Brenner-Wilczek | Ja, die Weiber sind gefährlich! | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 128 Seiten

Brenner-Wilczek Ja, die Weiber sind gefährlich!

Heine und die Frauen

E-Book, Deutsch, 128 Seiten

ISBN: 978-3-455-81382-1
Verlag: Hoffmann und Campe
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



"Ja, die Weiber sind gefährlich! Aber ich muss doch die Bemerkung hinzufügen, dass die schönen nicht so gefährlich sind, als die, welche mehr geistige als körperliche Vorzüge besitzen." Heinrich Heine pflegte zeitlebens ein vielschichtiges und schillerndes Verhältnis zu den Frauen, die ihn umgaben. Wie aber wurde sein Schaffen durch sie beeinflusst? Sabine Brenner-Wilczek beleuchtet die Impulsgeberinnen im Leben des Autors: Ein biografisches Porträt unter besonderem Vorzeichen, das den privaten Heine ins Licht rückt.
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Betty Heine
»Die liebe Mutter klagt, sie hätte genug an ihren Jahren zu tragen – ich wünsche Dir, nur halb so rüstig zu sein, und Du könntest zufrieden sein, der liebe Gott erhalte sie uns. Ich kann Dir mein heiliges Wort geben, daß ich nicht halb so eitel bin wie sie; hat Anna [Charlottes Tochter Anna Embden] einen rosa Huth auf, so setzt sie ihn auf, ob er ihr auch gut steht, und findet sich so hübsch, daß sie bedauert, in ihrem Alter kein Rosa tragen zu können. Ein Glück, im 82ten Jahr daran Vergnügen zu finden.«   Charlotte Embden (geb. Heine) an Heinrich Heine, 26. März 1852[3] »Die ernstvolle geistreiche Mutter«
Betty Heine, geborene Peira van Geldern »Düsseldorf ist eine Stadt am Rhein, es leben da 16,000 Menschen, und viele hunderttausend Menschen liegen noch außerdem da begraben. Und darunter sind manche, von denen meine Mutter sagt, es wäre besser sie lebten noch, z.B. mein Großvater und mein Oheim, der alte Herr v. Geldern und der junge Herr v. Geldern, die beide so berühmte Doctoren waren, und so viele Menschen vom Tode kurirt, und doch selber sterben mußten«[4], notiert Heine rückblickend über seine Geburtsstadt in Ideen. Das Buch Le Grand. Düsseldorf ist Ende des 18. Jahrhunderts Hauptstadt des Herzogtums Jülich-Berg und Sitz der Regierung mit zahlreichen Behörden und Gerichten. Der Hof residiert schon seit Längerem in München, aber das Opernhaus, die berühmte Gemäldegalerie, die Kurfürstliche Bibliothek, die Kunstakademie, die Sternwarte und der Botanische Garten erinnern noch immer an die glanzvolle Residenzzeit der Stadt im 16. und 17. Jahrhundert. Die städtische Industrie ist überschaubar und besteht unter anderem aus Tabakmanufakturen, Essigbrauereien und Baumwollspinnereien. Harry Heine, der den Namen Heinrich erst bei der protestantischen Taufe 1825 erhält, ist seiner Familie und seinem Stadtviertel, der Altstadt, besonders verbunden. In der Bolkerstraße mit der heutigen Hausnummer 53 wird er geboren. Das gängige Datum, der 13. Dezember 1797, ist übrigens nicht gänzlich gesichert: Die Dokumente über Geburt und Beschneidung sind verbrannt beziehungsweise von Heine selbst vernichtet worden. So sind wir auf Vermutungen angewiesen. Gelegentlich gibt Heinrich Heine sogar exakt den Jahreswechsel vom 31. Dezember 1799 auf den 1. Januar 1800 an, um als erster Mann eines neuen Jahrhunderts in die Geschichtsbücher einzugehen. Aus der Affäre ziehen können wir uns aber mit einem Satz, den Heine gegenüber einem neugierigen Journalisten geäußert haben soll: »Das Wichtigste ist doch, dass ich überhaupt geboren bin.«[5] Auf die Welt brachte ihn seine willensstarke und disziplinierte Mutter Betty Heine, geborene Peira van Geldern. Sie stammt aus der angesehenen jüdischen Düsseldorfer Bankiers- und Gelehrtenfamilie van Geldern, die Ende des 17. Jahrhunderts aus Holland eingewandert war. Heines Vater Samson, Spross einer strenggläubigen norddeutschen Kaufmannsfamilie, lernt sie im Sommer 1796 in Düsseldorf kennen. Da ist Betty noch zutiefst bewegt von zwei Schicksalsschlägen, die sie kurz zuvor ereilten: Ihr Vater stirbt im Oktober 1795 an den Folgen der Roten Ruhr, die nach der Besetzung durch die Franzosen in Düsseldorf ausbricht, und nur ein halbes Jahr später stirbt an derselben Krankheit auch ihr innig geliebter Bruder Josef, den sie bis zur Erschöpfung gepflegt hat. Heines Eltern heiraten für die damalige Zeit recht spät – Betty mit 25 und Samson mit 33 Jahren. Ob es sich um eine Liebesheirat oder eine Vernunftehe handelt, ist rückblickend nicht zu klären. Fest steht aber, dass Peira van Geldern, die nach der Hochzeit sowohl Vor- als auch Nachnamen wechselt, sich nach dem Tod von Vater und Bruder in einem deprimierten, instabilen und schutzbedürftigen Zustand befindet, wovon die Briefwechsel mit ihrer Freundin Helena Israel zeugen. Nach der Heirat sorgt Betty Heine durch kluges, engagiertes Handeln dafür, dass Samson als »Schutzjude« anerkannt wird, was ihm die Möglichkeit bietet, in Düsseldorf ein Geschäft mit modischen Textilwaren zu eröffnen. Bis ungefähr 1806 erblicken im Haus in der Bolkerstraße insgesamt vier Kinder das Licht der Welt: Harry (Heinrich), Sara (Charlotte), Gottschalk (Gustav) und Meyer (Maximilian). Am 6. Juni 1809 erwerben die Eheleute Heine dann ein anderes, nunmehr dreigeschossiges Haus mit Nebengebäuden und Garten in unmittelbarer Nähe, ebenfalls auf der Bolkerstraße (heutige Hausnummer 42). Die Lebensverhältnisse der Familie bleiben jedoch trotz des repräsentativeren Hauses eher bescheiden. In Heines literarisch ausgestalteten Erinnerungen an die Jugendzeit steht sein Vater – in dessen »Gemüthe war beständig Kirmeß«[6] – für Unbeschwertheit und Lebenslust, wohingegen seine Mutter Moral und Willenskraft verkörpert. Auch sein Bruder Maximilian schreibt rückblickend in einem Brief von 1831 von einer »freien, liberalen Erziehung«: »Bei dieser Gelegenheit der Jugend-Memoiren habe ich dann viel über meine, ja unsre Erziehung nachgedacht. Was mich betrifft, da bin ich ganz zufrieden … Der selige, gute Vater nahm mich als Knabe auf die Kaffeehäuser, lehrte mich das Kartenspiel, und ich bin weder ein Säufer noch Spieler geworden – Die ernste geistvolle Mutter zürnte nicht, wenn ich Schauspiele, Bälle, Conzerte, und mitunter auch andere stillere Vergnügungen besuchte«.[7] Betty Heine ist um das gesellschaftliche Ansehen der Familie und besonders um das berufliche Fortkommen der Kinder bemüht und investiert daher viel Energie in deren konsequente Erziehung. Liest man das bekannteste Zitat von Heine über seine Geburtsstadt Düsseldorf weiter, als es zu Werbezwecken üblich ist, führt der Spannungsbogen des Textes geradewegs zum vermeintlichen Einfluss seiner Mutter auf Heines Lebensweg als Schriftsteller: »Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt, und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Muthe. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müßte ich gleich nach Hause gehen. Und wenn ich sage nach Hause gehen, so meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin ich geboren bin. Dieses Haus wird einst sehr merkwürdig seyn, und der alten Frau, die es besitzt, habe ich sagen lassen, daß sie bey Leibe das Haus nicht verkaufen solle. Für das ganze Haus bekäme sie jetzt doch kaum so viel wie schon allein das Trinkgeld betragen wird, das einst die grünverschleyerten, vornehmen Engländerinnen dem Dienstmädchen geben, wenn es ihnen die Stube zeigt, worin ich das Licht der Welt erblickt, und den Hühnerwinkel, worin mich Vater gewöhnlich einsperrte, wenn ich Trauben genascht, und auch die braune Thüre, worauf Mutter mich die Buchstaben mit Kreide schreiben lehrte – ach Gott! Madame, wenn ich ein berühmter Schriftsteller werde, so hat das meine arme Mutter genug Mühe gekostet.«[8] Heine zieht hier eine direkte Linie von dem Schreibunterricht seiner Mutter zu seiner Schriftstellerei. Dies legt die Vermutung nahe, Betty Heine habe sich schon früh für die literarischen Bestrebungen ihres Sohnes eingesetzt. Doch der Eindruck täuscht. Vielmehr wünscht sie sich für ihren Sohn eine kaufmännische Karriere und, nachdem die Unternehmungen ihres Mannes Samson sowie die Filiale Harry Heine & Comp. in Hamburg gescheitert sind, eine juristische Laufbahn, wie es Heine in seinen Memoiren berichtet: »Meine Mutter aber hatte große hochfliegende Dinge mit mir im Sinne und alle ihre Erziehungspläne zielten darauf hin. Sie spielte die Hauptrolle in meiner Entwicklungsgeschichte. Sie machte die Programme aller meiner Studien und schon vor meiner Geburt begannen ihre Erziehungsversuche. Zu erst war es die Pracht des Kaiserreichs, die meine Mutter blendete … ach, da träumte meine Mutter für mich die goldensten Epauletten oder die brodirtesten Ehrenchargen am Hofe des Kaisers, dessen Dienst sie mich ganz zu widmen beabsichtigte … Mit dem Fall des Kaiserreichs mußte auch meine Mutter der prachtvollen Laufbahn, die sie für mich geträumt, entsagen, die dahin zielenden Studien nahmen ein Ende … Sie beschloß daher jetzt, daß ich eine Geldmacht werden sollte, und jetzt mußte ich fremde Sprachen, besonders Englisch, Geographie, Buchhalten, kurz alle auf den Land- und Seehandel und Gewerbskunde bezügliche Wissenschaften studiren … Da bald darauf eine große Handelskrisis entstand und wie viele unserer Freunde auch mein Vater sein Vermögen verlor und ich auf keine Geldfonds rechnen konnte, da platzte die merkantilische Seifenblase und meine Mutter mußte wohl eine andre Laufbahn für mich träumen. Sie meinte jetzt ich müsse durchaus Jurisprudenz studiren … Da eben die neue Universität Bonn errichtet worden, wo die juristische Fakultät von den berühmtesten Professoren besetzt war, schickte mich meine Mutter unverzüglich nach Bonn, wo ich bald zu den Füßen Mackeldeys und Welkers saß und die Manna ihres Wissens einschlürfte … Sie hatte, wie ich schon...


Brenner-Wilczek, Sabine
Sabine Brenner-Wilczek, geb. 1976, wurde nach dem Studium der Germanistik und Medienwissenschaft 2003 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf promoviert. Seit 2009 ist sie die Direktorin des ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Heinrich-Heine-Instituts.

Sabine Brenner-Wilczek, geb. 1976, wurde nach dem Studium der Germanistik und Medienwissenschaft 2003 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf promoviert. Seit 2009 ist sie die Direktorin des ebenfalls in Düsseldorf ansässigen Heinrich-Heine-Instituts.


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