Ambler | Ungewöhnliche Gefahr | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Ambler Ungewöhnliche Gefahr

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-455-17085-6
Verlag: Atlantik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Kenton ist ein erfolgreicher Journalist: Er ist sprachgewandt, ein Experte auf dem Gebiet der Europäischen Politik und er hat ein kompetentes Urteilsvermögen - zumindest im Berufsleben. Privat wird ihm das Glücksspiel immer wieder zum Verhängnis. Als er eines Morgens nach einer durchzechten Nacht völlig abgebrannt im Zug Richtung Österreich sitzt, sieht er eine Chance, wieder zu Geld zu kommen: Ein Fremder braucht Hilfe beim Schmuggel von Wertpapieren über die Landesgrenze. Doch das lukrative Angebot birgt ungeahnte Gefahren ...
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Weitere Infos & Material


Cover
Titelseite
Meiner Mutter [...]
»Heute, da Europa einem [...]
Prolog In der Gracechurch Street
Der Zug nach Linz
Zaleshoff und Tamara
Zimmer 25
Im Hotel Josef
Im Hotel Werner
Ortega
Colonel Robinson
Der Gummiknüppel
Zaleshoff schießt
Zaleshoff redet
Kenton denkt nach
Mr Hodgkin
Stacheldraht
Scharmützel
Plan und Ausführung
Im Bunker
Zeit zum Totschlagen
Genossin Smedow
Das Prager Morgenblatt
Nach Osten
Über Eric Ambler
Impressum
Skipper-Books


Prolog In der Gracechurch Street
An einem strahlenden Julivormittag setzte sich am Berkeley Square lautlos ein blauer Rolls-Royce in Bewegung, der wenig später Piccadilly überquerte und elegant in Richtung City verschwand. Da Mr Joseph Balterghen ziemlich klein geraten, sein Rolls-Royce aber eine große Limousine war, hätten die paar Leute, die an der Nordseite von Trafalgar Square auf den Bus warteten, schon den Hals recken müssen, um ihn zu sehen. Doch niemand machte sich die Mühe. Das war bedauerlich, denn Mr Balterghen, obschon keine besonders attraktive Erscheinung, war der Direktor der Paneurasischen Erdölgesellschaft und fünfzehn anderer Unternehmen sowie Aufsichtsratmitglied von dreißig weiteren Firmen, einschließlich einer Bank. Er war, um es in der Sprache von Finanzkreisen auszudrücken, »überaus solide«. Dass diese Formulierung nichts mit regelmäßigem Gottesdienstbesuch, frühzeitigem Zubettgehen und sauber zusammengerollten Regenschirmen zu tun hatte, verriet sein Gesicht, das von einem enttäuschten Geschäftspartner einmal mit einer »graubeerigen Weintraube« verglichen worden war. Er hätte hinzufügen können, dass die Beeren ziemlich verschrumpelt waren und im unteren Teil der Traube surrealistischerweise ein schwarzer Schnurrbart wuchs. Mr Balterghen kaute nachdenklich an diesem Schnurrbart, während sein Rolls die Northumberland Avenue hinunterglitt. Der Chauffeur beobachtete ihn im Rückspiegel, murmelte dabei »hat bestimmt ’ne Sitzung, das Aas«, bog ins Embankment ein und sah dann nicht mehr in den Rückspiegel, bis er vor dem neuen Verwaltungsgebäude der Paneurasischen Erdölgesellschaft in der Gracechurch Street anhielt. Mr Balterghen hörte auf, an seinem Schnurrbart zu kauen, betrat das Gebäude mit jenem ausdruckslosen Gesicht, das er im Dienst aufsetzte, und ließ sich von einem chromblinkenden Lift in die sechste Etage katapultieren. Dort betrat er sein Büro. Der zweite Sekretär, Blundell, staunte immer wieder über das Büro des Chefs. Blundell war im Rahmen von Balterghens Akademikerprogramm direkt von der Universität zur Paneurasischen gekommen und hatte anschließend äußerst verwirrt festgestellt, dass er als einer der wenigen die Säuberung überlebt hatte, die unter dem Motto »Praxis statt Hochschule« durchgeführt worden war. »Balterghens Büro«, hatte er seiner Frau einmal erzählt, »sieht eher wie der Salon einer Lebedame aus. Roter Perserteppich auf dem Fußboden, grüngesprenkelte Tapeten an der Wand, ein Biedermeierschreibtisch, ein chinesisches Lackschränkchen, ein neubyzantinisches Bücherregal, sechs Barockstühle und obendrein eine drago-aztekische Hausbar, die sich auf Knopfdruck öffnet. Wenn man nicht aus eigener Erfahrung wüsste, was für ein Fiesling dieser Mensch ist – beim Anblick dieses Zimmers wüsste man es sofort.« An diesem schönen Julitag ging Mr Balterghen erst einmal zu seiner Hausbar, entnahm ihr eine große Packung Magenpulver und mixte sich ein Glas. Dann zündete er sich eine Zigarre an, um den Geschmack loszuwerden, und drückte auf die fünfte Klingel auf seinem Schreibtisch. Kurz darauf betrat Blundell das Zimmer. »Wann fängt die Sitzung an, Blundell?« Mr Balterghen sprach, als hätte er eine heiße Kartoffel im Mund. »Um elf, Mr Balterghen.« »Es ist jetzt fünf vor. Sind die anderen Herren des Aufsichtsrats schon da?« »Alle bis auf Lord Welterfield.« »Wir fangen ohne ihn an.« »In Ordnung, Mr Balterghen. Ich werde Mr Wilson Bescheid sagen. Hier sind Ihre Unterlagen.« »Legen Sie sie dorthin. Einen Moment noch. Falls gegen Viertel vor eins ein gewisser Colonel Robinson hier aufkreuzt und mich sprechen will, dann bringen Sie ihn in ein freies Zimmer im fünften Stock. Haben Sie verstanden? Ich möchte nicht, dass er hier wartet.« »Jawohl, Mr Balterghen.«   Die Sitzung des Aufsichtsrats der Paneurasischen Erdölgesellschaft begann um zwei Minuten nach elf. Die Tagesordnung wurde diesmal mit erwartungsvoller Spannung in Angriff genommen. Jedermann wusste, dass es nur einen einzigen wirklich interessanten Punkt gab, der jedoch erst zum Schluss dran war. Als Lord Welterfield um Viertel vor zwölf eintraf und sich überschwänglich entschuldigte, winkten alle rasch ab. Im Grunde spielte es keine Rolle, ob Lord Welterfield anwesend war oder nicht. »Ich sehe hier«, sagte Mr Balterghen schließlich, »dass der nächste Tagesordnungspunkt meine Verhandlungen mit den Rumänen betrifft.« Er klang ein wenig überrascht, aber davon ließ sich niemand täuschen. Die Anwesenden lehnten sich zurück, und er fuhr fort: »Wenn ich mich nicht irre, war Lord Welterfield bei der Sitzung, auf der erstmals über dieses Thema debattiert wurde, nicht anwesend. Ich möchte deshalb die wesentlichen Punkte kurz rekapitulieren. Sie alle werden sich erinnern, dass uns im Jahre 1922 von der rumänischen Regierung eine Bohrlizenz erteilt wurde, und zwar für ein Gebiet östlich von Jassy, in dem seinerzeit reiche Ölvorkommen vermutet wurden. Sie werden sich des Weiteren erinnern, dass diese Konzession aus unserer Sicht ein Reinfall war. Zwischen 1923 und 1924 wurden lediglich fünftausend Barrel gefördert, und Anfang 1925 versiegte das vielversprechendste Bohrloch völlig. Da nach Ansicht unserer Geologen nicht damit zu rechnen war, dass wir auf kommerziell lohnende Ölfelder stoßen würden, mussten wir die Konzession faktisch als Fehlinvestition abschreiben. Das war kein so großes Malheur, da die Produktion unserer Tochterunternehmen in Venezuela, Mexiko und im Nahen Osten ausgezeichnet lief – was ja bis heute der Fall ist.« Es erhob sich beifälliges Gemurmel. »Doch angesichts der politischen Entwicklung in Europa zwischen 1935 und 1936«, fuhr Mr Balterghen fort, »erscheint es sinnvoll, sich wieder Rumänien zuzuwenden. Die gegen Italien verhängten Sanktionen haben Mussolini immerhin eines klargemacht: Italien kann seinen Erdölbedarf nicht ausschließlich mit Importen aus dem karibischen Raum decken. Iran und Irak sind in britischer Hand, Russland wird von den Sowjets beherrscht. Die italienische Kriegsmarine benötigt Treibstoff, die Luftwaffe und die Panzerdivisionen wären bei Treibstoffmangel nicht einsatzfähig. Es gibt nur eine Lösung – Rumänien. Zurzeit importiert Italien große Mengen rumänischen Erdöls, und die Tendenz ist steigend. Das neue Rüstungsprogramm der Italiener – und ich stütze mich hier auf persönliche Informationen – gründet weniger auf einem Ausbau der Mannschaftsstärke als vielmehr auf einer Erweiterung des Bestandes an U-Booten, Bombern und neuartigen Kampfpanzern. Das ist wichtig, denn in allen drei Fällen« – Balterghen pochte mit einem Stummelfinger auf die Tischplatte –, »in allen drei Fällen kommen Dieselmotoren zum Einsatz.« Die Anwesenden waren beeindruckt. Balterghen leckte sich die Lippen und fuhr fort: »Meine Herren, ich musste Ihnen seinerzeit nicht erklären, dass sich hier ein gutes Geschäft für uns andeutete. Lord Welterfield wird mir sofort zustimmen. Vor zwei Monaten wurden wir bei der rumänischen Regierung vorstellig. Wir baten um eine Revision der bereits bestehenden Konzessionen und erklärten uns bereit, viel Geld zu zahlen, sehr viel Geld. Wir wollten nur in fairer Weise an den Ölvorkommen beteiligt werden, die zurzeit von unseren Konkurrenten ausgebeutet werden. Unsere Agenten in Bukarest wandten sich an die richtigen Leute, sorgten dafür – die Vorgehensweise steht hier nicht zur Debatte –, dass unsere Vorschläge in Regierungskreisen positiv aufgenommen würden. Es wurde arrangiert, dass ein hochrangiger Politiker unsere Vorschläge hinsichtlich einer Neuordnung der Förderlizenzen auf der November-Sitzung der rumänischen Abgeordnetenkammer als notwendige Reform bezeichnen sollte – was sie ja in der Tat sind.« Die Anwesenden murmelten beifällig. »Vor zehn Tagen«, fuhr Mr Balterghen mit ruhiger Stimme fort, »habe ich jedoch erfahren, dass das Gesetzesvorhaben auf der November-Sitzung nicht die notwendige Mehrheit erhalten wird.« Einen Moment war es ganz still, dann sprachen alle durcheinander. Mr Balterghen hob die Hand. »Meine Herren, ich kann Ihre Erregung gut verstehen«, sagte er jovial. »Mir ging es nicht anders, als ich davon erfuhr. Gestatten Sie mir aber, Ihnen die Gründe für diesen Rückschlag darzulegen. Ich möchte vorausschicken, dass unsere Agenten in Rumänien keinerlei Schuld trifft. Sie haben hervorragende Arbeit geleistet. Dieser Misserfolg ist einzig und allein auf einen verleumderischen Artikel in einer Bukarester Zeitung zurückzuführen.« Er entnahm dem Ordner, der vor ihm auf dem Tisch lag, eine zerknitterte Zeitung und hielt sie hoch. »Hier, das ist das Blatt. Es heißt, frei übersetzt, Das arbeitende Volk und wird von der Sozialistischen Einheitspartei Rumäniens herausgegeben.« »Rote!«, rief Lord Welterfield empört. »Diese Partei gehört zwar nicht der Kommunistischen Internationalen an, aber es stimmt, diese Leute stehen sehr weit links.« »Läuft doch auf dasselbe hinaus«, brummte Lord Welterfield mürrisch. »Ich vermute«, fuhr Balterghen fort, »dass keiner von Ihnen Rumänisch spricht, im Gegensatz zu mir. Ich werde Ihnen also ein, zwei Stellen vorlesen. Die Überschrift lautet ›Die Geier sind schon auf der Lauer‹, und nach einer geschwätzigen Einleitung über den bösen Kapitalismus kommt der Autor zur Sache. Er fragt: Wer sind die Direktoren der Paneurasischen...


Fienbork, Matthias
Der Übersetzer Matthias Fienbork, geboren 1947, studierte Musik und Islamwissenschaft. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen neben Eric Ambler auch Michael Frayn, W. Somerset Maugham, Amos Elon und Tony Judt. Matthias Fienbork lebt in Berlin.

Ambler, Eric
Eric Ambler, geboren 1909, gehört zu den Begründern des klassischen Noir- und Spionagethrillers und wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Order of the British Empire, der ihm 1981 von Königin Elisabeth II. verliehen wurde. Eric Ambler starb 1998 in London.

Eric Ambler, geboren 1909, gehört zu den Begründern des klassischen Noir- und Spionagethrillers und wurde für seine Arbeit vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Order of the British Empire, der ihm 1981 von Königin Elisabeth II. verliehen wurde. Eric Ambler starb 1998 in London.


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