Becker / Kuhn / Ossenkop | Digitale romanistische Sprachwissenschaft: Stand und Perspektiven | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 34, 301 Seiten

Reihe: Romanistisches Kolloquium

Becker / Kuhn / Ossenkop Digitale romanistische Sprachwissenschaft: Stand und Perspektiven

E-Book, Deutsch, Band 34, 301 Seiten

Reihe: Romanistisches Kolloquium

ISBN: 978-3-8233-0309-1
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Rolle der Informatik in den Humanwissenschaften, einschließlich der Philologien, gewinnt zunehmend an Gewicht. Auch für die romanistische Sprachwissenschaft ergeben sich daraus einschneidende Veränderungen und neue Perspektiven vor allem in methodologischer Hinsicht. Die Beschreibung zentraler Aspekte dieser Prozesse steht im Mittelpunkt des vorliegenden Bandes, der die Beiträge des XXXIV. Romanistischen Kolloquiums vereint. Das Themenspektrum umfasst theoretische und methodologische Fragestellungen sowie die Präsentation und Diskussion laufender digital-basierter Forschungsprojekte vom Altrumänischen bis zum Gegenwartsspanischen.
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Methodologie
Digital Humanities auf dem Prüfstand
Analysemethoden für digitale Korpora von E-Mails über Internetseiten bis zu Wikipedia Ursula Reutner Abstract The digital revolution has changed our lives in many ways. In academics, this change manifests itself in the development of new disciplines, as well as in extended research areas and new analytical methods for those already established. In the humanities, the emergence of digital humanities has attracted much attention and led to a debate about the value and explanatory power of this new field. Are digital technologies no more than analytical tools for more easily and reliably generating knowledge that could in the past also be achieved, only with greater effort? Or do these methods and procedures instead allow results that are simply not conceivable otherwise? These questions are reason enough to consider some research projects in Romance linguistics with regard to the knowledge gained through digitalization and the findings as to its consequences, thus testing the impact of combining digital and humanities. Due to the fuzziness of the term digital humanities, it is necessary to first clarify what it actually means. After looking at current definitions and efforts to explain the term, we present some research methods involving different ways of analyzing digital text corpora such as e-mails, webpages, and Wikipedia. We outline the methods applied and the insights achieved, and we subsequently critically examine each approach. The result is a comprehensive overview of a clearly defined field of study in the humanities that demonstrates the opportunities and limits of digital humanities in this specific area.   Keywords: digital humanities, corpus-linguistics, discourse analysis, methodology, social media, Wikipedia, e-mail, web pages   Keywords: Digital Humanities, Korpuslinguistik, Diskursanalyse, Methodik, Social Media, Wikipedia, E-Mail, Internetseiten 1 Einleitung
Die digitale Revolution hat unser Leben in vielerlei Hinsicht verändert. In den Wissenschaften zeigt sich dies in der Entstehung neuer Wissenschaftsdisziplinen und in erweiterten Untersuchungsgebieten sowie Analysemethoden für bereits etablierte Disziplinen. Letztere werden gerne unter dem Schlagwort Digital Humanities zusammengefasst, das zugleich emotional aufgeladen ist. Verfechter erhoffen sich von der digitalen Auswertung einen besonderen Erkenntnisgewinn, Kritiker sehen einen im Vergleich zum Ertrag ungerechtfertigten Aufwand. Befürworter halten den Wert der Analyse großer Datenmengen hoch, Gegner den Mehrwert der genauen Analyse von Einzeldaten. Apologeten führen die Objektivierung durch maschinelles Zählen, Berechnen und Visualisieren an, Kontrahenten vermissen hermeneutisches Deuten sowie die intensive und zugleich intuitive Auseinandersetzung mit den einzelnen Daten. Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen und lässt sich die Entscheidung über die Methode nur abhängig vom jeweiligen Erkenntnisziel treffen. Die aufgeworfenen Fragen sind dennoch Anlass genug, einmal romanistische Forschung im Hinblick auf den Erkenntnisgewinn durch Digitalisierung zu betrachten und zugleich die Verbindung aus Geisteswissenschaften und Digitalem in Form von Digital Humanities auf den Prüfstand zu stellen. Dabei ist erst einmal zu klären, was unter den vagen Begriff der Digital Humanities eigentlich zu fassen ist. Dies erfordert zunächst einen Blick auf kursierende Definitionen und Erklärungsversuche und erlaubt im Anschluss Anmerkungen zur Tradition der Digital Humanities in der Sprachwissenschaft sowie zu Fragen der Abgrenzung. Auf dieser Basis werden exemplarisch einige Forschungsarbeiten zu originär digitalen Korpora vorgestellt: Arbeiten zur sprachlichen und inhaltlichen Analyse von E-Mails, zur Bildlichkeit und Farbgestaltung von Internetseiten und zu verschiedenen Aspekten der Online-Enzyklopädie Wikipedia, darunter die Sprache, Bildlichkeit und der Aufbau der Artikelkörper, die Formulierung der Artikeltitel und der Grad der sprachlichen Gewalt auf den Diskussionsseiten. In jedem Fall werden das Korpus, das Erkenntnisziel, die Methode und der Erkenntnisgewinn skizziert und das Vorgehen kritisch hinterfragt. Dadurch ergibt sich ein umfassendes Bild zu einem klar definierten Forschungsgebiet der Geisteswissenschaften, das einige Chancen und Grenzen der Digital Humanities in diesem Bereich aufzeigt. 2 Digital Humanities
2.1 Von der Vagheit der Definition Worüber sprechen wir überhaupt, wenn wir von Digital Humanities reden? So leicht zu beantworten ist diese zunächst einfach klingende Frage nicht, denn eine klare Definition ist schwer zu finden. Nicht umsonst setzt sich ein ganzes Werk mit dem sprechenden Titel Defining Digital Humanities mit dem Thema auseinander (Terras/Nyhan/Vanhoutte 2013). „Answering the question ‚What is digital humanities?‘ continues to be a rich source of intellectual debate for scholars“, halten die Herausgeber einleitend fest (Nyhan/Terras/Vanhoutte 2013, 6) und stellen zugleich die Sinnhaftigkeit einer Definition in Frage. Eine solche sei nicht nur unmöglich, sondern eventuell auch unproduktiv, da sie das gerade erst aufkommende Feld unnötig begrenze: Indeed, at the current time, not only does a comprehensive definition appear to be impossible to formulate, when the breadth of work that is covered by a number of recent and forthcoming companions is considered […], it might ultimately prove unproductive, by fossilising an emerging field and constraining new, boundary-pushing work. (Nyhan/Terras/Vanhoutte 2013, 6) So überrascht es kaum, dass auch die einschlägigen Handbücher eher das Tätigkeitsfeld umreißen als eine klare Definition liefern (cf. Schreibman/Siemens/Unsworth 2004; McCarty 2005; Unsworth/Siemens/Schreibman 2016; Jannidis/Kohle/Rehbein 2017). Definitorische Einigkeit besteht lediglich darin, dass es sich um eine Verbindung aus Geisteswissenschaften und Informatik handelt (cf. Definitionen 1–6). Darüber hinausgehend bleiben die Deutungen vage und liefern ein „ungemein breites Bild“ (2), das teils auf geisteswissenschaftliche Forschung reduziert wird, deren Ergebnisse anderweitig „nicht zu erzielen wären, oder nur auf einer niedrigeren Ebene intersubjektiver Wahrnehmbarkeit“ (3). Sie erwähnen die Anwendung, Entwicklung und Erforschung computergestützter Verfahren (4–5) sowie die mögliche Konsequenz eines generellen Wandels in den Geisteswissenschaften (6). Im weitesten Sinne handelt es sich dabei um die Beantwortung geisteswissenschaftlicher Fragestellungen mithilfe digitaler Methoden. (DARIAH-DE 2015, 8) Verstehen wir die Digital Humanities als die Summe aller Versuche, die Informationstechniken auf den Gegenstandsbereich der Geisteswissenschaften anzuwenden, ergibt sich ein ungemein breites Bild. (Thaller 2017, 13) Unter Digital Humanities verstehen wir alle Arten geisteswissenschaftlicher Forschung, die versuchen, durch den Einsatz moderner Informationstechnologien oder aus der Informatik abgeleiteter Instrumente inhaltliche Ergebnisse zu erzielen, die ohne den Einsatz dieser Instrumente weder gar nicht zu erzielen wären, oder nur auf einer niedrigen Ebene intersubjektiver Nachprüfbarkeit. (Thaller 2014) […] I propose a twofold definition: First, DH encompasses all kinds of research in the Humanities that partly gains its findings from applying computer-based procedures, practices, and tools. In this understanding, Digital Humanities is pure Humanities scholarship […]. Second, DH encompasses the design, development, and generalization of these computer based procedures, practices and tools, as well as the study of their underlying theories and models. In this understanding, Digital Humanities is rather an auxiliary science […]. (Rehbein 2020, 252) Die Forscherinnen und Forscher in diesem Feld beschäftigen sich damit, neue Entwicklungen in der Informatik auf ihre Verwendbarkeit in den Geisteswissenschaften zu prüfen oder eigenständig geeignete Verfahren zu entwickeln, und sie erforschen die Algorithmen und Datenstrukturen, die sich als geeignet erwiesen haben. (Jannidis/Kohle/Rehbein 2017, XI) […] harnessing computing power to facilitate, improve, expand and perhaps even change the way humanists work. (Gardiner/Musto 2015, 4–5) Weitergehende Erklärungen weisen zudem auf Beteiligte wie Kommunikations-, Grafik- und Bilddesigner (7) sowie interdisziplinäre Fragestellungen (8) hin. Digital Humanities projects most closely involve communication/graphic/visual designers who are concerned with the symbolic representation of language, the graphical expression of concepts, and questions of style and identity. (Burdick/Drucker/Lunenfeld/Presner/Schnapp 2012, 12) [Digital humanities] asks what it means to be a human being in the networked information age and to participate in fluid communities of practice, asking and answering research questions that cannot be reduced to a single genre, medium, discipline, or institution. (Burdick/Drucker/Lunenfeld/Presner/Schnapp 2012 xii–xiii) Die Definitionen der weltweit am häufigsten konsultierten Enzyklopädie sprechen ähnlich vage von „a variety of topics“ (9), eröffnen die Spanne zwischen dem niedrigschwelligen Einsatz digitaler Ressourcen bis hin zu...


Prof. Dr. Lidia Becker ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaft/Hispanistik an der Universität Hannover.

Prof. Dr. Julia Kuhn ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Prof. Dr. Christina Ossenkop ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaft an der WWU Münster.

Prof. Dr. Claudia Polzin-Haumann ist Professorin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität des Saarlandes.

Prof. Dr. Elton Prifti ist Professor für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Wien.


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