Behnke-Hahne | Forderungsmanagement in der öffentlichen Verwaltung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 216 Seiten, E-Book

Reihe: Haufe Fachbuch

Behnke-Hahne Forderungsmanagement in der öffentlichen Verwaltung

Mahnung, Insolvenzverfahren, Vollstreckung, Prozessoptimierung und Trends

E-Book, Deutsch, 216 Seiten, E-Book

Reihe: Haufe Fachbuch

ISBN: 978-3-648-17101-1
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Dieses Buch führt in die theoretischen und rechtlichen Grundlagen des Forderungsmanagement in der öffentlichen Verwaltung ein. Es erläutert, wie Forderungen in der Bilanz ausgewiesen und bewertet werden und wie das kommunale Forderungsmanagement von Rechnungsstellung über Buchung, Mahnung, Vollstreckung und Insolvenzverfahren bis zur Wertberichtigung in der Bilanz optimiert werden kann. Aktuelle Trends im Forderungsmanagement werden ebenfalls gezeigt.

Inhalte:

- Rechtsgrundlagen und Status quo
- Ausweis und Ansatz von Forderungen in der kommunalen Bilanz
- Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Forderungen
- Beteiligung am Insolvenzverfahren

Neu in der 2. Auflage:

- Erweiterung der Sachaufklärungsbefugnisse der Gerichtsvollzieher:innen
- Weitere Verkürzung der Restschuldbefreiung für alle Insolvenzen
- Neue Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung
- Neue Praxisbeispiele mit Digitalisierungsbezug

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1.2 Rahmenbedingungen für das Forderungsmanagement
Das Forderungsmanagement wird von der Zahlungsmoral beeinflusst, die Zahlungsmoral hängt wiederum mittelbar mit den volkswirtschaftlichen Rahmendaten zur Konjunktur-, Beschäftigungs- und Zinsentwicklung zusammen. Die volkswirtschaftliche Dynamik kann einen Forderungsausfall mindern oder begünstigen. In wirtschaftlich starken Jahren wächst der Forderungsbestand aufgrund günstiger Konsumwerte an, während sich in wirtschaftlich schwachen Jahren mit sinkendem Einkommensniveau die Bearbeitungsdauer von Forderungen ungünstig entwickelt. In der Langzeitperspektive wird das Forderungsmanagement von der finanziellen Situation der Konsumenten und Kunden beeinflusst, die wiederum von der konjunkturellen und wirtschaftlichen Entwicklung einer Volkswirtschaft bestimmt wird. Einer der Indikatoren für das Forderungsmanagement ist die Entwicklung der Insolvenzverfahren. Die Insolvenzzahlen in Deutschland liegen seit Jahren auf einem hohen Niveau, wenngleich der Rekordwert des Jahres 2010 mit knapp 170.000 Insolvenzverfahren kontinuierlich, von Jahr zu Jahr, unterschritten wird (vgl. Abbildung 1). Abb. 1: Entwicklung der Insolvenzen in Deutschland im Zeitraum 2017 – 2022
Quelle: https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/insolvenzen-in-deutschland-jahr-2022 Untersuchungen und Befragungen von Wirtschaftsauskunfteien und Verbänden, die regelmäßig die Liquiditäts- und Finanzsituation in den Wirtschaftsunternehmen beobachten, belegen, dass sich das Zahlungsverhalten im Zeitablauf hin zu längeren Zahlungszeiträumen verändert hat. Das bedeutet eine Verschlechterung der Zahlungsdisziplin – aus welchen Gründen auch immer – da verlängerte Zahlungsperioden bis hin zum Zahlungseingang aus Forderungen durch anderweitige Finanzierungsmittel der Gläubigerunternehmen zu
überbrücken sind. Kokalj/Paffenholz/Schröer3 Die Zahlungsmoral in Deutschland ist besser als in den europäischen Nachbarländern. Nach der weltweiten COVID-19-Pandemie in den Jahren 2020-2022 sowie der hohen Inflation nach Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 verschlechterte sich jedoch auch in Deutschland die Zahlungsmoral. Im Jahr 2022 beglichen die Unternehmen ihre Rechnungen durchschnittlich nach 49 Tagen, vier Tage später als im Vorjahr. Das war immerhin noch zehn Tage schneller als im globalen Schnitt und eine Woche früher als in europäischen Nachbarländern üblich.4 Die Folgewirkungen von Zahlungsverzug und Forderungsausfällen sind Liquiditätsengpässe in Unternehmen, die den Unternehmensfortbestand gefährden können. Aufgrund der erheblichen Risiken, die vom Forderungsausfall oder Zahlungsverzug ausgehen, hat das Europäische Parlament die Richtlinie 2011/7/EU zur »Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr« erlassen. Die Richtlinie gilt für Geschäftsbeziehungen zwischen privaten oder öffentlichen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen. Die Vorgaben der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 wurden in Deutschland mit dem »Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes«5 umgesetzt und traten am 29.07.2014 in Kraft. Die zuständige EU-Kommission, die die Umsetzung der Vorschriften über Zahlungsverzug überwacht, stellte im Jahr 2022 fest, dass immer noch über 60 Prozent der Unternehmen in der EU nicht rechtzeitig bezahlen. Am stärksten betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Die EU-Kommission hat deshalb am 12. Januar 2023 eine öffentliche Konsultation (bis zum 17. März 2023) eingeleitet und plant, einen Vorschlag zur Überarbeitung der Zahlungsverzugsrichtlinie im Sommer 2023 vorzulegen. Entsprechend der Richtlinie stehen den Gläubigern bei Zahlungsverzug ohne eine vorherige Mahnung oder eine andere vergleichbare Mitteilung, die den Schuldner an seine Zahlungsverpflichtung erinnert, Verzugszinsen zu. Die Zahlung eines Schuldners wird als verspätet in dem Sinne betrachtet, dass ein Anspruch auf Verzugszinsen entsteht, wenn der Gläubiger zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht über den geschuldeten Betrag verfügt, vorausgesetzt, er hat seine gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Die Richtlinie bestimmt für Geschäftsvorgänge bei öffentlichen Stellen eine Zahlungsfrist von grundsätzlich 30 Kalendertagen und bei privaten Unternehmen eine Zahlungsfrist von 60 Kalendertagen, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde. Regelungen, die den Gläubiger grob benachteiligen, sind unwirksam. Bei einem Zahlungsverzug dürfen Unternehmen eine Beitreibungspauschale von mindestens 40 EUR verlangen. Für alle darüber hinausgehenden Beitreibungskosten können Unternehmen ebenfalls eine angemessene Erstattung anfordern. Zudem wird der gesetzliche Verzugszinssatz in § 288 Abs. 2 BGB um einen Prozentpunkt erhöht und ein Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagegesetz begründet. Das Gesetz dient dem Schutz der Gläubiger. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist es, ein »rechtliches und wirtschaftliches Umfeld für mehr Zahlungsdisziplin im Geschäftsleben« zu schaffen, um die Liquidität, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Unternehmen zu verbessern. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen von der Last des mit langen Zahlungsfristen und Zahlungsverzug verbundenen »Gläubigerkredits« befreit und gerade öffentliche Auftraggeber als Schuldner von Entgeltforderungen durch die Folgen des Zahlungsverzugs abgeschreckt werden6. Bei der im ersten Halbjahr 2023 geplanten Überarbeitung der Zahlungsverzugsrichtlinie durch die EU-Kommission wird ein drei-Säulen-Ansatz verfolgt: die gesetzliche Verankerung des unverzüglichen Zahlungsverhaltens, die Förderung des Einsatzes moderner digitaler Zahlungsinstrumente und die Stärkung der Prävention und Durchsetzung dieser Vorschriften in allen industriellen Ökosystemen.7 Vor dem Hintergrund der finanz- und liquiditätsrelevanten Risiken für Unternehmen, die von Zahlungsverzögerungen und Zahlungsausfällen ausgehen, ist die europäische Zahlungsverzugsrichtlinie der richtige Ansatz. Gravierende Ereignisse, die die Weltwirtschaft ins Wanken gebracht haben, wie die Finanz- und Eurokrise im Jahr 2008/2009, haben sich auf die Einstellung zum Forderungsmanagement in den Unternehmen ausgewirkt. Aufgrund der Entwicklung der Insolvenzverfahren und des virulenten Insolvenzrisikos, das von hohen und nicht realisierten Außenständen ausgeht, intensivieren insbesondere die mittelständischen Unternehmen ihre Bemühungen, ein erfolgreiches Forderungsmanagement aufzubauen und zu praktizieren. Der Stellenwert und die Qualität des Forderungsmanagements sind in vielen Betrieben
spürbar gestiegen. Müller8 Es wird erkannt, dass zwischen dem Vertrieb, dem Rechnungswesen und dem Forderungsinkasso Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bestehen und das Forderungsinkasso nicht mehr nur als ein Annex des Rechnungswesens betrachtet werden darf. In der Vergangenheit wurde das Forderungsmanagement häufig als eine juristische Aufgabenstellung definiert und als solche umgesetzt. Nun setzt sich die Ansicht durch, dass es sich beim Forderungsmanagement um eine kaufmännische Aufgabenstellung handelt, die auch eine strategische Komponente und Bedeutung für ein Unternehmen hat. Es genügt und funktioniert nicht, den Schalter Forderungsmanagement bei festgestelltem operativem Bedarf wahlweise ein- oder auszuschalten. Vielmehr muss das gesamte Unternehmen die Funktion kennen und unterstützen. Das setzt voraus, dass das Management sich klar und eindeutig zum Forderungsmanagement positioniert und diese Position sowohl im Innenverhältnis als auch gegenüber Kunden und Lieferanten kommuniziert. Müller9 Die Wahrnehmung und die Einschätzung des Forderungsmanagements in der öffentlichen Verwaltung unterliegen ebenso einem Wandel. Es sind die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die Einflüsse aus Politik und Wirtschaft sowie die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen, auf die die öffentlichen Verwaltungen gegenwärtig reagieren müssen. Dazu gehören insbesondere: die Finanzengpässe, der Fortschritt in der Informations- und Kommunikationstechnologie, der gesellschaftliche und demografische Strukturwandel, die Globalisierung. Finanzengpässe Eine zunehmend zu beobachtende Fokussierung auf das Forderungsmanagement in den öffentlichen Verwaltungen ergibt sich zum einen aus der neuen rechnungslegungsbedingten Transparenz und zum anderen aus der schwierigen Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die zum Teil prekäre Finanzlage in vielen Kommunen erzeugt einen Konsolidierungsdruck, auf den auch im Bereich des Forderungsmanagements reagiert werden sollte. In der Optimierung und Effizienzsteigerung des Forderungsmanagements werden positive Effekte zur Verbesserung der Liquidität und der Finanzlage gesehen. In einigen kommunalen Haushaltssicherungs- und/oder Organisationskonzepten sind Maßnahmen zur Optimierung des Forderungsmanagements als eine Konsolidierungs- bzw. Optimierungsmaßnahme zu finden. Intensivierung von IT Der technologische...


Behnke-Hahne, Beate
Dipl.-Kauffrau Beate Behnke-Hahne ist leitende Verwaltungsdirektorin bei der Stadtverwaltung Essen und seit 2018 Leiterin der Stadtkämmerei. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der öffentlichen Kommunalverwaltung liegt seit Jahren im Aufbau und in der Implementierung professioneller, prozessorientierter Strukturen im kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen sowie der Ausrichtung des Verwaltungshandelns an den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Bis 2018 leitete sie das Amt "Finanzbuchhaltung und Stadtsteueramt" der Stadt Essen und hatte die Funktion "Verantwortliche für die Finanzbuchhaltung" gemäß § 93 Gemeindeordnung NRW inne. Der Verantwortungsbereich umfasste u.a. die Kreditoren-, Debitoren- und Hauptbuchhaltung, die Zahlungsabwicklung, das Mahnwesen und die Vollstreckung. In der Stadtkämmerei verantwortet sie die Haushaltsplanungs- und Haushaltsbewirtschaftungsprozesse sowie das Finanzcontrolling einer Großstadtverwaltung.

Beate Behnke-Hahne

Dipl.-Kauffrau Beate Behnke-Hahne ist leitende Verwaltungsdirektorin bei der Stadtverwaltung Essen und seit 2018 Leiterin der Stadtkämmerei. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der öffentlichen Kommunalverwaltung liegt seit Jahren im Aufbau und in der Implementierung professioneller, prozessorientierter Strukturen im kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen sowie der Ausrichtung des Verwaltungshandelns an den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Bis 2018 leitete sie das Amt "Finanzbuchhaltung und Stadtsteueramt" der Stadt Essen und hatte die Funktion "Verantwortliche für die Finanzbuchhaltung" gemäß § 93 Gemeindeordnung NRW inne. Der Verantwortungsbereich umfasste u.a. die Kreditoren-, Debitoren- und Hauptbuchhaltung, die Zahlungsabwicklung, das Mahnwesen und die Vollstreckung. In der Stadtkämmerei verantwortet sie die Haushaltsplanungs- und Haushaltsbewirtschaftungsprozesse sowie das Finanzcontrolling einer Großstadtverwaltung.


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