Becker / Studer / Kastner | Service Learning an deutschsprachigen Hochschulen (E-Book) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Becker / Studer / Kastner Service Learning an deutschsprachigen Hochschulen (E-Book)

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-0355-2187-0
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Service Learning verknüpft zivilgesellschaftliches Engagement mit akademischem Lernen. Es bedient sich praxis- und projektorientierter Ansätze sowie Kooperationen mit gemeinnützigen ausserhochschulischen Partnerinnen und Partnern. Dieser Sammelband resultiert aus der ersten Schweizerischen Konferenz zu Service Learning an Hochschulen im Juni 2021. Mit Beiträgen von Hochschul- und NGO-Vertreter*innen wird Service Learning thematisch verortet, mit Nachhaltigkeit in Bezug gesetzt und ein Einblick gegeben in konkrete Umsetzungsbeispiele.
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Service Learning an Hochschulen in Deutschland. Beobachtungen und Befunde
Holger Backhaus-Maul Abstract
Im Beitrag werden – vor dem Hintergrund der Initiative von Akteuren der Schweizer Hochschullandschaft – Perspektiven von Service Learning an Hochschulen grundsätzlich wohlwollend, aber in wissenschaftlich kritischer Art und Weise ausgelotet. Angesichts bisher noch rudimentärer empirischer Befunde und unzureichender theoretisch-konzeptioneller Überlegungen zum Service Learning im deutschen Bildungssystem reflektiert der Autor sowohl sein eigenes als auch das Handeln anderer im Service Learning. In der Schweiz und in Österreich hingegen – wo «alles anders ist» – kennt sich der Autor nicht aus. Die folgenden Ausführungen nehmen Bezug auf das deutsche Bildungssystem insgesamt, das heißt auf Schulen und Hochschulen, da sich Lernen im Engagement nicht auf eine Bildungsorganisation beschränken lässt, sondern langfristig-biografisch zu verstehen ist. Eingangs werden Beobachtungen über divergierende Vorstellungen und Handlungspraxen von Service Learning skizziert. Anschließend werden Bezüge zu ausgewählten empirischen Forschungen und theoretisch-konzeptionellen Überlegungen aufgezeigt, um daran abschließend – jenseits romantisierender Best-Practice-Erzählungen – einige erfahrungsbasierte Vorschläge für die Initiierung und Entwicklung von Service Learning an Hochschulen zu skizzieren. 1 «You never walk alone» (Rodgers & Hammerstein, 1945)
Service Learning ist ein Lehr- und Lernkonzept, das in den 1960er-Jahren ausgehend von den USA international Verbreitung gefunden hat (Dolgon, Mitchell & Eatman, 2017; Furco, 2020). Im Service Learning wird Engagement in der (Zivil-)Gesellschaft[1] (Backhaus-Maul & Speth, 2020; Strachwitz, Priller & Triebe, 2020) mit Lernen in Schulen und Hochschulen verknüpft (Adloff, 2001; Backhaus-Maul & Jahr, 2021). Damit wird der Erfahrungs- und Wissensraum des Bildungssystems in die (Zivil-)Gesellschaft hinein erweitert – eine gesellschaftliche Öffnung des Bildungssystems, die einerseits eine Bereicherung sein kann, andererseits aber auch Störungen und Risiken für routinebasierte Organisationen und Institutionen bereithält (Backhaus-Maul & Gerholz, 2020). Seit nunmehr über zwei Jahrzehnten diffundiert Service Learning in das deutsche Bildungssystem, zuerst in Schulen[2] und kurze Zeit später auch in Hochschulen (Hochschulnetzwerk Bildung durch Verantwortung e.V.)[3]. Im deutschen Bildungssystem entwickelte sich Service Learning in erster Linie auf Initiative von Lehrenden und Dozierenden bottom-up und wurde nur in Ausnahmefällen aufgrund bildungspolitischer Vorgaben und Entscheidungen top-down implementiert (Altenschmidt, Miller & Stark, 2009; Backhaus-Maul & Roth, 2013). Diese Bottom-up-Genese von Service Learning hat nicht zuletzt auch zur Folge, dass Service Learning bisweilen ein normativ aufgeladenes Konzept und eine Projektionsfläche für Vorstellungen engagierter Lehrender und Dozierender von Gesellschafts- und auch Hochschulreformen ist. Im vorliegenden Beitrag werden – vor dem Hintergrund der Initiative von Dozierenden an Schweizer Hochschulen – Chancen, Risiken und Perspektiven von Service Learning an Hochschulen in wissenschaftlich kritischer Art und Weise ausgelotet. Eingangs werden Beobachtungen über divergierende Vorstellungen von Service Learning skizziert. Anschließend werden Bezüge zu ausgewählten empirischen Forschungen und theoretisch-konzeptionellen Überlegungen aufgezeigt. Abschließend werden einige erfahrungsgesättigte Vorschläge für die Initiierung und Entwicklung von Service Learning an Hochschulen skizziert, wobei der Fokus auf «Lernen aus Fehlern» gerichtet wird, um konstruktive Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen. Denn nachdem sich Service-Learning-Expertise an Hochschulen im deutschsprachigen Raum in Deutschland, Österreich und jetzt auch der Schweiz selbst organisiert, bieten sich weitreichende Kooperationsmöglichkeiten, mit deutlichen Vorteilen für die Neuen: Denn wer später kommt, kann von den Fehlern anderer lernen und dann eigene – andere – Fehler machen. Der Beitrag basiert unter anderem auf empirischen Befunden aus einem laufenden Projekt des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ), in dem Holger Backhaus-Maul, David Jahr und Arne Arend bis 2024 Vorstellungen und Handlungspraktiken im Service Learning an Schulen und Hochschulen in Deutschland mit qualitativen Methoden der empirischen Sozialforschung untersuchen (Backhaus-Maul & Jahr, 2023)[4]. Darüber hinaus gaben mir im Rahmen der ersten Schweizer Hochschultagung «Engagierter Campus»[5] die Ausführungen von Karsten Altenschmidt zur Third Mission, Arne Arend und Liska Niederschuh über Koordinationsstellen für Service Learning an Hochschulen, Christine Sattler und Denise Malorny über die Bedeutung der Zivilgesellschaft im Service Learning sowie die von Paul Rameder, Holger Backhaus-Maul, Claudia Fahrenwald, Karl-Heinz Gerholz und Peter Slepcevic-Zach initiierte quantitative Befragung der operativen Ebene und der Führungsebene von Hochschulen im Service Learning im deutschsprachigen Raum empirisch gesättigte Inspirationen. 2 Divergierende Vorstellungen von Service Learning
In Deutschland diffundierte Service Learning in den vergangenen zwei Jahrzehnten in der Regel auf Initiative von Einzelpersonen oder kleineren Gruppen von Hochschulangehörigen bottom-up aus der Gesellschaft in die Welt von Hochschulen (Altenschmidt, Miller & Stark, 2009; Altenschmidt & Roth, 2013; Hofer & Derkau, 2020; Rosenkranz, Roderus & Oberbeck, 2020). Aus dem Kreis der Initiatorinnen und Initiatoren lassen sich vereinfacht drei Typen herausarbeiten: Normativ anspruchsvolle und handlungsorientierte Akteure, die mit Service Learning an Hochschulen zumindest «ein Stück weit die Welt verbessern» wollen, Fachlich orientierte Pragmatikerinnen und Pragmatiker, die sich um Innovationen in der Hochschullehre bemühen und hochschulpolitisch Verantwortliche, die bestrebt sind, ihre Hochschule in die Gesellschaft zu verorten.   Der erstgenannte Typus weist eine ausgeprägte Affinität zur Vorstellung auf, dass Hochschulen neben Forschung und Lehre eine eigenständige dritte Aufgabe haben, die einem «Raumschiff aus fremden Galaxien» gleich als Third Mission bezeichnet wird. Auf normativ aufgeladene Ankündigungen von Missionen und das Auftreten von Missionarinnen und Missionaren regieren Hochschulen und Hochschulleitungen in der Regel aber mit Befremden und Zurückweisung, insbesondere dann, wenn sie wiederum für sich mit trügerischer Selbstgewissheit reklamieren, eine hierarchisch herausgehobene Position zu bekleiden und einen deutlichen Wissensvorsprung zu haben – eine Selbstgewissheit, die in gesellschafts- und wissenschaftspolitischen Themen nicht mehr einfach gegeben ist. Der zweitgenannte Typus ist in der Lehre des jeweiligen Hochschulfaches verankert und auf der beständigen Suche nach innovativen Lehr- und Lernformaten, die individuelle, kollektive und gesellschaftliche Wirkungen versprechen. Als fachlich verankerte Pragmatikerinnen und Pragmatiker sind sie – unabhängig von modischen Trends – in der Lage, in den garbage can beziehungsweise die didaktische Schatztruhe ihrer Fächer zu greifen, um aus einem Fundus von Ideen und Konzepten mit Vergangenheit und Zukunft zu schöpfen. Bemerkenswert ist zudem, dass die Initiatorinnen und Initiatoren nicht nur in den Sozialwissenschaften «beheimatet» sind, sondern mit beachtlicher Diversität die fachliche Breite von Hochschulen abbilden und dabei nicht zuletzt auch die naturwissenschaftlichen Fächer repräsentieren. Den dritten Typus bilden hochschulpolitisch Verantwortliche, die bestrebt sind, ihre Hochschule in Gesellschaft zu verorten oder zumindest vorsichtig und schrittweise für Gesellschaft zu öffnen. Diese gesellschaftliche Öffnung einer Organisation des Wissenschaftssystems ist weder eine Kleinigkeit noch eine Selbstverständlichkeit, sondern berührt deren Selbstverständnis und Handlungsroutinen. Angesichts dessen ist es von Interesse zu beobachten, wer sich aus dem Kreis hochschulpolitisch Verantwortlicher hervorwagt und Sympathie für Service Learning und Organisationsveränderung zum Ausdruck bringt und damit in der Regel Kritik und Zurückweisung in den eigenen Reihen «provoziert», aber auch Zuspruch finden kann. Denn Hochschulen sind zwar formal hierarchische Organisationen, die auf Grenzziehung gegenüber Gesellschaft ausgelegt sind, sich aber angesichts des forcierten sozialen Wandels in Gesellschaft verorten müssen und an ihren organisationalen Rändern auszufransen, wodurch Freiräume für institutionelle und organisationale Innovationen entstehen (Berthold, Meyer-Guckel & Rohe, 2010; Maassen, Andreadakis, Gulbrandsen & Stensaker, 2019). Im Unterschied zum ersten – «verbal revolutionären» – Typus sind die beiden anderen Typen professionelle Pragmatikerinnen oder Pragmatiker. Sie beobachten die Entwicklung ihres Fachs oder ihrer Organisation und suchen vor diesem Hintergrund in ihrem jeweiligen garbage can nach bereits vorhandenen Ideen und Lösungen. Organisationssoziologisch betrachtet kombinieren Pragmatikerinnen und...


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