Butterwegge / Lösch / Ptak | Kritik des Neoliberalismus | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 291 Seiten, eBook

Butterwegge / Lösch / Ptak Kritik des Neoliberalismus

E-Book, Deutsch, 291 Seiten, eBook

ISBN: 978-3-531-90932-5
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Keine andere Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie beherrscht die Tagespolitik, aber auch die Medienöffentlichkeit und das Alltagsbewusstsein von Millionen Menschen fast auf der ganzen Welt so stark wie die neoliberale. Die Publikation versteht sich als kritische Einführung in den Neoliberalismus, skizziert seine ökonomischen Grundlagen und stellt verschiedene Denkschulen vor. Anschließend werden die Folgen neoliberaler Politik für Sozialstaat und Demokratie behandelt, etwa im Hinblick auf Maßnahmen zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen, staatlicher Aufgaben und persönlicher Lebensrisiken. Das Buch richtet sich an Leser/innen, die nach Informationen über den Neoliberalismus, guten Argumenten für die Debatte darüber und gesellschaftspolitischen Alternativen suchen.

Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Dr. Bettina Lösch und Dr. Ralf Ptak sind als Sozial-, Politik- bzw. Wirtschaftswissenschaftler an der Universität zu Köln tätig.
Butterwegge / Lösch / Ptak Kritik des Neoliberalismus jetzt bestellen!

Zielgruppe


Professional/practitioner

Weitere Infos & Material


1;Inhalt;5
2;Einleitung;11
3;Grundlagen des Neoliberalismus;13
3.1;1. Die Ursprünge des Neoliberalismus;15
3.1.1;1.1 Die Weltwirtschaftskrise 1929/32 als Geburtsstunde des Neoliberalismus;16
3.1.2;1.2 Erste Formierungen des Neoliberalismus;19
3.1.3;1.3 Das neoliberale Selbstverständnis;22
3.2;2. Markt, Staat und Wettbewerb in der neoliberalen Theorie;26
3.2.1;2.1 Klassischer Wirtschaftsliberalismus, Neoklassik und Neoliberalismus;27
3.2.2;2.2 Antrieb und Steuerung der Gesellschaft: Markt, Staat und Wettbewerb;32
3.3;3. Gesellschaft und Menschenbild im Neoliberalismus;50
3.3.1;3.1 Der Mensch als Objekt der Geschichte: Hayeks Theorie der kulturellen Evolution;53
3.3.2;3.2 Vom Niedergang liberaler Grundwerte: Individualismus und Freiheit;58
3.3.3;3.3 Das neoliberale Leitbild der Gesellschaft: Eindämmung des Interventionsstaates, Begrenzung der Demokratie und Diskreditierung der sozialen Gerechtigkeit;66
3.4;4. Der Neoliberalismus als Projekt der politischen Praxis;73
3.4.1;4.1 Strategie und Taktik zur Durchsetzung des neoliberalen Projekts;75
3.4.2;4.2 Entwicklungsphasen des Neoliberalismus;81
4;Privatisierung und Liberalisierung – Strategien zur Selbstentmachtung des öffentlichen Sektors;87
4.1;1. Ein Kernpunkt des neoliberalen Projekts: das Privateigentum als Basis menschlichen Daseins;88
4.1.1;1.1 Begriff und Bedeutung des Eigentums;88
4.1.2;1.2 Öffentliche, private, positionelle und Allmendegüter;93
4.2;2. Die neoliberale Kritik an öffentlichem Eigentum und staatlicher Wirtschaftstätigkeit;97
4.2.1;2.1 Erklärungsansätze für die Umgestaltung des Staates;97
4.2.2;2.2 Unzulänglichkeiten der herkömmlichen Effizienzargumentation;100
4.3;3. Politische Voraussetzungen, Strategien und Instrumente der Privatisierung;103
4.3.1;3.1 Der Rückzug des Staates und die Neuformulierung staatlicher Kernaufgaben;103
4.3.2;3.2 Verschiedene Grade der Privatisierung;105
4.3.3;3.3 Die Privatisierung öffentlicher Unternehmen – ahistorisch, kurzsichtig und eindimensional;107
4.3.4;3.4 Cross Border Leasing und Public Private Partnership;112
4.4;4. Wegbereiter der Privatisierung: EU-Richtlinien, GATS und TRIPS;116
4.4.1;4.1 Schaffung und Auswirkungen des EU-Binnenmarktes;117
4.4.2;4.2 Die Rechtsordnung der WTO als global wirkende Keimzelle von Privatisierungen;120
4.4.3;4.3 Eine konzertierte Aktion;124
4.5;5. Abkehr von einst ehernen demokratischen und sozialstaatlichen Prinzipien;124
4.5.1;5.1 Die Entstaatlichung der Daseinsvorsorge;125
4.5.2;5.2 Die Notwendigkeit staatlicher Regulierung;126
4.5.3;5.3 Die Unterminierung des verfassungsrechtlich verankerten Sozialstaatsgebotes;129
4.5.4;5.4 Die Übertragung der Gestaltungsmöglichkeiten vom öffentlichen in den privaten Raum;131
4.5.5;5.5 Versuche zur Popularisierung von Privatisierungen;132
5;Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen ( Sozial-) Politik;135
5.1;1. Sozialstaatskritik, Diskursstrategien und Legitimationstechniken des Neoliberalismus;136
5.1.1;1.1 Grundlinien neoliberaler Sozialstaatskritik;136
5.1.2;1.2 Die ideologische Legitimation der Transformation des Sozialstaates;143
5.1.3;1.3 Die Erosion des Gerechtigkeitsbegriffs;154
5.2;2. Institutionelle bzw. Strukturveränderungen: Wohlfahrtsstaat und Staatsordnung im Umbruch;171
5.2.1;2.1 Entstehungsgeschichte, politische Hintergründe und konzeptionelle Grundlagen der Sozialreformen;171
5.2.2;2.2 Strukturprinzipien und Funktionsmechanismen eines nach neoliberalen Grundsätzen „ reformierten“ Gemeinwesens;175
5.2.3;2.3 Wettbewerbsföderalismus und Föderalismusreform;202
5.3;3. Folgen des Wettbewerbswahns: Spaltung der Gesellschaft, soziale Exklusion und allgemeine Destabilisierung;209
5.3.1;3.1 Die soziale Polarisierung, Pauperisierung und Prekarisierung;209
5.3.2;3.2 Die sozialräumliche Segmentierung: Peripherisierung ländlicher Regionen, Zerfall der Städte und Marginalisierung bestimmter Quartiere;212
5.3.3;3.3 Entsolidarisierung, Ethnisierung und Entdemokratisierung;215
6;Die neoliberale Hegemonie als Gefahr für die Demokratie;221
6.1;1. Vom Elend der Politik im Neoliberalismus: Demokratie als Funktion der Ökonomie;222
6.1.1;1.1 Neoliberale Grundannahmen im Hinblick auf die Demokratie;222
6.1.2;1.2 Neoliberale Gegenmodelle: ein Rat der Weisen oder individualistische Tausch- und Vertragsverhältnisse;234
6.1.3;1.3 Weniger – statt: mehr – Demokratie als neoliberale Maxime;236
6.2;2. Die Demontage liberaler Demokratie im Zeichen der neoliberalen Hegemonie;240
6.2.1;2.1 Wechselbeziehungen zwischen Marktwirtschaft und Demokratie;240
6.2.2;2.2 Vom demokratisch „gezähmten“ zum entfesselten Kapitalismus;244
6.3;3. Neoliberale Globalisierung: neue politische Akteure und die Privatisierung von Politik;250
6.3.1;3.1 Die neoliberale Modernisierung als Motor der Entdemokratisierung;251
6.3.2;3.2 Global Governance als sozialdemokratisches Gegenprojekt zur neoliberalen Politik?;257
6.3.3;3.3 Demokratiedefizite internationaler Organisationen;262
6.3.4;3.4 Die Krise der liberalen Demokratie – eine postdemokratische Phase?;264
6.4;4. Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung neoliberaler Politik;266
6.4.1;4.1 Der Mythos der zivilen Gesellschaft als herrschafts- und machtfreier Raum;267
6.4.2;4.2 Neoliberale Akteure der „zivilen“ Gesellschaft: „think tanks“, Reforminitiativen und Lobbyorganisationen;273
6.4.3;4.3 Politische Beratung ohne Öffentlichkeit: Privatisierung von Politik;279
7;Abkürzungsverzeichnis;285
8;Literaturauswahl;291

Grundlagen des Neoliberalismus.- Privatisierung und Liberalisierung — Strategien zur Selbstentmachtung des öffentlichen Sektors.- Rechtfertigung, Maßnahmen und Folgen einer neoliberalen (Sozial-)Politik.- Die neoliberale Hegemonie als Gefahr für die Demokratie.


Grundlagen des Neoliberalismus (S. 13)

Ralf Ptak

Zweifellos ist „Neoliberalismus" einer der schillerndsten Begriffe unserer Zeit. In der internationalen Diskussion steht er für die Kritik und das Unbehagen gegenüber einer entwurzelten Ökonomie im globalen Maßstab. Diese negative Deutung ist noch ein relativ junges Phänomen, obwohl der Neoliberalismus auf eine 70-jährige Geschichte zurückblicken kann. Zwar diskutierte man schon in der „alten" Bundesrepublik während der 50erund 60er-Jahre über die marktoptimistischen Positionen der neoliberalen Stichwortgeber von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard.

Auch das neoliberale Wirtschaftsprogramm des chilenischen Diktators Augusto Pinochet fand zusammen mit seiner „Verfassung der Freiheit" um die Mitte der 1970er-Jahre internationale Beachtung. Formuliert hatten es die „Chicago- Boys", eine Gruppe radikaler neoliberaler Wirtschaftswissenschaftler um den Nobelpreisträger Milton Friedman an der Universität in Chicago, die das lateinamerikanische Land unter diktatorischen Bedingungen zum ersten realen Großversuch des Neoliberalismus werden ließen. Gleichwohl blieb der Neoliberalismus damals im Kern ein Spezialthema wenig einflussreicher akademischer Zirkel.

Das änderte sich in den 90er-Jahren, als die Folgen jenes internationalen Politikwechsels offen zutage traten, der zu Beginn der 70er-Jahre eingeleitet worden war. Die Liberalisierung der Finanzmärkte und die Flexibilisierung der Wechselkurse der nationalen Währungen, die Intensivierung des Freihandels, der massive Rückbau der Sozialstaaten sowie eine Wirtschaftspolitik, die auf die einseitige Verbesserung der Angebotsbedingungen von Unternehmen zielt, hatten die Konturen einer neuen Wirtschafts- und Sozial( un)ordnung geformt und sichtbar werden lassen.

Überall auf der Welt waren und sind die Auswirkungen des neuen Paradigmas zu spüren – wenngleich in unterschiedlicher Qualität und Quantität. Mit der neoliberalen Globalisierung vollzog sich insofern nicht nur eine Verallgemeinerung der sozialen und ökonomischen Probleme, sondern auch eine Internationalisierung der Diskussionen über die Ursachen dieser Neuordnung der Welt. Am Ende des 20. Jahrhunderts avancierte der Neoliberalismus zur dominanten Ideologie des Kapitalismus, deren Leitsätze international den Referenzrahmen für die Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftspolitik vorgeben.

Dabei ist der Machtanspruch des Neoliberalismus total und universell – total im Sinne einer umfassenden Entpolitisierung des Gesellschaftlichen und universell im Hinblick auf seinen globalen Geltungsanspruch. Wider diese Totalität hat sich im zurückliegenden Jahrzehnt eine breite internationale Bewegung gegen das Vordringen neoliberaler Politiken formiert – der Neoliberalismus wurde zum negativen Inbegriff des entfesselten, global agierenden Kapitalismus.

Für die Gegner der Kritiker, etwa den Leiter des Wirtschaftsressorts der Zeit, Uwe Jean Heuser, ist deshalb „der Begriff des Neoliberalen (...) hoffnungslos politisiert und seiner ursprünglichen Bedeutung entfremdet" worden.2 In seiner als „Einführung" ausgegebenen Verteidigung des Neoliberalismus spricht Gerhard Willke gar vom „Elend der Neoliberalismuskritik", um diese als völlig unangemessen erscheinen zu lassen.3 Tatsächlich hat die Popularisierung des Begriffs „Neoliberalismus" diesen zu einem politischen Schlagwort werden lassen, dem heute verschiedenste Bedeutungen zugewiesen werden.

Die einen sehen darin eine rein ideologische Bewegung, andere verstehen darunter ausschließlich die expansionistische Politik der US-amerikanischen Supermacht, und wieder andere erkennen im Neoliberalismus einen allgemeinen Trend zur Ökonomisierung der Gesellschaft. Diese Bedeutungsvielfalt ist allerdings charakteristisch für ein politisches Schlagwort und sagt zunächst nichts über die Qualität der Kritik am Neoliberalismus aus, wie dessen Verteidiger suggerieren wollen. Sie kennzeichnet auch andere Schlüsselbegriffe, z. B. die „Soziale Marktwirtschaft", welche ihrem theoretischen Ursprung nach ein Konzept des deutschen Neoliberalismus der 1940er-Jahre war und heute im Bewusstsein der Bevölkerung mit unterschiedlichsten wohlfahrtsstaatlichen Arrangements verbunden wird.


Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Dr. Bettina Lösch und Dr. Ralf Ptak sind als Sozial-, Politik- bzw. Wirtschaftswissenschaftler an der Universität zu Köln tätig.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.