Brown / Petermann | ADHS bei Kindern und Erwachsenen – eine neue Sichtweise | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

Brown / Petermann ADHS bei Kindern und Erwachsenen – eine neue Sichtweise

E-Book, Deutsch, 192 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 225 mm

ISBN: 978-3-456-75854-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Rund 100 Jahre lang hat man ADHS hauptsächlich als Verhaltensstörung betrachtet. Neue wissenschaftliche Befunde zeigen indessen, dass ADHS als Entwicklungsstörung beschrieben werden kann. Dieses Buch nimmt eine Vorreiterrolle ein und legt die Forschungsergebnisse, die diese neue Sichtweise unterstützen, dar. Der Autor stellt sich Fragen wie - Warum können Menschen mit ADHS sich sehr gut auf manche Aufgaben fokussieren und zugleich große Schwierigkeiten mit anderen Aufgaben haben? - Wie unterscheidet sich die Entwicklung des Gehirns und seiner Funktionen bei Menschen mit ADHS von anderen Menschen? - Wie verändern sich ADHS-bedingte Beeinträchtigungen in der Kindheit im Jugend- und Erwachsenenalter? - Welche Behandlungen helfen, ADHS-bedingte Beeinträchtigungen zu verbessern? Wie funktionieren sie? - Warum haben Personen mit ADHS öfters zusätzliche emotionale, kognitive und Lernstörungen als andere Menschen? - Welche gängigen Annahmen zu ADHS wurden von der aktuellen Forschung als falsch entlarvt? Dieses Buch präsentiert eine zutiefst nützliche und aktuelle Sammlung der wichtigsten Forschungsergebnisse über ADHS und die Rolle der Exekutivfunktionen. Kliniker, Studierende und Laien werden hier viele wertvolle Informationen zu diesem Krankheitsbild finden." Russel A. Barkley, Professor der Psychiatrie und Pädiatrie, Medical University of South Carolina
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Zielgruppe


Psychiater, Psychologen, Sozialarbeiter und Pädagogen sowie von ADHS Betroffene und ihre Familien werden in diesem Buch eine aufschlussreiche und unschätzbare Ressource entdecken.

Weitere Infos & Material


|33|2 Eine neue Sichtweise für eine alte Störung – ADHS als Problem der Exekutivfunktionen
Alte und neue Definitionen der ADHS
In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat sich das Verständnis von ADHS geändert. Dieser Wandel beruht nicht auf einer neuen Theorie, sondern auf einer fundamentalen Veränderung im Verständnis der Störung selbst. Die Erforschung der ADHS führte zu Befunden, die die alte Sichtweise der ADHS als simple Verhaltensstörung stark infrage stellten. Die alte Sichtweise kann man unter dem Titel „Dennis, der Quälgeist“ zusammenfassen; gemeint ist ein kleiner Junge, sehr ruhelos, impulsiv und hyperaktiv, zwar liebenswert, der sich jedoch immer danebenbenimmt und seine Eltern und Lehrkräfte frustriert. Die neue Sichtweise stellt den Menschen mit ADHS in einer ganz anderen und komplexeren Weise dar: als Menschen, der Probleme beim Fokussieren, Beginnen von Aufgaben, Aufrechterhalten der Leistung, Gebrauch des Arbeitsgedächtnisses und Modulieren von Emotionen aufweist. Mit einer solchen Problematik können (über die Lebensspanne bei Frauen und Männern) Alltagsanforderungen nur schwer bewältigt werden. Ist die Diagnose „ADHS“ gesichert, dann handelt es sich um eine chronische Störung. Dieses Buch versucht, eine große Vielfalt von Befunden zu integrieren, die das neue Verständnis der ADHS begründen helfen. Zentrale Konzepte dieser neuen Sichtweise sind im folgenden Kasten genannt. Elemente dieser Arbeitsdefinition werden auf den folgenden Seiten ausgeführt. Eine neue Arbeitsdefinition der ADHS ADHS = Ein komplexes Syndrom von entwicklungsbezogenen Störungen der Exekutivfunktionen,|34|des „Selbstmanagement“-Systems des Hirns, eines Systems von größtenteils unbewussten Operationen. Diese Störungen sind situationsvariabel, chronisch und schränken die Funktionsfähigkeit im Alltag erheblich ein. Diese Arbeitsdefinition der ADHS hat sechs Elemente. Jedes dieser Elemente wird ausgeführt. Diese Arbeitsdefinition wird in jedem Abschnitt wiederholt – um zu betonen, wie diese Elemente zusammengehören. Eine ausführlichere Erläuterung der forschungsrelevanten Hintergründe dieser Elemente wird in den folgenden Kapiteln vertieft. ADHS = Ein komplexes Syndrom von entwicklungsbezogenen Störungen der Exekutivfunktionen, des „Selbstmanagement“-Systems des Hirns, einem System von größtenteils unbewussten Operationen. Diese Störungen sind situationsvariabel, chronisch und schränken die Funktionsfähigkeit im Alltags erheblich ein. ADHS ist ein komplexes Syndrom Die Störung wurde lange als Hyperaktivität oder als Verhaltensstörung im Kindesalter (American Psychiatric Association, 1980, 1987) begriffen. In dieser Zeit wurde diese Diagnose nur jungen Kindern gegeben, die chronisch ruhelos und impulsiv waren und sich zu Hause und in der Schule oft daneben benahmen. Wir wissen jetzt, dass viele Menschen mit einer ADHS nie hyperaktiv waren und nie bedeutsame Verhaltensprobleme aufwiesen. Selbst für jene, die Verhaltensprobleme in der Kindheit hatten, sind diese Schwierigkeiten nicht so problematisch wie die kognitiven Störungen im Rahmen der ADHS, die sich im Entwicklungsverlauf einstellen. Im Mittelpunkt der neuen Sichtweise der ADHS ist die Ansicht, dass sie keine Störung des Verhaltens, sondern eine Störung in der Entwicklung des Management-Systems des Hirns ist, das heißt mit Problemen der Exekutivfunktionen einhergeht. Mit dieser Definition der Exekutivfunktionen lassen sich die Funktionen der Hirnregionen beschreiben, die andere kognitive Funktionen priorisieren, integrieren und regulieren. Exekutive Funktionen dienen als Mechanismus der „Selbstregulation“ (Vohs & Baumeister, 2004). |35|In ihrem berühmten Text über neuropsychologische Verfahren beschrieben Lezak und Kollegen (2004, S. 35) Exekutivfunktionen als „die Kapazitäten, die es einem Menschen ermöglichen, erfolgreich ein unabhängiges, nützliches Verhalten zu zeigen … . Es geht also darum, wie oder ob ein Mensch etwas angeht (z.?B. Wirst du es tun, und wenn ja, wie und wann?)“. In dieser Beschreibung betonten Lezak et al. (2004) die Bedeutung der Exekutivfunktionen für das Selbstmanagement. Die Formulierung weist zudem auf den Aspekt der Motivation hin, das heißt die Rolle der Exekutivfunktionen in der Entscheidung eines Menschen, was er tun wird und wann. Lezak et al. (2004) betonten die entscheidende Bedeutung der Exekutivfunktionen und bemerkten, dass diese nicht direkt damit verbunden sind, wie gut jemand bei verschiedenen Tests abschneidet: Störungen der Exekutivfunktionen erkennt man an einem Mangel an Selbstkontrolle, einer labilen oder verflachten Emotionalität, einer hohen Erregbarkeit oder Reizbarkeit, Impulsivität, unberechenbarer Nachlässigkeit und Schwierigkeiten bei der Aufmerksamkeitslenkung … . Andere Defekte der Exekutivfunktionen sind nicht so offensichtlich … . Möglicherweise bildet das ernsthaftere Problem die eingeschränkte Fähigkeit, sich selbst zu aktivieren oder zu motivieren. Es besteht ein Organisations- und Planungsdefizit. Die ADHS ist ein Syndrom der Störungen dieser Exekutivfunktionen – nicht bloß eines oder zweier Probleme, sondern eines Clusters von Schwierigkeiten, die gemeinsam auftreten. Menschen mit einer ADHS sind nicht alle gleich; sie können in bestimmten Begabungen stark abweichen, aber bei den meisten manifestieren sich chronische Schwierigkeiten in mehreren wichtigen Domänen der Funktionsfähigkeit. Das folgende Modell (Abb. 2-1) beschreibt Exekutivfunktionen, die von jedem gebraucht werden: Die sechs Bereiche der Abbildung 2-1 stellen keine umschriebenen Merkmale wie Körpergröße, Gewicht oder Blutdruck dar, sondern komplex verbundene kognitive Funktionen. Die folgenden Absätze beschreiben die sechs Bereiche genauer. Aktivierung: Aufgaben und Materialien strukturieren, Zeit einschätzen, Aufgaben priorisieren und mit Aufgaben anfangen. Menschen mit einer ADHS weisen eine exzessive Prokrastination auf. Oft verschieben sie den Beginn einer Aufgabe bis zur letzten Minute, selbst wenn sie diese als sehr wichtig für sich erkennen. Es scheint so, dass sie sich erst durch den drohenden Notfall motivieren können. |36|Fokus: Fokussierung, Aufrechterhaltung des Fokus und aufgabenbedingte Verschiebung des Fokus. Manche Menschen mit ADHS beschreiben ihre Schwierigkeit beim Fokussieren der Aufmerksamkeit ähnlich dem Versuch, dem Autoradio zuzuhören, wenn man sich zu weit vom Sender entfernt und das Signal mehr und mehr nachlässt: Manches versteht man und manches verliert sich im Rauschen. Sie sagen, sie lassen sich leicht ablenken, nicht von äußeren Dingen, sondern auch von eigenen Gedanken. In anderen Momenten bleiben sie mit ihrer Aufmerksamkeit bei einem Punkt hängen, unfähig, zu einer anderen Aufgabe zu wechseln, wenn sie es sollten. Zusätzlich bereitet vielen Menschen mit ADHS die Konzentration bei Lesen Schwierigkeiten. Wörter werden beim Lesen verstanden, aber müssen oft wiederholt werden, um die Bedeutung komplett zu erfassen und zu verinnerlichen. Leistung: Regulation der Vigilanz, Aufrechterhaltung der Leistung und Verarbeitungsgeschwindigkeit. Viele Menschen mit einer ADHS berichten, dass sie Kurzzeitprojekte gut bearbeiten ...


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