Best Practices und Lessons Learned für das E-Learning, die Didaktik und die Gestaltung von berufsbegleitenden Anrechnungsstudiengängen
E-Book, Deutsch, Band 1, 132 Seiten
Reihe: Schriftenreihe: Hochschule Weserbergland
ISBN: 978-3-7460-8787-0
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein
Autoren/Hrsg.
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2. Rechtliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung von
Anrechnungsstudiengängen in Deutschland und speziell in
Niedersachsen im Jahr 2017 Michael Städler, Eva Blochberger, Mario Stephan Seger Überblick Die Themen „Anrechnung außerhochschulischer Kompetenzen“ und „Anerkennung hochschulischer Kompetenzen“ waren insbesondere in den letzten Jahren auch und gerade in rechtlicher Perspektive einer großen Dynamik unterworfen. Die Themenbereiche bewegen sich in einem komplexen Feld aus Gesetzgebungen und Regelungen, z.B. im Kontext der Akkreditierung. Um hier einen strukturierten Überblick zu geben, werden relevante Gesetze in ihrer hierarchischen Rangfolge beschrieben. Dementsprechend beginnt die Erläuterung mit der Thematisierung der Lissabon-Konvention, eine Regelung auf Ebene der Europäischen Union. Darauffolgend wird die nationale Gesetzlage analysiert. Hierbei wird das Hochschulrahmengesetz betrachtet. Aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland existiert auf nationaler Ebene das Hochschulrahmengesetz, welches auf Länderebene durch die entsprechenden Landeshochschulgesetze spezifiziert wird. Zuletzt gelten die entsprechenden Regelungen wie etwa Studien- und Prüfungsordnungen der jeweiligen Hochschule. Lissabon-Konvention Das „Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region“ (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 712ff.), welches auch kurz als „Lissabon-Konvention“ bezeichnet wird, gilt seit dem 16. Mai 2007. Damit wurde eine europäische Grundlage zur Bewerbung auf Studienplätze sowie die Anerkennung von Studienleistungen zwischen Hochschulen gelegt. Im Rahmen der europäischen Gemeinschaft soll die Lissabon-Konvention ein flexibles Studieren ermöglichen. Im Folgenden sollen relevante Artikel aus dem entsprechenden Gesetz aufgelistet und in Zusammenhang gestellt werden. Die Auswahl folgt dem ASIIN-Newsletter (ASIIN e.V., 2011, S. 5f.), dem auch andere Autoren, wie beispielsweise Seger, Waldeyer, Leibinger (2017), im Rahmen der Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung von Studienleistungen gefolgt sind. Vor allem der Artikel III.1 (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 718) und auch die Artikel in „Abschnitt VI Anerkennung von Qualifikationen, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen“ (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 719) sagen aus, dass Entscheidungen bezüglich der „Anerkennung von Qualifikationen allein auf der Grundlage der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu treffen“ (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 718) sind. Demnach sind die von Studierenden erworbenen Kompetenzen ausschlaggebend für eine Anerkennung, gleichzeitig spielen der zeitliche Umfang bzw. die Inhalte der Curricula keine entscheidende Rolle (ASIIN e. V, 2011, S. 5). Der Artikel III.2 der Lissabon-Konvention legt fest, dass die Kriterien und Regelungen, die für den Anerkennungsprozess verwendet werden, nachvollziehbar und einheitlich gestaltet sein müssen (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 718). Außerdem regelt der Artikel III.3 die Pflichten zur Informationserbringung. Der bzw. die Antragstellende ist verpflichtet, entsprechende Informationen zum bisherigen Studienverlauf zu liefern, während die Hochschule, bei der der Antrag eingegangen ist, ggf. darlegen muss, warum es nicht zu einer Anerkennung kommen kann (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 718). Als Voraussetzung zur Prüfung eines solchen Antrages müssen laut Artikel III.4 Informationen zum entsprechenden Bildungssystem vorhanden sein und bereitgestellt werden (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 719). Auf den „Abschnitt V Anerkennung von Studienzeiten Artikel V.1“ (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 721) soll ein weiterer Fokus gelegt werden. Demnach werden Studienzeiten anerkannt, „sofern nicht ein wesentlicher Unterschied zwischen den in einer anderen Vertragspartei vollendeten Studienzeiten und dem Teil des Hochschulprogrammes nachgewiesen werden kann“ (Bundesgesetzblatt, 2007, S. 721). Die Lissabon-Konvention zielt also auf einen „wesentlichen Unterschied“ bzgl. der Nicht-Anerkennung von Lernergebnissen. In Hinblick auf die in Deutschland geltende Normenhierarchie ist die Lissabon-Konvention als übergreifende Regelung zu betrachten, welche die Zulassung zum Studium und die Anerkennung von Studienleistungen im europäischen Hochschulraum definiert sowie entsprechende Grundsätze festlegt. Hochschulrahmengesetz und Landeshochschulgesetze Die föderale Struktur des Bildungssystems in Deutschland führt dazu, dass auf Bundesebene ein Hochschulrahmengesetz (HRG, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, 2017) existiert, welches in sechzehn Landeshochschulgesetzen (Kultusministerium Thüringen 2016; Landtag Bayern 2011; Landtag Brandenburg 2014; Landtag Hessen 2015; Landtag Mecklenburg-Vorpommern 2011; Landtag Niedersachsen 2010; Landtag Saarland 2016; Landtag Sachsen 2013; Landtag Sachsen-Anhalt 2014; Landtag Schleswig-Holstein 2016; Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz 2012; Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen 2007; Ministerium für Wissenschaft, Forschung, Kunst Baden-Württemberg 2014; Senatsverwaltung Berlin 2011; Senatsverwaltung Hamburg 2010; Senatorin für Bildung und Wissenschaft Bremen 2010) teils unterschiedlich spezifiziert wird. Gemäß §20 des Hochschulrahmengesetzes werden „Studien- und Prüfungsleistungen, die an ausländischen Hochschulen erbracht worden sind, […] anerkannt, wenn ihre Gleichwertigkeit festgestellt ist“ (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, 2017, S. 8). Hierbei wird deutlich, dass von einer Gleichwertigkeit gesprochen wird. Bezüglich der Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen finden sich auch 2017 im HRG immer noch keinerlei Regelungen. Ebenso wird im HRG bis heute die Lissabon-Konvention nicht präzise berücksichtigt, da das Konzept des „wesentlichen Unterschieds“ der Lissabon-Konvention nicht schlüssig mit dem Konzept der „Gleichwertigkeit“ des HRG verbunden wird bzw. das Konzept der „Gleichwertigkeit“ im Kontext der Anerkennung hochschulisch erworbener Kompetenzen nicht durch das Konzept des „wesentlichen Unterschieds“, wie es die übergeordnete europäischere Regelung (Lissabon-Konvention) vorsieht, ersetzt wird. Außerhochschulische Kompetenzen im Kontext der Anrechnung und
Zulassung Der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 28.06.2002 sah Folgendes vor: Außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten können im Rahmen einer – ggf. auch pauschalisierten – Einstufung auf ein Hochschulstudium angerechnet werden, wenn 1.1 die für den Hochschulzugang geltenden Voraussetzungen – ggf. auch über die Möglichkeiten des Hochschulgangs für besonders qualifizierte Berufstätige – gewährleistet werden; 1.2 sie nach Inhalt und Niveau dem Teil des Studiums gleichwertig sind, der ersetzt werden soll; 1.3 entsprechend den Grundsätzen des neuen Qualitätssicherungssystems im Hochschulbereich die qualitativ inhaltlichen Kriterien für den Ersatz von Studienleistungen durch außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der Akkreditierung überprüft werden. Außerhalb des Hochschulwesens erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten können höchstens 50 % eines Hochschulstudiums ersetzen.“ (Kultusministerkonferenz, 2002, S. 2) Während 2002 noch die eher unverbindliche Formulierung „können [Herv. durch die Verf.] höchstens 50 %“ verwendet wird, findet sich in den „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor-und Masterstudiengängen“ aus 2010 eine verbindlichere Formulierung: „Nachgewiesene gleichwertige Kompetenzen und Fähigkeiten, die außerhalb des Hochschulbereichs erworben wurden, sind [Herv. durch die Verf.] bis zur Hälfte der für den Studiengang vorgesehenen Leistungspunkte anzurechnen [Herv. durch die Verf.].“ (Kultusministerkonferenz, 2010, S. 3) Im Weiteren sind neben den zahlreich geänderten LHGs Akkreditierungsagenturen seit dem 1.1.2015 angehalten, das Fehlen von Regelungen, Kriterien und Verfahren zur Anrechnung von Lernergebnissen in Studiengang-konzepten und Prüfungsordnungen zu beauflagen. Ferner „stellt der Hochschulausschuss der Kultusministerkonferenz klar, dass zur Schließung einer ‚Bachelor-Master-Lücke’ [Anm. durch die Verf.: wg. fehlender ECTS-Punkte] auch die Anrechnung außerhochschulischer Kompetenzen herangezogen werden kann“ (Seger, Waldeyer & Leibinger, 2017, S. 86). Zu beachten ist außerdem, dass außerhochschulische Lernergebnisse nicht „verbraucht“ werden können: Werden diese z.B. für die Zulassung zu einem Studium verwendet, so können sie bei entsprechender Eignung auch für eine Anrechnung in diesem Studiengang verwendet werden (Kultusministerkonferenz, 2011, S. 4). Es handelt sich hier um eine sehr begrüßenswerte Klarstellung. Schließlich ist das Vermeiden von „Doppellernen“ und insbesondere die Möglichkeit der...