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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 384 Seiten

Reihe: Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe

Bell Jane Austen und die Kunst der Worte

Roman

E-Book, Deutsch, Band 7, 384 Seiten

Reihe: Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe

ISBN: 978-3-8412-2832-1
Verlag: Aufbau Digital
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



„Mein Mut wächst mit jedem Versuch, mich einzuschüchtern.“ Jane Austen.
Steventon, 1795. Die aufgeweckte Pfarrerstochter Jane möchte nur eines: schreiben. Mit tintenverschmierten Händen durchwacht sie die Nächte und begibt sich in die Welt ihrer Heldinnen. Doch ihre Schwester Cass ist verlobt, und Jane schwant, dass ihre Mutter ganz ähnliche Pläne für ihre Zukunft schmiedet. Nur sind Jane die jungen Kerle aus dem Ort alle einerlei, bestenfalls geben sie akzeptable Tanzpartner auf den von ihr heiß geliebten Bällen ab – bis der belesene Wirbelwind Tom Lefroy aufkreuzt. Janes Herz aber muss immer wieder Enttäuschungen ertragen. Umso unermüdlicher kämpft sie für ihren größten Traum: einen Roman zu veröffentlichen.  
Pfarrerstochter, Schriftstellerin, Ausnahmetalent – Der Roman über das Leben von Jane Austen
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Prolog
London, 13. November 1815 Der Himmel über dem Hyde Park war rauchumwölkt. Selbst der Reif auf den Zweigen und auf den Dächern, denen sich die Kutsche nun näherte, hatte eine schmutzige Färbung. In Hampshire war der Horizont meist milchig, oft aber auch klar und so licht, dass er in seiner Weite an ein still daliegendes Meer erinnerte. Und so fühlte sich Jane dort auch: ruhig und bereit, ihre Gedanken ungebremst in alle Richtungen schweifen zu lassen. Befand sie sich hingegen in London, spielte sich das Leben dicht vor ihren Augen ab. Hier gab es keine klare Sicht, überall standen Häuser, Bäume, Kutschen, Menschen. Egal, wo sie war, klopfte ihr Herz schneller. Schließlich gab es in einer großen Stadt wie dieser immer etwas zu tun – ins Theater gehen, auf Partys oder zum Einkaufen. Die Kutsche rollte auf Piccadilly zu. Die Gehsteige vor ihren Augen füllten sich. Laut schallte das Hämmern der Schmiede aus den Hinterhöfen und wurde untermalt von dem Klappern der Hufe und dem Gebrüll der Brauer, die ihre Gäule durch die engen Gassen trieben. Janes Nervosität, die den ganzen Morgen über in Wellen herangerollt und wieder abgeebbt war, brandete erneut auf. Ihre Wangen fühlten sich heiß an und sie hatte das Gefühl, dass alles in ihr prickelte wie Champagner. Wenn die Enge des mit Seide und Brokat ausgeschlagenen Landauers ihr den Platz dazu ließe, würde sie sich mit ihrem Hut Luft zufächern. Natürlich war sie entzückt gewesen, in die Kutsche des Prinzregenten einsteigen zu dürfen, zumal diese über Fenster aus Glas verfügte. Normalerweise sah Jane nach einer Kutschfahrt im Winter so aus: vollgespritzt mit Schneematsch, durchgefroren, hin und wieder hatten sich auf ihren Wimpern sogar feine Eiskristalle gebildet. Nicht so jetzt und hier! Allerdings war ihr die Hitze auch nicht angenehm. Die einzige Hilfe dagegen schien ihr, das Gesicht gegen die Scheibe zu pressen, was aber womöglich Fettflecken darauf hinterließe. Besser also nicht. Aufgeregt starrte sie hinaus. Zeitungsjungen priesen die Neuigkeiten aus aller Welt an. Das Rot der Schleife im Schaufenster von Smith & Hanson wirkte gleich noch leuchtender, die glänzenden Stoffe der Kleider bei Mr Vanderbilt luxuriös und weich. So häufig hatte sie sich die Nase an den Schaufenstern der Geschäfte plattgedrückt und nicht genug Geld besessen, sich auch nur hineinzuwagen. Für hübsche Stoffe, eine Köstlichkeit zu essen oder ein Paar exakt solcher Seidenhandschuhe, wie sie sie jetzt in einer Auslage an sich vorbeigleiten sah, hatte Jane seit jeher etwas übrig. Heute könnte sie sogar aussteigen. Ja, wer wollte sie daran hindern, gleich zwei Paar Handschuhe zu kaufen oder fünf Tafeln Schokolade bei Fortnum & Mason für Cass, die ein Leckermäulchen war wie alle Austens? Niemand. Bis auf die Zeit vielleicht, die drängte. Man konnte nämlich nicht behaupten, der Kutscher habe nicht auf sie warten müssen. Schließlich stellten sich in manchen Lebenslagen ganz neue Fragen. Jene etwa, wie in aller Welt sie in einem weißen Musselinkleid eigentlich eine matschige Londoner Straße überqueren sollte? Glücklicherweise gab es ja die Crossing Sweepers. Gleich, als Jane aus dem Haus ihres Bruders auf die Straße trat, hatte sie einen entdeckt und zu sich gerufen, der den Schnee, vor allem aber den Unrat mit dem Besen zur Seite geschafft hatte. Kein Fleck auf ihrem Rocksaum, stellte sie erleichtert fest, nachdem sie sich zum wiederholten Mal hinabgebeugt hatte. Auch ihre Schuhe schimmerten seidig. Selbstverständlich hatte Jane sie im Innern des Landauers gegen ihre alten Slippers eingetauscht. Zudem trug sie einen Pelzmuff, dessen zarter Veilchenduft die Erinnerung an Eliza wachrief, ihre Cousine und Henrys verstorbene Ehefrau, die ihn ihr vermacht hatte. Des Weiteren Perlen im Haar und ein bisschen Lippenrot. Nicht überkandidelt, aber dem Anlass doch entsprechend, wie Jane hoffte. Während sie hinausblickte auf das Leben, das sich vor den Fenstern des Vierspanners abspielte, und einem Jungen in kurzen Hosenbeinen und mit nackten Füßen einen Shilling durch die Tür hinausreichte, kam sie nicht umhin, sich zu wundern. Wie hatte es sie aus einem kleinen, verschlafenen Ort wie Steventon nur hierher verschlagen können? Nach London. In die Kutsche des zukünftigen Königs des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Irland. Sie, eine Pfarrerstochter! Es war wie in einem schlechten Roman. Allerdings war sie nicht wie von Zauberhand in dieser Kutsche gelandet. Sie hatte auch keinen Prinzen geheiratet. Dass sie hier saß und nervös ihren Hut zerknautschte, hatte sie niemand anderem zu verdanken als sich selbst. Nun rollten sie durch die St James’s Street, wo von Getümmel keine Spur mehr war. Die Häuser strahlten weiß und erhaben vor dem dunkler werdenden Himmel, niemand war auf den Straßen zu sehen, und das Geklapper der Hufe klang hier seltsam hohl. Jetzt war es nicht mehr weit, und Carlton House mit seinem herrschaftlichen Portikus an der Pall Mall würde vor ihr erscheinen. Es war ein prächtiges Bauwerk, das wusste sie. Dort tauchten schon die Säulen im Dunst auf, die bemützten Soldaten, die Ärmsten, die in Reih und Glied in vollendeter Bewegungslosigkeit dastanden. Mit einem Mal hatte der Himmel eine enorme Weite. Als könnten sie sich von dem Anblick des Palastes nicht losreißen, hingen darüber wie festgezurrt die schweren Wolken. Krähen zogen ihre Kreise. Von ihren Rufen abgesehen war es gespenstisch still. Vor Jahren hatte ihr jemand erzählt, in Carlton House gebe es einen Raum, der die Größe, aber auch die Form einer Kathedrale habe. Das war eigentümlich, wenn auch nicht weiter verwunderlich. George IV. war eigen. Eigen und … Ach, sie konnte ihn nicht ausstehen, so, bitte sehr. Er war verschwendungssüchtig, untreu, unsympathisch, kurz: niemand, für dessen Audienz sie sich normalerweise begeisterte. Dann wiederum war er der Prinzregent, und so peinlich es ihr war: Jane freute sich diebisch über die Einladung. Sie war auf zartem Seidenpapier ins Haus geflattert, und Jane, von der so gut wie niemand wusste, dass sie und niemand anderes die Verfasserin so beliebter Romane wie Stolz und Vorurteil und Verstand und Gefühl war, hatte eine ganze Weile lang ungläubig darauf geguckt. Auch wenn sie nicht gänzlich überraschend kam. Der Arzt, der in den schlimmen vergangenen Wochen ihren Bruder behandelt hatte, der so krank gewesen war, dass sie um sein Leben fürchtete, hatte Jane eigentümlich intensiv gemustert und eines Nachmittags leise gefragt: »Würden Sie mir die Erlaubnis erteilen, im Palast zu verbreiten, dass Sie sich in London aufhalten, Miss Jane?« Jane hatte laut aufgelacht und einen Moment lang gewartet, ob er sich für seinen Scherz entschuldigen wollte. Sie war eine Pfarrerstochter. Aus Steventon, Hampshire. Wer in aller Welt wollte im Palast von ihrem Besuch in London erfahren? »Gern«, hatte sie schließlich geantwortet und die kommenden Tage über fast nichts anderes nachgedacht. Dann war nichts weiter passiert, und Jane hatte die seltsamen Worte des Arztes zwar nicht vergessen, aber vergessen wollen, und das war ja fast ebenso gut. Darauf kam der Brief, den sie, wie sie zugeben musste, am liebsten rahmen lassen würde. Und nun fuhr sie auf den Palast des Prinzregenten zu, spürte ihr Herz kräftig pochen und war erleichtert darüber, dass der Prinzregent nicht persönlich bei ihrem Besuch anwesend sein würde. Wenngleich es natürlich herrlich wäre, beiläufig in ein Gespräch einfließen zu lassen, welche Farbe seine Strümpfe bei ihrem Besuch gehabt hätten … Die Kutsche wurde langsamer und blieb dann ganz stehen. Ein kurzer, breiter Mann auf stummeligen Beinen setzte sich in Bewegung und eilte auf sie zu. »Es ist mir eine solche Ehre! James Stanier Clarke, wenn ich mich Ihnen vorstellen dürfte.« Alles im Gesicht des Bibliothekars strahlte. Auch Jane setzte ihr nonchalantestes Lächeln auf und dann den Hut, den sie jedoch gleich wieder abnahm – in der Kutsche passte er auch jetzt noch nicht auf ihren Kopf. Eine Treppe wurde bereitgestellt. Sie holte tief Luft. Hier war sie. Jane Austen, die ohne achtbares Vermögen oder nennenswerte...


Bell, Catherine
Unter dem Namen Catherine Bell taucht die Autorin und Journalistin Kerstin Sgonina in das Leben interessanter Frauen ein. Jane Austen liebt sie, seit sie deren Gesamtwerk in frühsommerlicher Hitze auf einem Berliner Balkon verschlang, ohne die stickige Luft, das Rattern der U-Bahn und den vorüberströmenden Verkehr zu bemerken. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Brandenburg und versucht, der dortigen Erde jedes Jahr aufs Neue einen englischen Cottage Garden abzutrotzen – mit bescheidenem Erfolg.


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