Buchgraber / Eigner / Fritz | Wortlaut 09. Gold | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 9, 136 Seiten

Reihe: Wortlaut

Buchgraber / Eigner / Fritz Wortlaut 09. Gold

Der FM4-Literaturwettbewerb. Die besten Texte

E-Book, Deutsch, Band 9, 136 Seiten

Reihe: Wortlaut

ISBN: 978-3-902373-84-7
Verlag: Luftschacht
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Wortlaut, der jährliche Literaturwettbewerb des Radiosenders FM4 geht in die neunte Runde: Die besten zehn Geschichten zum diesjährigen Thema 'Gold' sind wieder in einem lesenswerten Band vereint. Über 900 Texte sind in der FM4-Redaktion eingelangt. Nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum sondern aus ganz Europa, und auch Einsendungen aus den USA waren dabei. Doch nur zehn Autorinnen und Autoren, die ihre Gedanken, Ideen und Assoziationen zum Thema 'gold' in eine Kurzgeschichte gefasst haben, werden für diese Anthologie ausgewählt. Die Jury: Olga Flor (Autorin), Susanne Krause (Gewinnerin Wortlaut 08), Klaus Nüchtern (Kolumnist und stv. Chefredakteur des Falter), Tilman Rammstedt (Autor, Bachmannpreisträger 2008) und Christiane Rösinger (Musikerin und Autorin).

Zita Bereuter (Hg.), *1973 in Egg/Vorarlberg. Seit 2001 bei FM4, u. a. Leiterin des Literaturressorts, Organisatorin von Wortlaut und Betreiberin der FM4-Bücherei. Rezensiert für FM4 und Ö1. Claudia Czesch (Hg.), *1967 in Wien, arbeitet seit 1995 bei ihrem Lieblingssender FM4. Sie ist Redakteurin und stellvertretende Senderchefin.
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Goldhuhn Eier vom Goldhuhn, das ist doch auch völliger Quatsch, denke ich, Goldhuhn, da denkt doch jeder eher an Huhn zum Aufessen als an Huhn zum Eier legen. Immerhin haben sie es nicht Eier vom Goldhendl genannt. Goldhendl sind nämlich Rubbellose. Das ist auch wieder mal was. Wer kauft denn so was? Wie muss man denn da bitte drauf sein, dass man in eine Trafik geht und sagt: Ja bitte, eine Schachtel Marlboro und dann noch ein Goldhendl dazu. Warum müssen die ihre Kunden überhaupt so demütigen damit, die einen derart bescheuerten Namen aussprechen zu lassen, nur um ein Rubbellos zu bekommen? Man muss sich das auch einmal vorstellen, wem fällt sowas überhaupt ein? Da sitzen die drei jungen Kreativen mit ihren asymmetrischen Haarschnitten in ihrer Werbeagentur und der Chef sagt: Kinder, Kinder, wir müssen jetzt endlich weiterkommen mit dem Auftrag für die Ösreichschen Lotterien, also, Brainstorming jetzt, wie heißt das neue Rubbellos? — Ja wie wäre es mit Malefizbaron. — Nee, das ist doch nichts, ey, Malefizbaron kann gar nichts. — Ja dann? — Warum nicht Jolly Joker? — Jetzt lasst doch mal den Quatsch, ernsthaft jetzt, Konzentration bitte, meine Herren, um 14:00 Uhr ist Abgabe. — Moment, jetzt hab ich‘s: Goldhendl. Wir nennen das Rubbellos Goldhendl. — Das ist der Burner. — Mensch, Alter, Goldhendl ist aber mal geil abgeliefert. Diesen ganzen Quatsch denke ich mir also aus, aber das alles hängt natürlich überhaupt nicht mit dem zusammen, worum es mir eigentlich geht, Rubbellose haben mit dem, wofür ich meine Goldeier brauche, doch eigentlich für sich genommen überhaupt nichts zu tun usw. Eier vom Goldhuhn also, immerhin nicht Eier von der Goldhenne, Goldhenne ist nämlich ein Käfer, Goldlaufkäfer eigentlich, man sagt auch Goldschmied oder eben Goldhenne, habe ich alles auf Zufallsartikel in der Wikipedia gelesen. Gibt es aber sicher auch irgendwo, Eier von der Goldhenne, Eier vom Goldschmied, ist auch alles ganz egal. Eier vom Goldhuhn also um je 1,99 € ab zwei 6er-Packungen, eine 6er-Packung 2,59 €. Aber zwei 6er-Packungen brauche ich eigentlich gar nicht. Ich brauche doch nicht einmal eine ganze 6er-Packung. Goldhuhn ist immerhin Freiland, aber eigentlich ist alles hier Freiland. Freiland ist eh schon Standard, es geht nur noch darum, ob Bio-Freiland oder Normal-Freiland. Toni‘s Bio-Freilandeier wären Bio-Freiland, aber eben 2,99 € die 6er-Packung und keine Ermäßigung ab zwei Packungen. Gibt es dafür auch im 10er, kostet dann 3,25 €, das muss sich einer eigentlich ausrechnen können, was da jetzt pro Ei billiger ist, der normale Freilandscheiß im Mengenrabatt oder der Biofreilandscheiß im 10er. Es ist ja leider nicht so, dass Bio oder nicht in dem Fall egal ist, nur weil ich die Eier eh nicht essen will, es geht auch ums Prinzip und was das alles am Ende bewirkt und überhaupt, es ist auch nicht egal, welche Eier man kauft, wenn man sie gar nicht essen will, sondern für ganz etwas anderes kauft usw. Am Ende nehme ich dann doch die Eier vom Goldhuhn mit Mengenrabatt und gehe zur Kasse, denn ich bin hier zu Beginn der Geschichte im Supermarkt und muss mich mal konzentrieren und vernünftige Entscheidungen treffen, wie alle anderen Leute auch, sonst wird das alles mit den Goldschmiedeiern von vornherein nichts. Meine Freundin hat mir erzählt, dass sie mal gehört hat, wie die Kassafrauen im Supermarkt getrascht haben und gesagt haben, es gibt einen jungen Mann, der hier immer einkauft und der sicher ein Drogenjunkie oder irgendsowas ist, weil er immer so unzusammenpassende Sachen einkauft und allgemein so komisch drauf ist. Seither glaube ich immer, die Supermarktfrauen haben mich gemeint, weil ich ja auch immer unzusammenpassende Sachen einkaufe und so komisch drauf bin. Es ist aber auch einfach so schwer, verbindliche Kauf-entscheidungen zu fällen, die die anderen für zusammenpassend oder zumindest halbwegs normal halten und die doch nicht ein völliger Quatsch sind. Also seither muss ich mich im Supermarkt jedenfalls immer besonders konzentrieren, weil mich die Supermarktfrauen sonst für einen Drogen-junkie halten und kann nicht ewig rumüberlegen, welche Goldhuhneiermengenrabatte ich nun nutzen soll und was der ganze Biofreilandscheiß am Ende eigentlich bewirkt und was ich überhaupt machen kann, damit nicht alles immer noch schlimmer wird usw. Zuhause stelle ich die verdammten Goldeier jedenfalls in den Kühlschrank, aber eigentlich nur aus Gewohnheit, weil sie frisch ja gerade eben nicht bleiben sollen. Also hole ich sie wieder aus dem Kühlschrank und stelle sie aufs Fensterbrett in die Sonne. Dann überlege ich, was ich dazu anziehen soll. Hose ist schon mal klar, Hose ist dunkelbrauner Cord, es gibt eigentlich nur dunkelbraune Cord-Hosen, alles andere ist doch von vornherein kompletter Unsinn. Ein Hemd ist dazu nie falsch, denke ich, mit einem Hemd kann man eigentlich nichts falsch machen. Auf einem T-Shirt steht immer irgendwas drauf, was meistens doch völliger Quatsch ist oder es ist ein einfarbiges T-Shirt ohne was drauf und das ist dann doch auch wieder völlig unmöglich. Also Hemd. Das grün-weiß feinkarierte wäre zwar grad sauber, aber das ist dann für den Anlass doch vielleicht ein bisschen zu sportlich, weil das einen Button-Down-Kragen hat und ein Button-Down-Kragen wirkt immer gleich irgendwie wie Freizeit und Freizeit ist das nun doch wirklich nicht, wobei, Arbeit ja wohl eigentlich auch nicht, aber egal. Am Ende nehme ich das weiße Hemd, das ist zwar nicht gebügelt, aber übertreiben kann man es auch und zu weiß kann man eigentlich alles tragen. Mit weiß lässt man sich für alle anderen Entscheidungen noch alle Möglichkeiten offen. Jetzt ist die nächste Frage: Krawatte oder nicht. Zu einem Hemd bietet sich Krawatte eigentlich immer an, aber übertreiben kann man es auch. Andererseits sieht man mit Krawatte immer ein bisschen aus wie die Mods zu Beginn des Films Velvet Goldmine und das ist dann immerhin schon etwas. Glencheck-Krawatte wäre vielleicht möglich, das wäre dann wieder eher fürtagsüber passend und mehr so allgemein businesslike, aber eigentlich hat doch überhaupt niemand Krawatten mit Glencheckmuster und ich schon gar nicht und insofern ist das alles vollkommener Blödsinn, den ich mir da überlege. Paisley wäre in etwa dasselbe und hat auch immer so was Tapetiges, wobei das natürlich nichts gegen Tapeten an sich sagen soll, Tapeten sind eh spitze, vor allem Picture-Tapeten, aber eigentlich gehört das überhaupt nicht hierher und ist völliger Quatsch. Aber jedenfalls Krawatte mit Hahnentritt wäre gut, das passt dann, denke ich, Eier vom Goldhuhn und Hahnentritt-Krawatte. Merkt aber andererseits sicher eh niemand, ist also auch wieder Blödsinn. Am Ende nehme ich die Fischgrat-Krawatte, dazu wäre Nadelstreif oder, noch besser, ein Tweedmantel schick, aber Tweedmantel habe ich überhaupt gar keinen und Nadelstreif ist doch vollkommen affig und habe ich natürlich auch nicht, deshalb ziehe ich eben den Lodenmantel an. Es haben sowieso alle Lodenmäntel an, Lodenmäntel sind nun wirklich nichts Besonderes mehr. Lodenmantel geht also völlig in Ordnung und es spricht überhaupt nichts gegen Lodenmäntel für sich genommen und was anders habe ich, wie gesagt, soundso nicht. Man muss jedenfalls schon auch schauen, wie man aussieht, gerade wenn man so etwas machen will wie ich, denke ich usw. Dann höre ich noch den Song „Old Soul Song“ von der Band Bright Eyes an. Der Song, der auf der Platte direkt davor kommt, „We Are Nowhere And It‘s Now“, gefällt mir zwar eigentlich besser, beziehungsweise würde ich sogar sagen, dass „We Are Nowhere“ ganz objektiv gesehen der beste Song am ganzen Album ist, aber „Old Soul Song“ passt jetzt einfach besser und vor dem ersten Refrain, bei den Zeilen „And there were barricades to keep us off the street / But the crowd kept pushing forward / till they swallowed the police“ drehe ich ein bisschen lauter und in der nächsten Strophe bei „And all the way home held your camera like a bible / Just wishing so bad that it held some kind of truth“ noch einmal und ich denke mir, dass „Old Soul Song“ eigentlich doch ein ganz hervorragen-der Song ist, wenngleich er natürlich auch nicht ganz so schön ist, wie „We Are Nowhere“, wo meine liebsten Zeilen ja sind „I’m always lost in thought / as I walk the block to my favourite neon sign / Where the waitress looks concerned / but she never says a word / Just turns the jukebox on / And we hum along“ usw., was dann doch noch einen Tick besser ist als „Old Soul Song“, aber immerhin und außerdem passt es jetzt auch viel besser. Generell ist jedenfalls „I‘m Wide Awake It‘s Morning“ ein ganz hervorragendes Album, denke ich, wenngleich es natürlich nicht an das frühe Meisterwerk „Lifted / The Story is in the Soil, Keep Your Ear to the Ground“ heranreicht, das andererseits aber sogar das großartige „Fevers and Mirrors“ oder das ebenfalls sehr gelungene „Cassadaga“ um Längen schlägt, sodass es insofern in diesem Zusammenhang betrachtet nichts Besonderes ist, dass es auch besser als „Wide Awake ...“ ist, obschon „Wide Awake ...“ für sich genommen doch ein vollkommen tadelloses Album ist, das seinerseits zum Beispiel das gleichfalls nicht unbedingt missglückte Album „Digital Ash in a Digital Urn“ an Gelungenheit noch übertrifft, denke ich usw. Mein Freund Stefan hat in der Kneipe, über deren Tür jedenfalls unser liebstes Neonlicht hängt (was im Übrigen auch ein sehr schöner Song ist, „Neonlicht“, aber egal), einmal eine Theorie aufgestellt, derzufolge man generell eigentlich besser gar nichts tut. Er hat gesagt, es hängt sowieso alles mit allem irgendwie in sehr komplexer Weise zusammen und sämtliche Zusammenhänge aller Dinge und die Komplexität der Welt...


Zita Bereuter (Hg.), *1973 in Egg/Vorarlberg. Seit 2001 bei FM4, u. a. Leiterin des Literaturressorts, Organisatorin von Wortlaut und Betreiberin der FM4-Bücherei. Rezensiert für FM4 und Ö1.

Claudia Czesch (Hg.), *1967 in Wien, arbeitet seit 1995 bei ihrem Lieblingssender FM4. Sie ist Redakteurin und stellvertretende Senderchefin.


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