen im Bereich der Organisations-, Bildungs- und Arbeitsmarktforschung. Mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern lebt sie in Zürich.


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