Becker | Die Schatten von New Orleans | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 450 Seiten

Reihe: Edition Carat

Becker Die Schatten von New Orleans

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 450 Seiten

Reihe: Edition Carat

ISBN: 978-3-95669-045-7
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



New York um 1870. Cynthia Crane, das Hausmädchen der angesehenen Familie van Buren, hat ein großes Geheimnis: Sie und der Sohn des Hauses planen, miteinander durchzubrennen. Doch alles kommt anders. Statt in den Armen des Liebhabers findet sich Cynthia hinter den Mauern des berüchtigten New Yorker Gefängnisses 'Rabennest' wieder. Als unschuldig verurteilte Schmuckdiebin ... Alle Verbindungen zu ihrem bisherigen Leben lösen sich auf rätselhafte Weise in Luft auf. Während sie allein und verlassen den erbarmungslosen Gefängnisalltag erduldet, erkennt Cynthia, dass viel mehr hinter ihrer fingierten Verurteilung steckt als eine verbotene Liebe. Unter spektakulären Umständen gelingt ihr die Flucht. Damit beginnt eine gefährliche Odyssee durch Opiumhöhlen, Gaunerspelunken und die Salons der ehrenwerten Gesellschaft. Von New York bis nach New Orleans und in die düsteren Sümpfe Louisianas. Cynthia trifft auf Wahrsager, Hafenpiraten und Betrüger. Wem kann sie trauen? Was will der alte Voodoo-Priester von ihr? Und was hat die Engelsfeder zu bedeuten?

Oliver Becker stammt aus Blumberg im Schwarzwald und lebt mit seiner Familie in Frankfurt am Main. Er schreibt Historische Romane und Kriminalromane. Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen zählt die Trilogie um die 'Krähentochter'. Sein neuestes Buch ist das Historienabenteuer 'Die Schatten von New Orleans': eine packende Odyssee durch Opiumhöhlen, Gaunerspelunken und die Salons der ehrenwerten Gesellschaft. Von New York bis nach New Orleans und in die düsteren Sümpfe Louisianas.
Becker Die Schatten von New Orleans jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Kapitel 1: Das Rabennest
Kapitel 2: Die brennende Tür
Kapitel 3: Der Hafenpirat und die Hexe
Kapitel 4: Die Kälte von St. Mortimer
Kapitel 5: Die Stadt des schwarzen Lichts
Kapitel 6: Der Sohn der Wildnis
Kapitel 7: Vollmondnarben
Kapitel 8: In Baron Samedis düsterem Reich
Kapitel 9: Die Verzweiflung des Mr. Shelby
Kapitel 10: Das Blut des Teufels
Kapitel 11: Die verlorenen Seelen
Anmerkungen des Autors


Kapitel 1
Das Rabennest
Die Zellentür wurde mit einem dumpfen Knall hinter Cynthia Crane zugeschlagen. Gleich darauf ertönte das Rasseln, mit dem sich der Schlüssel im Schloss drehte. Beide Geräusche hallten mit einer Endgültigkeit nach, die Cynthia eisig unter die Haut kroch. Sie spürte Blicke auf sich und wagte es kaum, geradeaus zu sehen. Die fremden Schemen auf den Pritschen nahm sie nur aus den Augenwinkeln wahr. Kein Wort ertönte, kein einziger Ton, und nie zuvor war Cynthia Lautlosigkeit derart bedrohlich erschienen. Ihre Lippen waren wie zugeklebt. Ein Gemisch widerwärtiger Gerüche hüllte sie ein. Schweiß, abgestandene Luft, das feuchte, faulige Stroh, aus dem die Matratzen bestanden. In der Zelle herrschte eine matte Dunkelheit, in der sich das einzige Fenster als graues Viereck abzeichnete. Langsam, ungewohnt steif bewegte sich Cynthia auf die kleine vergitterte Öffnung zu, hinter der sich der Himmel schwarz färbte. Sie stand da, die Nase knapp vor der schlierigen Scheibe, und spähte zwischen den eisernen Streben nach draußen. Das Gebäude, in dem sie sich befand, lag in Brooklyn, es war groß und wuchtig, das größte, das sie je betreten hatte. Die Stadt, die sich vor ihr ausbreitete, wirkte ganz nah – und dank der gewaltigen Mauer, die sie von ihr trennte, zugleich unerreichbar fern. In dem schwachen Licht bildeten die Häuser, Dächer und Kirchtürme ein bizarr verschwommenes Muster. Längst war der Name Rabennest zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem man Kindern einschärfte, brav zu sein und zu gehorchen, um nicht an diesem Ort zu landen. Man vergaß beinahe, dass er nicht nur als strenge Ermahnung diente, sondern tatsächlich existierte. Cynthia Crane jedenfalls hatte das vergessen – und jetzt hielt sie sich genau hier auf. Verlassen von der Welt fand sie sich in einer Zelle des berüchtigten Gefängnisses wieder. Nach wie vor konnte sie nicht fassen, was heute geschehen war. Dieser Tag hätte doch einen vollkommen anderen Verlauf nehmen, hätte der aufregendste ihres Lebens werden sollen. In gewissem Sinne war er das ja auch geworden. Allerdings nicht so wie gedacht, nein, ganz und gar nicht. Ein Albtraum, alles war zu einem einzigen großen Albtraum geworden. Sie fühlte eine Gänsehaut unter dem harten Stoff, aus dem der graue sackartige Überwurf bestand, den sie trug. Alles war ihr abgenommen worden, sogar ihre Unterwäsche, und nie zuvor hatte sie sich so geschämt, sich so entwürdigt gefühlt wie in jenem Moment, als man einen Kübel kühles, seifiges Wasser über ihrem nackten Körper ausschüttete und ihr anschließend das hässliche Stück Stoff, einem Kartoffelsack ähnlich, in die Hände drückte. Wie lange würde es dauern, bis sich dieses unglaubliche Missverständnis aufgeklärt hatte, bis sie endlich dieses schreckenerregende Gebäude würde verlassen können? Ein jähes Gekicher, schrill und gemein, seitlich von ihr. Cynthia versuchte vergeblich, es zu überhören. Der Spott darin machte ihr bewusst, dass eine ganze Nacht im Rabennest vor ihr lag. Eine Nacht, die endlos sein würde und die sich unerträglich schwer auf Cynthias schmale Schultern legte. Das Kichern wurde lauter, wurde bösartiger. Auf drei der vier Pritschen, von denen jeweils zwei übereinander an den beiden seitlichen Wänden angebracht waren, lagen Frauen – die vierte war für Cynthia vorgesehen. Während sie sich jetzt auf ihre Schlafstelle zubewegte, fühlte sie weiterhin die spähenden fremden Augen, die gewiss besser an diese wabernde Finsternis gewöhnt waren als ihre. »Was für hübsches Haar«, schnatterte eine Stimme. »So lang und schwarz.« »Ja«, antwortete eine zweite. Und fügte betont hinzu: »Noch.« Gelächter setzte ein. »Und was für eine elegante, aufrechte Haltung.« »Ja. Noch.« Cynthia schob sich auf die letzte freie Pritsche, eine der beiden oberen, und rollte sich ein, die Beine fest an ihren Körper gedrückt. Alles wirkte im Liegen noch überwältigender, der Gestank der Matratze, ihre Angst, ihre Ungewissheit. Von einem Moment auf den anderen hatte sich ein Abgrund vor ihr aufgetan, und jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als in sein schwarzes Nichts hinabzustarren. Cynthia fühlte, wie Tränen in ihr aufstiegen, doch sie kämpfte gegen sie an. Sie zählte die Sekunden, um sich ein wenig zu beruhigen, lauschte den Schreien der stets gegenwärtigen hässlichen, pechschwarzen Raben, denen das düstere Bauwerk seinen Spitznamen verdankte. Die Bilder der zurückliegenden Stunden stürmten auf Cynthia ein. Alles war so schnell gegangen. Eine Verkettung schrecklicher Ereignisse, die über sie hinweggepeitscht waren wie ein Wirbelsturm. Sie sah sich selbst, sah die Aufregung, die in ihrem Gesicht aufgeflammt war, als sie morgens aufgestanden war, mit heftig pochendem Herzen und dem tiefen Bewusstsein, dass große Veränderungen auf sie warteten. Die Kammer, in der sie ihr ganzes Leben verbracht hatte, nahm im fahlen Sonnenlicht Konturen an. Es war ein enges Zimmerchen, im obersten
Stockwerk, im hinteren Teil eines eleganten Bauwerks in der Columbus Avenue. Das schmale Bett, der ebenfalls schmale Schrank und schließlich die Faltwand, deren abgewetzter Stoff Kommode, Spiegel und Waschschüssel verbarg. Es gab nur ein winziges Fenster, das zur Rückseite wies, nach draußen auf den weitläufigen, stets bestens gepflegten Garten. Seit Cynthia ein junges Mädchen gewesen war, arbeitete sie für die van Burens, eine der angesehensten Familien New Yorks. Victor van Buren war ein allseits respektierter Mann, der bei etlichen geschäftlichen Unternehmungen mitmischte. Sogar während der Jahre nach dem Bürgerkrieg, der das Land blutend und ausgebrannt zurückgelassen hatte, war es ihm gelungen, sein beträchtliches Vermögen weiter zu vermehren. An jenem Morgen hatte sich Cynthia beim Waschen lange im Spiegel betrachtet, in ihrem Gesicht geforscht, ob darin irgendetwas verändert wäre. Doch bis auf die unübersehbare Anspannung war sie genau die Cynthia Crane, die sie kannte. Eine junge Frau, schlank und recht groß, mit gleichmäßigen Zügen und dunklen Augen. Das volle, schwarze Haar ließ sich mit der weißen Diensthaube kaum bändigen. Ganz langsam hatte sich Cynthia angezogen, ganz bewusst, als müsste sie selbst die gewöhnlichsten Bewegungen mit einer besonderen Sorgsamkeit durchführen. In ihrem einzigen Kleid und einem Cape darüber drehte sie eine zögerliche Pirouette vor dem Spiegel. Ihr Blick lag zweifelnd auf ihrer Gestalt, auf den abgetragenen Schuhen. Konnte sie es wagen, ausgerechnet diesen jungen Mann zu begleiten? Sich neben ihm sehen zu lassen, so zu tun, als gehörte sie zu ihm, als wäre sie kein einfaches Dienstmädchen? Ja, dieser junge Mann. David. Cynthia hatte versucht, ihre Bedenken beiseite zu schieben, indem sie noch einmal ihr Haar kämmte, noch einmal den Stoff ihres Kleides glatt strich, noch einmal mit einer Bürste die letzten Staubkörnchen von ihren Schuhen entfernte. Abermals der Blick in den Spiegel. Zweifel. Immer noch. Anschließend hatte Cynthia einmal mehr die Reisetasche überprüft, die ihre wenigen Habseligkeiten enthielt – und die sie am Vorabend zum ersten Mal in ihrem Leben gepackt hatte. Der heimliche Plan ließ sie vor Aufregung erzittern, denn er würde ihr Leben auf den Kopf stellen und alles, woran sie gewöhnt war, für immer verändern. Aber es war so schwer vernünftig zu sein, wenn man verliebt war. Sie war noch ein kleines Mädchen gewesen, da hatte sie schon immerzu nach ihm Ausschau gehalten. Nach David. David van Buren, der Sohn Victor van Burens. Die Gegensätze hätten nicht größer sein können. Der blonde, überaus beliebte Sprössling einer der reichsten Familien der Stadt und die brave, unauffällige Hausangestellte. Als sie noch Kinder waren, nahmen sie all diese Unterschiede nicht wahr. Heimlich spielten sie miteinander. Sie trafen sich im Garten, versteckten sich hinter Rosenhecken und Oleanderbüschen, entfernten sich lachend von der Rückseite des großen Hauses, um am anderen Ende des Gartens an dem
schmalen Bachlauf zu sitzen, abgeschirmt von einigen Birken, die schon hier gestanden hatten, als Victor van Buren auf das Grundstück aufmerksam geworden war. Zahllose Stunden teilten Cynthia und David miteinander, bis sie für gewöhnlich doch von Tante Molly entdeckt wurden. Cynthia nannte sie Tante, obwohl sie nicht miteinander verwandt waren. Die herzliche, gutmütige Molly war schon seit Ewigkeiten als Bedienstete für die van Burens tätig. Sie sah es nicht gern, wenn Cynthia sich in Davids Nähe aufhielt. Allein schon deshalb, weil es auch Davids Eltern alles andere als gern sahen. Doch trotz ihrer unerschütterlichen Ergebenheit den van Burens gegenüber brachte Tante Molly es oft nicht übers Herz, die beiden zu trennen. Dieses Bild der spielenden Kinder blieb lange unverändert, ein kleines Geheimnis, das die langen Gänge und zahllosen Räume des Van-Buren-Hauses in der Columbus Avenue durchwehte. Behütet von den Angestellten, allen voran Tante Molly. Später, als Cynthia schon nicht mehr zur Schule ging, war David froh, wenn sie ihm bei seinen College-Arbeiten half. Er bewunderte ihren hellen Kopf, ihre rasche Auffassungsgabe. Das, was sie verband, war nur ihnen beiden bewusst. Für alle übrigen lebten sie zwar unter ein und demselben Dach, aber dennoch in zwei verschiedenen Welten. Aus dem Hintergrund und doch aus nächster Nähe erlebte Cynthia mit, wie David für seinen Platz in der vornehmen...


Oliver Becker stammt aus Blumberg im Schwarzwald und lebt mit seiner Familie in Frankfurt am Main. Er schreibt Historische Romane und Kriminalromane. Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen zählt die Trilogie um die "Krähentochter".
Sein neuestes Buch ist das Historienabenteuer "Die Schatten von New Orleans": eine packende Odyssee durch Opiumhöhlen, Gaunerspelunken und die Salons der ehrenwerten Gesellschaft. Von New York bis nach New Orleans und in die düsteren Sümpfe Louisianas.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.