Menn Der geschäftliche Betrieb als „Dritter“ im Sinne des § 299 StGB

Zugleich ein Beitrag zu Auslegung und Reichweite des strafrechtlichen Bestechungsverbots

E-Book, Deutsch, 268 Seiten

Reihe: Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht

ISBN: 978-3-8114-4042-5
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Bestechungstatbestand des § 299 StGB fristete viele Jahre ein Schattendasein. Erst in den letzten Jahren hat das Interesse an der Vorschrift deutlich zugenommen, vor allem durch das Aufdecken einiger spektakulärer Fälle von Wirtschaftskorruption und neuer europarechtliche Vorgaben an den Straftatbestand. Das Werk untersucht einen sog. Grenzbereich des § 299 StGB und versucht eine Antwort auf die praxisrelevante Frage zu geben, in welchen Fällen die Annahme oder das Gewähren von Vorteilen zugunsten der Anstellungskörperschaft des Vorteilsannehmenden ein Strafbarkeitsrisiko nach § 299 StGB nach sich zieht.
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Zielgruppe


Strafrechtswissenschaftler, Rechtsanwälte mit wirtschaftsstrafrechtlichem Schwerpunkt


Autoren/Hrsg.


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Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A. Historische Entwicklung des § 299 StGB A. Historische Entwicklung des § 299 StGB
12 Um das Rechtsgut des heutigen Delikts der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ermitteln zu können, ist es unerlässlich, die historische Entwicklung des § 299 StGB aufzuzeigen. Aus ihr können Rückschlüsse auf die Intention des Gesetzgebers bei der Schaffung der Vorschrift und möglicherweise auf den Sinn und Zweck des Tatbestands gezogen werden. Das Bedürfnis nach Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße ist dabei eng an die Entwicklung des Gewerbes und des freien Wettbewerbs als notwendige Ausgangsposition für das Entstehen unlauterer Geschäftspraktiken geknüpft. Ein Wettbewerb im Gewerbe entsteht dann, wenn mehrere gleichartige Gewerbe nebeneinander betrieben werden und ein jeder versucht, seine jeweiligen Leistungen abzusetzen. Dies ist naturgemäß erst dann möglich, wenn sich die Naturalwirtschaft in eine Tausch- und Geldwirtschaft gewandelt hat.[1] Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit I. Vor Einführung der Gewerbefreiheit
13 Dem germanischen Recht (bis ca. 500 n. Chr.) waren das Wettbewerbsrecht und damit auch die Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße noch fremd. Es existierte eine primär auf Eigenbedarf ausgerichtete Wirtschaftsstruktur.[2] Geld war zwar schon vorhanden, wie entsprechende Münzfunde belegen, doch war es den Germanen als Handelsgut weitestgehend unbekannt. Stattdessen diente es oftmals religiösen Zwecken oder wurde schlichtweg als Schatz gehortet.[3] Das Volk war in Gemeinschaften gegliedert, welche vor und über dem einzelnen Individuum standen.[4] Wichtigste Gemeinschaft war dabei die Sippe[5]. Die genossenschaftliche Herrschaftsstruktur und die auf Bedarfsdeckung ausgerichtete Wirtschaft benötigten noch keine wettbewerbsrechtlichen Regeln. 14 Auch in der fränkischen Zeit (ca. 500-900 n. Chr.) fehlte es noch an wettbewerbsrechtlichen Normen. Grund dafür waren vor allem die Kontroll- und Bannbefugnisse der Grundherren.[6] Die Abnahme gewerblicher Waren war auf bestimmte Gewerbebetriebe beschränkt.[7] Zunächst stand auch hier die Deckung des Eigenbedarfs in der jeweiligen Grundherrschaft im Vordergrund. Das Maß der Betätigung wurde durch die eigenen Bedürfnisse sowie die der Grundherrschaft reguliert.[8] Der Aufschwung der gewerblichen Tätigkeit durch die zunehmende Bevölkerungsdichte in den einzelnen Grundherrschaften führte erst nach und nach zu der Einführung einer gewissen Wettbewerbsstruktur. Damit einher gingen Verbesserungen des Betriebs und seiner Erzeugnisse. Einige Betriebe erhielten Zinslehen, die an die Verpflichtung zur Erbringung bestimmter gewerblicher Leistungen geknüpft wurden.[9] In der weiteren Entwicklung wurde der Betrieb des Handwerks als Amt verliehen und mit einem Grundstück sowie weiteren Rechten ausgestattet. In dieser Folge entstanden die Realrechtsgewerbe, deren herrschaftliche Verleihung sowohl Rechte als auch Pflichten begründete.[10] Vorteilhaft für den Realrechtsinhaber war, dass andere Betriebe von der Ausübung des Gewerbes am gleichen Ort ausgeschlossen waren. Auf der Gegenseite war der Amtsinhaber jedoch verpflichtet, die Bedürfnisse seines Herrschaftsbereiches zu befriedigen, seine Dienstleistungen der Grundherrschaft zur Verfügung zu stellen und die Preise auf einem niedrigen Niveau zu halten. Die Ausübung des Gewerbes blieb daher stets ein vom Grundherrn abgeleitetes Herrschaftsrecht.[11] 15 Im Mittelalter erkannten die Gewerbetreibenden zunehmend die wirtschaftliche Bedeutung ihrer Arbeit.[12] Die Interessen des Handwerks deckten sich infolge der Ausweitung der Tätigkeit über die bloße Selbstversorgung hinaus nicht mehr mit den Interessen der Grundherren. Auf der Kaufmannsseite entwickelten sich in der Folge die Gilden, die alsbald die Führung der Stadtherrschaft übernahmen. Die Handwerkerschaft auf der anderen Seite sah sich durch die Geschlossenheit der Kaufmannschaft ebenfalls dazu veranlasst, sich zusammen zu schließen, und gründete zunächst so genannte Brüderschaften, dann Innungen und schließlich Zünfte.[13] In der Folge eines politischen Machtkampfes zwischen den Gilden und den Zünften um die Vorherrschaft in den Städten entstand der Zunftzwang.[14] Damit sollte ein geschlossenes Auftreten gegenüber den Kaufleuten erreicht werden. Jeder, der ein Gewerbe betreiben wollte, musste Mitglied der Zunft sein. Häufig gab es nicht unerhebliche Hürden wie beispielsweise hohe Gebühren, das Erfordernis eines besonderen Bildungsstandes sowie die Erlangung des Bürgerrechts. Nach außen hin wurde die Möglichkeit einer Konkurrenz gegen die Zunft durch Maßnahmen wie Einfuhrbeschränkungen und die Festlegung und Begrenzung der Tätigkeitsbereiche und Arbeitsgebiete der Zünfte unterbunden.[15] So wurde freier Wettbewerb schon vor seiner Entstehung im Keim erstickt. Um unter ihren Mitgliedern gleiche Bedingungen zu schaffen, unterbanden die Zünfte zudem jedwede unlautere Konkurrenz durch disziplinarische oder gewerbepolizeiliche Maßnahmen. So war beispielsweise bei den Schlossern zu Speyer (1539) sowie den Kistenmachern zu Lübeck (1508) das „abwendig machen von Kunden“ untersagt.[16] Auch war das Recht auf Ausübung der gewerblichen Tätigkeit meist dahingehend beschränkt, dass der Gewinn eines Gewerbetreibenden den der anderen Zunftgenossen nicht übersteigen durfte. Ein erhöhter Gewinn stellte eine Rechtsverletzung der jeweiligen Zunft dar.[17] Es existierten zahlreiche weitere zunftinterne Vorschriften, die ebenfalls das Ziel verfolgten, einen gleichmäßigen Erwerb herbeizuführen. Es gab Beschränkungen bei der Maximalzahl der erlaubten Gehilfen, einen Maximallohn für Gehilfen, der das Anwerben bei der Konkurrenz unterbinden sollte, Beschränkungen in der Arbeitszeit, der Arbeitsmittel und der Produktionsmenge sowie die Festlegung bestimmter Tätigkeitsbezirke und das Verbot, die bereits begonnene Arbeit eines Konkurrenten fortzuführen.[18] Die strenge interne Wettbewerbsbeschränkung, die auf dem Wesen des genossenschaftlichen Zunftrechts beruhte, verhinderte zugleich auch korruptes und unlauteres Geschäftsverhalten. 16 Erst ab Beginn des 17. Jahrhunderts begann die Monopolstellung der Zünfte zu bröckeln. Eingeleitet wurde diese Entwicklung durch die weitere Intensivierung des Wirtschaftsverkehrs und sich mehrende Missstände in den Zünften.[19] Der Zunftzwang wurde zunehmend in einem eigennützigen Sinn aufgefasst und es wurde unter verschiedenen Vorwänden versucht, die Aufnahme weiterer Mitglieder zu verhindern.[20] Dem versuchten damalige Polizeiordnungen entgegen zu wirken, indem sie vorschrieben, dass die Aufnahme in der Zunft nicht grundlos verweigert werden durfte.[21] Damit wurde den Meistern der Zünfte ihr vielleicht wichtigstes Sonderrecht aberkannt.[22] Die Landesherren vergaben an Handwerksorganisationen Konzessionen in Form von Generalprivilegien und Gildebriefen.[23] Die Ahndung wettbewerbsrechtlicher Verstöße wurde zur Aufgabe der territorialen Polizei. Damit rückten erstmals Konsumenteninteressen der Allgemeinheit in den Vordergrund. Der seit Beginn des 17. Jahrhunderts aufkommende bürgerliche Geist stand in einem erheblichen Gegensatz zum Zunft- und Monopolgeist des Mittelalters und leitete den Beginn des Frühkapitalismus ein.[24] Dennoch war die Betreibung eines Gewerbes nach wie vor streng reglementiert. Freier Wettbewerb fand nur in geringem Maße statt. Folgerichtig bestand auch nur ein äußerst eingeschränktes Bedürfnis an der Sanktionierung wettbewerbsrechtlicher Verstöße durch allgemein gültige Normen. Teil 2 Grundsätzliche Erwägungen › A › II. Die Einführung der Gewerbefreiheit II. Die Einführung der Gewerbefreiheit
17 Die Französische Revolution von 1789 brachte schließlich eine durchgreifende Befreiung vom bisher nach wie vor vorherrschenden Zunftwesen. In Frankreich wurde die allgemeine Gewerbefreiheit am 1.4.1791 gesetzlich eingeführt. Damit einher ging ihre Einführung in den mit Frankreich verbundenen deutschen Ländern.[25] Die meisten anderen deutschen Staaten übernahmen die Gewerbefreiheit im Jahr 1797 nach französischem Vorbild. 18 In Preußen hingegen führte erst das Gewerbesteueredikt vom 28.10.1810 zur Einführung der Gewerbefreiheit. Das Edikt regelte, dass die Ausübung eines Gewerbes lediglich von der Lösung eines Gewerbescheins abhängig war. Ausgenommen waren lediglich einige wenige Berufe, wie beispielsweise der des Apothekers, des Arztes und des Gastwirts.[26] Der Zunftzwang wurde aufgehoben und die Zünfte behielten fortan lediglich noch...


Dr. Maximilian Menn ist derzeit als Referendar in der Wahlstation bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstraftaten in Frankfurt am Main beschäftigt. Er studierte Rechtswissenschaften in Passau und Münster und war im Anschluss an sein Studium in mehreren international tätigen Kanzleien in Frankfurt am Main beschäftigt. Sein Referendariat absolvierte er in Frankfurt am Main und Canberra (Australien). Sein besonderes Interesse gilt dem Wirtschaftsstrafrecht sowie dem nationalen und internationalen Zivilverfahrensrecht.


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