Beier / Porten / Schmid | Fallbuch Recht in der Notaufnahme | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 104 Seiten

Beier / Porten / Schmid Fallbuch Recht in der Notaufnahme

Praxisbeispiele mit medizinischen und rechtlichen Hinweisen

E-Book, Deutsch, 104 Seiten

ISBN: 978-3-17-038026-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Anhand von über 30 kniffligen Fallbeispielen aus dem Arbeitsalltag in Notaufnahmen führen die Autoren in das Behandlungsrecht der Notaufnahmen ein. Gemeinsam mit dem Band "Rechtsfragen in der Notaufnahme" bieten die Fallbeispiele eine ideale didaktische und praxisvertiefende Ergänzung zum theoretischen Grundlagenwissen des ersten Bandes. Beide Werke verweisen aufeinander und können zugleich unabhängig voneinander mit Gewinn zum Wissenserwerb verwendet werden.
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2          Grundbegriffe des Behandlungsrechts in der Notaufnahme
Stephan Porten
Den umfangreichen Fallbeispielen sollen einige Erläuterungen zu rechtlichen Eckpunkten vorangestellt werden, die für die Notaufnahmen besonders praxisrelevant sind. So findet sich ein knapper Überblick über die Themen Behandlungsvertrag, Patientenaufklärung und -einwilligung, sowie zur Schweigepflicht in der Ambulanz. Die Behandlung Minderjähriger oder Einwilligungsunfähiger wirft ebenso Fragen auf wie Patienten mit sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten oder mit religiösen Besonderheiten. Rechtliche Eckpunkte beim Umgang mit Gewalt und einige Hinweise zur Versorgung psychisch veränderter Personen mit Fremd- oder Eigengefährdung runden die einführenden Anmerkungen ab. Durch entsprechende Verweise auf die Textstellen in dem Theorieband zu diesem Fallbuch (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«) kann dort leicht vertiefend nachgelesen werden. Nachfolgend sollen einige Kernbegriffe des Rechts den Fallbeispielen vorangestellt werden. 2.1       Behandlungsvertrag
Der Behandlungsvertrag ist die vertragliche Grundlage der Behandlung von Patienten (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.1). Er legt den Standard und Sorgfaltsmaßstab der Behandlung in der Notaufnahme fest. Ärztlicherseits muss im Regelfall auf den jeweiligen Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnis und ärztlicher Erfahrung abgestellt werden, der zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat. Maßgeblich sind insoweit regelmäßig Leitlinien, die von wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgegebenen werden (BGH VersR 2010, S. 214 f.; vgl. auch OLG Hamm NJW 2000, S. 1801 ff., Carstensen 1989, 86(36): A-2431). Für die Pflege gilt der jeweilige Pflegestandard, wobei für die Notaufnahme der Standard einer erfahrenen Fachpflege für Notfallmedizin zugrunde zu legen ist. 2.2       Aufklärung
Das Gesetz kennt die therapeutische Aufklärung über den Behandlungsablauf, Diagnosen und die Risikoaufklärung, mit der gezielt über die Risiken einer Behandlungsmaßnahme aufgeklärt werden soll. Ohne eine ordnungsgemäße Aufklärung kann der Patient nicht wirksam in die Behandlung einwilligen (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.2). 2.3       Einwilligung
Der Patient muss in eine Behandlung oder einen Eingriff einwilligen (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.3). Er darf – von ganz engen Ausnahmen abgesehen – nicht gegen seinen Willen behandelt werden. Einwilligen kann aber nur der Patient, der über eine natürliche Einsichtsfähigkeit in die Art der Behandlung, deren Risiken und die Folgen einer Nichtbehandlung verfügt. Dies meint umgangssprachlich formuliert, dass der Patient über eine gewisse geistige Reife verfügen muss. Das ist weiter zu verstehen als z. B. der Begriff der Geschäftsfähigkeit. So gilt auch bei Minderjährigen je nach individueller geistiger Entwicklung und nach Art und Schwere der Behandlung, dass diese einwilligungsfähig sein können. Kann die Einwilligung, z. B. bei Einwilligungsunfähigen oder bewusstlosen Patienten, nicht ausdrücklich eingeholt werden, so muss der Behandler abwägen, ob der Patient mutmaßlich eine Einwilligung erklärt hätte, wenn er hätte befragt werden können. Hierbei muss der Behandler sich individuell zu dem Patienten Gedanken machen. Er kann nicht von einem Durchschnittspatienten ausgehen oder von dem, was er selbst für richtig halten würde. 2.4       Patientenverfügung
Die Patientenverfügung soll für Klarheit über den Patientenwillen sorgen, wenn der Patient nicht selbst befragt werden kann. Sie soll sowohl dem Behandler als auch einem Betreuer ein Verständnis der Vorstellungswelt des Patienten zu der konkret zu beurteilenden Behandlung geben. Dies gelingt aber nur, wenn der Patient sehr eingehend seine Wert- und Vorstellungswelt dargestellt hat und so dem Behandler einen möglichst konkreten Rückschluss darauf erlaubt, was der Patient gewollt hätte. Lässt sich dies nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, geht die Patientenverfügung ins Leere und es ist ggf. nach den Grundsätzen der mutmaßlichen Einwilligung zu urteilen (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.2.5). 2.5       Haftung und Beweislast
Dies sind zwei Begriffe aus dem Behandlungsfehlerrecht, bei dem es darum geht, dass der Patient nach einer nicht erfolgreichen Behandlung Schadenersatz und Schmerzensgeld fordert (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.4). Da Patient und Arzt im Haftungsprozess nicht gleichstarke Parteien sind, sondern der Arzt i. d. R. immer über einen fachlichen Wissensvorsprung verfügt, haben die Gerichte Beweislastregeln entwickelt, die für prozessuale »Waffengleichheit« sorgen sollen. Grundsätzlich muss der Patient nicht nur den Schaden beweisen, sondern auch das schädigende Verhalten und – meist am schwierigsten – die Kausalität zwischen dem behandlungsfehlerhaften Verhalten und dem Schaden. § 630h BGB benennt einige solcher Beweislastregeln. Ist von einem groben Behandlungsfehler auszugehen, wird zugunsten des Patienten die Kausalität von grobem Behandlungsfehler und Schaden (Körperverletzung) vermutet. Es wird nur die Kausalität vermutet; für das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers bleibt der Patient beweispflichtig. Ein grober Behandlungsfehler kann z. B. das Unterlassen von gebotenen Kontrollmessungen oder ein grober Organisationsfehler sein. Die Kausalität wird ebenfalls vermutet, wenn eine unzureichende Befähigung des Behandelnden vorliegt (§ 630h Abs. 4). Bekannt ist diese Norm als der »Anfängerfehler«. 2.6       Schweigepflicht
Die Schweigepflicht des Arztes erstreckt sich, neben der Verschwiegenheit zur Identität des Patienten sowie zur Diagnose oder Therapie, auf die gesamte Arzt-Patient-Beziehung, d. h. auch schon auf die Zeit vor der Behandlung (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap. 3.5). So unterfällt es auch der Schweigepflicht, mit welchem Auto der Patient zur Notaufnahme gekommen ist und wer mit im Auto saß. Die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht ist nach dem Strafgesetzbuch (§ 203 StGB) mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe strafbewährt und wird durch Zeugnisverweigerungsrechte flankiert. Die Schweigepflicht gilt nach dem Strafgesetzbuch nicht nur für Ärzte und Apotheker, sondern auch für Angehörige der Heilberufe wie Hebammen, Krankenschwestern, Krankenpfleger, Arzthelferinnen, auszubildende Medizinstudenten sowie Lernschwestern, Psychotherapeuten, medizinische Fachangestellte, Masseure und medizinisch-technische Assistenten. Sie gilt aber auch für den Wachdienst in Notaufnahmen. Bei diesen ist sicherzustellen, dass sie Dritten gegenüber keine Angaben im Zusammenhang mit der Behandlung, dem Aufenthalt des Patienten o. ä. machen. Es gibt einige Durchbrechungen der Schweigepflicht, z. B. zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr. Auch bei Verdacht auf Kindesmissbrauch kommt unter engen Grenzen eine Durchbrechung in Betracht. Zum einen ist dies möglich, wenn eine unmittelbar drohende Gefahr für das Kind zu befürchten ist. Zum anderen gibt es Verfahren, bei denen zunächst ein erfahrener Dritter anonymisiert um Beurteilung gebeten wird und im Anschluss der Arzt das Jugendamt informieren darf. 2.7       Minderjährige
Bei minderjährigen einwilligungsunfähigen Patienten ist die Aufklärung und Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, der Eltern, erforderlich. In der Regel bedarf es aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts der Aufklärung und Einwilligung beider Eltern. Allerdings hat die Rechtsprechung, um eine alltagstaugliche und praktikable Lösung zu ermöglichen, ein Dreistufenschema entwickelt. Bei leichten oder Routineeingriffen darf ein Elternteil die Einwilligung erklären. Bei schweren Eingriffen muss der Arzt sich darüber vergewissern, dass der erschienene Elternteil die Ermächtigung des anderen Teils besitzt. Er darf allerdings darauf vertrauen, dass die mündliche Auskunft des erschienenen Elternteils wahrheitsgemäß ist, wenn ihm nichts anderes bekannt ist. Bei gravierenden Eingriffen muss in der Tat von beiden Eltern die Einwilligung vorliegen (»Rechtsfragen in der Notaufnahme«, Kap....


Dr. med. Michael Beier, Leitender Arzt Zentrale Notaufnahme, Klinischer Risikomanager; Dr. jur. Stephan Porten, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Institut für moderne Versorgung - InMove; Dr. med. Katharina Schmid, Ärztliche Leitung DRK Landesschule Bildungseinrichtung Pfalzgrafenweiler; Rolf Dubb B.Sc. M.A., Fachkrankenpfleger A+I, Intensive Care Practitioner; Arnold Kaltwasser B. Sc., Fachkrankenpfleger A+I, Intensive Care Practitioner; Dr. med. Marcus Rall, Gründer und Leiter des Instituts für Patientensicherheit (InPASS); Nadine Witt LL.M. (Medizinrecht).


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