Anton / Schink | Der Kampf um die Wahrheit | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 336 Seiten, Format (B × H): 146 mm x 217 mm

Anton / Schink Der Kampf um die Wahrheit

Verschwörungstheorien zwischen Fake, Fiktion und Fakten

E-Book, Deutsch, 336 Seiten, Format (B × H): 146 mm x 217 mm

ISBN: 978-3-8312-7077-4
Verlag: Komplett-Media
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Waren Geheimdienste in die Anschläge vom 11. September 2001 verwickelt? Verheimlicht die US-Regierung Wissen über UFOs? Stecken Bill Gates und die Pharmalobby hinter Corona? Entführen Satanisten weltweit Kinder, um sie zu opfern und ihr Blut zu trinken? In den letzten Jahren haben Verschwörungstheorien eine ungeahnte Popularität erreicht. Im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie entstand in der Öffentlichkeit die Wahrnehmung, dass sich Verschwörungstheorien zu einer ernsten Gefahr für die Demokratie entwickeln. Sogar der Staat hat ihnen den Kampf angesagt.

Doch was genau sind eigentlich Verschwörungstheorien? Wie gefährlich sind sie wirklich? Wie entstehen sie und wie verbreiten sie sich? Und sind sie wirklich immer Unsinn oder steckt in mancher Verschwörungstheorie nicht auch das bekannte Fünkchen Wahrheit?

Die Soziologen Andreas Anton und Alan Schink geben in diesem Buch einen wissenschaftlich fundierten Überblick über Verschwörungstheorien und echte Verschwörungen. Sie zeigen, dass beide untrennbar miteinander verbunden sind, und dass es mit der »Wahrheit« oft weitaus schwieriger ist,
als es auf den ersten Blick erscheint.

Die Themen:

- Verschwörungstheorien in der wissenschaftlichen Diskussion
- Die Ermordung von John F. Kennedy
- Der Watergate-Skandal
- Freimaurer und Illuminaten
- Antisemitische Verschwörungstheorien
- Die Drogen- und Menschenversuche der CIA
- Stay-Behind-Armeen und die 'Strategie der Spannung'
- Verschwörungstheorien zum 11. September
- Der NSU-Komplex
- Das HAARP-Projekt
- Chemtrails
- David Icke und die 'Echsenmenschen'
- QAnon
- Corona-Verschwörungstheorien
- Verschwörungstheorien in den Medien
- Der Kampf gegen Verschwörungstheorien
- Verschwörungstheorien in der offenen Gesellschaft
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Zielgruppe


Gesellschaftlich und politisch interessierte Menschen#
Menschen, die die aktuellen Bewegungen verstehen wollen#
Menschen, die handfeste Argumente für Diskussionen suchen

Weitere Infos & Material


2. Zur Geschichte von Verschwörungen und Verschwörungs­theorien
Verschwörungen als historische Konstante
Wie so häufig liegen die Anfänge und der genaue Ablauf der Verschwörung im Dunkeln. Doch offensichtlich dauerte es nicht allzu lange, eine ausreichende Zahl von Mitverschwörern zu gewinnen, um den Plan umzusetzen, jenen Mann zu töten, der das Römische Reich wie zuvor kein anderer beherrschte. Am 15. März des Jahres 44 v. Chr. war es so weit: Während einer Senatssitzung im Theater des Pompeius wurde Gaius Julius Cäsar, Alleinherrscher im gesamten römischen Imperium und Diktator auf Lebenszeit, von einer Gruppe Senatoren mit 23 Dolchstichen ermordet. Angeführt wurde die Verschwörung, an der zwischen 60 und 80 Personen beteiligt waren, von den Senatoren Marcus Iunius Brutus und Gaius Cassius Longinus. Unter den Verschwörern waren einige Vertraue und Günstlinge Cäsars, doch offenbar war ihre Feindschaft gegen den Diktator derart ausgeprägt, dass niemand den geheimen Plan verriet. »Die klare Erkenntnis«, schreibt der Historiker Martin Jehne, »daß Caesar sich zum Alleinherrscher auf Dauer aufgeschwungen hatte und folglich die alte Republik nicht mehr bestand, hatte die Männer zusammengeführt; sie wollten, wie einige der legendären Vorbildfiguren, Rom von einem Tyrannen befreien und so selbst durch eine heroische Tat in die Geschichte eingehen.«1 Letztlich war die Verschwörung gegen Cäsar ein Misserfolg, denn die politischen Ziele, die seine Ermordung motiviert hatten, konnten in der Folgezeit nicht verwirklicht werden. Das Mordkomplott gegen Caesar kann dennoch als eine der bekanntesten historischen Verschwörungen gelten. Die Geschichte ist voll von Verschwörungen – missglückten und erfolgreichen. Sie ziehen sich gleichsam wie ein roter Faden durch die historischen Epochen.2 Einige Verschwörungen haben den Gang der Geschichte verändert. »Die spektakulärsten und folgeschwersten Fälle«, fasst Daniel Pipes zusammen, »betreffen den Mord an Führerpersönlichkeiten (Julius Cäsar, Zar Alexander II., Erzherzog Ferdinand, Anwar Sadat) und den Akt der Machtergreifung (durch Napoleon den III., Mussolini, Franco, Gamal Abdel Nasser).«3 Der Renaissance-Gelehrte Machiavelli hob, wie bereits erwähnt, die Bedeutung von Verschwörungen für politische und historische Entwicklungen hervor und widmete dem Thema in seinem Werk Discorsi aus dem Jahr 1531 ein ganzes Kapitel. Durch Verschwörungen, so Machiavelli gleich zu Beginn des Kapitels, hätten »mehr Machthaber Leben und Herrschaft verloren als durch offenen Krieg«.4 Machiavelli bezieht sich auf eine ganze Reihe historischer Verschwörungen und unterscheidet zwei Grundformen: (1) Verschwörungen, die sich gegen einzelne Machthaber richten, und (2) Verschwörungen gegen einen ganzen Staat, also Putschversuche oder Staatsstreiche. Als mögliche Motive der Verschwörer nennt er den Hass auf einen Herrscher, das Bedürfnis nach Rache, das Streben nach Freiheit und die Gier nach Macht.5 Verschwörer besäßen in der Regel selbst schon eine gewisse Macht und kämen oftmals aus der nächsten Umgebung der Herrscher, die sie stürzen wollen. Machiavelli beschäftigt sich auch damit, wie schwierig es ist, eine Verschwörung erfolgreich umzusetzen, weshalb Verschwörungen in vielen Fällen scheitern würden. Je höher die Zahl der Mitwisser, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verschwörung aufgedeckt wird. In den Worten Machiavellis: »Vor diesen Ursachen der Entdeckung einer Verschwörung, die auf Bosheit, Unvorsichtigkeit oder Leichtsinn zurückzuführen sind, kann man sich unmöglich schützen, sobald die Zahl der Mitwisser drei oder vier übersteigt.«6 Das Spektrum historischer Verschwörungen ist breit. Sie führten zu Gewaltherrschaft und Tyrannei, hatten aber auch den Sturz von Despoten und die Befreiung von willkürlicher Machtausübung zum Ziel. In besonderer Erinnerung scheinen uns jene Verschwörungen zu bleiben, hält der Publizist Uwe Schultz fest, die sich, ob erfolgreich oder nicht, auf die Tötung eines mächtigen Tyrannen richten, wie – neben dem bereits erwähnten Komplott gegen Cäsar – etwa das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944.7 Darüber, dass Verschwörungen eine Konstante in der menschlichen Geschichte bilden, sind sich Historiker weitestgehend einig. Völlig anders hingegen verhält es sich bei Verschwörungstheorien.8 Hier gibt es im Wesentlichen zwei Fraktionen: Für die einen sind Verschwörungstheorien, genau wie Verschwörungen, eine historische oder gar anthropologische Konstante und existieren damit genau so lange, wie es menschliche Kulturen gibt. Andere hingegen sehen die Phase zwischen Renaissance und Aufklärung in Europa als Ursprungszeit und -ort für das, was wir heute unter Verschwörungstheorien verstehen.9 Beide Ansätze haben gute Argumente für sich. Es hängt letztlich wieder davon ab, was genau man unter einer Verschwörungstheorie versteht. Schauen wir uns diese Diskussion anhand eines konkreten Beispiels näher an: der Hexenverfolgung. Die Verschwörung der Hexen
Dass es Menschen gibt, die übernatürliche Fähigkeiten haben und mithilfe von Magie Gutes oder Schlechtes bewirken können, war in Europa lange Zeit fester Bestandteil allgemein verbreiteter Glaubensvorstellungen. Mit der wachsenden Bedeutung des Christentums wurde der Glaube an Menschen mit magischen Fähigkeiten in einem neuen Rahmen gedeutet. Zauberei und Magie galten in den frühen christlichen Lehren als heidnischer Aberglaube, als Trugbilder und Täuschungen, die mit dem christlichen Glauben unvereinbar waren und daher bekämpft werden mussten. Allerdings war der Umgang der Kirche mit Menschen, die an magische Kräfte glaubten oder gar selbst Magie praktizierten im frühen Mittelalter noch verhältnismäßig mild. Da es sich aus Sicht der Kirche lediglich um Irrglauben und Täuschungen handelte, sah man keinen Grund, mit aller Strenge dagegen vorzugehen. Die Schuldigen sollten eher bekehrt und belehrt als bestraft werden.10 Diese Haltung änderte sich mit dem Ausgang des 12. Jahrhunderts grundlegend. Ein wichtiger Grund dafür war die an Bedeutung gewinnende Scholastik, einer die Gelehrtenwelt des späten Mittelalters dominierenden, theologisch geprägten Denkweise, zu der auch eine Dämonen- bzw. Teufelspaktlehre zählte. Menschen, so die Vorstellung, könnten einen Pakt mit Dämonen oder dem Teufel eingehen, um so übernatürliche Fähigkeiten zu erlangen.11 Magie und Zauberei waren von nun an also nicht mehr einfach Trugbilder, sondern real und ein Zeichen für den Einfluss und das Wirken von Dämonen und dem Satan. Hinzu kam die beginnende Inquisition gegen Ketzer und Häretiker, etwa gegen die Katharer, die Waldenser und gegen die Tempelritter, denen vorgeworfen wurde, vom ›echten Glauben‹ abgefallen zu sein und mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Anfang des 14. Jahrhunderts hatten Tempelritter unter Folter gestanden, dass sie Christus verleugnet hätten, was Papst Johannes XXII. zu der Überzeugung brachte, dass immer mehr Menschen vom Teufel besessen seien. Nachdem auch noch Gerüchte über magische Praktiken am Papsthof zu Avignon aufkamen, erließ er nach Anhörung von diversen Bischöfen und Theologen im Jahre 1326 die Bulle Super illius specula.12 Diese setzte Hexerei und Magie mit Häresie gleich und beauftragte die Inquisition damit, Hexen und Magier zu verfolgen und zu bestrafen.13 Etwa zu jener Zeit entstand auch das Hexenstereotyp, also die Vorstellung, dass es vor allem (alleinstehende) Frauen sind, die durch einen Teufelspakt magische Kräfte erlangt haben, mit denen sie ihren Mitmenschen schaden. Unzählige vermeintliche Hexen ›gestanden‹ unter Folter, dass sie sich mit dem Teufel verbündet, schwarze Magie praktiziert oder mit Dämonen verkehrt hätten. Dies schien die Richtigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen gegen Hexen zu bestätigen und die Situation spitzte sich immer weiter zu. Die Papstbulle Summis desideras affectibus von Innozenz VIII. aus dem Jahr 1484 sowie der Malleus maleficarum (Hexenhammer) von 1486 riefen zum unnachgiebigen Kampf gegen Hexen auf und werteten eine Vielzahl volkstümlicher magischer Praktiken als Hexerei.14 Bis zu ihrem Höhepunkt Mitte des 17. Jahrhunderts hatte sich die Hexenverfolgung zu einem wahren Massenwahn hochgesteigert, der im Heiligen Römischen Reich, Frankreich, Spanien, Italien und Osteuropa wütete.15 »Die Beauftragten des Satans«, schreibt Dieter Groh in diesem Zusammenhang, »waren offenbar überall eingedrungen, denn wie sollte man sonst erklären, daß die ›Hexen‹ trotz wachsender und immer grausamer werdender Verfolgung sich immer stärker vermehrten?«16 Insgesamt, so wird geschätzt, fielen dem Hexenwahn in Europa zwischen 40.000 und 60.000 Menschen zum Opfer, die Mehrzahl der Opfer waren Frauen. Die Frage ist nun: Handelt es sich im Fall des Hexenwahns um eine Verschwörungstheorie? Oder wie der Historiker Werner Tschacher fragt: »Kann das Hexereistereotyp des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit als eine vormoderne Variante von Verschwörungstheorien oder gar als eine bereits moderne...


Anton, Andreas
Dr. Andreas Anton ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) Freiburg. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Kultur- und sozialwissenschaftliche Aspekte der SETI-Forschung (Exosoziologie), soziologische Analysen von Verschwörungstheorien und Fragen nach dem gesellschaftlichen Umgang mit außergewöhnlichen Erfahrungen. Berichte und Interviews über seine Forschung in zahlreichen Medien, etwa Deutschlandfunk, NDR, WDR, MDR, FAZ, Die Zeit, Bild und Spektrum der Wissenschaft. Bei Komplett-Media ist bereits »Sie sind da« von ihm erschienen.

Schink, Alan
Dr. Alan Schink arbeitet als Lehrbeauftragter für qualitative Forschungsmethoden an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg (PMU) und als Achtsamkeits- und Stressreduktionstrainer (MBSR). Seine Fachgebiete sind Wissens- und Kultursoziologie, Ethnographie sowie Soziologie der Religion und des Körpers. Zahlreiche Forschungsbeiträge zum Themengebiet Verschwörungstheorien. Seine Dissertation zum Thema „Verschwörungstheorie und Konspiration – Ethnographische Untersuchungen der Konspirationskultur“ ist 2020 im Springer-Verlag erschienen.

Dr. Andreas Anton ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) Freiburg. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Kultur- und sozialwissenschaftliche Aspekte der SETI-Forschung (Exosoziologie), soziologische Analysen von Verschwörungstheorien und Fragen nach dem gesellschaftlichen Umgang mit außergewöhnlichen Erfahrungen. Berichte und Interviews über seine Forschung in zahlreichen Medien, etwa Deutschlandfunk, NDR, WDR, MDR, FAZ, Die Zeit, Bild und Spektrum der Wissenschaft. Bei Komplett-Media ist bereits "Sie sind da" von ihm erschienen.Dr. Alan Schink arbeitet als Lehrbeauftragter für qualitative Forschungsmethoden an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg (PMU) und als Achtsamkeits- und Stressreduktionstrainer (MBSR). Seine Fachgebiete sind Wissens- und Kultursoziologie, Ethnographie sowie Soziologie der Religion und des Körpers. Zahlreiche Forschungsbeiträge zum Themengebiet Verschwörungstheorien. Seine Dissertation zum Thema "Verschwörungstheorie und Konspiration – Ethnographische Untersuchungen der Konspirationskultur" ist 2020 im Springer-Verlag erschienen.


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