Ahnert | Auf die Väter kommt es an | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Ahnert Auf die Väter kommt es an

Wie ihr Denken, Fühlen und Handeln unsere Kinder von Anfang an prägen | Wissenschaftliche Erkenntnisse über die wichtige Rolle der Väter

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-8437-2895-9
Verlag: Ullstein Ebooks
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Was macht einen guten Vater aus? Welche Rolle spielt er bei der Entwicklung seines Kindes? Eine ganz besondere, hat Professor Lieselotte Ahnert herausgefunden. In ihrem Buch enthüllt die Psychologin erstmals wesentliche Erkenntnisse aus ihrer eigenen und der internationalen Väterforschung. Lieselotte Ahnert gibt Antworten auf zentrale Fragen der Vater-Kind-Beziehung: Was machen Väter anders als Mütter? Was können nur sie leisten und welchen Effekt hat das auf die Kinder? Ahnert weist nach, dass Väter viele Facetten der kindlichen Entwicklung bereichern. So haben sie großen Einfluss darauf, wie gut Kinder mit Stress umgehen und wie sich ihre Neugier entwickelt. Ihr Fazit: Väter sind keinesfalls wichtiger als Mütter, aber ihre Wirkung auf die Kinder ist von unschätzbarem Wert.

Univ.- Prof. Dr. Lieselotte Ahnert (geb. 1951) ist emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie des Instituts für Psychologie der Universität Wien und Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören: die Mutter- und Vater-Kind-Bindung, Beziehungsvielfalt bei Kindern, Stress in der Kindheit, Frühe Bildung und die Entwicklung von Kleinkindern in familiärer und außerfamiliärer Betreuung.
Ahnert Auf die Väter kommt es an jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Kapitel 1
Auf den Spuren der Vaterschaft
»Die Erforschung der Vaterschaft ist untersagt.«Code Civil Bonaparte (Artikel 340) März 1804 Jeder Mensch hat einen Vater, kennt Väter und hat persönliche Erfahrungen mit ihnen gemacht. Und dennoch wissen wir über das wirkliche Wesen der Vaterschaft kaum etwas. Denn während Mütter und Mutterschaft schon seit mehr als 100 Jahren zu einem relevanten Gegenstand der Forschung geworden sind, hat die wissenschaftliche Annäherung an die Väter und das Vatersein erst vor gut 50 Jahren begonnen. So untersucht die Väterforschung erst seit den 1970er-Jahren als empirische Wissenschaft, sprich: mit umfangreichen Befragungen, sorgfältigen Beobachtungen oder ausführlichen Interviews, das Leben von Vätern. Sie fragt, welchen Einflüssen Väter ausgesetzt sind, aber auch, wie sie auf ihr Umfeld einwirken, auf ihre Familie und ihre Kinder. Das Ziel dieser Forschung besteht nicht darin, herauszufinden, wie Väter sein sollten, sondern darin, wie sie wirklich sind. Aus heutiger Sicht ist es kaum zu verstehen, warum die Vaterschaft so lange in Wissenschaft wie Gesellschaft keine Rolle spielte. Im Frankreich Napoleon Bonapartes war bereits eine Recherche nach dem biologischen Vater gänzlich untersagt – gewiss ein Extremfall, aber einer, der durchaus ins Bild passt: Vätern genauer auf die Spur zu kommen, wurde als unwichtig angesehen. Und wenn es um Babys und Kleinkinder und ihre allerersten Entwicklungsschritte ging, meinte man dafür umso genauer zu wissen, welche Rolle allein den Müttern zukommt, was Mütter ausmachen und wie sie sich zu verhalten haben – und noch vor wenigen Jahren war man der festen Überzeugung, ein Kleinkind sei schon von Natur aus besser bei der Mutter aufgehoben2. Sich frühzeitig einbringen
In den ersten Lebensjahren kommt es sehr wohl auch auf die Väter an. Die Zeit von der Geburt bis zur Einschulung ist die intensivste Entwicklungszeit im Leben eines Menschen. Man kann es nur mit äußerstem Nachdruck sagen: Väter werden gerade auch in dieser Zeit gebraucht. Und dafür gibt es einige gute Gründe: Bekanntermaßen kommen menschliche Babys zu einem extrem frühen Zeitpunkt ihres Lebens auf die Welt – sehr viel früher und entsprechend unreifer als die Nachkommen anderer Säugetiere. Die meisten Tierbabys sind schon nach der Geburt in kürzester Zeit vollumfänglich lebenstüchtig, laufen ihren Müttern nach und nehmen recht eigenständig am Leben in der Wildnis teil. Bei unseren Babys reifen dagegen alle Köperfunktionen erst nachgeburtlich und außerhalb des Mutterleibes aus. Nehmen wir nur die Hirnentwicklung: Ein menschliches Hirn wiegt zum Zeitpunkt der Geburt etwa 400 Gramm und nach nur zwei Jahren bereits erstaunliche 900 Gramm. Das entspricht immerhin schon zwei Dritteln des Hirngewichts eines Erwachsenen. Wichtig ist jedoch dabei festzustellen, dass sich selbst diese Ausreifung größtenteils erfahrungsabhängig vollzieht – Umwelterfahrungen, die unsere Babys schon nach der Geburt machen, haben damit einen nachhaltigen Einfluss darauf, wie ihr Gehirn später funktioniert3. Um nun diese so wichtigen Umwelterfahrungen überhaupt machen zu können, kommt ein Menschenkind bereits mit herausragenden sozialen Fähigkeiten zur Welt: Es nimmt menschliche Gesichter mit größerer Aufmerksamkeit als andere Umgebungsreize wahr und kann schon innerhalb weniger Tage einzelne Gesichter unterscheiden. Es reagiert höchst empfindlich auf menschliche Stimmen und lernt sehr schnell, sie aus den Umgebungsgeräuschen herauszufiltern. Auch kann es Bewegungen und Handlungsmuster gut erfassen und wiederkehrende Vorgänge schnell identifizieren. All das erlaubt es dem Baby, die vielen Eindrücke während der Interaktion mit seinen Eltern zu sortieren und einzuordnen. Wer glaubt, dass die vielen Eindrücke – die unterschiedlichen Gesichtszüge der Eltern, ihre mimischen Reaktionen und wie sie das Baby halten, es ansprechen, schmusen und kuscheln – das Baby verunsicherten, der irrt gewaltig4. Babys sind keineswegs überfordert, wenn sich das Elternverhalten immer wieder von einer anderen Seite zeigt. Die Vielfalt bringt seine Entwicklung erst so richtig auf Trab. Anregend sind eben nicht nur bunte Spielmaterialien, weiche Stofftiere und harmonische Klänge aus der Spieluhr. Es ist vor allem das Zusammensein mit den Menschen, die sich um das Kind kümmern. Und deshalb kann die Väterforschung von ihren ersten Erkenntnissen an bestätigen, dass Väter unbedingt dazugehören sollten. Zudem kann sie deutlicher denn je aufzeigen, wie heutige Väter weitaus selbstverständlicher als ihre eigenen Väter den Wunsch und das Bedürfnis haben, sich aktiv und liebevoll um ihre Familien und ihre Kinder zu kümmern. Bereitschaft zur Elternzeit bewerten
Ohne Frage haben Familien in den zurückliegenden Jahrzehnten enorme Veränderungen erlebt, und sie befinden sich auch weiterhin im Wandel. Das zeigt sich in der Abkehr von traditionellen Rollenmustern und den Veränderungen im Selbstverständnis junger Männer, die sich von den Vorstellungen wegbewegen, die ihre eigenen Väter über ihre familiäre Rolle noch hatten. Es sind epochale Prozesse, die die Geschlechterordnung unserer Zeit hinterfragen und neu ordnen. Viele der Veränderungen brechen vor allem über die Väter herein. Dass diese Veränderungen mit Schwierigkeiten und Herausforderungen verbunden sind, zeigt sich schon in der Bereitschaft zur Elternzeit. In vielen europäischen Ländern haben inzwischen auch Väter ganz selbstverständlich Anspruch auf Elternzeit. Sie soll es ihnen ermöglichen, von Anfang an eine gute Beziehung zu ihren Kindern entwickeln zu können. Obwohl die Zahl derer, die dieses Angebot annehmen, in den vergangenen Jahren zugenommen hat, liegt ihr Anteil in Deutschland (2021) gerade mal bei 25,3 Prozent. Dabei kümmern sich die Mütter im Durchschnitt 14,6 Monate, die Väter dagegen nur 3,7 Monate um die Betreuung des Kindes5. Für dieses Ungleichgewicht gibt es viele Gründe: Verdienen Väter mehr als ihre Partnerinnen, nehmen sie hierzulande kaum Elternzeit. Je größer diese Einkommensdifferenz ist, desto unwahrscheinlicher wird die Elternzeit für den Vater. Umgekehrt steigt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Väter Elternzeit nehmen, wenn die ökonomischen Einbußen überschaubar sind, wenn der Arbeitgeber familienfreundlich ist und wenn die Väter keine Nachteile bei zukünftigen Personalscheidungen – also keinen Karriereknick – und auch sonst keine Diskriminierungen befürchten müssen6. Schwierig kann die Elternzeit jedoch für Väter werden, die in anspruchsvollen oder leitenden Positionen arbeiten. Ein Forschungsteam um Bettina Wiese, die an der Universität Aachen über Personal- und Organisationspsychologie forscht, hat in Deutschland und der Schweiz Väter dazu befragt, die Leitungspositionen innehatten7. Es zeigte sich, dass die Elternzeit kürzer oder überhaupt nicht genommen wurde, je mehr Personen diesen Vätern unterstellt waren. Und noch ein anderer Zusammenhang ließ sich nachweisen: Je größer die Sorge dieser Väter war, durch längere Abwesenheit den Anschluss an fachliche Entwicklungen zu verlieren, desto kürzer war die Elternzeit oder wurde gar nicht in Anspruch genommen. Letztendlich hatten 15 Prozent der Väter dieser Studie überhaupt keine Elternzeit genommen, 39 Prozent zwei Wochen, 33 Prozent zwei Monate, und nur 15 Prozent der Väter verlängerten die Elternzeit über die zwei Monate hinaus. Väter besser einbeziehen
Allzu oft wird nur die Bereitschaft zur Elternzeit ins Feld geführt, wenn es darum geht, die Qualität der Vaterschaft zu bewerten. Dadurch gerät eine andere, viel wichtigere Frage in den Hintergrund: Wie sieht es tatsächlich mit der Motivation und dem Engagement der heutigen Väter aus, ihre familiäre Rolle kompetent auszufüllen? Darüber weiß man immer noch erschreckend wenig. Wer diese Lücke jedoch schließen will, muss die Väter besser als bisher in die Forschung einbeziehen. Insbesondere, wenn Einstellungen und Befindlichkeiten rund ums Vatersein untersucht werden sollen, genügt es nicht, nur über sie zu sprechen, man muss vor allem mit ihnen sprechen und mit ihnen in den Dialog treten. Und das ist nicht selbstverständlich: Als neugierige junge Wissenschaftlerin stieß ich noch in den 1990er-Jahren in Berlin auf große Widerstände, wenn ich im Rahmen unserer Familienforschung versuchte, auch Väter für eine Teilnahme zu gewinnen. In dieser Zeit interessierten uns die familiären Lebensumstände von Babys und Kleinkindern und wie sie sich auf die kindliche Entwicklung auswirkten. Wir bestimmten bei unseren Hausbesuchen den Entwicklungsstand der Kinder, wir beobachteten die Mutter-Kind-Beziehung und sprachen mit den Müttern über den Familienalltag. Sehr gern hätten wir auch die Väter einbezogen, aber leider standen sie uns entweder ablehnend gegenüber, oder sie blieben gleich ganz im Hintergrund. Offenbar konnten sie mit unseren...


Ahnert, Lieselotte
Univ.- Prof. Dr. Lieselotte Ahnert (geb. 1951) ist emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie des Instituts für Psychologie der Universität Wien und Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören: die Mutter- und Vater-Kind-Bindung, Beziehungsvielfalt bei Kindern, Stress in der Kindheit, Frühe Bildung und die Entwicklung von Kleinkindern in familiärer und außerfamiliärer Betreuung.

Univ.- Prof. Dr. Lieselotte Ahnert (geb. 1951) ist emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie des Instituts für Psychologie der Universität Wien und Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören: die Mutter- und Vater-Kind-Bindung, Beziehungsvielfalt bei Kindern, Stress in der Kindheit, Frühe Bildung und die Entwicklung von Kleinkindern in familiärer und außerfamiliärer Betreuung.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.