Altmann / Altmann-Linzer | Tod in Wien | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

Altmann / Altmann-Linzer Tod in Wien

Briefe meines Vaters aus dem Zweiten Weltkrieg

E-Book, Deutsch, 372 Seiten

ISBN: 978-3-7460-7210-4
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Einen Tag nach seiner Hochzeit wurde der Münchner Soldat Anton Linzer nach Nord-Norwegen an den nördlichsten Einsatzort der Wehrmacht "abgestellt". Schon die Fahrt entlang der verminten Küstengewässer Norwegens geriet zu einem Abenteuer mit Herzklopfen. In den nächsten zwei Jahren leistete er als Funker seinen nervenaufreibenden Dienst und erlebte, wie nahe dem Nordkap der Sommer keine Nacht und der Winter keinen Tag kannte.
Seine Ablehnung gegenüber allem Militärischen "bestraften" seine Vorgesetzten mit der Abstellung in die Südukraine, der damals am härtesten umkämpften Front. Damit war er rettungslos verloren. Denn die Russen kesselten die ganze Südukraine ein, um jede Flucht in die Heimat zu unterbinden und deutsche Soldaten als Kriegsgefangene für den Wiederaufbau Stalingrads gefangen zu nehmen.
Nach viereinhalb Jahren Kriegsgefangenschaft gelangte er im Oktober 1948 nach Wien, schwer an Tbc erkrankt. Am 20. Oktober schrieb er noch einen hoffnungsvollen Brief an einen Freund. Doch 14 Tage später starb er. Warum, war jahrelang ein Geheimnis. Bis die Autoren plötzlich im Nachlass einen winzigen Zettel aus seinem Geheimtagebuch fanden ...
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Von der Kaserne in den Krieg: Stationierung in
Nord-Norwegen
Auf der Fahrt zum entferntesten Einsatzort der Wehrmacht Karte aus Hamburg, 7. März 1942 Meine liebe Friedl! Ich hab dir ja gesagt, dass du von mir immer ein paar Zeilen bekommst, wenn ich kann und Zeit habe. Wir sind gestern hier in Hamburg angekommen, total ausgefroren nach dieser langen Bummelfahrt, marschierten wir nach einem kleinen Vorort bei Hamburg, wo wir in einer Kaserne untergebracht sind. Man spricht von fünf bis acht Tagen, die wir hier bleiben sollen bis zu unserer Verladung und vielleicht kann ich dann diese „schöne Stadt Hamburg“ etwas genauer besichtigen. Es weht ein eisiger Wind hier… Hamburg, 8. März 1942 - Sonntag Meine brave, liebe Frau! Genau acht Tage sind bis jetzt vergangen, seit mein Schatz mit mir am Hochaltar diese unvergesslich schöne Stunde verlebt hat und wir beide die Ringe getauscht haben. Ich hab heute so viel Zeit gefunden, um mit Liebe daran zu denken und dir zu schreiben. Ich weiß ja, dass du auf meine Brieflein wartest und ich erfüll dir immer gern diesen Wunsch, wenn es mir möglich ist. Gestern am Nachmittag habe ich das erste Mal mit den anderen Unteroffizieren und Oberleutnants die Stadt so richtig zu sehen bekommen. Die Stadt ist schön! Hafenanlage, Kais, Landungsbrücken, Elbtunnel sind großartig und vor allem die U-Bahn, da ist alles dran. Im Übrigen ist aber mein Eindruck: Hamburg ist eine Hafenstadt mit den dazu gehörigen Lastereigenschaften. Das macht mir aber nichts aus. Von gestern bin ich ja auch nicht, und ich trag ja dich überall im Herzen mit mir herum, da kann mir nichts g’schehn! In dem größten und besten Haus in Hamburg, dem „Alsterpavillon“, sind wir dann gewesen und haben die 21-Mann-starke Kapelle spielen hören. Da ist das Café Luitpold in München richtig klein und bescheiden dagegen! Die Musik hat mich wieder weich gemacht (meinen Barraskopf, wie du immer sagst), und ich hab Sehnsucht gehabt nach dir. Man sieht etwas neidisch die vielen glücklichen Paare um einen herum, während unser Tisch ein grauer Haufen mit „Gamaschen am Smoking" bleibt. Abbildung 4: Alsterpavillon Bald kommt aber auch wieder die Zeit, wo wir beide zusammen ausgehen können. Den Heimaturlaub, der mir noch zusteht, den vergesse ich nicht. In ein paar Wochen oder Monaten, so hoff ich, bin ich dann der erste, der in Urlaub fährt. Wir können dann viel nachholen. Eben kam einer zu mir und sagte, wir müssen zum Appell antreten. (Auch am Sonntag!) Da hat man doch genug! Wir machen später noch eine Hafenrundfahrt mit dem ganzen Haufen; ich glaub, dass das eine schattige Angelegenheit wird. Die Reeperbahn war natürlich auch unser Ausflugsziel, sonst kennt man Hamburg nicht. Eine Straße ist das, bei der ein Varieté, eine Bude, zahllose Kneipen, Kinos und Automaten nacheinander kommen. Wie auf der Wies’n bei uns im Frieden. Im Panoptikum haben wir dann Tränen gelacht, auch im Spiegelkabinett und in der Folterkammer. Ich freu mich schon auf Nachricht von dir und bin gespannt, wie es sich das „kleine Etwas“ (damit war ich, seine Tochter, gemeint) überlegt hat. Ich denk oft dran! Wenn’s wirklich so ist, wie du gesagt hast, dass es ein Mädchen wird, freu ich mich auch darüber. Vielleicht sogar noch mehr, als wenn’s nicht so ist; es ist nur schade und macht mich traurig, wenn ich nicht bei dir sein kann, wenn du so harte Monate vor dir hast. Lass aber den Kopf nicht hängen, mein Schatz! Du bist ja jetzt schon eine richtige Frau – meine liebe Frau! Und da gibt’s kein sich gehen lassen und verzagen. Wenn ich auch ein paar 100 oder 1000 Kilometer von dir sein muss, ich bleib für dich doch immer dein Toni Rahlstedt, 11. März 1942 Meine liebe Friedl! Wir sind soeben von einem Gefechtsmarsch zurück in die Kaserne gekehrt und zu meiner großen Freude liegt das Paket von dir auf meinem Bett! Ich danke dir recht schön, mein Engel, es ist so eine kleine Beigabe zu unserem „grässlichen Fraß“ – ganz was Pfundiges. Das große Paket, an dem ich so schwer geschleppt habe, ist nun fast leer geworden. Auch wenn vorher beim Tragen gemeckert wird, schmeckt dann doch jeder Bissen „nach Heimat“. Deine Platzerl (Kekse) sind durch die lange Fahrt prima weich geworden, nur die Tüte war zu klein. Das heißt nicht, dass du schon wieder welche schicken sollst. Vielleicht kommen wir diese Woche noch weg (oder sogar über Nacht), es kann aber auch noch vier Wochen dauern. Es ist genauso gekommen, wie ich immer gesagt habe, bevor ich München verlassen habe. Das ist doch immer derselbe Krampf! Wie schön wär es gewesen, wenn ich noch Heimaturlaub bekommen hätte, statt hier in diesem gottverlassenen Drecksnest vor den Toren Hamburgs in einer Kaserne, mit sturem Außendienst, die Zeit zu verblödeln! Wenn keiner Lust hat auf Ausgang, so wie es bei uns augenblicklich ist, dann ist das immer ein schlechtes Zeichen. Rahlstedt (damals Vorort von Hamburg) liegt übrigens so weit weg von Hamburg wie Baierbrunn oder Schäftlarn von München und die Zugverbindung ist schlecht, also passt alles glänzend zusammen. Dafür habe ich abends Zeit, immer schön an dich zu schreiben und das ist für mich die beste Zerstreuung. Und du freust dich auch! Und du sollst ja immer Freude an deinem Schufti haben. Traurig sein, das darf meine kleine Frau nicht kennen. Denk doch bloß an das „kleine Etwas“. Das darf doch auch nicht traurig in die Welt kommen...(Mein Vater beginnt früh, meine Mutter aufzumuntern, und ihre psychische Widerstandskraft zu stärken.) Jedenfalls freu ich mich auf dein erstes Brieflein und hoffe, dir bald meine jetzige Feldpost-Nummer geben zu können, auf dass unser Briefleinschreiben hin und her immer fleißig vor sich geht. Bleib gesund, brav und tapfer! Viele Grüße und noch mehr Küsse. Dein Toni. Rahlstedt (damals Vorort von Hamburg), 12. März 1942 Mein Lieb! Wie schön das sein kann, mein lieber Schatz, wenn man sich auf ein paar Zeilen von dir von Herzen sehnt und gleich darauf geht die Tür auf und schon ist Post da!!! Dafür bekommst du später ein paar Küsse in Natur, vorläufig muss ich sie dir eben noch mit dem Brieflein mitschicken für dein fleißiges Antworten auf meine Zeilen. Du hast ja so lieb geschrieben! Ich kann alles so gut verstehen und mir ist beim Lesen so warm ums Herz gewesen. Du sorgst dich aber zu viel um mich; deine Zeilen sind ein bisschen zittrig, das darf doch nicht sein, mein Lieb. Gestern Nacht war alles so schön, als ich dich in Gedanken mit ins Bett genommen habe – und alles war gut im Land der Träume. (Daneben malte er Musikknoten.) Abbildung 5: Elfriede Kaiser und Anton Linzer grüßen als Verlobte Doch heute Nacht, ja heute Nacht, da bin ich plötzlich aufgewacht und hab an dich gedacht. Du, mein Schatz, hast traurige, verweinte Augen gehabt, dieses Bild hab ich deutlich vor mir gesehen. Das darf doch nicht sein! Ich hab dich geschimpft dafür und war böse mit dir. Natürlich war ich nicht wirklich böse auf dich! Aber bitte nicht mehr weinen, das fühl ich doch so schnell! Und du willst doch deinen Toni nicht auch traurig machen. Denk an was Liebes, an unsere Zukunft und lach wieder, dann gibt’s keine Falten und du bleibst so jung und froh, wie`s sein soll. Es macht mich ja so froh und glücklich, dass du meine Frau geworden bist und mit mir durch’s Leben gehst, mit mir dein Schicksal verbunden hast. Das macht mich stark! Ich fühle, dass ich ein ganz anderer geworden bin als der, der vor Monaten sich an keine Pflichten binden wollte. Du baust einstweilen am Nestlein, bis ich komme und dir helfen kann, dann beginnt erst „unser Leben“! Immer kann ich dich hören und weiß, wie du denkst, du bist ja immer bei mir und gehst mit mir. Nie hätte ich geglaubt, dass es sowas gibt und jetzt weiß ich, wie schön das sein kann! Vielleicht habe ich gar nicht so viel des Guten verdient – aber ich kann mir’s ja immer noch verdienen? Sicher dadurch, dass ich, wenn ich heimkomme, in deine Augen offen sehen und sagen kann: Treu war ich dir! Gut, dass du das ...(das folgende Wort wurde von der Zensur geschwärzt)... gekauft hast. Sich immer gegenseitig eine Freude machen, das ist doch das Wichtigste! Viele Küsse einstweilen, dein Toni. Rahlstedt, 14. März 1942 Liebe Friedl! Schon wieder hat der Spieß „Linzer“ bei der Postausgabe verlesen! Da hab ich natürlich gestrahlt, wo ich doch gewusst hab, meine brave Frau hat sicher geschrieben! (Mancher Kamerad ist schon leise eifersüchtig, aber was man hat, das hat man!) Ich dank...


Altmann, Hans Christian
Hans Christian Altmann studierte nach dem humanistischen Gymnasium in Burghausen zuerst BWL und in einem zweiten Studium Geschichte, das er mit dem Dr. phil. abschloss. Danach machte er sich als Management-Trainer und Autor selbständig. Ein Vortrag über den ersten Weltkrieg, den er in München hielt, weckte sein Interesse, auch den zweiten Weltkrieg und seine historischen Hintergründe anhand von Zeitdokumenten - den Briefen Anton Linzers - zu erforschen, um so der Wahrheit dieser Jahrhundert-Katastrophe auf die Spur zu kommen.

Altmann-Linzer, Elfriede
Elfriede Altmann-Linzer wurde am 20. Oktober 1942 in München geboren. Ihren Vater, Anton Linzer, sah sie das letzte Mal im November 1943. Nach einer Ausbildung an der Riemerschmid-Handelsschule war sie jahrelang Chefsekretärin in einem Industriebetrieb, bis sie 1971 beschloss, das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nachzuholen. 1975 heiratete sie und 1996 erhielt sie von ihrer Mutter einen Karton mit über 200 Briefen ihres Vaters. Erst der Film "Unsere Mütter, unsere Väter" motivierte sie 20 Jahre später, die Briefe ihres Vaters zu lesen und diese einzigartigen Dokumente der Zeitgeschichte zu veröffentlichen.


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