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E-Book, Deutsch, 120 Seiten

Adler Generation Mietwagen

Die neue Lust an einer anderen Mobilität

E-Book, Deutsch, 120 Seiten

ISBN: 978-3-86581-630-6
Verlag: oekom
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



Des Deutschen liebstes Kind – sein Auto? Aus und vorbei! Die junge, urbane Bevölkerung nutzt im fröhlichen Wechsel CarSharing und Bike-on-Demand, Mitfahrbörsen und die Bahn: Sie will sich nicht mit Reifenwechseln und Blicken unter die Motorhaube belasten; sie sucht Premium-Mobilität, nicht aber das Premium-Auto vor der Tür. Michael Adler spürt diesem Trend nach und schlägt einen Bogen zur Zukunft der Mobilität. Er zeigt, wie aus dem Lifestyle der jungen Großstädter eine umweltverträgliche Fortbewegung für alle werden kann – und was wir dafür tun müssen. Von der Planung des öffentlichen Nahverkehrs bis zur 'menschenfreundlichen Stadt' formuliert er eine konkrete Agenda für Gesellschaft und Politik. Damit aus dem schicken Trend eine nachhaltige Bewegung wird.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


1;Generation Mietwagen;1
2;Inhaltsverzeichnis;7
3;Vorwort: Die Kerze brennt von zwei Enden her;9
3.1;Die automobile Kultur zeigt Risse;11
4;Vision 2040: Das Millenniumskind;15
4.1;Swiss-mobil als weltweites Vorbild;16
4.2;Der Kulturwandel der 2020er-Jahre;18
4.3;Das Klimaschutzministerium greift durch;19
5;Das automobile Jahrhundert: Wie wir wurden, was wir sind;21
5.1;S-Klasse schlägt Trabi;23
5.2;Leben ohne Auto undenkbar;24
6;Peak Everything: Das Ende fossiler Brennstoffe;35
6.1;Peak Oil;35
6.2;Peak Atom;40
6.3;Peak Gas und Kohle;43
6.4;Tipping Point 1: Die Endlichkeit der fossilen Mobilität;45
7;Die "Tortilla-Krise": Alternativen mit begrenzter Reichweite;47
7.1;Biokraftstoffe;47
7.2;Wasserstoff in der Brennstoffzelle;52
7.3;Mythos Elektromobil;55
7.4;Tipping Point 2: Die Schwäche der Alternativen;62
8;Die neue Mobilität ist bunt – und macht Spaß!;63
8.1;Die Planung: Die Stadt für Menschen;70
8.2;Der aufrechte Gang: Der Mensch bewegt sich selbst;77
8.3;Die Velorution: Zukunft auf zwei Rädern;87
8.4;Der öffentliche Individualverkehr;91
8.5;Tipping-Point 3: Die Attraktivität der menschlichen Stadt;105
9;Vision 2040: 80 Prozent weniger CO2, 100 Prozent besseres Leben;107
9.1;Rückeroberte Straßen und Plätze;109
10;Nachwort: Einfach, bequem und schnell – Luxus neu gedacht;113
11;Literatur;117
12;Dank;121


Das automobile Jahrhundert: Wie wir wurden, was wir sind Noch scheint die kulturelle und politische Definitionsmacht des automobilen Jahrhunderts ungebrochen. Der Besitz und die Nutzung eines Autos gelten immer noch vielen als Normalzustand, »kein Auto« als nicht normal. Wie kam es zu dieser Sichtweise? 1968, als ich sechs Jahre alt war, umrundete Apollo 8 den Mond und mein Vater kaufte sein erstes Auto. Es war ein BMW mit 600 Kubikzentimetern Hubraum und 19,5 PS, mit einer Klappe an der Frontseite zum Einsteigen. Im Gegensatz zur legendären Isetta hatte ihr Nachfolger eine kleine Rückbank mit einer ebenso kleinen Tür. Das Gefährt machte 110 Stundenkilometer Spitze mit Rückenwind bergab. Von da an ging es automobil mit uns bergauf: über den VW Käfer sowie diverse französische und japanische Modelle bis hin zum Opel Omega, den mein Vater zuletzt fuhr. Natürlich begann der Siegeszug des Automobils als weltweite Ikone technischen Fortschritts bereits einige Jahrzehnte früher, spätestens mit der Massenfertigung des Ford-T-Modells oder dem Volkswagen in Deutschland unter den Nationalsozialisten. Doch seine kulturelle Dominanz durch die massenhafte Verbreitung in allen Bevölkerungsschichten ist in Europa ein Phänomen der 1960er- und 1970er-Jahre. Darauf basiert die Monostruktur unseres Mobilitätsdenkens – damals wurde die mentale Landkarte der fossil betriebenen Automobilität geschrieben. Sie beruht auf der »Dreieinigkeit von Billigenergie, Wachstumsparadigma und karboner Gesellschaft«, wie Leggewie und Welzer in ihrem viel beachteten sozialwissenschaftlichen Buch zum Klimawandel Das Ende der Welt, wie wir sie kannten schreiben. Wer Ende der 1960er-Jahre kein Auto hatte oder zumindest dringend haben wollte, war von gestern. Janis Joplin röhrte beim Woodstock-Festival »Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz«, Hollywood-Größen wie James Dean, Steve McQueen oder Paul Newman fuhren mit heißen Zweisitzern wahlweise Autorennen oder gleich in den Tod. Das Auto war Kult und essenzieller Bestandteil von love, peace and happiness – vor allem Symbol individueller Freiheit, in Roadmovies, in den Straßen von San Francisco und bei endlosen Autojagden zwischen Verbrechern und Polizei über die Highways amerikanischer Metropolen. Das Auto hatte als Transportmittel der Film- und Fernsehhelden das Pferd abgelöst. Trotz aller Ölkrisen und mahnender Worte von weitblickenden Wissenschaftlern über die »Grenzen des Wachstums« glaubte eine sehr große Mehrheit, der Spaß mit dem immer schnelleren Automobil werde niemals enden. S-Klasse schlägt Trabi Als wir Westdeutschen nach 1989 die vermeintlich armen, ihrer Freiheit beraubten Mitbürger aus der ehemaligen DDR im Westen begrüßten, entzündete sich bei vielen von uns das Mitleid mehr an den aus Plaste und Elaste gebauten Simpel-Autos namens Trabant als an der von der Stasi beschränkten politischen Meinungsfreiheit. Es war ja offensichtlich, dass eine Gesellschaft, die eine Mercedes-S-Klasse bauen konnte, dem Trabi-System haushoch überlegen war. Eigentlich in allem. Und die Menschen im Osten hungerten nach Reisefreiheit und mehr PS. Sie bekamen die »Verkehrsprojekte Deutsche Einheit« und das Versprechen blühender Landschaften, sie erhöhten ihre Motorisierungsrate auf Westniveau, wie sie ihre Geburtenrate unter die des Westens verringerten. »Autos statt Kinder« wäre der richtige Slogan für Helmut Kohl 1990 gewesen. Osteuropa konnten wir nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vermeintlich schmerzfrei an den westlichen Lebensstil »anschließen«. Das Ganze rechnete sich für uns sogar in Kategorien des Klimawandels. Die sozialistische Industrieproduktion war nämlich noch verschwenderischer mit den natürlichen Ressourcen umgegangen als der durch Ölkrisen und Umweltbewegung schon leicht gezähmte Kapitalismus westlicher Prägung. So kompensierte der Zusammenbruch der Ostindustrie das Mehr an CO2-Emissionen auf den Straßen um ein Vielfaches. Noch heute ist mehr als die Hälfte der sauberen deutschen Kyoto-Weste – die als Vergleichsjahr 1990 heranzieht – der Demontage von Buna, Leuna, Bitterfeld und Wolfen geschuldet und nur zum kleineren Teil unserer oft und gerne zitierten »technischen Vorreiterrolle« beim Umwelt- und Klimaschutz. Leben ohne Auto undenkbar Das Auto wird seitdem von der deutschen Politik und der Wirtschaft weiterhin wahlweise als Produkt einer Leitindustrie, als Jobmotor oder als Innovationsbeschleuniger gefeiert. Leggewie und Welzer nennen es schlicht das »zentrale ikonische Objekt der Industriegesellschaften. Das Auto liefert Spaß, Macht, Distinktion, Freiheit, Komfort, Fetisch, Technologie und Sound – also das Maximum an konsumierbarem Sinn. Deshalb will es niemand abschaffen, obwohl es längst von gestern ist«. Ein grundsätzliches Umdenken findet nicht statt, weil es das Auto innerhalb von nur zwei Generationen geschafft hat, ein Leben ohne Auto undenkbar erscheinen zu lassen. Wir haben automobile Mobilität in unseren Habitus integriert. Das Auto bestimmt nicht mehr nur unser Denken, wir sind automobil. In Deutschland, dem Erfinderland des Autos, gilt das »Automobilsein« in besonderem Maße. Die hiesige Autoindustrie gefällt sich außerdem in der Pose, vor allem im Premiumsegment zu produzieren. »Premium« steht dabei für Sechs- bis Zwölf-Zylinder-Motoren mit drei Litern Hubraum, 250 bis 500 PS und Höchstgeschwindigkeiten weit jenseits von 200 Kilometern pro Stunde. Der CO2-Ausstoß dieser ungefähr zwei Tonnen schweren »fahrenden Wohnzimmer« liegt zwischen 200 und 350 Gramm pro Kilometer, also beim Doppelten bis Dreifachen des von der EU bis 2015 angestrebten Grenzwerts von 120 Gramm. Die technische Aufrüstung im automobilen Bereich hat viel mit dem Standard zu tun, den man heutzutage von einem Auto gewohnt ist: Es bietet Platz für fünf Menschen mit Gepäck, fährt mindestens 200 Stundenkilometer schnell, beschleunigt von null auf hundert in unter zehn Sekunden und kommt mit einer Tankfüllung 500 bis 1.000 Kilometer weit. Diese Werte wurden in den letzten zwei Generationen fest im kollektiven Bewusstsein der automobilen Weltgemeinschaft verankert. Zudem gilt in Deutschland ein Benzinverbrauch von »unter zehn Litern« pro 100 Kilometer nach wie vor als »ganz okay«. Jeder technische Fortschritt im Feld der Kraftstoffeffizienz wurde deshalb in noch größere, komfortablere »Rennreiselimousinen« übersetzt und damit aufgefressen. BMW wirbt aktuell bei seinem neuen »Geländewagen« X6 mit dessen Hybridisierung. Das heißt, im X6 arbeitet neben dem üblichen Verbrennungsmotor zusätzlich ein Elektromotor. Statt diese Spritspartechnik jedoch zu nutzen, um Autos zu entwickeln, die weniger als 100 Gramm CO2 ausstoßen, dämpft BMW den unvertretbar hohen Verbrauch eines Dinosauriermodells auf »sagenhafte« 231 Gramm pro Kilometer – das Doppelte dessen, was als EU-Grenzwert seit etwa 15 Jahren diskutiert wird. Sitzheizung, Klima-, Audio-, Freisprechanlage und Navigation schaffen die Illusion vom bequemen Leben und Arbeiten bei einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern – »Premium made in Germany«. Nach dem Wunsch der deutschen Autoindustrie darf sich daran auch nichts ändern. Nicht, weil es um sie selbst ginge – nein, weil »jeder siebte Arbeitsplatz« angeblich vom Auto abhängt. Seit mehr als 30 Jahren wird diese Zahl stetig wiederholt, in politischen Reden benutzt und von Journalisten abgeschrieben. Doch wer die Zahl überprüft, stellt fest: Sie stimmt nicht. Exkurs: Die letzte Bastion: »Jeder siebte Arbeitsplatz …« Gerade in der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde jede Wohltat für die notleidende Automobilindustrie mit dem Arbeitsplatzargument begründet – weil ja jeder siebte Arbeitsplatz vom Auto abhängt. Bundeskanzlerin Angela Merkel weiß es, SPD-Chef Sigmar Gabriel auch, DGB-Chef Michael Sommer glaubt daran und der Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA) Matthias Wissmann sowieso: »Jeder siebte Arbeitsplatz hängt vom Auto ab.« Eigentlich weiß das jedes Kind. Muss auch stimmen, weil man ja so viele Autos sieht. Alle Straßen, alle Städte, alle Parkplätze sind voll davon. Aber ist es auch wahr? Schaffen Millionen Autos auch Millionen Jobs? Hängt wirklich jeder siebte Beschäftigte in Deutschland am Auto? Wie viele und welche Arbeitsplätze wären das? Und hängen sie alle davon ab, dass die deutsche Autoindustrie die Vehikel herstellt? Viele Milliarden Steuergelder fließen Jahr für Jahr in gute Rahmenbedingungen für die Autoindustrie. Zu nennen sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – der Straßenbau, Steuerermäßigungen für Dieselfahrzeuge und Dienstwagen, Abwrackprämie und Konjunkturprogramme. Zur Rechtfertigung einer solchen Unterstützung unserer »Leitindustrie« wird gern das »Jeder siebte Arbeitsplatz«-Argument angebracht. Angesichts der genannten Summen sollte man eine Fülle wissenschaftlicher Studien erwarten, die die herausragende Bedeutung der Autoindustrie für Wohlstand und Beschäftigung in unserem Land belegen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Mythos Arbeitsplätze in der Automobilindustrie hat seinen Ursprung im Jahr 1978, als Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) erstmals eine Zahl für die Beschäftigungswirkung des Autobaus errechneten: Es war auch damals nur jeder 21. Arbeitsplatz in Westdeutschland. Der VDA blies die Zahlen auf, befeuert seitdem nahezu unwidersprochen den Mythos und entwickelt ihn kreativ weiter. Erstaunlich ist, dass sich die Zahlen dabei immer einer erklecklichen Schar ebenso willfähriger wie nicht reflektierender Zitierer sicher sein können. Versuchen wir also, die Fakten zu recherchieren. Dass viele Menschen in Deutschland mit dem Motorenbau,...


Michael Adler studierte Politikwissenschaften und widmet sich seither ökologisch sinnvollen Alternativen zum motorisierten Individualverkehr. Er ist Geschäftsführer der Service GmbH des Verkehrsclubs Deutschlands (VCD) und Chefredakteur der VCD-Zeitschrift fairkehr.


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