Cleverly | Das Geheimnis von Rookwood | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: Scarlet und Ivy

Cleverly Das Geheimnis von Rookwood

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: Scarlet und Ivy

ISBN: 978-3-492-99234-3
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Kannst du das dunkle Geheimnis deiner Schule lüften?Dies ist die Geschichte, wie aus Ivy Scarlet wurde ... Als die zwölfjährige Scarlet unter mysteriösen Umständen verschwindet, wird ihr Platz an der Eliteschule Rookwood frei, und Scarlets Zwillingsschwester Ivy soll ihn einnehmen. Doch nicht etwa als normale Schülerin. Denn die finstere Lehrerin Miss Fox eröffnet Ivy, dass sie sich als Scarlet ausgeben soll. Und das, obwohl sich Ivy in Rookwood überhaupt nicht auskennt und Scarlet eigentlich so ganz anders ist als sie! Aber natürlich will Ivy herausfinden, was mit ihrer geliebten Schwester passiert ist, und so lässt sie sich auf den Deal ein. Sie beginnt, an der ihr völlig neuen Schule Nachforschungen anzustellen und kommt dabei dem dunklen Geheimnis von Rookwood auf die Spur ...
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3. Kapitel
Der Wagen bahnte sich seinen Weg über die kurvigen Landstraßen. Miss Fox saß stocksteif auf dem Beifahrersitz und verzog kaum ihre Miene, wenn die Räder durch Schlaglöcher holperten. Ich rutschte auf der Rückbank umher und wunderte mich darüber, dass sie sich neben den Chauffeur gesetzt hatte. Gelegentlich drehte sie sich um und warf mir einen Blick zu, dem ich auswich. Dann richtete sie ihren wütenden Blick von Neuem auf die Landschaft, die an uns vorbeiglitt, was mir gestattete, mich wieder in meine eigene Welt zurückzuziehen. Das Problem dabei war nur, dass meine Welt mit Scarlet gefüllt war. Alles an der vertrauten Landschaft erinnerte mich an sie. Wie sie über Zäune gesprungen war, während ich das Bein vorsichtig nach unten gestreckt hatte, bis meine Zehen den Boden berührten. Wie sie grüne Blätter von Büschen gerissen und in winzige Stücke gezupft hatte. Wie sie mir lächelnd Wolken am blauen Himmel gezeigt hatte, in denen nur sie Formen erkannt hatte. Am schlimmsten war es, als ich zwei Mädchen entdeckte, die in einem Garten zusammen spielten und vielleicht Schwestern waren. Ich fühlte die Erinnerung in mir aufsteigen, und so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte sie nicht zurückhalten. Der Tag, an dem Scarlet zur Schule abreiste ... Wir standen auf dem Rasen, jede von uns mit einem identischen Koffer. Scarlet in ihrer Schuluniform, ich in einem schlichten rosa Kleid. Vater wollte uns fortschicken. »Zeit, eine vernünftige Schulbildung zu bekommen«, hatte er gesagt. »Zeit, richtige junge Damen zu werden«, hatte er gesagt. Aber Scarlet hatte einen Schulplatz ergattert und ich nicht. Also schickte man sie nach Rookwood und mich zu Tante Phoebe. Vater winkte zum Abschied mit einemGlas Whisky in der Hand. Unsere Stiefmutter – mit Kittelschürze und Grimasse – schickte uns ohne einen zweiten Blick fort, während sie an ihren Söhnen herumzupfte, unseren Stiefbrüdern. Vielleicht war Tante Phoebe eine gute Alternative zu unseren Eltern, aber sie war seltsam und zerstreut. Man konnte niemals sagen, was sie gerade dachte. Allerdings wusste ich, was Scarlet dort auf dem Rasen zwischen unseren Koffern dachte. Sie wünschte sich, wir hätten beide die Schule besuchen können, damit sie nicht allein gehen musste. Ich wusste, dass sie das dachte, weil ich es auch dachte. Ich fing an zu weinen, stieß heftige, würgende, kindische Schluchzer hervor. Scarlet nahm meine Hand. »Mach dir keine Sorgen, Ivylein«, sagte sie tapfer. »Ich schreibe dir jede Woche einen Brief. Und du schreibst mir zurück. Und wenn ich mit der Schule fertig bin, hole ich dich, dann laufen wir zusammen weg und werden wunderschöne Schauspielerinnen oder Primaballerinas. Nur werden wir noch berühmter werden, weil wir Zwillinge sind. Und wir können nach Amerika gehen und jeder auf der ganzen Welt wird mit uns befreundet sein wollen.« Das ließ mich nur noch mehr weinen. Weil es lächerlich war, und ich würde die lächerlichen Dinge vermissen, die Scarlet immer einfielen. Außerdem wussten wir beide, dass ich niemals berühmt und bei allen beliebt sein würde. Das konnte nur Scarlets Schicksal sein. Ich wischte eine Träne fort, zog leise die Fersen auf den Sitz und riskierte damit das nächste Zungenschnalzen von Miss Fox. Aber sie bemerkte es nicht, also blieb ich zusammengekrümmt dort sitzen und durchstreifte meine Erinnerungen. Scarlet baut eine Festung aus Decken und beschützt ihre Puppen vor den Wikingerhorden. (Das war dann ich. Ich war aber keine sehr große Horde.) Scarlet legt Spuren aus bemalten Ostereiern rings um unseren Garten und bringt mich dazu, sie durch Hinweise und Rätsel zu finden. (Unsere Stiefbrüder versuchten immer, sie zu zertreten.) Scarlet bürstet ihr Haar mit hundert Strichen, bevor sie es mich flechten lässt. Scarlet sitzt über ihr Tagebuch gebeugt da und schreibt emsig, dabei ragt ihre Zungenspitze aus dem Mundwinkel. Meine Schwester schrieb ständig in ihr Tagebuch. Jedes noch so kleine Ereignis musste auf die Seite gebannt werden. Damals verstand ich nie, was das eigentlich bringen sollte, aber sie behauptete, wenn sie nicht alles niederschrieb, würde es einfach für alle Zeiten verschwinden. Niemand würde sich mehr daran erinnern. Ich würde mich immer daran erinnern, sagte ich dann, aber sie lachte nur und ignorierte mich. Nervös fing ich an, an den Nähten des Sitzes zu zupfen. Scarlet hätte sich in dieser Situation niemals gefürchtet. Sie hätte alles einfach weggesteckt und laut die Fragen gestellt, auf die ich mir Antworten wünschte. Aber Ivy Grey stellte niemals Fragen. Zumindest keine schwierigen. Ich tat immer nur das, was man mir sagte. »Hören Sie damit auf, Kind«, zischte Miss Fox. »Und setzen Sie sich anständig hin!« Ich schaute von meinem Schoß auf, aber sie hatte sich bereits wieder abgewandt. Scarlet hätte widersprochen. Scarlet hätte mit den Fersen gegen die Sitze getrommelt. Scarlet hätte jede einzelne dieser dummen Nähte aufgerissen. Ich tat, was man mir befohlen hatte. Bald darauf wurde die Straße breiter, es kamen mehr Häuser in Sicht. Ich sah einen dunkelhaarigen Mann, der in seinem Garten arbeitete und sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte. Sein Bart und seine prägnanten Gesichtszüge erinnerten mich an Vater, und plötzlich verspürte ich Gewissensbisse – ich hatte schon seit Monaten nicht mehr mit ihm gesprochen. Vermutlich arbeitete er in London. Die Wirtschaft hatte sich noch immer nicht von dem Börsenkrach erholt, und er hatte so viele Stunden arbeiten müssen, wie er konnte. Ich stand meinem Vater allerdings nicht besonders nahe. Als wir jünger gewesen waren, war er ein energischer Mann gewesen und hatte stets herumgebrüllt. Aber nachdem unsere Stiefmutter dazugekommen war, hatte er sich verändert. Scarlet war erleichtert gewesen: Sie war für den Frieden dankbar und vermisste die Temperamentsausbrüche nicht. Sie konnte nicht verstehen, warum ich den Mann, der uns anbrüllte, lieber hatte, als den Mann, der sich so viele Stunden mit ausdrucksloser Miene in sich selbst zurückzog. Da es drei Jungen zu verwöhnen galt, entschied unsere Stiefmutter schnell, dass es sie überforderte, sich auch noch um uns zu kümmern. Also schlug sie ihm vor, uns in ein Internat zu schicken. Hätte er uns doch nicht fortgeschickt. Wären wir doch nur zusammengeblieben. Wären wir doch nur ... Der Wagen fuhr durch ein gewaltiges Tor. Rechts und links von den Gitterstäben erhoben sich Säulen mit steinernen Krähen an der Spitze. Sie breiteten ihre Schwingen im Flug weit aus und ihre Krallen griffen in die Luft. Eine lange, von Bäumen gesäumte Auffahrt schlängelte sich zur Schule hinauf, vorbei an einem in der Ferne schimmernden See. Wir hielten an, und ich hörte, wie der Chauffeur ausstieg. Seine Schritte knirschten im Kies. »Passen Sie auf, wo Sie hintreten, Miss«, sagte er, nachdem er mir die Tür geöffnet hatte. Ich bemühte mich sehr ihn anzulächeln und stieg mit meiner Tasche aus. Die Rookwood School überragte mich gewaltig und eindrucksvoll. Die hellgrünen Bäume entlang der Auffahrt wirkten im düsteren Schatten des Gebäudes irgendwie verloren. Die Mauern waren aus Stein – der jahrelang Rauch aus den Schornsteinen hatte die höchsten Teile im Lauf der Jahre geschwärzt. Vor mir erstreckten sich schwarze Säulen in den Himmel, das gewaltige Schieferdach wurde von Zinnen gesäumt. Die Schule sah wie ein Schloss aus. Oder wie ein Gefängnis. Es kostete mich meine ganze Kraft, mich nicht umzudrehen und über die Auffahrt davonzulaufen. Natürlich hätte man mich dann sicherlich eingefangen und bestraft. Am Himmel flogen Krähen vorbei. Ihr lautes Krächzen vermengte sich mit dem weit entfernten Kreischen von Mädchen, die Hockey spielten. »Stehen Sie nicht da rum und hören Sie auf zu gaffen!« Miss Fox sah mich an, als wäre ich eine Schnecke an ihrer Schuhsohle, die sie gerade zufällig zertreten hatte. »Folgen Sie mir, es sei denn, Sie glauben, Sie hätten etwas Besseres zu tun.« »Ja, Miss ... nein, Miss.« Sie drehte sich um und murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Ich folgte ihr die Stufen hinauf. Ihre spitzen Schuhe klapperten, ihre Taschen klirrten. Die Eingangstür war riesig, doch obwohl ihre Flügel uralt waren, öffneten sie sich ohne das geringste Knarren. Dahinter befand sich ein Raum von doppelter Mannshöhe, der oben von einer Galerie gesäumt wurde. Es roch durchdringend nach Bohnerwachs. Genau in der Mitte stand ein Eichenschreibtisch mit einer irgendwie verloren wirkenden Sekretärin. Sie hantierte so emsig mit Papieren herum, dass ich den Eindruck hatte, sie wollte beschäftigter aussehen, als sie eigentlich war. Miss Fox trat an den Tisch und stützte sich mit beiden Händen darauf. »Guten Tag, Madam«, sagte die Sekretärin leise, als Miss Fox’ Schatten auf sie fiel. »So mancher würde ihn als gut bezeichnen«, erwiderte Miss Fox finster. »Ich habe hier ein Kind. Scarlet Grey.« Ich wollte sie korrigieren, aber sie verhinderte es mit einer beiläufigen Handbewegung und sprach ungerührt weiter. »Sie wird morgen mit dem Unterricht beginnen. Bitte tragen Sie sie im Register ein.« Miss Fox war wahrscheinlich die einzige Person auf der ganzen Welt, die das Wort ›Bitte‹ so...


Cleverly, Sophie
Sophie Cleverly wurde 1989 in Bath geboren. Schon seit sie schreiben kann, will sie Geschichten erzählen. Sie hat einen Bachelor in »Creative Writing« und einen Master in »Writing for Young People«. Wenn sie nicht gerade schreibt, schaut sie gerne phantastische Filme, bloggt über Symphonic Metal und kämpft mit ihrem immer größer werdenden Bücherstapel. Ihre Reihe um Scarlet und Ivy wurde in mehrere Sprachen übersetzt.


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