Aichinger / Linde / Auferkorte-Michaelis | Diversität an Hochschulen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 3, 440 Seiten

Reihe: Zeitschrift für Hochschulentwicklung Jg. 15

Aichinger / Linde / Auferkorte-Michaelis Diversität an Hochschulen

Chancen und Herausforderungen auf dem Weg zu exzellenten und inklusiven Hochschulen

E-Book, Deutsch, Band 3, 440 Seiten

Reihe: Zeitschrift für Hochschulentwicklung Jg. 15

ISBN: 978-3-7526-5568-1
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die vorliegende Ausgabe der ZFHE ermöglicht einen spannenden Einblick in die Diversity-Aktivitäten an Hochschulen und soll den Akteur*innen im DACH-Raum Anregungen, aber auch Bestätigung geben, weiter auf dem Weg zu bleiben, Hochschulen zu einem inklusiven Raum werden zu lassen. Die einzelnen Beiträge befassen sich von der Mikroebene der Lehrveranstaltung über die Mesoebene der Studiengänge bis hin zur Makroebene der Hochschule und häufig auch über mehrere Ebenen hinweg mit
Diversität, Exzellenz und Inklusion an Hochschulen.
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Rolf SCHULMEISTER2 (Hamburg)
Heterogenität des studentischen Lernverhaltens
Zusammenfassung Wissenschaftlicher Beitrag · DOI: 10.3217/zfhe-15-03/02 Der Begriff der Heterogenität spielt in der deutschsprachigen Tradition der pädagogisch-psychologischen Forschung eine bedeutsame Rolle. Die in der Zeitallokation der Studierenden nachgewiesene Varianz deutet auf die Heterogenität von Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmalen, die sich im Studierverhalten auswirken und für den Studienerfolg entscheidend sind. Dies betrifft vor allem die Konstanz der Anwesenheit im Unterricht, die Konzentration beim Lernen, die Ausdauer und Persistenz der Zielverfolgung. Schlüsselwörter Diversität, Heterogenität, Persönlichkeit, Workload, Motivation Heterogeneity in student learning behaviour Abstract The term heterogeneity plays an important role in German educational and psychological research. The variance in students’ time allocation behaviors hints at study habits and personality factors that contribute to success or failure in their studies. The relevant factors include continuity of attendance, concentration in learning, efficacy and persistence in pursuing self-determined goals. Keywords diversity, heterogeneity, personality, workload, motivation 1 Diversität und Heterogenität: eine Abgrenzung Der zur Zeit der Bürgerrechtsbewegung in den USA als humanistische Strategie der Antidiskriminierung bedeutsam gewordene Begriff „Diversity“ ist in der amerikanischen Hochschulpolitik eng mit dem rechtlichen und hochschulpolitischen Konzept der „affirmative action“ verbunden, das den gleichberechtigten Zugang von ethnischen und sozialen Minoritäten zu den Hochschulen sichern und positive soziale und kognitive Effekte aus der Interaktion der multikulturellen Gemeinschaft gewinnen soll. Fast alle Hochschulen in den USA hatten bereits vor der Milleniumswende in Reaktion auf Urteile des U.S. Supreme Court zu „affirmative action“ Center for Diversity oder Provosts for Diversity eingerichtet (Beispiele in SCHULMEISTER, 2006, S. 65-73). Im letzten Jahrzehnt haben mehrere dieser Institutionen ihren Namen durch die Begriffe „Inclusion“ und/oder „Equity“ ergänzt, womit sie die sozialpolitische Orientierung ihrer Diversitätspolitik an der UN-Menschenrechtscharta3 hervorheben. Welche Bedeutungen Diversity hochschulpolitisch einschließt, wird an den Leitideen der Hochschulen deutlich. Danach zielt Diversity in Hochschulen vornehmlich auf „equal opportunity for persons regardless of age, color, disability, ethnicity, gender identity or expression, genetic information, marital status, military/veteran status, national origin, race, religion/creed, sex, sexual orientation, or any other status protected by law.“4 Diesen integrativen Gleichstellungsansatz vertritt auch die European University Association (2018) mit dem Dokument „Universities’ Strategies and Approaches towards Diversity, Equity and Inclusion“. Das in den Wirtschaftswissenschaften verbreitete Konzept „Diversity Management“ (z. B. GARDENSWARTZ & ROWE, 2010) wurde in den letzten Jahren von mehreren Autor*innen als Muster für hochschulpolitische und -didaktische Überlegungen adaptiert (z. B. GAISCH & AICHINGER, 2016), um den Begriff Diversität um psychologische Verhaltens- und Persönlichkeitszüge zu erweitern: „Historisch gesehen wird hier ein Fachdiskurs, der in den Wirtschafts- und Betriebswissenschaften entwickelt wurde, in die Erziehungswissenschaft hineingetragen.“ (WALGENBACH, 2017, S. 92) Die Übertragung des Diversitätskonzepts auf Lernverhalten subsumiert die Bedeutungssphäre des pädagogischen Begriffs Heterogenität und deckt dennoch nicht den semantischen Bereich komplett ab, den Heterogenität in der Pädagogik einnimmt. In der deutschsprachigen Literatur werden der sozio-kulturelle Begriff Diversität5 und der pädagogisch-psychologische Begriff Heterogenität6 sehr uneinheitlich verwendet. Obwohl beide Begriffe Verschiedenheit, Uneinheitlichkeit oder Vielfalt meinen, bleiben Versuche, die den Unterschied zwischen den Begriffen in Form dichotomer Begriffspaare zu beschreiben, z. B. soziale versus individuelle Faktoren, exogene versus endogene Variablen, sichtbare versus nicht-sichtbare Merkmale oder invariante versus veränderliche Eigenschaften, stets unvollständig. Während der soziologische Begriff Diversität Gruppen in Bevölkerung, Gesellschaft und Organisationen unterscheidet, bezieht sich der Begriff Heterogenität, der in der Schulpädagogik und Pädagogischen Psychologie eine längere Tradition hat, auf die Vielfalt psychologischer Faktoren, hinsichtlich derer sich Individuen in Gruppen unterscheiden und mit denen sich Unterschiede in Lernverhalten und Studienerfolg beschreiben und erklären lassen (WALGENBACH, 2017). In Psychologie und Hochschuldidaktik „richtet sich das Hauptaugenmerk heute zunehmend auf proximale, die Qualität von Lehr- und Lernprozessen direkt kennzeichnende bzw. beeinflussende Faktoren“ (WILD & ESDAR, 2014, S. 15-16). Entsprechend der Vielfalt der involvierten Gesichtspunkte variiert die Bedeutung von Heterogenität je nach Erkenntnisinteresse und theoretischem Hintergrund des Beobachters (TRAUTMANN & WISCHER, 2011, S. 53). Während die sozio-kulturellen Variablen des familiären Hintergrunds im schulischen Bildungsgang wirken, die Entscheidung für ein Studium, die Wahl des Studienfaches und das Aspirationsniveau beeinflussen, werden mit Beginn des Studiums psychologische Faktoren im Lernverhalten bestimmend. Im Rückblick auf den seit 1989 durchgeführten National Survey of Student Engagement (NSSE) erkennen KUH et al. (2006, S. 31) eine Ablösung der demographischen Faktoren durch das Studierverhalten: „Once students start college, however, another key factor in their success—broadly defined—is ,student engagement‘ or the extent to which they take part in educationally effective practices“. Eine solche Deutung, die in den „dispositionalen Merkmalen“ und dem „aktuellen Verhalten“ „die wichtigste dynamische Determinante der Schulleistungen und der Entstehung von Schulleistungsunterschieden“ sieht, vertreten HELMKE & WEINERT (1997, S. 99). In internationalen empirischen Studien werden häufig High School-Abschlussnoten (High School Grade Point Average; HSGPA) oder Hochschul-Eingangstests wie SAT7 mit dem GPA8 korreliert, also Schulleistungen mit Studienleistungen, wobei manche Autor*innen die Korrelationen als Zeichen von Begabung und Intelligenz deuten. Zwar erweisen sich Schulnoten generell als valider Prädiktor für Studiennoten, ob sie aber als Proxyvariable für Begabung und Intelligenz gelten können ist fraglich (DURDEN & ELLIS, 2003; WOODFIELD, 2006). Manche Autor*innen betrachten den GPA eher als Ergebnis persönlicher Anstrengung: „a student’s GPA is probably a proxy not just for their intelligence, but also for a level of effort as well“ (BROKER et al., 2014). Da auch das aktuelle Studierverhalten durch dieselben Faktoren beeinflusst wird, die schon in den Schulleistungen wirkten, liegt der Schluss nahe, dass es sich bei den Relationen zwischen „Schul- und Studiennoten um die gleichen oder sehr ähnliche Kompetenzen“ handelt (TRAPMANN, 2008, S. 205; vgl. PATTERSON, 2015; FERRARI & BECK, 1998; MEULENBROEK & VAN DEN BOGAARD, 2013). Fähigkeiten allein bewirken nicht den Studienerfolg, sondern die Leistung bemisst sich „in terms of what they bring to class (i. e., study habits)“ (NONIS & HUDSON, 2006). Führt man psychologische Variablen in Regressionsmodelle ein, geraten Verhaltensdimensionen sogar unabhängig von Intelligenz ins Blickfeld (CREDÉ & KUNCEL, 2008). 2 Heterogenität im Studierverhalten (Präsenz und Anwesenheit) Zeitdaten sind ein probater Weg, Heterogenität im Verhalten zu dokumentieren, ohne sich auf subjektive Angaben verlassen zu müssen. Methodisch kontrollierte und über längere Zeit gemessene Zeitdaten zeichnen das Bild einer enormen Varianz im Studierverhalten, die reichlich Anhaltspunkte für neue Hypothesen und die Überprüfung tradierter Annahmen zum Studienerfolg gibt. Da die konsekutive Studienarchitektur den Lernaufwand (Workload) durch Zeitvorgaben und Kreditpunkte (credit hours)9 für Selbststudium und Präsenz definiert, ist es sinnvoll zu klären, wie unterschiedlich Studierende mit Zeit umgehen und was „objektiv“ gemessene Zeitdaten über die Heterogenität des Studierverhaltens aussagen. Trotz enger organisatorischer und zeitlicher Rahmung des Studiums zeigt das Studierverhalten eine beträchtliche Varianz. Die quantitative Seite des Studierverhaltens wurde im Projekt ZEITLast mit einer Zeitbudget-Methode in 29 Stichproben aus 23 verschiedenen Studiengängen untersucht. Die Zeit, die Studierende in Lehrveranstaltungen, mit dem Selbststudium und...


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