Warns / Joussen / Thüsing | Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 9, 384 Seiten

Reihe: Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

Warns / Joussen / Thüsing Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD)

Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht Band 9

E-Book, Deutsch, Band 9, 384 Seiten

Reihe: Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht

ISBN: 978-3-7841-3417-8
Verlag: Lambertus-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Autor nimmt eine dogmatische Betrachtung des im Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland vorgesehenen Rechtsinstituts der Dienstvereinbarung vor. Ausgehend vom verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Kirche wird zu zentralen Fragen Stellung genommen, die sich aus dem Zusammenspiel der Privatrechtsordnung mit dem kirchlichen Recht ergeben. Behandelt wird zum einen die kirchengesetzlich angeordnete normative Wirkung der Dienstvereinbarung. Zum anderen erfolgt eine tiefgehende Auseinandersetzung, in welchem Umfang den Dienstvereinbarungsparteien die Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen zukommt. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gerichtet, dass das kirchliche Rechtsinstitut stets in seiner Eigenständigkeit gegenüber der Betriebsvereinbarung zu würdigen ist.
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A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung
Das Zweite Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD – MVG-EKD)1 vom 12. November 2013 stellt als besonderes mitarbeitervertretungsrechtliches Rechtsinstitut die Dienstvereinbarung zur Verfügung. Bei ihr handelt es sich um eine kirchenrechtliche Regelungsform, durch die die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung (Dienststellenpartner2) gemeinsam und einvernehmlich zum einen die mitarbeitervertretungsrechtliche Organisationsstruktur und zum anderen die Arbeitsbedingungen in einer kirchlichen Dienststelle gestalten können.3 Mit der Verwendung des Begriffs der „Dienstvereinbarung“ orientiert sich das Mitarbeitervertretungsgesetz terminologisch am Personalvertretungsrecht.4 Der Begriff der „Dienstvereinbarung“ bezeichnet im staatlichen Kontext das personalvertretungsrechtliche „Pendant zur Betriebsvereinbarung“.5 Der arbeitsrechtswissenschaftliche Diskurs behandelt jedoch seither vorwiegend das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsinstitut der Betriebsvereinbarung, während es vertiefte Untersuchungen zur Dienstvereinbarung kaum gibt.6 Als gewissermaßen kleine Schwester partizipiert letztere allerdings an den zur Betriebsvereinbarung gefundenen Erkenntnissen.7 Ganz ähnlich verhält es sich bislang mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur kirchlichen Dienstvereinbarung. Auch sie wurde nur selten zum Gegenstand eigenständiger Untersuchungen gemacht; überwiegend beschränkt sich die einschlägige Literatur darauf, die Erkenntnisse zur Betriebsvereinbarung zu übertragen.8 Der ausschließlich vergleichende Blick läuft jedoch Gefahr, Unterschiede zwischen den Rechtsinstituten zu übersehen, herkömmliche Ansichten unreflektiert zu übertragen oder gar die selbstständige kritische Beurteilung des Rechtsinstituts aus reiner Bequemlichkeit zu vermeiden. Eine allein auf das Mittel des Vergleichs setzende Würdigung der Dienstvereinbarung vermag das Bedürfnis nach möglichst präzisen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu befriedigen und sollte daher stets nur eine Notlösung in Ermangelung besserer Alternativen darstellen. Die in den vergangenen Jahren fortschreitende Vereinheitlichung des Mitarbeitervertretungsrechts in den evangelischen Gliedkirchen bietet nunmehr zudem die Chance, sich mit einem fast9 für den gesamten Bereich der evangelischen Kirche einheitlich ausgestalteten Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen.10 Die große Zahl der im Bereich der evangelischen Kirche Beschäftigten bietet schließlich schon für sich genommen genügend Anlass, sich vertieft mit dem mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen. Im Jahr 2017 waren etwa 701.000 Menschen hauptamtlich in Einrichtungen der evangelischen Kirche beschäftigt;11 hiervon entfielen 465.000 Mitarbeiter auf die diakonischen Einrichtungen,12 während knapp 236.000 Mitarbeiter in der verfassten Kirche tätig waren.13 Das Mitarbeitervertretungsrecht gilt für fast alle diese Mitarbeiter. Mitarbeiter im Sinne des Mitarbeitervertretungsgesetzes sind nach § 2 Abs. 1 MVG-EKD alle in öffentlich-rechtlichen Dienst- oder privatrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnissen oder zu ihrer Ausbildung Beschäftigten einer Dienststelle; lediglich für Personen im pfarramtlichen Dienst, in der pfarramtlichen Ausbildung sowie für Lehrende an Hochschulen und Fachhochschulen kann das gliedkirchliche Recht gemäß § 2 Abs. 2 MVG-EKD andere Regelungen vorsehen. Da bei insgesamt über 80 Prozent aller Dienststellen tatsächlich auch eine Mitarbeitervertretung eingerichtet ist,14 hat die Dienstvereinbarung als maßgebliches Regelungsinstrument der Dienststellenpartner für eine Vielzahl von Beschäftigten eine praktische Relevanz. Indes rechtfertigen nicht nur diese Überlegungen die vertiefte juristische Auseinandersetzung mit dem Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung. Auch das Bundesarbeitsgericht befasste sich in der jüngeren Vergangenheit wiederholt mit diesem Regelungsinstrument.15 Hierbei erwähnte der 1. Senat obiter dictum in einer Entscheidung vom 24.06.2014, dass die kirchengesetzlich durch § 36 Abs. 3 MVG-EKD vorgesehene unmittelbare und zwingende (unabdingbare) Wirkung der Dienstvereinbarung im staatlichen Rechtskreis ohne Bedeutung sei.16 Aufgrund dieses Angriffs auf eine zuvor fast einhellig17 befürwortete Eigenschaft auch der kirchlichen Dienstvereinbarung sah sich jüngst ein Literaturvertreter zu der grundsätzlichen Frage „Dienstvereinbarung Quo Vadis?“18 veranlasst. Die mit diesem Ausruf verbundenen Anzeichen der Verunsicherung verdeutlichen auf einen Blick, vor welche Schwierigkeiten das Bundesarbeitsgericht den Rechtsanwender stellt; es nimmt ihm den Orientierungspunkt im Umgang mit der kirchlichen Dienstvereinbarung, denn unbewusst wird dem Rechtsanwender das tertium comparationis im Verhältnis zu der staatlichen Regelungsform der Betriebsvereinbarung entzogen. Die Möglichkeit eines simplen Vergleichs entfällt, da nun zumindest scheinbar Wesensverschiedenes miteinander verglichen wird. Für den wissenschaftlichen Diskurs zur kirchlichen Dienstvereinbarung kann diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nur befruchtend wirken; sie fordert dazu auf, die Dienstvereinbarung als ein selbstständiges kirchenrechtliches Rechtsinstitut wahrzunehmen und sie als solches zum Gegenstand der rechtswissenschaftlichen Forschung und Kontroverse zu machen.19 Diese Bearbeitung will sich diesem Auftrag stellen und einen Grundlagenbeitrag zum kirchenrechtlichen Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung leisten. Indessen erfordert es der Umfang der gesamten Thematik, den Untersuchungsgegenstand auf einige wesentliche Aspekte zu beschränken. Zunächst soll die bundesarbeitsgerichtliche Rechtsprechung zur unmittelbaren und zwingenden Wirkung der Dienstvereinbarung aufgegriffen und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Da mögliche Konflikte zwischen kirchlicher Rechtsetzung und staatlicher Rechtsordnung am deutlichsten im Rahmen der privatrechtlichen Ausgestaltung des kirchlichen Dienstes hervortreten, liegt es nahe, den Untersuchungsschwerpunkt auf die Frage zu legen, ob und – falls dies zu bejahen ist – inwieweit privatrechtlich ausgestaltete Arbeitsverhältnisse der unmittelbaren und zwingenden Gestaltung durch eine kirchliche Dienstvereinbarung zugänglich sind. Diese Gewichtung ist zudem vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die überwiegende Zahl aller Mitarbeiter im kirchlichen Dienst ohnehin auf der Grundlage eines nach den Maßstäben der staatlichen Privatrechtsordnung abgeschlossenen Arbeitsvertrags beschäftigt ist20. Die eigentliche Bedeutung einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung der Dienstvereinbarung verbleibt jedoch solange im Vagen, wie ungeklärt ist, welche Regelungen als Gegenstand einer Dienstvereinbarung überhaupt in Betracht kommen. Dies führt zu der Frage, in welchem Umfang die Dienstvereinbarungsparteien befugt sind, Arbeitsbedingungen zu regeln. Aufgrund dessen lassen sich abschließend zwei Hauptschwerpunkte für diese Untersuchung benennen: Zum einen gilt es zu überprüfen, ob der Dienstvereinbarung eine unmittelbare und zwingende Wirkung für das privatrechtlich ausgestaltete Arbeitsverhältnis zukommt. Zum anderen ist zu ermitteln, in welchem Umfang die Dienstvereinbarungsparteien befugt sind, Arbeitsbedingungen für den einzelnen Mitarbeiter festzulegen. 1ABl. EKD 2013, S. 425 ff. 2Der Begriff der „Dienststellenpartner“ wird in der vorliegenden Arbeit als gemeinsame Bezeichnung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung verwendet. Er ist synonym zu dem im staatlichen Betriebsverfassungsrecht verwendeten Begriff der „Betriebsparteien“ zu verstehen, auf den bewusst im Kontext dieser Arbeit als Bezeichnung für die Dienststellenpartner verzichtet wird, da das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht nicht an den Betrieb, sondern an die Dienststelle als maßgebliche Organisationseinheit anknüpft. 3AKS/Andelewski, MVG.EKD, § 36 Rn. 1, 13; Baumann-Czichon/Gathman/Germer, MVG-EKD, § 36 Rn. 1 f., 7 f.; Fey/Rehren, MVG-EKD, § 36 Rn. 1, 3; Schielke, Mitarbeitervertretungsgesetz, S. 229. 4Fey, ZMV 1996, 117; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, § 19 Rn. 41; Schielke, Mitarbeitervertretungsgesetz, S. 229. 5So Richardi/Dörner/Weber/C. Weber, Personalvertretungsrecht, § 73 Rn. 1, 4; ebenso auch Altvater/Berg, BPersVG, § 73 Rn. 1. 6Repräsentativ für das vorrangige Interesse an der Betriebsvereinbarung ist auch die beträchtliche Anzahl von Habilitationsschriften, die sich mit ihr befassen, während es...


Der Autor Christian Warns, geb. 1990 in Mainz, absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, welches er im Sommer 2014 mit der Ersten juristischen Prüfung abschloss. Im Anschluss war der Autor in Heidelberg als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Herrn Prof. Dr. Markus Stoffels am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Unternehmensrecht beschäftigt. Das juristische Referendariat am Oberlandesgericht Karlsruhe beschloss der Autor im Frühjahr 2019 erfolgreich mit der Zweiten Juristischen Staatsprüfung. Derzeit ist der Autor in Heilbronn wohnhaft und als Syndikusrechtsanwalt in der Arbeitsrechtsabteilung eines Einzelhandelsunternehmens tätig.


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