Buijsman | Ada und die Algorithmen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 244 Seiten

Buijsman Ada und die Algorithmen

Wahre Geschichten aus der Welt der künstlichen Intelligenz

E-Book, Deutsch, 244 Seiten

ISBN: 978-3-406-77564-2
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Seitdem Ada Lovelace Mitte des 19. Jahrhunderts das erste Computerprogramm schrieb, sind Computer viel kleiner, schneller und vor allem intelligenter geworden. In einer Hinsicht hat sich jedoch wenig verändert: Ihre größte Stärke ist zugleich ihre größte Schwäche. Computer führen lediglich Berechnungen durch. Nur was sich in klare, mathematische Regeln fassen lässt, können sie auch erfassen. Mit unserem allgemeinen Weltverständnis können sie hingegen wenig anfangen. Beeindruckt von ihrer gigantischen Rechenleistung und ihrer künstlichen Intelligenz trauen wir ihnen jedoch genau das zu. Und begehen damit einen entscheidenden Fehler zu unseren Ungunsten.

Das behauptet der junge Mathematiker und Philosoph Stefan Buijsman in seinem neuen Buch. Er ist mit Computern aufgewachsen und kennt nicht nur keine Angst vor Algorithmen, sondern durchschaut sie auch. Formelfrei zeigt er, wie Gesichtserkennung, selbstfahrende Autos, Tinder-Matches und Fake News funktionieren. Hat man aber erst einmal hinter den Bildschirm geschaut, sieht die Technologie schon sehr viel weniger beängstigend aus. Als Philosoph denkt Buijsman trotzdem weiter und klärt uns in vielen unterhaltsamen Geschichten darüber auf, warum wir von Anfang an zu viel in die künstliche Intelligenz hineingelesen haben. Ihre wahre Gefahr liegt nämlich nicht in ihr selbst, sondern darin, wie wir sie nutzen – indem wir ihr zu sehr vertrauen oder sie zu Zwecken einsetzen, die Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung zuwiderlaufen.
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1 ZAHNRAD, STROM ODER LICHTTEILCHEN. UNTER DER MOTORHAUBE IHRES COMPUTERS
Im Juni 1991 war der erste Entwurf einer Rechenmaschine endlich funktionsbereit. Und gleich um Jahrhunderte veraltet, denn diese Maschine war schon von Charles Babbage, einem Mathematiker des viktorianischen Englands, erfunden worden. Anlässlich seines zweihundertsten Geburtstages baute das Londoner Science Museum seine mechanische, ganz aus Zahnrädern bestehende Rechenmaschine nach. Babbage hatte sie aus purem Frust über die «Computer» seiner Zeit ersonnen: Das waren Menschen, oft Frauen, die per Hand Berechnungen für Wissenschaftler, Streitkräfte und andere Institutionen durchführten. Selbst die NASA beschäftigte um 1950 noch ein ganzes Team von Frauen, um die Flugbahn von Raketen zu berechnen. Babbage hatte diese «Rechner» schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts satt, weil Menschen nun einmal Rechenfehler machen. Derartige Fehler wollte er vermeiden, indem er das Rechnen einer Maschine übertrug. Dies sollte auch später eines der wichtigen Motive zur Entwicklung der künstlichen Intelligenz sein: die Überzeugung, dass eine Maschine mehr Informationen fehlerfrei verarbeiten kann als der Mensch. Deshalb entwarf Babbage also den ersten, und wie wir heute wissen, funktionstüchtigen Rechner. Wenig später brachte er auch die ersten Entwürfe für einen mechanischen Computer zu Papier, für den seine Zeitgenossin Ada Lovelace das erste Computerprogramm schrieb. Die Produktion dieser riesigen Rechenmaschine, die in der folgenden Abbildung zu sehen ist, dauerte alles in allem sechs Jahre. Dafür benötigte man 8000 Komponenten, die zu Babbages Zeiten nicht (exakt genug) angefertigt werden konnten. Selbst 1990 stellte der Bau seiner Maschine noch eine große Herausforderung dar. Es war schwierig, alle Räder so einzupassen, dass sie gut ineinandergriffen. Bei den ersten Tests verhakte sich die Maschine immer wieder irgendwo in ihren Tausenden von Zahnrädern, so dass ihr die Techniker mit einem Schraubenzieher oder einem Brecheisen zu Leibe rücken mussten. Und auch bei der Eröffnung der Ausstellung im Juni 1991 versagte die Maschine. Vor den Augen der Presse wurde begeistert der Hebel nach links gelegt, woraufhin sich die Zahnräder sogar bewegten, doch die Maschine lief in einer Art Leerlauf; es wurde nichts berechnet. Das glückte erst am 29. November 1991. Babbages Difference Engine No. 2 in der Sammlung des Londoner Science Museum. Wie funktioniert dieses Monstrum? Die Zahnräder greifen so ineinander, dass sie addieren und subtrahieren können. In der Abbildung unten sehen Sie eine vereinfachte Version der Maschine. Schauen Sie sich die Abbildung einmal an: Ziel ist es, die 3 auf dem linken Zahnrad zu der 4 auf dem rechten Zahnrad zu addieren. Das tut man, indem man das linke Zahnrad im Uhrzeigersinn dreht; wenn Sie genau hinsehen, sehen Sie, dass jede Lücke zwischen den Zähnen für eine andere Zahl steht, also drehen wir das linke Rad drei Schritte weiter. Was passiert dann? Das linke Zahnrad zeigt einen geringen Wert, da der schwarze Pfeil stehen bleibt, die Zahlen sich jedoch Zahnlücke für Zahnlücke nach links wegbewegen, von 3 auf 2, dann auf 1 und schließlich auf 0. Das rechte Zahnrad dreht sich hierbei in die entgegengesetzte Richtung; gegen den Uhrzeigersinn. Der schwarze Pfeil bleibt auch hier stehen, die Zahlen darunter verschieben sich nun nach rechts: von 4 auf 7. Voilà, schon hat man mit Hilfe der Zahnräder eine Rechenaufgabe gelöst! Zwei Zahnräder aus der Difference Engine No. 2. Sie können auf diese Weise auch subtrahieren (4–3), aber dann müssen sich beide Zahnräder im Uhrzeigersinn drehen. Das ist allerdings nur mit einem zusätzlichen Zahnkranz dazwischen möglich. In diesem Fall verringert sich der Wert des linken Zahnrads, in gleichem Maße wie bei der Addition. Da sich das rechte Zahnrad nun aber ebenfalls nach links dreht, verringert sich hier der Wert auf 1. Entsprechend arbeitet auch die echte Difference Engine. Wenn Sie wissen möchten, wie das mit dem zusätzlichen Rad funktioniert, dann scannen Sie den QR-Code mit Ihrem Smartphone oder folgen Sie dem hinten im Buch angegebenen Link. Babbages Rechenmaschine kann also addieren und subtrahieren; wiederholt man diese Berechnungen jedoch geschickt, kann sie auch multiplizieren, dividieren, Wurzeln ziehen und vieles andere mehr. Babbage war seiner Zeit weit voraus. Noch mehr traf das auf seinen nächsten Entwurf zu: die Analytical Machine. Sein mechanischer Computer ist nie gebaut worden, aber er wäre mit einer ähnlichen Zahnradkonstruktion ein vollwertiger, programmierbarer Computer gewesen. Der Speicher von 16,2 kB war zwar etwas klein, und man musste Lochkarten – Papierbögen mit Lochreihen – zur Ein- und Ausgabe verwenden, aber davon abgesehen war dieser Entwurf zu mehr (Rechen-)Operationen in der Lage als die ersten elektronischen Computer. Im Prinzip hätte man darauf Snake spielen oder mit Word arbeiten können. Das Einzige, was eine solche Maschine brauchte, waren die richtigen Instruktionen, dann erledigten die Zahnräder den Rest. Dass diese Programme letztendlich allesamt rein mathematisch arbeiteten, lässt sich an Babbages Maschinen dank der Zahlen auf den bronzenen Zahnrädern sehr gut erkennen. Freihändig! Elektrische Impulse in modernen Computern
Bis zu einem gewissen Grad funktionieren Ihr Laptop und Ihr Smartphone nicht anders als Babbages Entwurf aus dem 19. Jahrhundert. Sie führen die gleichen Berechnungen durch, verfügen über einen Speicher, um Informationen aufzubewahren, einen Prozessor, um diese Informationen zu verarbeiten, sowie Ein- und Ausgabe. Der größte Unterschied besteht darin, dass man keine riesigen Zahnräder mehr schleifen muss. Stattdessen funktioniert alles mittels Elektrizität und Chips (Schaltkreisen): dem Lebenselixier und den Schlagadern der künstlichen Intelligenz. Diese aus Drähten und Gattern bestehenden Chips, durch die Strom fließt, sind für die Möglichkeiten und Grenzen der künstlichen Intelligenz von entscheidender Bedeutung. Mit einem gewissen Grundwissen über die Funktionsweise eines Computers beziehungsweise Computerchips kann man den Unterschied zwischen einem Prozessor und unserem Gehirn leicht erkennen, und auch nachvollziehen, warum Programmierer sich einiges einfallen lassen müssen, um einen Computer dazu zu befähigen, mit Sprache zu arbeiten oder Bilder zu erfassen. Zunächst einmal rechnen moderne Computer nicht mit einem dezimalen, sondern mit einem dualen System: 1 (es fließt Strom durch den Draht) und 0 (es fließt kein Strom durch den Draht). Ein Prozessor ist eine Ansammlung von Gattern (engl. gates), durch die dieser Strom geleitet (oder von denen er aufgehalten) wird. Es gibt drei Arten von Gattern: AND-, OR- und NOT-Gatter. Mathematisch lässt sich zeigen, dass man mit diesen drei Gattern alle möglichen Arten von Berechnungen durchführen kann, wohingegen man mit einem oder zwei Gattern kaum vom Fleck kommt. Diese Gatter tun das, was ihre Bezeichnung nahelegt: Ein AND-Gatter überträgt nur Strom, wenn in beiden angeschlossenen Drähten Strom fließt, ein OR-Gatter nur dann, wenn in einem der beiden Drähte Strom fließt, und ein NOT-Gatter überträgt nur Strom, wenn im angeschlossenen Draht kein Strom fließt. Das funktioniert mit Schaltern, wie man hier unten in der Verkabelung für ein AND-Gatter sehen kann. Die Verkabelung für ein AND-Gatter: Der Strom fließt von oben nur zum Ausgang unten, wenn beide Schalter (A und B) geschlossen sind, also unter Strom stehen. Es sitzen also zwei Schalter hintereinander, so dass nur dann Strom zum Ausgang fließt, wenn A und B unter Strom stehen. Ob dies geschieht oder nicht, hängt vom Programm ab, das der Computer in diesem Moment ausführt. Das Gleiche gilt für die Schalter in der Verkabelung für das OR-Gatter (links) und das NOT-Gatter (rechts). Links die Verkabelung für ein OR-Gatter mit zwei unabhängigen Pfaden vom Eingang zum Ausgang.
Rechts die Verkabelung für ein NOT-Gatter, bei dem sich der A-Schalter gerade dann schließt, wenn kein Strom durch den Draht A läuft. Nun wissen Sie alles, was Sie brauchen, um einen Prozessor zu entwerfen! Okay, nicht wirklich, obwohl jeder Entwurf letztlich auf diesen drei Elementen aufbaut. Durch geschicktes Kombinieren in einem Chip kann man...


Stefan Buijsman geboren 1998, erlangte im Alter von achtzehn Jahren einen Magisterabschluss in Philosophie an der Universität Leiden und promovierte anschließend innerhalb von achtzehn Monaten an der Universität Stockholm im Fach Mathematik. Mittlerweile beschäftigt er sich mit der Philosophie der Mathematik. Sein bei C.H.Beck erschienenes Debüt "Espresso mit Archimedes" (2 2019) wurde in fünfzehn Sprachen übersetzt.


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