Stengel / Konitzer | Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Opfer als Akteure | Buch | 978-3-593-38734-5 | sack.de

Buch, Deutsch, 307 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 143 mm x 215 mm, Gewicht: 390 g

Reihe: Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust

Stengel / Konitzer

Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust. Opfer als Akteure

Interventionen ehemaliger NS-Verfolgter in der Nachkriegszeit

Buch, Deutsch, 307 Seiten, Großformatiges Paperback. Klappenbroschur, Format (B × H): 143 mm x 215 mm, Gewicht: 390 g

Reihe: Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust

ISBN: 978-3-593-38734-5
Verlag: Campus Verlag GmbH


Opfer oder Zeugen – in einer dieser Rollen werden Verfolgte des Nationalsozialismus meist wahrgenommen. Vergessen wird, dass sie es waren, die in vielen Bereichen Ansätze für eine kritische 'Bewältigung' der Vergangenheit schufen. Sie übernahmen in den 1950er Jahren wichtige Aufgaben bei der Strafverfolgung von NS-Verbrechen, aus denen sich die Behörden fast völlig zurückgezogen hatten. Auch waren es zunächst fast ausschließlich ehemalige Verfolgte, die über Judenverfolgung und Konzentrationslager forschten und publizierten. Im Jahrbuch werden die Situation und die Aktivitäten der unterschiedlichen Verfolgtengrup- pen in den ersten Nachkriegsjahren in verschiedenen west- und osteuropäischen Ländern geschildert.
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Inhalt


Katharina Stengel
Einleitung

I. Von der Opferfürsorge bis zur kalkulierten Provokation: Die NS-Verfolgten als politische Akteure der Nachkriegszeit

Harald Schmid
"Wiedergutmachung" und Erinnerung
Die Notgemeinschaft der durch die Nürnberger Gesetze Betroffenen

Kristina Meyer
Sozialdemokratische NS-Verfolgte und die Vergangenheitspolitik

Christa Paul
Frühe Weichenstellungen
Zum Ausschluss "asozialer" Häftlinge von Ansprüchen auf besondere Unterstützungsleistungen und auf Entschädigung

Thomas Irmer
"Ihr langes Schweigen ist sicherlich tiefe Resignation ..."
Norbert Wollheim, Edmund Bartl, Hermann Langbein und die Auseinandersetzung um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit nach 1945

Brigitte Bailer-Galanda
Konkurrenz - Konflikt - Spielball der Politik
Verbände der NS-Opfer in Österreich nach 1945

Anne Klein
"Militants de la Mémoire"
Repräsentationen jüdischen Engagements in den 1970er Jahren

II. KZ-Überlebende als HistorikerInnen der Konzentrationslager

Philipp Neumannn
"... eine Sprachregelung zu finden"
Zur Kanonisierung des kommunistischen Buchenwald-Gedächtnisses in der Dokumentation Mahnung und Verpflichtung

Katharina Stengel
Auschwitz zwischen Ost und West
Das Internationale Auschwitz-Komitee und die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Auschwitz. Zeugnisse und Berichte

Susan Hogervorst
Erinnerungskulturen und Geschichtsschreibung
Das Beispiel Ravensbrück

III. Interventionen jüdischer Überlebender in Europa

Franziska Bruder
Handlungsstrategien jüdischer Überlebender in Polen zwischen 1944 und 1950

Stephan Stach
"Praktische Geschichte"
Der Beitrag jüdischer Organisationen zur Verfolgung von NS-Verbrechern in Polen und Österreich in den späten 40er Jahren

Laura Jockusch
"Appell an das Weltgewissen"
Jüdische Holocaustdokumentation in der frühen Nachkriegszeit am Beispiel Frankreichs

Anke Zimmermann
Vom Umgang mit dem Grauen
Selbstzeugnisse jüdischer Künstler in der Tschechoslowakei 1945-1990


Abkürzungsverzeichnis

Autorinnen und Autoren


Fragen nach den Grundzügen und Konfliktherden sozialdemokratischer Vergangenheitspolitik in den Nachkriegsjahren und in der frühen Bundesrepublik erfordern einen geschärften Blick auf verschiedene Akteure, die hier in Erscheinung traten. Dass die "Dominanz Kurt Schumachers in der West-SPD" und "seine Äußerungen zum Dritten Reich und dessen Folgen" tatsächlich ausreichen, um "die Stellung der SPD insgesamt zu analysieren", ist zu bezweifeln. Eine Fixierung auf die Person Schumachers - auf so maßgebliche und nachhaltige Weise er auch den vergangenheitspolitischen Integrationskurs vorgab - vernachlässigt zahlreiche Ambivalenzen und Konflikte, die den Umgang seiner Partei mit der NS-Vergangenheit prägten. Auf allen Ebenen der Parteiorganisation und -hierarchie, in Kommunen, Landesparlamenten und im Bundestag wirkten nach 1945 Sozialdemokraten, die wie Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Fritz Heine NS-Verfolgte oder Exilanten waren, aber häufig ganz unterschiedliche Standpunkte vertraten. Besonderes Augenmerk verdient dabei die parteieigene Verfolgtenorganisation, die 1948 gegründete "Arbeitsgemeinschaft ehemals politisch verfolgter Sozialdemokraten" (AvS). Wie unterschiedlich das Verständnis von einer angemessenen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit unter sozialdemokratischen Verfolgten sein konnte, wie prägend das Engagement einzelner Akteure wirkte und wie einflusslos die Verfolgten an der Basis zugleich blieben, zeigt sich an zwei elementaren Aspekten der Vergangenheitspolitik - der Wiedergutmachung sowie dem Umgang mit "Mitläufern" und "Belasteten" des Nationalsozialismus.

Nach Kriegsende

Viele sozialdemokratische NS-Verfolgte, die 1945 aus einer oft jahrelangen Haft in Konzentrationslagern und Zuchthäusern befreit wurden, die aus dem Exil, aus der Illegalität oder gar, weil sie in Strafbataillons zwangsverpflichtet worden waren, aus dem Krieg in ihre Heimat zurückkehrten, stürzten sich geradezu in die Wiederaufbauarbeit. Fritz Erler, der sich seit 1939 in Zuchthaushaft befunden hatte, machte für sein Leben "nach Hitler" bereits im Mai 1943 Pläne: "Auf alle Fälle wird meine Rückkehr nach Berlin mich nicht in eine lustige 'Geschäftigkeit' reißen, wohl aber in ein randvolles Schaffen stellen, auf das ich mich heute schon freue. Aufgaben wird es geben, Aufgaben". Seine neue Wirkungsstätte fand Erler nach Kriegsende indes nicht in Berlin, sondern in Süddeutschland. Nach seiner Flucht aus einem Gefangenentransport war er im württembergischen Biberach gestrandet, wo er sich bis zum Einmarsch der Alliierten versteckte. Dort ernannten ihn die französischen Besatzungsmächte noch im Mai 1945 zum Landrat.

Wie Fritz Erler beteiligten sich zahlreiche NS-Verfolgte am Aufbau kommunaler Verwaltungsstrukturen, übernahmen Funktionen in der wiedergegründeten SPD, in Gewerkschaften und in Parlamenten - trotz zum Teil gravierender gesundheitlicher Nachwirkungen der Verfolgungszeit. Mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren zum Zeitpunkt des Kriegsendes bildeten sozialdemokratische Verfolgte das unbelastete Pendant zur völlig diskreditierten Funktionsgeneration des Nationalsozialismus und wurden als anerkannte Gegner des NS-Regimes bei der Besetzung von Ämtern in Politik und Verwaltung durch die Alliierten bevorzugt. Eberhard Brünen, der als führender Kopf einer Duisburger Widerstandsgruppe der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) seit 1935 inhaftiert gewesen war, kümmerte sich nach der Befreiung des Zuchthauses Waldheim in Sachsen zunächst um die Versorgung und Rückführung von Mithäftlingen und wurde wegen eines Lungenleidens ärztlich betreut. Erst Ende Juli 1945 kehrte er ins Ruhrgebiet zurück. Eine "Schonzeit" kam für ihn jedoch nicht infrage: "Er kam zurück und sofort: Aufbauen, Aufbauen, Aufbauen." Schon am 1. August 1945 nahm Brünen seine Arbeit als Parteisekretär des SPD-Unterbezirks Duisburg auf, ließ sich in den Vorstand und wenig später in die Stadtverordnetenversammlung wählen. Leo Radtke, ein mehrfach vom Volksgerichtsho


Franziska Bruder ist Polonistin und Osteuropahistorikerin mit Schwerpunkt polnische und ukrainische Geschichte.


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