Barclay | Kind der Dunkelheit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 736 Seiten

Barclay Kind der Dunkelheit

Roman

E-Book, Deutsch, 736 Seiten

ISBN: 978-3-641-08702-9
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Eine weitere Herausforderung für die beste Söldnertruppe der Welt ...
Sie sind Söldner und sie sind die Besten - sie nennen sich der »Bund des Raben«. Jetzt stehen sie vor ihrer größten Herausforderung, denn schwere Katastrophen erschüttern ihr Land Balaia und die Magie wendet sich plötzlich gegen die Menschen. Als bekannt wird, dass ein Kind dafür verantwortlich ist, beginnt eine wilde Hetzjagd. Denn das kleine Mädchen ist die Tochter von einem der Raben - und keiner weiß, wo sie zu finden ist.

James Barclay wurde 1965 in Suffolk geboren. Er begeisterte er sich früh für Fantasy-Literatur und begann bereits mit dreizehn Jahren, die ersten eigenen Geschichten zu schreiben. Nach seinem Abschluss in Kommunikationswissenschaften besuchte Barclay eine Schauspielschule in London, entschied sich dann aber gegen eine Bühnenkarriere. Seit dem sensationellen Erfolg seiner 'Chroniken des Raben' konzentriert er sich ganz auf das Schreiben. James Barclay lebt mit seiner Lebensgefährtin in Barnes, England.
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2
Die ersten Tage an Bord des Schiffs waren die ruhigsten und entspanntesten in Eriennes bewegtem Leben gewesen. Inzwischen war sie sicher, dass sie den Fesseln der Kollegien endgültig entkommen war. Das galt nicht nur für Dordover, sondern für alle. Im spätsommerlich ruhigen Südmeer, wo immer noch eine schöne, trockene Wärme herrschte, konnten sie und Lyanna endlich aufatmen und sich überlegen, was hinter ihnen lag und was noch kommen mochte. Im Rückblick hatte sie das Gefühl, die Stimmen in ihrem Kopf seien so vertraut gewesen wie ein Teil von ihr selbst. Sie drängten sie, aufzubrechen und zu ihnen zu kommen. Erienne erinnerte sich noch an die Nacht, in der die Entscheidung gefallen war. Es war eine von vielen Nächten in Dordover gewesen, in denen Lyanna von Albträumen geplagt wurde. Es sollte die letzte sein, wie sich herausstellte. Dordover. Der Ältestenrat der Kollegien hatte sie nach ihrem Abschied aus Xetesk zunächst wieder aufgenommen. Man hatte sie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Abscheu angesichts ihrer turbulenten jüngsten Vergangenheit empfangen. Die außergewöhnlichen Begabungen ihrer Tochter waren gefördert und von Magiern erforscht worden, deren Nervosität die Erregung überwog. In dem Jahr, in dem die Dordovaner ihr zu helfen versucht hatten, war freilich nichts herausgekommen, das Erienne und Denser nicht schon selbst gewusst oder erraten hätten. Tatsache war, dass Lyannas Fähigkeiten weit über das begrenzte Verständnis der dordovanischen Magier hinausgingen. Sie konnten ihre Begabungen ebenso wenig fördern, wie sie eine Maus das Fliegen hätten lehren können. Eine Magie, ein Magier. Die dordovanischen Ältesten hassten diesen Spruch, und sie hassten Erienne dafür, dass sie entschieden daran glaubte. Diese Überzeugung verstieß gegen die Grundsätze der dordovanischen Unabhängigkeit. Zuerst hatten sie Lyannas Ausbildung mit großer Hingabe in Angriff genommen. Nachdem sie aber erkannt hatten, über welche Fähigkeiten das Mädchen wirklich verfügte, hatte sich ihre Haltung verändert, oder – noch wahrscheinlicher – sie fühlten sich durch die Kleine sogar bedroht. Doch die ganze Zeit über hatte jemand es verstanden. Leute, die Macht hatten. Ihre Stimmen hatten in Eriennes und, wie sie wusste, auch in Lyannas Kopf gesprochen. Die Stimmen hatten ihr Mut gemacht, ihren Glauben bestärkt und dafür gesorgt, dass sie nicht den Verstand verlor und gelassen blieb. Die Stimmen hatten sie gedrängt anzunehmen, was ihr geboten werden konnte – Wissen und die Macht zu helfen. Und dann war diese eine Nacht gekommen. Erienne hatte eingesehen, dass die Dordovaner Lyanna nicht mehr helfen konnten, und dass ihre ungeschickten Versuche das Mädchen sogar in Gefahr brachten. Sie konnten Lyanna nicht von ihren Albträumen befreien, und sie bekam keinen Raum mehr, um sich zu entwickeln. Ihre Frustration über die Behinderungen hätten unausweichlich in die Katastrophe geführt. Sie war so jung, sie konnte nicht einmal verstehen, was sie entfesselt hätte. Selbst jetzt war sie manchmal hitzköpfig und darin ein genaues Ebenbild ihrer Mutter. Bisher hatte sie ihre Wut noch nie in Form von Magie ausgetobt, aber dieser Augenblick würde früher oder später kommen, wenn sie ihre Begabung nicht zu beherrschen lernte. Lyanna war weinend aus einem Albtraum erwacht. Ihre schrillen Schreie hatten Erienne mehr Angst eingejagt als alles andere bisher. Sie hatte das zitternde, verschwitzte Mädchen in den Armen gewiegt und beruhigt, und ihr war bewusst geworden, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit ihrer Tochter, als habe sie es gerade eben erst geführt. »Schon gut, deine Mami ist ja da. Niemand kann dir etwas tun.« Erienne hatte ein Taschentuch aus dem Ärmel gezupft und Lyannas Gesicht getrocknet und versucht, das heftig pochende Herz zu beruhigen. »Ich weiß, Mami.« Das kleine Mädchen hatte sich an sie geklammert. »Die dunklen Ungeheuer sind gekommen, aber die alten Frauen haben sie weggejagt.« Erienne hatte aufgehört, sie zu wiegen. »Wer war das, Lyanna?« »Die alten Frauen. Die werden mich immer beschützen.« Sie hatte sich noch enger an ihre Mutter gekuschelt. »Jedenfalls wenn ich bei ihnen bin.« Erienne lächelte und traf ihre Entscheidung. »Schlaf jetzt wieder, Liebes.« Sie legte das kleine Mädchen wieder aufs Bett und streichelte ihr Haar. »Mami muss im Arbeitszimmer noch einige Dinge erledigen, und dann machen wir vielleicht eine kleine Reise.« »Gute Nacht, Mami.« »Gute Nacht, Liebes.« An der Tür hörte Erienne, wie Lyanna noch etwas flüsterte. Sie drehte sich um, doch Lyanna hatte nicht mit ihr gesprochen. Mit geschlossenen Augen sank ihre Tochter in einen, so die Götter es wollten, hoffentlich ruhigen Schlaf, in dem sie nicht mehr von Albträumen geplagt wurde. Sie flüsterte noch einmal, und dieses Mal konnte Erienne die halb gesungenen Worte verstehen, und sie hörte, wie die Kleine kicherte, als sei sie gekitzelt worden. »Wir kommen, wir kommen.« Die bald darauf folgende nächtliche Flucht aus Dordover ließ Erienne auch lange danach noch schaudern. Die erste Zeit war von Angst und Furcht und von der ständigen Sorge geprägt gewesen, die Flucht könnte doch noch scheitern. Inzwischen war allerdings klar, dass sie nie wirklich in Gefahr geschwebt hatten, aufgegriffen zu werden. Acht Tage in einer Kutsche, die von einer schweigsamen Elfenfrau gelenkt wurde, waren den drei unangenehmen Tagen im Dornenwald vorausgegangen. Damals hatte sie es noch für einen schlechten Einfall gehalten, doch mit der Zeit hatte sie begriffen, dass die Elfen der Gilde kaum etwas dem Zufall überließen. Angeschlossen hatte sich eine letzte, eilige Kutschfahrt nach Südosten bis Arlen, wo sie an Bord eines Schiffs gehen und alle Sorgen vergessen konnten. Das Schiff, die Meerulme, war ein Dreimastkutter, der vom Bugspriet bis zum Ruder fast hundert Fuß maß. Das schlanke und schmale Schiff war auf Geschwindigkeit ausgelegt, die Kabine unter Deck war eng, aber recht bequem. Die aus dreißig Elfen bestehende Besatzung hielt es makellos sauber, und so war die Meerulme ein ansehnliches Schiff, das sich solide unter den Füßen anfühlte. Die dunkelbraunen, fleckigen Balken waren gegen das Salzwasser imprägniert, und die Masten waren kräftig und doch zierlich. Erienne, die bisher kaum Erfahrungen mit Seereisen gemacht hatte, fühlte sich an Bord sofort wohl, und die energische, aber freundliche Behandlung durch die stark beschäftigte Mannschaft gab ihr Sicherheit. Wenn die Matrosen keinen Dienst hatten, freuten sie sich über Lyannas Gesellschaft, und das kleine Mädchen sah mit großen Augen zu, wie sie auf Deck ihre Späße machten, mit Orangen jonglierten, turnten, sangen und tanzten. Erienne war froh, zur Abwechslung einmal nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. So hatten sie sich ausgeruht und die frische Luft und die vielfältigen Gerüche des Schiffs und des Meeres aufgenommen, und endlich konnten sie auch sehen, dass ihre Helfer zu lächeln begannen, sobald sie Balaia hinter sich ließen. Ren’erei, ihre Kutscherin, redete jetzt sogar mit ihnen und hatte ihnen ihren Bruder Tryuun vorgestellt. Tryuun, dessen Haare ebenso kurz geschoren waren wie die seiner Schwester, hatte nur knapp genickt. Seine dunkelbraunen Augen hatten geblitzt, und Erienne war nicht entgangen, dass sein linkes Auge blutunterlaufen und die Pupille starr war. Auch die Augenhöhle war vernarbt. Sie nahm sich vor, Ren’erei danach zu fragen, bevor sie ihr Ziel erreichten. Die Gelegenheit ergab sich eines Abends, als sie schon vier Tage unterwegs waren. Das Abendessen war vorbei, die Kochtöpfe waren wieder verstaut, und die sorgfältig gehüteten Kochfeuer des Schiffs glühten nur noch schwach. Die Segel über ihnen waren prall gefüllt, und der Wind trieb Wolken vor die Sterne. Lyanna schlief schon in ihrer Koje. Erienne lehnte an der Reling und sah dem Wasser zu, das unter ihnen vorbeiströmte. Sie stellte sich vor, wie es sein mochte, direkt unter der Oberfläche zu schwimmen. Dann hörte sie, wie jemand neben sie trat. Ren’erei stand in einer ähnlichen Haltung wie sie selbst an der Reling. »Hypnotisierend, nicht wahr?«, sagte sie. »Wunderschön«, stimmte die Elfenfrau zu. Sie war tief gebräunt, nachdem sie den größten Teil ihres Lebens auf dem Südkontinent Calaius verbracht hatte. Sie war jung und hatte pechschwarzes, kurzes Haar, schräg sitzende, grüne Augen und Ohren, die wie spitze Blätter neben ihrem Kopf emporragten, und ein stolzes Gesicht mit markanten Zügen. Sie stand ein paar Schritte entfernt. In der Dunkelheit funkelten ihre Augen, als fingen sie die Reflexionen der Sterne im Wasser ein. »Wie lange noch, bis wir da sind?«, fragte Erienne. Ren’erei zuckte mit den Achseln. »Wenn der Wind gut bleibt, müssten wir den Ornouth-Archipel noch vor Sonnenuntergang sehen. Dann sind es höchstens noch ein paar Tage bis zur Küste.« »Wohin fahren wir denn eigentlich? Vorausgesetzt, du kannst es mir jetzt verraten.« Erienne hatte während der Kutschfahrt immer wieder nachgefragt, doch sie hatte bisher nichts Konkretes herausgefunden. Ren’erei lächelte. »Ja, jetzt kann ich es dir sagen. Wir fahren zu einer Insel tief im Innern der Inselgruppe, die wir Herendeneth nennen. In eurer Sprache bedeutet dies ›endloses Heim‹. Ich weiß nicht, ob es noch einen umgangssprachlichen Namen für die Insel gibt. Der Archipel besteht aus mehr als zweitausend Inseln, von denen manche nicht einmal auf Karten verzeichnet sind. Die ganze Gegend zu kartieren, würde länger als eine Lebensspanne dauern, und das gereicht uns zum Vorteil....


Barclay, James
James Barclay wurde 1965 in Suffolk geboren. Er begeisterte er sich früh für Fantasy-Literatur und begann bereits mit dreizehn Jahren, die ersten eigenen Geschichten zu schreiben. Nach seinem Abschluss in Kommunikationswissenschaften besuchte Barclay eine Schauspielschule in London, entschied sich dann aber gegen eine Bühnenkarriere. Seit dem sensationellen Erfolg seiner "Chroniken des Raben" konzentriert er sich ganz auf das Schreiben. James Barclay lebt mit seiner Lebensgefährtin in Barnes, England.


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