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E-Book, Deutsch, 326 Seiten

Büthe Evidenzbasierte Wochenbettpflege

Eine Arbeitshilfe für Hebammen im Praxisalltag

E-Book, Deutsch, 326 Seiten

ISBN: 978-3-17-041530-0
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Aufgabe der Hebamme ist es, die Wöchnerin zu geeigneten Maßnahmen bei Beschwerden, zu optimalen Behandlungsmethoden und zu frühzeitigen Vorsorgen zu beraten und anzuleiten. Um diese wichtige Aufgabe im Kontext interdisziplinärer Gesundheitsversorgung professionell leisten zu können, sind evidente wissenschaftliche Erkenntnisse vonnöten.
Das vorliegende Praxislehrbuch zeigt auch in der 3. Auflage die aktuellen Evidenzen in Ergänzung mit Empfehlungen der traditionellen Hebammenkunde auf. Neben der Betreuung der Wöchnerin werden das Stillen, die Pflege und die weitere Ernährung des Neugeborenen thematisiert. Im Wochenbett spielt außerdem die psychische Verfassung der Eltern eine wichtige Rolle, die umfassend betrachtet wird. Darüber hinaus wird auf Frauen in besonderen Lebenslagen und auf mögliche einhergehende Herausforderungen eingegangen. Die 3. Auflage wurde vollständig aktualisiert.
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Weitere Infos & Material


1       Einführung
Wochenbettbetreuung wird von angestellten und freiberuflichen Hebammen angeboten und durchgeführt. Bis zu einem Viertel der Wöchnerinnen haben 2018 aufgrund fehlender wohnortnaher Verfügbarkeit keine Wochenbettbetreuung durch eine Hebamme erfahren. Ein Fünftel der schwangeren Frauen hat länger als zwei Monate nach einer Hebamme für das Wochenbett gesucht. (Skopos 2018) Angesichts der derzeitigen Mangelversorgung bietet dieses Tätigkeitsfeld ein Wachstumspotential im Hinblick auf Hebammenbeschäftigung (DHV 2012c). Die Implementierung eines wohnortnahen Angebots einer Wochenbettambulanz kann kurzfristig einen Versorgungsengpass abmildern, bleibt bisher jedoch die Ausnahme (Erdmann 2019). Eine Hebammenbetreuung im Wochenbett gewährleistet eine höhere Zufriedenheit der Mutter mit ihrer Lebenssituation, einen sicheren Umgang mit dem Neugeborenen und die Übernahme der Mutterrolle sowie eine geringere Wahrscheinlichkeit für eine depressive Erkrankung der Mutter (Grieshop 2013). Wählt eine Hebamme im Rahmen der Wochenbettbetreuung eine nach ihrem Methodenschwerpunkt und für die Wöchnerin und Familie geeignete Behandlungsempfehlung oder Maßnahme aus, gelangt sie dabei unweigerlich in das Spannungsfeld zwischen traditioneller Hebammenkunst und evidenzbasierter Betreuung, Pflege (Evidence-based Nursing – EbN) und Medizin (Evidence-based Medicine – EbM). Solange die teilweise jahrzehntelangen Beobachtungen und Erfahrungen von Hebammen nicht mit Respekt gewürdigt werden, bleibt die Begegnung mit evidenzbasierten Maßnahmen ein Konfliktfeld in Bezug auf den Anspruch von folgerichtiger Beratung und des Vorgehens. Eine erfolgreiche Synthese in der Hebammenarbeit legt Ergebnisse aus aktueller, systematischer Forschung zugrunde, richtet die Handlungsempfehlungen darauf aus und bezieht sie in die praktische Arbeit ein. Ziel des vorliegenden Buches ist es, aktuelle Evidenzen zu Wirksamkeit und Unwirksamkeit sowie Beratungsinhalte und Maßnahmen der traditionellen Hebammenkunst zu den einzelnen Parametern eines Wochenbettbesuches zusammenzufassen. Um Kolleginnen zudem eine Hilfe bei dem QM-Prozess Wochenbett zu geben, ist jedes Kapitel nach gleichem Schema in Anlehnung an das QM-System des DHV (Schwarz & Krauspenhaar 2014) aufgebaut. Die Kapitel 2 bis 5 beinhalten die Ebenen der Verfahrens- und Arbeitsanweisungen (Schwarz & Krauspenhaar 2014). Jedes Unterkapitel befasst sich inhaltlich mit einem Wochenbettparameter der alltäglichen Hebammenarbeit (z. B. Rektusdiastase). Der strukturelle Rahmen umfasst die in der folgenden Tabelle erläuterten Parameter ( Tab. 1.1): Tab. 1.1:    Aufbau der Unterkapitel (eigene Zusammenstellung) 1.1       Was ist Evidenzbasierte Betreuung, Pflege, Hebammentätigkeit und Medizin?
Kirstin Büthe
Hebammen überwachen seit Beginn des Berufes die zeitgerechte und physiologische, genitale und extragenitale Involution sowie das Gedeihen des Neugeborenen. Sie fördern die Bindung von Mutter und Kind sowie das Stillen. Die Weichen für einige Parameter werden bereits in der Schwangerschaft gestellt. Sie begegnen Frauen und Eltern auf Augenhöhe und beraten sie kompetent. Zur Förderung des Stillens können sie auf bereits validierte Maßnahmen zurückgreifen. Pflege- und Beratungsinhalte sowie Anleitungen zum Neugeborenen oder zur puerperalen Involution basieren mehrheitlich auf der individuellen und facettenreichen Fachexpertise der Hebamme. Meist schließt dies die tolerable Behandlungsdauer für den Umgang mit Komplikationen im Wochenbett mit ein. Eine Professionalisierung der Hebammenbetreuung im Wochenbett setzt Ergebnisse über evidente, qualitativ und quantitativ einflussnehmende Faktoren der Involution sowie der Neugeborenen- und Säuglingspflege voraus. Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen repräsentieren die aktuellen wissenschaftlichen Belege und Ergebnisse und stellen die Inhalte zu Behandlungs- und Gesundheitsentscheidungen dar. (Lühnen et al. 2017) 1.1.1      Definitionen
Evidenzbasierte Betreuung (EbB): Die Begleitung, Beratung, Anleitung und Behandlung einer Frau in Orientierung an der eigenen Fachexpertise und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der systematischen Forschung. Der Frau wird mit Sensibilität und Sachverstand begegnet. Ihre Wünsche und Ziele stehen im Mittelpunkt und werden respektiert: Sowohl die Betreuungsform als auch die Behandlungsmaßnahmen werden gleichberechtigt festgelegt (Stiefel et al. 2013). Evidence-based Nursing (EbN): dt.: Evidenzbasierte oder beweisgestützte Pflege. EbN beschreibt die Nutzung der derzeit besten wissenschaftlichen Ergebnisse pflegerischer Forschung in der Zusammenarbeit zwischen Patient/-innen und professionell Pflegenden (Behrens & Langer 2016). Evidence-based Medicine (EbM): Auch evidenzbasierte oder beweisgestützte Medizin. Der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patient/-innen. In der praktischen Umsetzung von EbM wird die individuelle klinische Expertise durch bestmögliche Forschungsergebnisse ergänzt (DNEbM 2011a; Sackett et al. 1996). Evidence-based Midwifery (EbMid): Auch evidenzbasierte Hebammenarbeit oder Hebammenbetreuung. Nach einer gemeinsamen Abwägung von Wissen und Erfahrung der Hebamme mit den Wünschen und Bedürfnissen von Frau und Familie wird eine Entscheidung getroffen. Hebammenerfahrung und alle verfügbaren, wissenschaftlichen Evidenzen fließen in die Entscheidung für oder gegen eine Maßnahme mit ein, ohne maßgeblich zu sein. Eine Anamneseerhebung und körperliche Untersuchung der Frau validieren den Rahmen von Behandlungsmöglichkeiten. Die Informationen sind der Frau und den Eltern in verständlicher Form, fundiert und ergebnisoffen zu geben. Evidenzbasiertes Arbeiten bedeutet, die Sinnhaftigkeit und den Benefit der eigenen Arbeit für die Frau und Familie stetig in Frage zu stellen. Eine stetige Reflexion der eigenen Haltung ist ebenso unerlässlich wie die Unsicherheit auszuhalten, nicht alle Fragen beantworten zu können. Eine ablehnende Entscheidung der Frau ist zu akzeptieren. (Stahl 2014) Qualitative Studien: Diese Forschung fragt nach menschlichen Empfindungen, Reaktionen und Erfahrungen und berücksichtigt kulturelle sowie soziale Lebensumstände des gewohnten Umfeldes. Sie sind hinsichtlich EbN besonders aufschlussreich in Bezug auf die Erforschung von Patient/-innenerfahrungen, -ansichten und der Compliance gegenüber ausgewählten Maßnahmen (Herr-Wilbert 2008). Quantitative Forschung: Ausgehend von einer Fragestellung oder Hypothese wird nach Ursache und Wirkung der Interaktion von Variablen gesucht und Beziehungen und Unterschiede geprüft. Die Ergebnisse von quantitativer Forschung sind geeignet zur Übertragung auf die Praxis. Nach Design werden verschiedene, im Folgenden aufgeführte Studienformen unterschieden (Herr-Wilbert 2008). Review: Auch Übersichtsarbeit. Zusammenfassung der Ergebnisse durch Auswertung aller relevanten Studien zu einer Fragestellung (Schwarz & Stahl 2013). Randomized Controlled Trial (RCT): Auch randomisierte kontrollierte Studie. Sie erforscht Ursache und Wirkung und zeichnet sich durch eine hohe Verlässlichkeit der Ergebnisse aus. Die Teilnehmer/-innen werden per Zufall (engl.: random) einer Gruppe zugeordnet. Die Zugehörigen einer Gruppe werden einem Ereignis ausgesetzt, die anderen nicht. Doppelblind bedeutet in diesem Zusammenhang, dass weder Untersucher/-in noch Untersuchte wissen, wer dem Einfluss ausgesetzt ist und wer nicht (Kontroll- oder Placebo-Gruppe). Randomisiert kontrollierte Studien sind eine geeignete Methode zur (nachträglichen) Überprüfung pflegerischer Interventionen (Herr-Wilbert 2008). Cohort-Study: Auch Kohortenstudie. Sie erforscht den Zusammenhang von Belastungen oder Ereignissen auf einen Zustand, beispielsweise auf die Gesundheit. Dazu wird eine Gruppe von Menschen, die einer Belastung oder einem Ereignis ausgesetzt waren oder sich selber ausgesetzt haben, mit einer Gruppe verglichen, die keinen Einfluss einer entsprechenden Belastung hatte. Beide Gruppen werden über einen bestimmten Zeitraum beobachtet. Geprüft wird, ob, wie häufig oder in welchem Zeitabstand und in welcher Gruppe interessante Ereignisse auftreten (Schwarz & Stahl 2013). Case-Control-Study: Auch Fall-Kontroll-Studie. Von einem untersuchungsrelevanten Ergebnis betroffene Patient/-innen werden rückblickend (retrospektiv) verglichen mit einer ähnlichen Population ohne dieses Ergebnis. Es wird geprüft, ob und welche Gruppe einer Exposition ausgesetzt...


Kirstin Büthe, M.A., studierte Inklusive Pädagogik und Kommunikation und ist seit 1999 Hebamme. Sie arbeitet mit Unterbrechung seit 2009 in Hebammenschulen und Schulen für Gesundheitsberufe.


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