Brenner-Wilczek | Im Fuchspelz, auf der Colakiste | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Brenner-Wilczek Im Fuchspelz, auf der Colakiste

Düsseldorf literarisch

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-7700-4135-0
Verlag: Droste Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Sechs Jahrhunderte die Welt zu Gast in Düsseldorf
Das unterhaltsamste Lesebuch zur Stadt

Ob als wohlhabende Residenzstadt, als Kunstort für Maler und Musiker oder als Zentrum des politischen Wirkens: Nach Düsseldorf kam eine Vielzahl illustrer Persönlichkeiten.

Für „Im Fuchspelz, auf der Colakiste“, erschienen im Droste Verlag, hat die Leiterin des Heinrich-Heine-Instituts Sabine Brenner-Wilczek eine einmalige Auswahl stimmungsvoller Zeitdokumente von 1510 bis 2016 getroffen. Sie erzählen vom Leben in »diesem netten, reinlichen, wohlhabenden Düsseldorf« (Georg Forster 1791), beklagen die »kleine, häßliche Stadt« (Balthasar Monconys 1663) und dokumentieren den Alltag: »Überall in der Stadt, am hellichten Tag, an den Ufern der Düssel, laufen die Ratten umher, über die Straßen, in die Mülltonnen, in die Keller, durch die Trümmer« (Rolf Bongs 1945). Felix Mendelssohn Bartholdy bestaunt 1834 den rheinischen Frohsinn: »Aber heut ist Kirmes, das heißt, ganz Düsseldorf trinkt Wein. Nicht als obs das nicht jeden Tag auch täte, aber es geht spazieren dabei.« Und Lore Lorentz kommt 1985 zu dem Schluss: »Man kann Düsseldorf hassen, aber einen wird man immer lieben, den Düsseldorfer.«

Die Bandbreite der Textsorten reicht von Reisebeschreibungen, Briefen, Tagebucheinträgen, Gedichten, Essays bis hin zu Erzählungen. Fiktionale und nichtfiktionale Texte stehen ebenso bunt gemischt nebeneinander wie die unterschiedlichsten Autorinnen und Autoren: Von Albrecht Dürer und Fabio Chigi, dem späteren Papst Alexander VII., über Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Robert Schumann bis hin zu Lore Lorentz, Thomas Kling und Ingrid Bachér. Dazu kommt ein exklusiv für dieses Buch verfasster Text von Enno Stahl.

Sabine Brenner-Wilczek lässt über 50 Literaten, Künstler und Persönlichkeiten vom 16. Jahrhundert bis heute zu Wort kommen und setzt so Düsseldorf ein einzigartiges literarisches Denkmal.
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ZACHARIAS VON UFFENBACH DÜSSELDORF, SECHS MEIL VON WESEL (1711) Ich gieng noch diesen Morgen ein wenig in der Stadt herum, und sahe folgende Kirchen. Die Capuciner-Kirche, so klein und schlecht. Die von den sogenannten blauen Beguinen oder Nonnen, sonst Annunciaten oder Cölestiner genannt, diese ist zwar wie bekannt, klein, aber sehr schön, und mit vielen guten Gemählden auch sonst gezieret. Die Haupt-Kirche, welche mittelmässig. Hinter dem Chor fand ich das Grabmahl Herzog Wilhelms von Cleve … Diß Epitaphium ist sonst von weiß und schwarzem Marmor ziemlich wohl gemacht. Unten liegt der Herzog in Lebens-Grösse auf einer Tombe. Auf der Seite stehen die Haupt-Tugenden, als Gerechtigkeit, Klugheit, etc. Oben ist in der Mitte das jüngste Gericht en bas relief, über welchem die Worte: in Deo spes mea. Endlich gienge ich auch in die Jesuiter-Kirche. Selbige ist zwar ein schönes und zierliches Gebäude, von Quaterstücken (wie das ganze sehr grosse Collegium auch) allein sie ist sehr niedrig… Sie hat inwendig schöne Gewölbe, und welches sonst in Catholischen Kirchen gar was rares ist, auf beyden Seiten Emporkirchen. Die von Holz geschnizte Apostel und andere Bilder stehen auch gar heßlich darinnen. Der Altar ist sehr hoch und wohl gemacht. Er hat, welches sehr prächtig stehet, auf beyden Seiten von oben bis unten eine Decke von rothem geschnittenen oder blumigten Sammet. Nachmittags besuchte ich erstlich das Gießhaus, darinn dißmal an zweyerley sehr stark gearbeitet wurde. Das erste waren viele und grosse Figuren zu einem vortrefflichen Brunnen oder Wasserwerk, so auf dem Platz bey dem Kunsthause soll gesetzt werden. Das andere und vornehmste aber war die Statue des Churfürsten zu Pferd. Sie ist von entsetzlicher Grösse. Man hat sie schon vor Weyhnachten gegossen, sie ist aber verunglückt, indem das Pferd nur allein gerathen, der Leib des Churfürsten aber hat müssen von Bley daran gesetzt werden. Der Ofen ist ganz entsetzlich groß. Gleich bey dem Gießhaus ist noch ein Haus, darinnen die Bildhauer arbeiten. Neben dem Kunsthaus arbeiten auch zwey Italiäner in Gips unvergleichlich. Sie hatten sehr viele, doch meist kleine antique Statuen und Bildergens ringsherum fertig stehen. Zuletzt sahe ich das Kunsthaus selbst, so aber noch nicht fertig. Es stehet gleich vor dem Schloß, ist sehr groß, und hoch von Backsteinen aufgeführt. Oben darauf sollen die Antiquitäten und Medallien, wie auch die Mahlereyen kommen; unten aber lauter grosse Statuen. Wie dann in einem Zimmer bereits verschiedene sehr considerable Stücke stunden, dergleichen ich sonderlich an Grösse in Berlin nicht gefunden, obgleich mehrere. Die vornehmste waren folgende: Ein Hercules, und eine Flora von ganz entsetzlicher Grösse … Ferner waren sehr schön ein Centaurus, auf welchem ein Cupido saß, und ihn peitschte. Ferner ein Stück, so zwey Fechter, deren einer den andern zu Boden warf, vorstellte. Ein tanzender Satyr, dergleichen wir bey Herrn Tenkaaten in Amsterdam gesehen. Ein Mercurius und andere mehr. Auch war hier ein unvergleichlich schön Marienbild sitzend, mit Christo und Johanne, von einem Brabanter Namens Cribello von Brüssel verfertigt. Dieser Cribello ist nunmehro Director, der sonderlich auf die Bildhauer und übrige Künstler Achtung geben muß. Er ist dabey in sehr grossem Ansehen… Cribello wohnet auf dem Markte in einem neuen rothangestrichenen Hause, allwo ich auch hingeführet wurde, weil allda verschiedene Bildhauer Arbeit gemacht wurde. Den 10. April, Morgens sahe ich die Antiquitäten-Kammer, oder Medallien-Cabinet auf dem Schlosse, da sie noch auf dem dritten Stock, aber in keiner Ordnung stehet. Herr Matth. le Roy ist ein Mann von etlich und dreyssig Jahren, der zwar nicht unhöflich, aber etwas geschwinde und confus im Umgange ist. Er weiß selbst nicht, was er zeigen oder reden will, da zu solchen Sachen ein Mann gehöret, der sanft ist, und Gedult hat… Das Zimmer ist schlecht, und, wie gedacht, nichts in Ordnung, als die antiquen Medallien. Zu denen Medallien sind zwey grosse und schöne Cabinete gemacht, beyde von schwarz Ebenholz auswendig, und mit Messing eingelegt, inwendig aber sind die Schubladen oder Bretter von Schildkrot und Elfenbein eingelegt; an dem, in welchem die antiquen liegen, ist der Grund Schildkrot, und die Blumen oder Laubwerk Elfenbein, an dem andern aber, in welches die moderne kommen sollen, ist der Grund Elfenbein und das Laubwerk hingegen Schildkrot. Die Bretter selbst sind mit grün Tuch überzogen. Jedes dieser Cabinete soll achtzehen hundert Reichsthaler gekostet haben … Den 11. April, schickte ich erstlich zu Herrn Schäffern, welcher ein curiöser Mann und guter Astronomus ist. Er soll auch allerhand cameras obscuras, und andere Optische Dinge haben, welche der Churfürst selbst zu Zeiten besiehet. Er ließ sich aber entschuldigen, weil er einen solchen Fluß im Hals hätte, daß er kein Wort sprechen könne. Ich schickte darauf zu Herrn Buchels, Churfürstl. Bibliothecario, um nicht allein des Churfürsten sondern auch seine eigene Bibliotheck, welche gar gut seyn soll, zu sehen, ich vernahm aber auch mit grossem Verdruß, daß er vor etlichen Tagen eine Reise nach Italien, dahin ihn der Churfürst schickte, angetreten. Ich gieng also in das Jesuiter-Collegium, um sowohl die Bibliotheck zu sehen, als auch den so hochgehaltenen Pater und Beichtvater des Churfürsten zu sprechen. Die Bibliotheck des Collegii ist oben auf dem dritten Stockwerk in einem ziemlich grossen Zimmer. Sie ist aber weder zahlreich noch sonst considerabel. Ich fand auch, wie gemeiniglich bey den Jesuiten, gar keine Manuscripte. Es waren meist neue und theologische Bücher. Der Pater Urbanus ist ein mittelmässiger, magerer und unansehnlicher Mann, auch von Gesicht fast so heßlich, als Balth. Becker, dem er auch gar sehr gleicht, ausser daß seine Nase und Maul etwas kleiner. Ich fände gleich einen durchtriebenen Jesuiten an ihm, der sehr viel gereiset, und vor einen Jesuiten ziemlich gelehrt war, allein in seinen Minen, Manieren und Wesen sticht doch der Jesuit und Münch gewaltig hervor. Er ist auch ein solcher confuser Wäscher, daß er nicht allein von dem hundertsten auf das tausendste fiel; sondern mich fast zu keinem Wort kommen ließ. Er hatte allerhand besondere Einfälle, so aber nicht alle den Stich hielten, doch waren etliche sinnreich. Ich hörte unter andern folgendes beym Anblick eines Gemähldes von der Cleopatra: es seye ganz falsch, daß sich Cleopatra mit einer Schlange ums Leben gebracht haben solle. Dann erstlich gäbe es, wie Plinius und andere Naturkundige versicherten, in dasiger Gegend gar keine Schlangen, zweytens wäre nicht zu begreifen, wo sie eine Schlange so geschwind herbekommen, da zumalen die Autores melden, daß sie kaum in der Stadt gewesen, als die Feinde selbige erobert. Drittens so stächen die Schlangen nicht gleich. Viertens so tödte auch das Schlangengift nicht gleich, sondern öfters nach etlichen Tagen, mache auch gemeiniglich rasend: welches alles aber gegen die gemeine Erzehlung von Cleopatra seye. Sie habe sich aber mit einer Haar-Nadel, welche wegen ihrer Schlangenförmigen Krümmung und Gestalt auch aspides genennet werden, erstochen. Am Ende dieser Haar-Nadel hätten sie gemeiniglich ein Knöpfgen oder Büchsgen gehabt, in welchem sie Gift bey sich zu tragen pflegen. Die Cleopatra hätte also vermuthlich die Nadel erstlich mit Gift bestrichen, und sich damit einen wiewohl kleinen, doch tödtlichen Stich in die Brust gegeben … Von Gemählden sprach er gar viel, und wollte davon gar ein besonderer Kenner seyn. Er erzehlte als einen besonderen Einfall, daß als der Churfürst vor einiger Zeit ein Gemählde von Adam und Eva um ein groß Geld gekaufft, so von jedermann bewundert worden, er dem Churfürst gleich einen grossen Fehler daran gezeigt, welcher darinnen bestanden, daß der Mahler ihnen beyden Nabel gemahlt, da sie doch, weil sie nicht aus Mutterleibe gebohren worden, vermuthlich keinen gehabt … Zuletzt kam er auch auf die Universal-Sprache zu reden, und versicherte, daß er selbige im Schreiben ausgefunden, im reden seye es nicht möglich. Sie habe dem Kayser Leopold, auch hiesigem Churfürsten sehr wohl gefallen. Allein es seye mit grossen Herren nichts anzufangen, sonderlich da man an hiesigem Hofe die Studien gar nicht achte. Er seye auf die Gedanken von der Universal-Sprache durch ein Schreiben eines Jesuiten gekommen, welcher Informator von dem Prinzen des Tarter Chams seye. Selbiger habe ihm umständlich berichtet, wie daß die vielen und von Sprachen sonst ganz differente Völker in der grossen Tartarey durch gewisse wenige Characteres, so sie einander auf Täfelgen, die sie stets bey sich trügen, schrieben, und dadurch füglich mit einander handelten, und alles, was sie nur wollten, durch Beysetzung etlicher Puncten einander konnten zu verstehen geben. Um halb zwölf Uhr gieng ich in die Jesuiten-Kirche, woselbst der Churfürst die anniversaria seiner ersten Gemahlin begienge. Die Kirche war ganz schwarz behänget, und die ganze Hof-Capelle machte eine vortreffliche Traur-Musik. Ich hörte bey der Gelegenheit alle die Castraten, darunter etliche gar wohl sungen, doch kommen sie dem Nicolini, den ich in London gehört, nicht bey. Es wurde unter andern ein unvergleichlich Stück musicirt, so anfangt: Dies illa & c. welches gewiß gar wohl zu hören. Nachmittags, weil der Churfürst früh auf die Jagd fuhr, machte ich, daß ich dessen Cabinet, und die Galerie von Gemählden sehen konnte. Herr Friderici, ein Mahler, so darüber gesetzt ist, führte mich erstlich in die Galerie. Sie ist auch...


Dr. Sabine Brenner-Wilczek hat Germanistik und Medienwissenschaft studiert und leitet seit 2009 das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf. Sie kuratiert Ausstellungen und ist Herausgeberin zahlreicher Schriften. Darüber hinaus gehört sie der Jury des Düsseldorfer Literaturpreises sowie des Heine-Preises an, eine der wichtigsten Auszeichnungen Deutschlands.


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