Buck / Ehrmann | Turbo | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Buck / Ehrmann Turbo

Mein Wettlauf mit dem Fußballgeschäft

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-608-12013-4
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



+++Nominiert für das Fußballbuch des Jahres 2021+++

'Ein faszinierender Blick in die Seele eines Profisportlers. Wer den Fußball von heute verstehen will, sollte unbedingt dieses Buch lesen.' Urs Meier, Schiedsrichter und ZDF-Experte
Meister mit Stuttgart und Lautern. Trainiert vom alten Rehhagel und den jungen Löw und Klopp.
Andreas Buck, der 'Turbo der Liga', erlebt die Zeitenwende. Das erste Champions-League-Spiel, die großen Gagen. Bis er tief fällt. Der Turbo abgehängt vom immer schneller werdenden Geschäft. Eine packende Inside-Story über die Zeit, als der Fußball sich an den Profit verkaufte.

Als 'Turbo' der Bundesliga wird Andreas Buck von den Fans gefeiert. Er verdient Millionen, auch die Vereine erzielen Jahr für Jahr neue Rekordgewinne. Doch ein paar falsche Freunde, ein paar falsche Investitionen und am Ende seiner Karriere steht er vor dem Ruin. Heute, mit 52 Jahren, kann Buck zurückblicken und erzählen, wie er den Turnaround geschafft hat. Er ist erfolgreicher Unternehmer und berät aktive und ehemalige Fußballer. Seine Fallgeschichte ist ein Spiegel des großen Ganzen. Johannes Ehrmann erzählt als packende Inside-Story, wie nah Aufstieg und Fall im Profifußball beieinander liegen, in einer Zeit, als sich der Fußball an den Kommerz verkaufte. Doch Turbo ist auch die Hommage an einen wunderbaren Sport.

Stimmen zum Buch

'Sehr authentisch, sehr klar. Ich habe viele Parallelen gefunden zu meiner Fußballerkarriere. Lohnenswert und lesenswert.'
Fredi Bobic, Vorstand Sport Eintracht Frankfurt, 28. August 2020

'Unglaublich authentisch und direkt geschrieben.'
Roman Weidenfeller, Fußball-Weltmeister 2014, 28. August 2020
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Weitere Infos & Material


Ich nehme die Autoschlüssel vom Haken und werfe mir die leichte Jacke über. Joshua kommt die Treppe herunter. Ich zwinkere ihm zu. »Hast du alles?« Er nickt. Dann sitzen wir nebeneinander im Auto. Es sind nur fünf Minuten bis zum Sportplatz, einmal quer durch den Ort. Am Abzweig zur Hauptstraße schaue ich nach rechts. Mein Sohn wirkt entspannt. Ich steuere den Wagen langsam durch die leeren Straßen. »Versuch immer, den Ball zu kontrollieren«, sage ich zu ihm. Er nickt. »Du bist ein guter Kicker. Trau dich was!« – »Ja ja, Papa«, sagt er und dreht sich zum Fenster. – »Na, du machst das schon.« Aus dem Augenwinkel schaue ich ihn an. Sehe ein feines Lächeln in seinem Gesicht. Ich denke daran, wie ich damals an seiner Stelle gesessen habe, neben meinem Vater, auf dem Weg zum Spiel. Wie lange ist das her, 40 Jahre? Ich spüre noch die stumme Anspannung in mir. Seinen Erwartungsdruck. Ich wusste, worum es ging. Spielte ich schlecht, sprach mein Vater manchmal den ganzen Tag nicht mehr mit mir. Ich parke den Wagen und mache den Kofferraum auf. Joshua schnappt sich seine Sporttasche. Ich streiche ihm durch die Haare, wünsche ihm viel Glück. Dann rennt er schon los, zu seinen Kumpels von der D-Jugend, die drüben vor der Kabine warten. Ich bleibe noch einen Moment stehen und nehme die Samstagmorgenstimmung in mich auf. Ich höre die Rufe der Zuschauer hinten am Platz und das dumpfe Geräusch des Balls, den jemand satt getroffen hat. Ich meine, den Rasen riechen zu können, aber vielleicht ist das nur die Erinnerung, die mir einen Streich spielt. An Samstagen wie diesem kommt mir meine Vergangenheit wieder sehr nahe. Die Geräusche und Gerüche tragen mich von Joshuas Dorfverein zurück in die große Fußballwelt. Meine Welt. Lange war sie fast alles, was ich kannte. 15 Jahre lang war ich Andreas Buck, Fußballprofi. Auserwählter. Ich sehe die Eckfahne schlaff im lauen Wind hängen, sehe mich ihr noch einmal auf der rechten Außenbahn entgegen sprinten. Ich höre den keuchenden Atem meines Gegenspielers und die Fans, die meinen Namen rufen. Buck, Buck, Buck! Später stehe ich mit den anderen Eltern hinter der Absperrung. Ich sehe meinen Jüngsten dem Ball nachjagen. Seine schlaksigen Bewegungen, die wehenden Haare. Wie er hin und her wetzt im Mittelfeld. Er scheint nicht müde zu werden. Er ist ein Dauerläufer, der mit jedem Jahr schneller wird. Ich war der reine Sprinter. Einer der schnellsten Spieler der Bundesliga. Und dennoch sehe ich mich selbst in ihm. Bin ich nicht damals dem gleichen Traum nachgejagt wie er? Dem Traum aller Kleinen, die sich in naiver Freude begeistern an dem, was für sie wirklich noch ein Kinderspiel ist. Was sie mehr als alles andere lieben. Amateur, das heißt doch Liebhaber. Die Wahrheit ist, ich wollte nie ein Profi sein. Habe mich nie wie einer gefühlt. Ich wollte, dass Fußball mir Spaß macht. Ein Spiel bleibt. An diesem unschuldigen Gedanken habe ich mich lange festgeklammert. Vielleicht zu lange. Liebe ich den Fußball? Ich liebe meinen Sohn. Ich freue mich mit ihm. Will, dass er Spaß hat, dass er Erfüllung findet in diesem Sport, der so wunderbar einfach sein kann. Will ich, dass er den Traum lebt und sein Leben ganz dem Fußball verschreibt? Dass er ein Profisportler wird, wie ich einer war? Um Himmels willen, nein! Oft schon bin ich diesen Gedanken nachgegangen. Warum nur kann ich den Fußball nicht lieben, einfach und bedingungslos? Er hat mir doch fast alles gegeben. Selbstvertrauen und Anerkennung. Die Rufe der Fans und Millionen an Gage. Ich habe wichtige Spiele gewonnen und große Titel, ich bin vor Zehntausenden in die größten Stadien Europas eingelaufen, ich war in Barcelona, London und Glasgow, in Dortmund und in München. Weil ich so schnell war, nannten sie mich Turbo. Ich habe den Rausch geliebt, diesen Thrill des Moments, wenn der Ball, perfekt getroffen, Richtung Torwinkel fliegt und du als Erster von allen weißt, was jetzt passieren wird. Diese Zehntelsekunde, in der du auf den Jubel wartest. Diese Energie im Stadion, die du körperlich spüren kannst. Und dieser Moment am nächsten Morgen, wenn du dich fragst, ob alles nicht doch nur ein schöner Traum war. Bis du wieder weißt, dass es stimmt. Dass alles so passiert ist und du wirklich deutscher Meister bist. Dieses Gefühl hat mir der Fußball verschafft. Er hat mich reich gemacht und begehrt. Aber gleichzeitig hat er mich an jähe Abgründe geführt. Sportlich, menschlich, finanziell. Meine erste Ehe ist an ihm zerbrochen. Meine Töchter haben gelitten. Meine Familie. Ich habe mich blenden lassen, falschen Freunden vertraut, am Ende waren die Banken hinter mir her. Es hat nicht viel gefehlt und mein Kindertraum hätte mich zerstört. Wie konnte das ausgerechnet mir passieren, dem grundsoliden Schwaben? Dem braven Jungen aus Geislingen, der noch mit Anfang zwanzig kaum den Mund aufkriegte vor fremden Menschen. Dem Beamtensohn und Abiturienten mit Eins im Mathe-Leistungskurs, der immer schön die Hälfte seiner Gehälter zurücklegte? Der nie ein Monatsgehalt im Casino verzockt hat, der nie auf den Gedanken kam, sich fünf Sportwagen in die Garage zu stellen? Was ist nur schiefgelaufen? Auf dem Feld bin ich doch allen davongerannt. 10,8 Sekunden auf 100 Meter zu besten Zeiten. Ich dachte, das reicht. Das und meine Kinderstube. Sei höflich und dankbar. Sparsam und still. Mach den Leuten keine Probleme. So brachte man es doch zu was im Leben. Das lernte ein schwäbischer Bub wie ich schon früh. Genau so machten es die Mutter und der Vater und alle, die wir kannten. Demut und Freundlichkeit? Hätte ich mich daran gehalten, ich hätte nicht ein einziges Bundesligaspiel gemacht. Das Fußballgeschäft schert sich nicht um die Regeln der Gesellschaft. Es hat seine eigene Moral. Sie widerspricht fast allem, was wir unseren Kindern fürs Leben mitzugeben versuchen. Im Fußball gewinnt der, der am wenigsten zweifelt. Der, der auch mal zutritt, wenn es nötig ist. Hier regieren die mit den wenigsten Skrupeln. Wer zweifelt, spielt nicht. Wer zu viel nachdenkt, verliert. Mitleid ist Gift, und die ärmsten Schweine kriegen die meiste Häme ab. Mobbing ist Alltag. Egal ob Vereinsfunktionäre, Trainer oder Mitspieler – in jeder Funktion habe ich Leute erlebt, denen ethische Werte völlig egal waren. Selbst im Nachwuchsbereich wird oft schon ein ähnlicher Rahmen gesetzt. In der E-Jugend spielte Joshuas Mannschaft um den Staffelsieg mit. Am vorletzten Spieltag kam es zum Showdown mit dem Tabellenführer. Als ein Ball schon fast im Aus war, schlug ihn ein Spieler der anderen mit aller Wucht Richtung Wald. »Super«, rief sein Trainer ihm zu, »genau richtig!« Sein Team führte 2:1. Ich stand nicht weit weg. Sonst sage ich ganz selten etwas. Nicht dass es heißt, der Ex-Profi spielt sich auf … Jetzt aber drehte ich mich zum Coach um und fragte ihn, was das solle. Er schaute mich fragend an. Fühlte sich im Recht: »Es geht hier um die Meisterschaft! Der darf den Ball so weit weg schießen, wie er kann!« Ich war fassungslos. In der E-Jugend? Das war das, was er seinen Zehnjährigen mitgeben wollte? Hauptsache, ihr setzt euch durch. Egal wie. Haben wir unseren Kindern nicht mehr zu sagen? Als ich Profi in Stuttgart wurde, 1990, hat mich einer unserer Verteidiger zwei Mal so hart gefoult, dass jeweils die Bänder am Knöchel rissen. Noch bevor ich mein erstes Bundesligaspiel machen konnte. Ein Kollege, im Training. Unser Torwart hatte sich über ihn lustig gemacht, weil ich ihm immer davonrannte. Das machte ihn wütend. Beim dritten Mal trat ich als Erster zu. Da nahmen sie mich auf. Ja, ich habe gelernt. Habe mich angepasst. Bin mitgeschwommen im Haifischbecken und habe Großes erlebt. Mit Stuttgart bin ich erster gesamtdeutscher Meister geworden, und dann noch einmal mit Kaiserslautern – als Aufsteiger! Was für eine unglaubliche Geschichte. Manchmal, wenn ich mit Joshua und seiner Schwester durch die Stadt gehe, spricht mich jemand darauf an. Dann bleibe ich stehen und wir erzählen ein bisschen von früher. Von ’98, den guten alten Zeiten. Hinterher fragt mein Sohn mich dann: Kanntest du den? Und ich schüttele den Kopf und muss grinsen. Sie erinnern sich nicht mehr an mich? Das macht nichts. Ich war kein Matthäus oder Effenberg oder Basler. Zum großen Zampano tauge ich nicht. Mit der Presse habe ich nur geredet, wenn ich etwas zu sagen hatte. Ich bin nie zu den Bayern gegangen, zum FC Hollywood, wie es damals hieß. Ich hatte nie eine Kolumne in der Bild-Zeitung. Ich hocke nicht in den Fußball-Talkshows herum. Aber ich war dabei. Ich habe alles gesehen. Wie aus Bundesliga-Clubs weltweite Marken wurden. Wie Spieler und Berater an Macht gewannen. Den immer...


Ehrmann, Johannes
Johannes Ehrmann, geb. 1983, ist ZEIT-Redakteur und Autor mehrerer Sachbücher. Studium der Amerikanistik und Geschichte in Berlin und Philadelphia mit Master-Abschluss an der University of Pennsylvania (USA). Seine journalistischen Texte sind mehrfach ausgezeichnet worden. Johannes Ehrmann lebt in Berlin.

Buck, Andreas
Andreas Buck, geboren 1967, wurde mit Stuttgart und Kaiserslautern Meister in der Fußball-Bundesliga und arbeitet seit seinem Karriereende als Versicherungs- und Finanzberater. Heute führt der vierfache Familienvater erfolgreich zwei Unternehmen und vertritt die Ansprüche verletzter Fußballprofi s bei der Berufsgenossenschaft.

Andreas Buck, geboren 1967, wurde mit Stuttgart und Kaiserslautern Meister in der Fußball-Bundesliga und arbeitet seit seinem Karriereende als Versicherungs- und Finanzberater. Heute führt der vierfache Familienvater erfolgreich zwei Unternehmen und vertritt die Ansprüche verletzter Fußballprofi s bei der Berufsgenossenschaft.

Johannes Ehrmann, geb. 1983, ist ZEIT-Redakteur und Autor mehrerer Sachbücher. Studium der Amerikanistik und Geschichte in Berlin und Philadelphia mit Master-Abschluss an der University of Pennsylvania (USA). Seine journalistischen Texte sind mehrfach ausgezeichnet worden. Johannes Ehrmann lebt in Berlin.


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